Die Herolde im römisch-deutschen Reich des späten Mittelalters

Forschungsprojekt: Dissertation (Mittelalterliche Geschichte) WWU-Münster, abgeschlossen im März 2013[1]

Herold Jörg Rugen mit bayerischem Wappenrock. Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2936, Part 2, fol 11v. en.wikipedia [public domain] Wikimedia Commons

Herold Jörg Rugen mit bayerischem Wappenrock. Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2936, Teil 2, fol 11v. en.wikipedia [public domain] Wikimedia Commons. Siehe auch den Blog Archivalia von Klaus Graf

 

Die Herolde wurden in der Forschung lange Zeit auf ihre heraldischen Kenntnisse reduziert. In den vergangenen beiden Jahrzehnten hat das Heroldsamt aber eine historiographische Neubewertung erfahren, die auf dem Leitbild der spätmittelalterlichen Herolde als Spezialisten der Zuteilung, Verbreitung und Registratur adliger Ehre beruht. In diesem Zusammenhang wird auf die Bedeutung des Institutionalisierungsprozesses der Herolde ab dem 14. Jahrhundert verwiesen, der mit der Aufnahme der Herolde an die Höfe von Fürsten verbunden war: Herolde wurden zu einem Bestandteil des höfischen Umfelds und richteten sich in ihrem Amtsverständnis darauf aus.

Die Forschung zu den Herolden im römisch-deutschen Reich hat von diesem erneuerten Forschungsinteresse jedoch nur in bescheidenem Maße profitiert. Eine Überprüfung der an französischen und burgundischen Beispielen entwickelten Thesen zur Entstehung, Organisation und Funktion des Heroldsamtes ist mit Blick auf das römisch-deutsche Reich bislang noch nicht geleistet worden. Eine solche Untersuchung habe ich in meiner Dissertationsschrift vorgelegt. Dabei ist es mir gelungen, die vorgestellten Forschungsthesen anhand der deutschen Befunde zu kontextualisieren und zu konkretisieren.

Mein Dissertationsprojekt ist multiperspektivisch angelegt. Dies betrifft zum einen den international vergleichenden Zugriff auf das Thema, zum anderen die methodische Herangehensweise, welche die Sozial-, Politik- und Militärgeschichte berührt. Auch kommt in der Arbeit ein kulturhistorischer Ansatz zum Tragen, der ganz allgemein als das methodische Bemühen Wahrnehmungsmuster, Sinnhorizonte und Praktiken in die historische Analyse mit einzubeziehen verstanden wird.

Die Ergebnisse meiner Dissertation möchte ich anhand von vier Thesen vorstellen. Die Analyse des Heroldsamts im römisch-deutschen Reich schreibt sich – so die erste These – in die Forschungen zu den internationalen Beziehungen im späten Mittelalter ein. Vor diesem Hintergrund wurde auf die Methoden des historischen Vergleichs und der Kulturtransferforschung zurückgegriffen. Essentiell für das Verständnis der Entwicklung des Heroldsamtes im römisch-deutschen Reich ist dessen Einordnung in einen kulturellen Transferprozess, der unter Einbeziehung eigener vorhandener kultureller Traditionen im römisch-deutschen Reich und durch den Vergleich der strukturellen Bedingungen in der Ausgangs- und Empfangsgesellschaft kausal verortet werden kann. Der Vergleich bietet die Möglichkeit, Beziehungen zwischen dem konkreten Untersuchungsgegenstand und allgemeineren gesellschaftlichen Gegebenheiten in europäischer Perspektive herzustellen. Auf diese Weise ordnet sich die Geschichte der Herolde in die Konzeption einer Geschichte der (kulturellen, aber auch diplomatischen und politischen) Beziehungen ein, die sich nicht als Gegenüberstellung unterschiedlicher politischer Strukturen, sondern als Verflechtungsgeschichte verschiedener gesellschaftlicher Felder versteht. Damit betont die vorliegende Arbeit die Bedeutung eines solchen Zugangs für die mittelalterliche Adelsforschung insgesamt.

Meine zweite These habe ich von der Frage ausgehend entwickelt, auf welche Weise die deutschen Herolde und ihr Amt sich zunächst in der adligen Welt und dann später an den Adelshöfen etabliert haben. Dabei habe ich auf die in der Sozialgeschichte bekannte Patron-Klientel-Beziehung, die bis dato vor allem zur Beschreibung von Klientelnetzwerken mit dem Ziel der politischen Einflussnahme genutzt wurde, als heuristisches Modell zurückgegriffen,. In Hinblick auf die Herolde lässt sich mittels dieses Ansatzes die Gewährung des Zugangs der aus sozial niederen Verhältnissen stammenden Herolde zu den Zentren der adligen Gesellschaft im 13. und 14. Jahrhundert und deren Verpflichtung zur Treue sowohl gegenüber ihrem Patron als auch gegenüber dem gesamten Adel erklären. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts rückt die Beziehung zwischen Patron und Klientel erneut in den Vordergrund, als Herolde allmählich in feste Anstellungen aufgenommen werden. Auf dieser Grundlage erweist es sich als zielführend, Unterschiede zwischen Herolden weniger auf individuelle Faktoren als vielmehr auf Gegensätze zwischen angesehenen und minderrangigen, bedürftigen und saturierten, fahrenden und patronisierten Herolden zurückzuführen. Schließlich ist die Patronage von Herolden dadurch charakterisiert, dass großer Aufwand zur Legitimation einerseits und zur repräsentativen Darstellung der Beziehung andererseits aufgebracht wird.

Von den Aktivitäten der Herolde ausgehend komme ich zur dritten These. Die gesellschaftliche Wirkung von Medien ist von sozialen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen abhängig, die über deren konkrete Einsatzmöglichkeiten und Auswirkungen bestimmen. Die Herolde bilden für den Adel im späten Mittelalter ein wichtiges Kommunikationsmedium, weil sie in der Folge ihrer institutionellen Anpassung an das höfische Umfeld ihrer Herren mit der Außen- und Innendarstellung ebendieser und des Adels in praktisch allen Lebensbereichen betraut sind. Durch die ständige Frequentation des adligen Milieus genießen sie als Referenzpunkt und Wissensmediator in Fragen zu Personen und zur adlig-höfischen Kultur auch außerhalb des Adels hohes Ansehen. Diese Kenntnisse vermitteln Herolde ebenfalls in eigenen Schriften, deren Wertschätzung sich daran zeigt, dass ihre Arbeiten bereits ab dem Ende des 15. Jahrhunderts im Druck erscheinen. Der lang anhaltende Bedarf nach den Herolden und die Vermittlung ihres Wissens auch im Druck werden aus der als soziales Konstrukt zu begreifenden Beziehung zwischen Medieneinsatz und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen verständlich. Die Herolde als Medien adliger Kommunikation haben die Wandlungen adligen Selbstverständnisses begleitet und sich ebenfalls Prozessen der Transformation ausgesetzt, wodurch sie im römisch-deutschen Reich über zwei Jahrhunderte als ein Leitmedium der Adelsgesellschaft attraktiv bleiben.

Foto vom 19.06.2006 durch Philip Allfrey bei en.wikipedia, from Wikimedia Commons

Prozession von englischen Herolden, Windsor Castle. Foto vom 19.06.2006 durch Philip Allfrey bei en.wikipedia, from Wikimedia Commons

Von dieser engen Wechselbeziehung zwischen Adel und Heroldsamt ausgehend ist auch die vierte These entwickelt. Essentielle Bestandteile des Amtsverständnisses der Herolde im römisch-deutschen Reich und konstitutive Elemente der Adelskultur sind Ehre und Schande. Ihre Zuschreibung und Wahrnehmung strukturieren nicht nur interpersonale Beziehungen, sondern spielen auch aufgrund der großen Bindungsmacht von Emotionen eine bedeutende Rolle in der politischen Praxis. Ausdruck und Bekräftigung finden sie in Ritualen und Praktiken, welche die Kohärenz einer Gruppe nach innen stärken und ihre Abgrenzung nach außen steigern. In diesem Zusammenhang kommt den Herolden eine wichtige Rolle in der Darstellung und ständigen Aktualisierung dieser Werte- und Normenordnung zu, da sie nur auf diese Weise deren Funktion als Handlungsoption der Adligen bewahren können. Die Analyse des Heroldsamtes trägt dazu bei, die soziale Emotion der Ehre und Schande als ein zentrales Element der sozialen Rolle der Adligen im späten Mittelalter zu historisieren.

Auch wenn das Heroldsamt insbesondere im Commonwealth noch existiert, mag es heute teilweise seltsam und fremd vorkommen. Dieser Alterität gegenüber stellen die von mir problematisierte Bedeutung von Ehre und Schande oder der Einfluss von Medien auf soziale Realität Aspekte dar, die in der heutigen Gegenwart präsent sind. In meinem Dissertationsprojekt verbinde ich beide Niveaus, um einen neuen Blick auf mittelalterliche Phänomene zu werfen und zu zeigen, auf welche Weise die Mediävistik Reflexionswissen für unsere eigene Zeit bereitstellen kann.

Zuerst veröffentlicht bei http://mittelalter.hypotheses.org/1574

[1] Der folgende Beitrag baut auf der Vorstellung der Ergebnisse meiner Arbeit am 25.03.2013 an der WWU-Münster auf. Für Anregungen im Vorfeld danke ich Julia Crispin (Münster), Georg Jostkleigrewe (Münster) und Bastian Walter (Wuppertal).

Quelle: http://heraldica.hypotheses.org/311

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Zwei Ortswechsel des Brünner Fragamts

Bislang wusste ich, dass das Brünner Fragamt zunächst im Löscherhaus untergebracht war und 1777 ins Karchesische Haus in der Altfröhlichergasse Nr. 512 übersiedelte. Nachdem ich nun den Wochentlichen Intelligenz-zetl des Fragamts für 1775 durchgesehen habe, kann ich berichten, dass es in diesem Jahr gleich zweimal seinen Standort wechselte: Ab 24. April 1775 war es in der obern Brünnergasse, in des Edlen von Rosenzweig Hause, N.ro 230, zu ebener Erde zu suchen (WIZ, 20.4.1775, Nr.16, unpaginiert) und schon drei Monate später musste es melden:

Stete Veränderungen sind verdrüßlich; aber man muß es doch gleichwohl melden: Das K.K. privil. Zeitungsamt ist von 19 dieses {19.7.1775} an, in der neuen Fröhlichergasse, N. 446 im zweyten Stockwerk. (WIZ, 13.7.1775, Nr.28, unpaginiert)
Wobei 446 eventuell ein Druckfehler für richtig 448 sein könnte, denn im Oktober 1775 hieß es: das k.k. Frag- und Kundschaftsamt hier in Brünn, in der Neufröhlicher Gassen N.ro 448 (WIZ, 19.10.1775, Nr.42, unpaginiert)

Wochentlicher Intelligenz-zetl aus dem Fragamte der Kaiser-Königl. privilegirten Lehen-Bank zu Brünn in Mähren (WIZ).

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/434212377/

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Üç maymun Eylemleri – Drei Affen-Demonstrationen

Heute abend haben hunderte Teilnehmer/innen des Park-Forums im Istanbuler Stadtteil Beşiktaş ihr Forum unterbrochen, um zum Gebäude des Medienkonzerns ATV-Sabah zu ziehen. Sie haben dort eine sog. “üç maymun” [3 Affen]-Demo abgehalten mit Slogans wie: “Ich sehe nichts, höre nichts, weiß von nichts” (“Görmedim, duymadım, bilmiyorum”) sowie “Takvim, mach doch mal uns zur Nachricht!” (“Takvim bizi haber yapsana”).

3 Affen-Demo vor dem Gebäude des Medienkonzerns ATV/Sabah in Istanbul, 26.6.2013

3 Affen-Demo vor dem Gebäude des Medienkonzerns ATV/Sabah in Istanbul, 26.6.2013  Q:http://www.gazetecileronline.com/newsdetails/10442-/GazetecilerOnline/iktidar-medyasina-uc-maymun-protestosu

Die zum ATV/Sabah-Konzern gehörige Tageszeitung Takvim hatte in ihrer Ausgabe vom 26.6.2013 berichtet, die Protestierenden des Gezi Parks hätten Polizisten fast zu Tode geprügelt, und Ethem Sarısülük – das von einem Polizisten erschossene Opfer – wäre Teil einer Provokateurs-Gruppe gewesen, welche die türkische Flagge verbrannt habe [zum Kampf um und mit dem Symbol der türkischen Flagge will bei anderer Gelegenheit noch geschrieben werden]. Die Website der Zeitung zeigt zudem ein 5minütiges Video, auf dem Ethem inmitten einer Gruppe von Chaoten zu sehen sein soll – im Video jeweils mit einem roten Pfeil markiert.

Der Zeitungsbericht ist Teil einer seit Beginn der Parkbesetzung laufenden großen Propaganda-Maschinerie der Kriminalisierung, die ihren Anfang mit Recep Tayip Erdoğans (RTE) Beschimpfung der Demonstrant/innen als Çapulcu machte – welche sich die Demonstrant/innen aber sogleich aneigneten: Der im Gezi Park als Kollektiv gegründete Internet-TV-Sender www.capul.tv begrüßt seine vielen Interviewgäste grundsätzlich und liebevoll mit “Wie geht es Dir, Çapulcu? Was hast Du uns zu sagen?” Als Neologismus – “Everyday I’m çapuling” – hat der Begriff schon international die Runde gemacht, Wikipedia führt unter “Chapulling (Turkish: çapuling)” bereits einen Eintrag incl. Debatte.

Zum Arsenal der Staats- bzw. Regierungs-Medienoffensive gehört seit neuestem auch ein von der Regierungspartei AKP (Tanıtım ve Medya Başkanlığı=Öffentlichkeits- und Mediendirektion) produzierter 28minütiger Film, der auf CD und von der Jugendbewegung der AKP via Youtube verteilt wird. Der Titel des Propagandafilmchens, das auf unerträgliche Weise alle diffamierenden und verschwörungstheoretischen Argumente der letzten Wochen zusammenfasst, lautet: “Ein großes Schauspiel! Sieh das wahre Gesicht der Ereignisse um Gezi, meine Türkei!” (“Büyük Oyun! Gezi olaylarının gerçek yüzünü gör Türkiyem!”)

Auf unterschiedlichen Wegen versuchen die Çapulcu die Diffamierungen durch Regierung und ‘gleichgeschaltete’ Medien auszuhebeln. In diesem Kampf um und mit Medien praktizieren sie verschiedenste Taktiken: Alternativmedien, (Über)Affirmation, Ironie, Proteste vor Medienkonzernen (schon ganz am Anfang hatte es bei CNN Türk eine Protestkundgebung gegen die Nicht-Berichterstattung von den Protesten gegeben) u.a., wovon ich in den nächsten Wochen noch berichten werde.

Vom Tempo in und mit Alternativmedien zu operieren zeugt auch, dass es innerhalb von zweieinhalb Stunden nach der Demo vor dem ATV-Gebäude ein erstes Video gibt, eingebunden in einen je nach Bedarf aktivierten Liveticker bei der Online-Plattform sendika.org [http://www.sendika.org/2013/06/besiktas-halki-ethem-sarisuluk-hakkinda-yayimlanan-yalan-haber-icin-atv-sabah-binasini-basti/]

“Üc maymun” eylemi 26.6.2013

Während der Begriff  “’3 maymun’ eylemi” schon selbstverständlich verwendet wird, werden die Formen der 3 Affen-Demo noch eingeübt:-) Am Ende des Videos wird skandiert: “Wir wollen keine parteiischen Medien!” ["Yandaş medya istemiyoruz"] – auch dies ein taktischer Zug: unparteiische Medien zu fordern. Die Menge, die ihr Forum/Park-Parlament für die Demo unterbrochen hatte, begibt sich danach wieder in den Abbasağa Park. Auf dem Rückweg wird sie von solidarisch hupenden Autos und töpfeschlagenden Nachbarn gegrüßt.

Währenddessen finden in der Regierungshauptstadt Ankara wieder massive Einsätze der Polizei gegen Demonstrierende statt. Zu verfolgen u.a. am in mehrere Sprachen übersetzten Liveticker gezipark.nadir.org.

Anm.:
- Park-Foren/Park-Parlamente: die seit Vertreibung vom Taksim-Platz allabendlich stattfindenden dezentralen Diskussionsrunden in den Parks Istanbuls
- sendika.org ist eine der wichtigsten alternativen Informations-Plattformen der Bewegung und hat in den ersten Tagen neben Berichten einen Liveticker mit aktuellsten Demo-Infos eingerichtet, der inzwischen je nach Bedarf betrieben wird. Hier finden sich auch Protokolle von den Treffen der Park-Parlamente, Presserklärungen der Taksim-Plattform, veröffentlicht werden auch Erklärungen der Anwaltsvereinigungen, der Ärztekammer, der Gewerkschaften usw. Einzelne Artikel werden ins Englische übersetzt.
- gezipark.nadir.org – Plattform mit kollektiv erstellten Übersetzungen des Livetickers von sendika.org in 9 Sprachen.

Quelle: http://mediares.hypotheses.org/156

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Stellenangebot wiss. Redakteur(in) am IEG

Am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) in Mainz ist im Projekt

»EGO | Europäische Geschichte Online« eine Stelle als

Wissenschaftliche(r) Redakteur(in) (50 %, TV-L 13)

vom 01.09.2013 bis zum 28.02.2015 befristet zu besetzen. Die Stelle kann ggf. auch als Vollzeitstelle für die Dauer von 9 Monaten (01.09.2013–31.05.2014) besetzt werden.

Stellenprofil

Das IEG ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut (http://www.ieg-mainz.de) und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es betreibt Forschungen zu den historischen Grundlagen des modernen Europa und unterhält ein internationales Stipendienprogramm. In dem durch die DFG geförderten Projekt »EGO | Europäische Geschichte Online« wird eine zweisprachige transkulturelle Geschichte Europas der Neuzeit im Internet in internationaler und interdisziplinärer Zusammenarbeit aufgebaut (http://www.ieg-ego.eu).

Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber soll die Online-Redaktion in Mainz in der Endphase des DFG-Projekts übernehmen. Er/sie koordiniert und organisiert das Review- und Publikationsverfahren mit Autoren, Fachherausgebern und Übersetzern. Das Tätigkeitsfeld umfasst vor allem die Redaktion wissenschaftlicher Texte in deutscher und englischer Sprache, die Evaluation und Einbindung wissenschaftlicher Internetressourcen sowie die Rechteermittlung und -klärung.

Einstellungsvoraussetzungen

  • Erfolgreich abgeschlossenes Studium in einer historisch arbeitenden Wissenschaft (z.B. mit Schwerpunkt in der Kirchen- und Theologiegeschichte, Literaturgeschichte, Kunstgeschichte, Philosophiegeschichte)
  • Einschlägige Berufserfahrung im Verlags- und Publikationswesen
  • Erfahrung mit digitalen Redaktions- bzw. Content-Management-Systemen
  • Exzellente Englisch-Kenntnisse
  • Aufgeschlossenheit für interdisziplinäres Arbeiten
  • Interesse an vergleichenden, transnationalen und transfergeschichtlichen Ansätzen
  • Ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten

Die Bewerbung von Frauen ist besonders erwünscht. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Für Fragen steht Ihnen der Projektkoordinator Dr. Joachim Berger zur Verfügung (berger@ieg-mainz.de).

Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen richten Sie bitte unter Angabe der Kenn.-Nr. IEG-EGO-2013 bis zum 11.07.2013 an das Leibniz-Institut für Europäische Geschichte, Verwaltung, Alte Universitätsstraße 19, 55116 Mainz, und zwar a) auf dem Postweg sowie b) per E-Mail (seibel@ieg-mainz.de, alle Unterlagen in einem PDF zusammenfassen).

Bewerbungsunterlagen können nur dann zurückgesandt werden, wenn ein adressierter und ausreichend frankierter Rückumschlag beiliegt.

Vorstellungsgespräche finden voraussichtlich am 19. Juli 2013 statt.

↗ PDF-Version der Ausschreibung

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1881

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Workshops zum Wissenschaftlichen Bloggen am WZB (Berlin) und ZZF (Potsdam)

Sascha Foerster, CC-BY 3.0 DE

Sascha Foerster, CC-BY 3.0 DE

Mareike König (DHI Paris) und ich (Sascha Foerster, Max Weber Stiftung) haben in Berlin und Potsdam zwei Workshops zu wissenschaftlichem Bloggen geleitet. Am 24. Juni 2013 sind wir beim Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) im Rahmen des College for Interdisciplinary Educational Research (CIDER) gewesen. Am 25. Juni 2013 sind wir für einen weiteren Workshop beim Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam gewesen, bei dem auch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung beteiligt war.

Dort haben wir die Blogplattform de.hypotheses.org vorgestellt, übers Bloggen im Allgemeinen und wissenschaftliches Bloggen im Speziellen gesprochen, über die Sozialen Medien kommuniziert und vor allem Bloggen mit WordPress geübt, vom Einrichten eines Blogs bis zur Veröffentlichung des ersten Artikels. Davor führte Mareike viele Interessierte der Berliner Wissenschafts-Community mit einem Vortrag ins Thema ein, stellte verschiedene Wissenschafts-Blogs vor, sprach über Sinn und Zweck des Bloggens in der Wissenschaft und beantwortete die zahlreichen Fragen. Mareike Königs Präsentation befindet sich zum Nachschauen bei Slideshare!

Dies waren meine ersten beiden Workshops zum wissenschaftlichen Bloggen, die ich begleitet habe. All diese ehrwürdigen Institutionen mit ihren klingenden Namen sind mir im Laufe meines Studiums bereits begegnet. Aber nun die Menschen vor Ort zu treffen, ist doch immer etwas Besonderes. Das Interesse unter den Wissenschaftler für die Veränderungen, die durch das Internet entstehen, wächst und mir scheint es, als würden sich auch im Wissenschaftssystem bald einige Dinge verändern.

Der Vortrag von Paul Stoop hat mir in dieser Hinsicht aus der Seele gesprochen. Er sprach als ehemaliger Journalist und jetziger Leiter des Informations- und Kommunikationsreferats des WZB über die Erfahrungen der Journalisten und Zeitungs-, bzw. Zeitschriftenverlage, die die digitalen Veränderungen oft schmerzhaft erlebt haben. Die Wissenschaftswelt ist in dieser Hinsicht noch relativ lange unberührt geblieben, aber auch dort deuten sich die Verschiebungen immer deutlicher an.

Bei den Fragen der Teilnehmer und Zuhörer (wobei mehr Frauen als Männer anwesend waren) merkte man immer wieder, dass zuerst auf die Risiken geschaut wird, und wir als Referenten daraufhin auf  die Vorteile des Bloggens hinweisen. Ich möchte mal ein paar klassische Fragen nennen (und verkürzte Antworten geben):

  • Wieviel Zeit nehmen das Bloggen und die sozialen Medien in Anspruch? (So wenig und viel, wie man selbst möchte. Es gibt keinen Publikationszwang.)
  • Darf ich (Teil-)Ergebnisse, die ich in Blogs schon veröffentlich habe, nochmal in einer Zeitschrift/Dissertation/… veröffentlichen? (Das kommt auf die Promotionsordnung/Zeitschriften an. Noch gibt es  keine klaren Antworten. Im Prinzip aber ja, weil die Schreibform eines Blogs ganz anders ist.)
  • Was passiert, wenn ich wissenschaftlich zu einem Thema blogge, dass in der Öffentlichkeit sehr umstritten ist? (Dann ist es auch ein wichtiges Thema, zu dem Wissenschaft Stellung beziehen sollte. Vielleicht als Institution und nicht als Privatperson dazu bloggen?…)
  • Oder auch: Wie gewinne ich überhaupt eine Leserschaft? (Selbst lesen, kommentieren, vernetzen, Themen aufgreifen: Web 2.0! Es gibt keine einseitig angesprochenen “Ziel”gruppen mehr. Wechselseitige Kommunikation auf Augenhöhe ist angesagt!)
  • Und die wichtigste aller Fragen war für uns: Sagt man “das” oder “der” Blog? (Mareike leitet “das” her, ich sage trotzdem immer intuitiv “der”. So diskutierten wir mit den Zuhörern, teils ging die Diskussion bei Twitter weiter. Bloggen muss vor allem eben auch Spaß machen! Das oder der ist dann auch egal.)

CIDER WorkshopDazu kommt, dass sehr viele digital-technische Begriffe, Dienstleitstungen, etc. nicht oder kaum bekannt sind: OpenAccess, CreativeCommons, FlattR, FlickR, Google+, ja manchmal muss man auch noch Facebook und Twitter erklären. Aber dabei sind wir nicht lange stehen geblieben. Ich habe versucht recht schnell weg von der Theorie, mitten hinein in die Praxis des Selberpublizierens in einem Blog zu überführen.

In den Praxisteilen dürften sich Studenten, Nachwuchswissenschaftler und PostDocs munter an Ihre Weiterbildungs-Blogs bei de.hypotheses.org ausprobieren. Wie ändert man das Design des Blogs? Wie erstellt man einen Artikel? Wie binde ich ein Bild ein (nebst Exkurs zum Urheberrecht und CC-Lizenzen)? Es gab viele Fragen und viele Antworten! (Viele weitere Antworten finden sich bei uns im Bloghaus)

Am Ende des Tages hatten alle ihren ersten Blogpost erstellt und mit WordPress erste Erfahrungen gesammelt oder vertieft. Viele haben sich auch schon das Anmeldeformular für einen Blog bei de.hypotheses.org genauer angeschaut und ich freue mich über jede Neuanmeldung, die nach diesen Workshops folgt.

Besonders glücklich war ich, wenn in den Vorträgen, nach mehrmaliger Aufforderung zu Twittern, dann doch einige begeistert dabei waren und viele Köpfe nun munter auf Ihre Smartphones schauten um nebenher zu kommentieren und nachzufragen und die Links abzuspeichern, die wir während Mareike Königs Vortrag und danach per Tweet ausgetauscht haben. (Die Hashtags bei Twitter, hier verlinkt zum Nachlesen, waren #wzbhypo und #zzfhypo).

Meine wichtigste Erfahrung war aber eine andere. Beim Workshop am WZB haben die Teilnehmer bereits Beiträge für Ihren Blog vorbereitet. Am Ende des Tages habe ich mir diese Beiträge durchgelesen und die Blogs genauer angeschaut. Ich kann zu jedem einzelnen Teilnehmer nur sagen: Eröffnet einen Blog damit ich und, noch viel wichtiger, die Community endlich Eure tollen Beiträge lesen kann (und nicht erst, wenn Ihr fertig mit dem Forschen seid und dei Ergebnisse als Artikel oder Buch publiziert)! Die Texte, die Ihr schreibt, verdienen es von Menschen gelesen zu werden, die das Thema interessiert, die sich weiterbilden wollen, die Gleichgesinnte suchen und mit Euch kooperieren wollen. Wenn Ihr bloggt, habt Ihr tatsächlich die Chance diese Menschen zu erreichen! Und dafür müsst Ihr nicht zwei Jahre warten. Ihr könnt in einem Blog selbst und sofort veröffentlichen und Rückmeldung bekommen.

In diesem Sinne: Ich freue mich schon auf die vielen tollen neuen Blogs und die fantastischen Inhalte, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bald veröffentlichen werden. Sei es bei de.hypotheses.org oder in der weiten Prärie des alten und neuen Internetlands!

 

Weitere Blogartikel und Links zum Workshop:

http://www.culturalsourcesofnewness.net/articles/zehn-gute-grunde-ofter-mal-zu-schreiben/

http://neuspreeland.wordpress.com/2013/06/25/wissenschaftsblogs-keine-modeerscheinung/

http://irblog.eu/social-media-for-academics/

 

Text und Bilder von Sascha Foerster, CC-BY 3.0 DE

 

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1410

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Vier Schätze des Studierzimmers (IV)

Sobald die Tusche auf dem Reibstein angerieben worden ist, konnte und kann man zum Pinsel greifen. Durch ihre Bedeutung für Malerei und Kalligraphie stellen Tusche und Pinsel “vielleicht sogar das prägnanteste Ausdrucksmittel”[1] der chinesischen Kunst dar. In der Phrase bi mo zhi yan 筆墨紙硯 (d.i. Pinsel, Tusche, Papier, Reibstein), die für die wichtigsten Utensilien des Kalligraphen steht, wird der Pinsel gar an erster Stelle genannt.

Während die Legende dem Qin-General Meng Tian 蒙恬 (ausgehendes 3. Jh.v.Chr.) die Erfindung des Pinsels zuschreibt, ist jedoch davon auszugehen, dass der Pinsel schon viel früher Verwendung gefunden hatte, spätestens nachdem man dazu übergegangen war, Texte auf Bambus und Seide zu schreiben. [2]

Bei der Herstellung des Pinsels werden Tierhaare (von Hirsch, Ziege, Hase, Fuchs und Wolf) oder Vogelfedern verwendet.[3]. Stand das Zeichen bi 筆 früher ausschließlich für Pinsel, so bezeichnet es (mit entsprechenden Zusätzen) heute alle Schreibgeräte.

Die Bedeutung des Pinsels für Literatur und Kultur fand nicht zuletzt in frühen Klassifikationen chinesischer Literatur ihren Niederschlag. In seinem Wenxin diaolong 文心彫龍 (“Literarische Gesinnung und das Schnitzen von Drachen”), in dem er die literarischen Werke in 34 Kategorien einteilte, ordnete Liu Xie 劉勰 Prosawerke unter die Rubrik bi 筆 ein, während er die Dichtung in der Rubrik wen 文 – zu wen vgl. Annäherungen zum Kulturbegriff im Chinesischen – auflistete.[4]. Diese Unterscheidung, die also Ende des 5./Anfang des 6. Jahrhunderts verbreitet gewesen zu sein scheint, wird später auch bei dem japanischen Mönch Kūkai (774-835) erwähnt:

“In der Art, Texte zu schreiben, gibt es nur bi und wen. Wen umfaßt Gedichte, Rhapsodien, Inschriften, Preisungen, Ermahnungen, Würdigungen, Klagelieder und dergleichen mehr; bi umfasst Erlasse, Pläne, Throneingaben, Stellungnahmen, Briefe, Berichte usw. Oder um es direkt zu sagen: was sich reimt, ist wen, und was sich nicht reimt, ist bi.”[5]

Die Homophonie von bi 筆 (Pinsel) und bi 必 (sicher, sicherlich) fand etwa in der chinesischen Symbolik ihren Niederschlag. Ist der Pinsel durch die Nabe eines Rades gesteckt, bedeutet dies “er wird sicher treffen” (hier machte man sich die Bedeutungen von zhong 中 (einerseits “Mitte”, andererseits “ein Ziel treffen”) zunutze. Diese Anspielung soll den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass ein Kandidat bei den Beamtenprüfungen, die erst eine Karriere als Gelehrten-Beamter ermöglichten, bestehen möge/werde. [6]

 

  1. Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 221.
  2. Vgl. Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte  der chinesischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (München, 2. Aufl., 1999) 84.
  3. Eine nützliche Übersicht über die Herstellung und die einzelnen Teile des Pinsels sowie über die verschiedenen Formen von Pinselspitzen in Grove Art Online: China § XIII,4 Brushes sowie Asia-Art.net: Chinese Brush-Painting.
  4. Vgl. Grand Dictionnaire Ricci de la lange chinoise, Bd. IV, S. 987 (Nr. 8813. Zum Wenxin diaolong vgl. chinaknowledge.de: Wenxin diaolong.
  5. Zitiert nach Schmidt-Glintzer: Geschichte der chinesischen Literatur, 251
  6. Vgl. Wolfram Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen (München, 5. Aufl., 1996) 230 (‘Pinsel’), Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 264 (‘Writing Instruments’).

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/558

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Intersexualität und Normalität: Strukturen eines Verhältnisses am Beispiel des Deutschen Ethikrates – Von Markus Kluge

Seit der Antike werden intersexuelle Menschen und vor allem Kinder, die aufgrund ihrer körperlichen Merkmale nicht eindeutig als Frau oder Mann einzuordnen sind, operativen Eingriffen verschiedenster Art mit der Absicht, diese Kategorisierbarkeit herzustellen (vgl. Klöppel 2010 insbes. Teil I; Voß … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5102

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1000 Bücher – Eine Wand voll und doch nur ein Anfang

In der Salzburger Priesterhausbibliothek, die Teil der Diözesanbibliothek (DBS) und damit Teil des Archivs der Erzdiözese Salzburg (AES) ist findet ein voraussichtlich mehrjähriges Projekt zur Sichtung, Reinigung, Konservierung, Neuaufstellung und Katalogisierung der Bestände des 18. Jahrhunderts statt. Dabei wurde nun das tausendste Exemplar fertig bearbeitet. Wie groß der Bestand aus dem 18. Jahrhundert tatsächlich ist, lässt sich nur schwer abschätzen.

Im neu dazugewonnenen Raum werden die Bücher des 18. Jhs. aufgestellt

Im neu dazugewonnenen Raum werden die Bücher des 18. Jhs. aufgestellt

Die Geschichte der Priesterhausbibliothek lässt ab der Gründungszeit des Priesterseminars unter Fürsterzbischof Wolf-Dietrich von Raitenau im ausgehenden 16., bzw. beginnenden 17. Jahrhundert verfolgen. Als Bibliothek, die der umfassenden Bildung der Salzburger Priesterseminaristen dienen sollte, erfuhr und erfährt sie immer noch durch Schenkungen verschiedenster Persönlichkeiten große Zuwächse. Mehrere Umstellungen im Laufe der Jahrhunderte, besonders in den Wirren des 2. Weltkrieges brachten die Bestände etwas durcheinander und machten eine Neuaufstellung und Katalogisierung in den 40er und 50er Jahren notwendig. Diese geschah innerhalb weniger Jahre durch Dr. Schliessleder. Auf ca. 65.000 Katalogkarten wurde eine Autorenkatalog erstellt, parallel dazu ein Sachkatalog. Aufgrund der kurzen Entstehungszeit und der schwierigen Umstände nach dem 2. Weltkrieg ist der Katalog nicht sehr genau. Einige spätere Buchabgaben hinterließen auch Lücken im Buchbestand, einige Bücher dürften auch ohne Wissen und Wollen der Bibliothekare verschwunden sein. Seit der Erstellung dieses Katalogs hat sich der Bestand außerdem durch Schenkungen auf wenigstens 120.000 Bände erhöht.

Die starke Staubbelastung, die schwer zu kontrollierenden klimatischen Verhältnisse und die mangelhafte Katalogisierung in der Priesterhausbibliothek wurden schließlich zum Anlass verschiedener Projekte um die Zustände zu verbessern: So wurden seit der Neuerrichtung des Archivgebäudes des AES alle Buchbestände vor dem Jahr 1701 und alle Handschriften (neuzeitliche wie mittelalterliche) in die dortigen gekühlten Magazine verbracht. Diese sind auch schon vollständig katalogisiert und damit der Wissenschaft zugänglich. Für die Buchbestände des 18. Jahrhunderts war vor allem aus Platzgründen keine derartige Lösung möglich. Während es sich beispielsweise bei den Beständen des 17. Jahrhunderts um ca. 2000 Bände handelt, kann bei den Beständen des 18. Jahrhunderts etwa die fünf- bis zehnfache Menge vermutet werden.

Die Bücher des 18. Jhs. werden aus der bisherigen Aufstellung herausgezogen

Die Bücher des 18. Jhs. werden aus der bisherigen Aufstellung herausgezogen

Die Bücher des 18. Jahrhunderts in der Priesterhausbibliothek werden nun aus dem übrigen Bestand herausgezogen, gereinigt, von Auflösungserscheinungen betroffene Einbände werden mit Klucel-G fixiert und in einem Raum, dessen Klima etwas besser kontrollierbar ist, neu aufgestellt. Um diesen Raum (und einen schönen neuen Benutzersaal) wurde die Priesterhausbibliothek bei den jüngsten Umbauten im vergangenen Jahr erweitert. Sind die Bücher dort aufgestellt, werden sie nach und nach katalogisiert. Bei diesen Katalogisierungsarbeiten wurde nun das tausendste Exemplar angelegt – was auch den Anlass zu diesem Artikel bietet.

Ein nicht unerheblicher Teil dieser neu katalogisierten stammt aus dem weiten Themenfeld der Moraltheologie, da mit den Arbeiten an einer Stelle der Bibliothek begonnen wurde, an der Bücher zu diesem Thema etwas verdichtet aufgestellt waren. Beispielsweise in mehreren Auflagen vorhanden sind die moraltheologischen Werke von Paul-Gabriel Antoine. Bibelkommentarwerke von Augustine Calmet, Jacobus Tirinus und Cornelius a Lapide wurden ebenfalls bearbeitet. Bemerkenswert ist eine Sammlung von aufklärerischen Bildungsromanen, die ein gewisser Johannes Chrysostomus Antonius Gschwentner von Adel der Priesterhausbibliothek hinterlassen hat. Auf der Innenseite des Vorderdeckels ist in jedem Band aus dieser Sammlung ein Portrait einer bedeutenden Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts eingeklebt – vielleicht um die Gesichter kennenzulernen und zu studieren. Außerdem finden sich noch Textausgaben und Kommentarwerke zu verschiedenen Kirchenvätern, darunter besonders Johannes Chrysostomus, Minucius Felix und Basilius der Große. Aber auch lateinische Klassiker sind vorhanden, so beispielsweise eine Ausgabe des Geschichtswerkes von Livius.

Unter dieser Absauganlage werden in der Priesterhausbibliothek die Bücher gereinigt

Unter dieser Absauganlage werden in der Priesterhausbibliothek die Bücher gereinigt

Der Katalog der Diözesanbibliothek ist leider noch nicht online zugänglich, aber es wird daran gearbeitet dies – eventuell in Kooperation mit anderen kirchlichen Bibliotheken Österreichs – zu verbessern. Der alte Zettelkatalog der Priesterhausbibliothek ist bereits hier einsehbar.

Mit Klucel-G werden vor allem die dunkleren Ledereinbände behandelt, die sich bei jeder Berührung Stück für Stück auflösen

Mit Klucel-G werden vor allem die dunkleren Ledereinbände behandelt, die sich bei jeder Berührung Stück für Stück auflösen

Quelle: http://aes.hypotheses.org/165

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Avertissement des Brünner Lecturkabinets von Jacob Bianchi, 1773

Nachricht.
Man macht sich das Vergnügen, die Errichtung eines Lecturkabinets, dem lesenden Publicum bekannt zu machen.
Die Absicht der Errichtung dieses Kabinets bestehet, allen Arten von Lesern Gelegenheit zu verschaffen, nach ihrer eigenen Wahl aus einer Sammlung von unterhaltenden und lehrreichen Schriften ihrer Wißbegierde auf eine bequeme und wohlfeile Art ein Genüge zu leisten.
Der Umfang, den theils die auf so vielfache Art in Gang gebrachte Erfindsamkeit, theils das Bestreben, Erfindungen und Entdeckungen gemeinnützig bekannt zu machen, theils die wirkliche Mannigfaltigkeit der Verbindungen, die Theile der Wissenschaften mit einander verknüpfen, deren jeder seine eigene Bearbeitung fodert und findet, und tausend andere bekannte und unbekannte Ursachen den menschlichen Känntnissen gegeben haben, erfordern von einem Manne, der ihn nicht ganz, sondern nur nach einigen Theilen einigermassen übersehen will, eine so ausgebreitete Bibliotheck, daß nur wenige Privatpersonen sich damit versehen können.
Das Kabinet hat daher zur Beförderung dieser Absichten zum Behufe der oben genannten Leser bereits eine Sammlung.
1) Von den berühmtesten periodischen Schriften und Journalen der Ausländer und Deutschen, die gemeinnützigen praktischen Wissenschaften, Oeconomie, Agricultur, Naturgeschichte, Chymie, u.s.w. betreffend, zu machen angefangen; womit zugleich 2) Einen Vorrath von ausführlichen, in diese Wissenschaften einschlagenden Werken verbindet. Eben so hat es zum Behufe der Liebhaber der schönen Litteratur, nicht nur eine beträchtliche Anzahl der besten ausländischen und deutschen Werken des Genies und Witzes zu sammeln angefangen, wo die Liebhaber der Dichtkunst, des Theaters, der Geschichte, der Reisebeschreibungen, Romanen, u.s.w. Stoff zur Unterhaltung und Abwechslung finden; sondern man hat auch eine Anzahl der besten Französischen und Deutschen Journale und gelehrten Zeitungen bestellt, welche von den Pränumeranten mit Bequemlichkeit gelesen werden können, und welche die Liebhaber in den Stand setzen werden, den ganzen Zustand der neuesten Litteratur zu übersehen. Von allen diesen Büchern und Journalen wird ein Catalogus an die Pränumeranten abgegeben werden.
Die nähere Bedingnisse, unter welchen man diese Bücher und Journalen wird lesen können, werden dem Catalogo vorgesetzt werden.
Dieses Lecturkabinet wird allhier den 15 Januarii 1774 eröffnet werden.
Anmerkungen. Diejenigen, welche Journale, Zeitungen, Bücher oder Wörterbücher zu Hause zu lesen verlangen, bezahlen für das ganze Jahr 12 fl. Andere, die nur halbjährig, vierteljährig oder Monatweis pränumeriren, können ebenfalls Bücher nacher Hause bekommen; Journale, Zeitungen und Wörterbücher aber müssen sie in dem Lecturkabinet lesen. Man wird auch der geringern Classe der Lesern, Bücher täglich zu lesen geben, wofür sie, nach Verhältniß des Werkes 1 oder etliche Kr. für den Tag zu bezahlen haben.
Die Pränumeration wird von heute an in dem Lecturkabinet angenommen; man bittet auch sich beyzeiten zu melden, damit man seine Einrichtung wegen der Journals und Zeitungen desto besser machen kann.
Von politischen und gelehrten Zeitungen werden zum Lesen zu bekommen seyn:
Gazette de Leiden. - - de Cologne. Erlanger. Das Wiener Diarium. Die Brünner. Die Wienerische Realzeitung.
Auch verkauft man in selbem allerley Sorten gebundener Bücher um einen sehr billigen Preiß.
Ingleichen von allerhand mathematischen Instrumenten, Perspective und Augengläser.
Das Lecturkabinet ist in dem Freyherrlich Waldorfischen Haus auf dem Getreidmarkt N.ro 436.


Wochentlicher Intelligenz-zetl aus dem Fragamte der Kaiser-Königl. privilegirten Lehen-Bank zu Brünn in Mähren, 16.12.1773, Nr.50, unpaginiert.

-Diese Publikation - Vorgänger der "Brünner Zeitung" - wird zur Zeit an der MZK digitalisiert, einen Vorgeschmack gibt es hier: http://krameriusndktest.mzk.cz/search/i.jsp?pid=uuid:73ad3060-7699-11e2-86a5-005056827e52

Der im Avertissement genannte Catalogus erschien tatsächlich 1774:

Plan des K.K.privilegirten Lecturkabinets in Brünn. Plan d'un Cabinet de Lecture privilegié a Brün. Brünn: Swobodische Schriften, 1774.
Muzeum Brnenska, Benediktu v Rajhrade: R III a. 4098, c.43
-Dank des Brünner Museums verfüge ich über ein Digitalisat dieses etwas entlegenen Werks.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/434212007/

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Quelle: http://archidrawing.hypotheses.org/51

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