Trump-Akte im Landesarchiv Speyer

Es kommt wohl nicht alle Tage vor, dass ein Archiv, genauer: eine in einem Archiv verwahrte Akte, zum Gegenstand der Berichterstattung der „Bild“-Zeitung wird. Doch genau dieses lässt sich nachlesen auf Seite 3 der „Bild“ vom 21.11.2016 unter der Überschrift „Mit diesem Brief schob Deutschland Trumps Opa ab“. Gemeint war ein Schreiben der Königlich Bayerischen Regierung der Pfalz vom Februar 1905, worin das Gesuch eines Friedrich Trump um Wiederaufnahme in den bayerischen Staatsverband abgelehnt wurde. Dieser Friedrich Trump war der Großvater des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Soweit ist die mediale Aufmerksamkeit, welche sich schon während des Wahlkampfes plötzlich um eine im Landesarchiv Speyer verwahrte Akte entzündete, verständlich.

Geboren 1869 im pfälzischen Kallstadt, war Friedrich Trump bereits 1885, weil er nach Abschluss seiner Lehrzeitnach eigenem Bekunden „keine lohnende Beschäftigung“ gefunden hatte, nach Nordamerika ausgewandert – allerdings ohne Genehmigung der Behörden, womit er zugleich seiner Pflicht zum Militärdienst entging, was ihm später zum Verhängnis werden sollte. Doch zunächst hatte Trump, der in den USA seinen Vornamen in „Frederick“ änderte, großen wirtschaftlichen Erfolg, vornehmlich durch den Betrieb von Restaurants und Bordellen im ‚wilden Westen‘ und in Alaska.

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Quelle: http://archivtag.hypotheses.org/479

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Juxtapose: Bremen, Bahnofstraße – 1912/2017


Teilweise mehr als 200.000 wanderten bis 1914 jährlich mit der Reederei Norddeutscher Lloyd in die USA aus. Das Bild zeigt Auswanderer in der Bahnhofstraße in Bremen vor der “Passagier-Annahme”. Heute existiert die Häuserfront in der Form nicht mehr, nur mit dem Bahnhof ganz rechts im Bild überschneiden sich die beiden Fotos.

Neben Bremen war Hamburg mit der Reederei Hapag ein zentraler Anlaufpunkt für Auswanderer: Über 100.000 Personen begaben sich bis 1914 jährlich auf die Dampfer, um in den USA ein neues Leben anzufangen. Heute erinnert “BallinStadt – das Auswanderermuseum Hamburg” an ihre Geschichten und Schicksale.

Quelle: https://www.zeitsprung.fm/bremen-bahnofstrasse/

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Juxtapose: Bremen, Bahnofstraße – 1912/2017


Teilweise mehr als 200.000 wanderten bis 1914 jährlich mit der Reederei Norddeutscher Lloyd in die USA aus. Das Bild zeigt Auswanderer in der Bahnhofstraße in Bremen vor der “Passagier-Annahme”. Heute existiert die Häuserfront in der Form nicht mehr, nur mit dem Bahnhof ganz rechts im Bild überschneiden sich die beiden Fotos.

Neben Bremen war Hamburg mit der Reederei Hapag ein zentraler Anlaufpunkt für Auswanderer: Über 100.000 Personen begaben sich bis 1914 jährlich auf die Dampfer, um in den USA ein neues Leben anzufangen. Heute erinnert “BallinStadt – das Auswanderermuseum Hamburg” an ihre Geschichten und Schicksale.

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Quelle: https://www.zeitsprung.fm/bremen-bahnofstrasse/

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Arthur Kronthal zur Heimatliebe und Auswanderung aus Posen nach 1919

Eine bürgerliche Familiengeschichte aus dem 19. Jahrhundert: Der Großvater Simon Kronthal gründet 1820 eine Fabrik; der Vater Wolf Kronthal engagiert sich politisch und sitzt im Stadtrat; Arthur Kronthal selbst studiert zwar Maschinenbau, absolviert eine technische Ausbildung und kaufmännische Praktika, seine Bestimmung findet er aber in Geschichte, Kunst und Heimatpflege.

Am 25. November 1859 wurde er in Posen geboren. Seine schwache Gesundheit machte eine Tätigkeit als Leiter einer Fabrik unmöglich, öffnete ihm aber die Möglichkeit eines breiten ehrenamtlichen Engagement als Handelsrichter, Stadtrat (1906-1918), als Kurator einiger Institute für Kunst und Wissenschaft, als leitendes Vorstandsmitglied in Vereinigungen wissenschaftlicher, künstlerischer, sozialer und wohltätiger Art. Seine Stiftung für Kunst spendete dem Kunstmuseum zahlreiche Gemälde.1

Arthur Kronthal beschäftigte sich in unzähligen Beiträgen in Tageszeitungen und Monatsschriften mit der allgemeinen und jüdischen Geschichte und Kunst der Provinz Posen,2 hielt Vorträge zu diesen Themen, in denen er „den liberalen, bürgerlichen und auch jüdischen Beitrag zur Urbanen Modernisierung“ betonte.3 Auch deshalb ernannte ihn die Historische Gesellschaft für Posen, die auch Dank der Beteiligung der jüdischen Posener zu der größten in Deutschland gehörte, zum Ehrenmitglied.

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Quelle: https://phdj.hypotheses.org/158

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Arthur Kronthal zur Heimatliebe und Auswanderung aus Posen nach 1919

Eine bürgerliche Familiengeschichte aus dem 19. Jahrhundert: Der Großvater Simon Kronthal gründet 1820 eine Fabrik; der Vater Wolf Kronthal engagiert sich politisch und sitzt im Stadtrat; Arthur Kronthal selbst studiert zwar Maschinenbau, absolviert eine technische Ausbildung und kaufmännische Praktika, seine Bestimmung findet er aber in Geschichte, Kunst und Heimatpflege.

Am 25. November 1859 wurde er in Posen geboren. Seine schwache Gesundheit machte eine Tätigkeit als Leiter einer Fabrik unmöglich, öffnete ihm aber die Möglichkeit eines breiten ehrenamtlichen Engagement als Handelsrichter, Stadtrat (1906-1918), als Kurator einiger Institute für Kunst und Wissenschaft, als leitendes Vorstandsmitglied in Vereinigungen wissenschaftlicher, künstlerischer, sozialer und wohltätiger Art. Seine Stiftung für Kunst spendete dem Kunstmuseum zahlreiche Gemälde.1

Arthur Kronthal beschäftigte sich in unzähligen Beiträgen in Tageszeitungen und Monatsschriften mit der allgemeinen und jüdischen Geschichte und Kunst der Provinz Posen,2 hielt Vorträge zu diesen Themen, in denen er „den liberalen, bürgerlichen und auch jüdischen Beitrag zur Urbanen Modernisierung“ betonte.3 Auch deshalb ernannte ihn die Historische Gesellschaft für Posen, die auch Dank der Beteiligung der jüdischen Posener zu der größten in Deutschland gehörte, zum Ehrenmitglied.

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Quelle: https://phdj.hypotheses.org/158

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Ein Fallbeispiel einer interkontinentalen Überfahrt oder: “I had no wish to raise dissension on board the ship“

Das Titelblatt der Schiffszeitung The Gull

Das Titelblatt der Schiffszeitung The Gull

Vor etwa einem Jahr habe ich das Thema meines Promotionsprojekts bereits auf diesem Blog vorgestellt. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan: Die Fragestellung hat sich weiterentwickelt, neue Schwerpunkte und Ansätze haben frühere Ideen ersetzt. Doch in diesem Beitrag soll es weniger um das Projekt im Allgemeinen gehen. Vielmehr möchte ich mich mit einem Einzelfall beschäftigen, um die Forschungsfragen aus meinem letzten Blogbeitrag durch ein konkretes Beispiel anschaulicher zu machen.

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Auf ihrer viermonatigen Reise von Glasgow nach Brisbane im Jahr 1884 transportiert das Schiff Otago 358 Zwischendeckpassagiere, 45 Crewmitglieder sowie drei Passagiere, die in der ersten Klasse reisen. Einer von ihnen, Keith Cameron, gründet einen Monat nach der Abreise aus Glasgow die Schiffszeitung The Gull. Bereits im ersten Editorial kündigt er die spätere Veröffentlichung der Zeitung in Buchform an, was sowohl eine Verstetigung als auch eine Transformation der handgeschriebenen Texte, die während der Überfahrt auf dem Schiff zirkulieren, darstellt. Dies ist auch die Form, in der uns die Quelle heute zugänglich ist: Die Zeitung wurde zusammen mit zahlreichen anderen Dokumenten, die diese Überfahrt beschreiben (u.a. mit der Passagierliste, dem Logbuch des Schiffs, einer Weltkarte der Route etc.) gebunden und noch 1884 in Brisbane veröffentlicht. Die Hauptziele der Zeitung an Bord nennt der Herausgeber gleich zu Beginn: Sie soll den Passagieren während der Überfahrt die Zeit vertreiben und zum allgemeinen Amüsement beitragen. Auf diesen Charakter der Publikation weisen u.a. Gedichte, Wortwitze, Rätsel sowie die recht platzeinnehmenden Kurzgeschichten des Herausgebers hin.

Was bei dieser Publikation jedoch besonders interessant ist, ist die Form, wie sich innere Konflikte und Machtverhältnissen durch die Zeitung abbilden. Wie bereits erwähnt, reisen lediglich drei Kabinenpassagiere auf diesem Schiff, alle anderen Mitreisenden sind Zwischendeckpassagiere und zum größten Teil Emigranten. Dies ist ungewöhnlich, da Schiffszeitungen oftmals ausschließlich von und für die Kabinenpassagiere herausgegeben wurden. An Bord der Otago jedoch verläuft die Publikation anders: Zwar reist der Herausgeber Keith Cameron in der Ersten Klasse, aber einige Beiträge kommen aus dem Zwischendeck und auch mehrere Mitglieder der Crew sind beteiligt, sodass es sich bei The Gull um eine dem gesamten Schiff zugängliche Publikationsplattform handelt.

Die Route der Otago, gezeichnet auf einer Weltkarte von James Orr, einem Kabinenpassagier der Überfahrt

Während der viermonatigen Überfahrt (und auch darüber hinaus) entwickelt sich jedoch ein Konflikt, bei dem auf der einen Seite die Besatzung, allen voran der Schiffsarzt und der Kapitän, auf der anderen Seite die Zwischendeckpassagiere und ihr selbsternannter Wortführer, der Herausgeber der Schiffszeitung, Keith Cameron, stehen. Das Grundproblem war dabei ein altbekanntes: Die Versorgung der Zwischendeckpassagiere war während dieser Überfahrt alles andere als optimal. Sie beklagen u.a. die schlechte Qualität des Essens, den Mangel an Wasser und die Ignoranz des Schiffsarztes. Diese Beschwerden finden zunächst keinen Widerhall in der Schiffszeitung, da deren Herausgeber Cameron fürchtet, dass zu harsche Kritik am Führungsstil zu einem Verbot seiner Zeitung – die gleichzeitig auch die Bühne für seine literarischen Ergüsse ist – führen könnte. Nicht zu Unrecht, wie sich herausstellen sollte.

Nach einigen Wochen, am 17. April, kommt es an Bord zu einem Streit zwischen dem Kapitän und dem Schiffsarzt auf der einen und Cameron auf der anderen Seite. Letzterer spricht sich für eine bessere Versorgung der Zwischendeckpassagiere aus und kündigt vor allem an, seine Zeitung nach der Ankunft in Brisbane als Zeugnis der wahren Zustände an Bord der Otago zu veröffentlichen. Ihm wird daraufhin vom Kapitän vorgeworfen, die Zwischendeckpassagiere gegen die Besatzung und vor allem gegen den Schiffsarzt aufzuwiegeln.

Illustration der Schiffszeitun. "THE MUSTER. This was held after we were thirteen weeks on board, and immediately following on the doctor being informed that Mr. Cameron really intended exposing the true state of affairs."

Illustration der Schiffszeitung, Bildunterschrift :
“THE MUSTER. This was held after we were thirteen weeks on board, and immediately following on the doctor being informed that Mr. Cameron really intended exposing the true state of affairs.”

Zudem sei er beobachtet worden, wie er die Quartiere im Zwischendeck ausmesse, um zu beweisen, dass die Passagiere dort unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht seien (Cameron bestreitet diese Aktion jedoch). Die Zwischendeckpassagiere selbst haben zeitgleich eine Petition verfasst, die sie nach Ankunft in Brisbane dem Emmigration Board vorlegen wollen, um auf die schlechten Bedingungen an Bord der Otago hinzuweisen. Dies schreckt den Kapitän auf, und den Emigranten wird angedroht, ihre Koffer und sämtlichen Besitztümer nach der bereits von zahlreichen Passagieren unterschriebenen Petition zu durchsuchen (was jedoch letztendlich nicht umgesetzt wird).

Es herrscht also eine offene Konfliktsituation. Die Zwischendeckpassagiere sind aufgebracht ob ihrer schlechten Versorgung, Cameron inszeniert sich als ihr Fürsprecher und der Schiffsarzt sowie der Kapitän wollen sich nicht in ihrem Führungsstil beeinflussen lassen.

Dieser Konflikt an Bord des Schiffes, der auch ganz klar ein Interessenkonflikt ist, spiegelt sich in der Produktion der Schiffszeitung The Gull. Mit der neunten Ausgabe, die am 19. April erscheint, zwei Tage nach besagtem Streit, zieht sich der Schiffsarzt Dr. MacDonald von der Publikation zurück – er hatte zuvor kurze Berichte über den allgemeinen Gesundheitszustand der Passagiere darin veröffentlicht. Die zwei Vorleser, die dafür gesorgt hatten, dass die Zeitung publik wurde, treten gleichzeitig von diesem Amt ab: „to side with the reigning power on board“, wie Cameron vermutet. Zwar soll einer seiner Mitpassagiere der Ersten Klasse das öffentliche Vorlesen der Zeitung übernehmen, doch just in diesem Moment wird den Passagieren der Ersten Klasse verboten, sich jenseits des Hauptmasts aufzuhalten, was de facto heißt, dass sie keinen Kontakt mehr zu den Zwischendeckpassagieren haben. Ob dieses Vorgehens rechtens ist, bleibt unklar. Aber um weitere Unruhe auf dem Schiff zu verhindern („to avoid a disturbance“) halten sich die drei Kabinenpassagiere einschließlich Cameron an dieses Verbot. The Gull wird noch weitere vier Ausgaben lang „publiziert“ – nun mit offensichtlich sehr begrenzter Leserschaft – und die Otago erreicht am 24. Mai ohne weitere Vorkommnisse ihren Zielhafen Brisbane.         

Dieser Fall ist ein anschauliches Beispiel, welche Rollen Machtverhältnisse, soziale Abhängigkeiten und Klassenunterschiede für das Erlebnis einer interkontinentalen Überfahrt spielen. Auch wird deutlich, wie sich Schiffszeitungen als bisher unerforschtes Quellenmaterial nicht nur eignen, solche Konflikte nachzuzeichnen, sondern diese auch selbst in ihrem Produktions- und Publikationskontext abbilden. Dabei ist bei diesem Beispiel das jeweilige Verhalten der Passagiere bzw. Passagiergruppen auffallend: Der sich wortgewaltig ereifernde Cameron gehorcht stillschweigend, als er im wahrsten Sinne des Wortes in seine Schranken verwiesen wird, wohingegen die „hilflosen“ Emigranten den „rücksichtlosen“ Schiffsarzt und den Kapitän nach der Ankunft mit ihrer Petition in Bedrängnis bringen. Denn die Geschichte ist mit der Ankunft des Schiffes in Brisbane ganz offensichtlich noch nicht vorbei. Wie sich Cameron als Retter der Hilflosen und als begnadeter Autor inszeniert (unter anderem durch erboste Briefe an die Lokalpresse), was die Emigranten in ihren Beschwerdebriefen beklagen und wie die offizielle Untersuchung dieses Falls beim Emmigration Board ausging, kann ausführlich im Digitalisat der Quelle in der National Library of Australia nachgelesen werden.

Alle Abbildungen: National Library of Australia.

Bibliographische Angabe:  Keith Cameron (Hrgs.): The Gull: A weekly newspaper published on board the „Otago“ during a four months’ voyage from Glasgow to Brisbane, Brisbane, Woodcock, Powell & Mellefont, 1884.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1832

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BallinStadt: Zerstörtes Lebenswerk

Im Sommer 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Ab Juli thematisiert das Auswanderermuseum BallinStadt in einer Sonderausstellung die Auswirkungen des Krieges auf die Auswandererhallen auf der Veddel. Diese Pavillon-Anlage gewährte europäischen Emigranten den Aufenthalt vor ihrer Abreise in die neue Welt. Um einen Vorgeschmack auf die Geschichte der Hallen zu geben, werfen die Hamburgischen Geschichten schon jetzt einen Blick auf die Entstehung und Entwicklung der Auswandererhallen.

Das Auswanderungsgeschäft war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Hamburgs. Die Stadt entwickelte sich zum größten Auswandererhafen Deutschlands – ein Nadelöhr auf dem Weg in die neue Welt. Von hier aus starteten die Schiffe der Reederei Hapag (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft).

Die Hamburg-Amerika-Linie hatte im Jahr 1892 Auswandererbaracken am Amerika-Kai errichtet. Im Jahr 1901 folgte der Umzug auf die Veddel. Die neuen Auswandererhallen boten Platz für mehr als 1000 Personen und beherbergten eine eigene Infrastruktur. Die Anlage bestand zunächst aus 15 Gebäuden: ein Empfangsgebäude, fünf Schlaf- und Wohnpavillons, zwei Hotels, eine Speisehalle, eine Kirche, ein Musikpavillon, ein Verwaltungsgebäude, ein Lazarett, ein Gepäckschuppen sowie ein Stall. Da der Andrang groß war, wurden die Auswandererhallen auf der Veddel nach drei Jahren erweitert. Auf dem Gelände von etwa 55.000 Quadratmeter standen nun mehr als 30 Gebäude, die bis zu 5.000 Menschen aufnehmen konnten.

Mit den Auswandererhallen, die 1901 fertig gestellt wurden, entwickelte die Hapag im Auswanderergeschäft ein gut funktionierendes und gewinnbringendes System. Die Reederei warb von nun an mit „All-inclusive-Angeboten“ um die Auswanderer: Mit dem Kauf des Schiffstickets erhielten diese auch die Karte für die Fahrt in Zügen von den Grenzkontrollstationen zu den Hafenstädten und die Unterbringung und Verpflegung in den Auswandererhallen. Von den 156.000 Auswanderern, die im Jahr 1907 Hamburg verließen, übernachteten rund 113.000 auf der Veddel.

Die Idee und Planung dieser Hallen fiel auf Albert Ballin zurück, weshalb das Museum heute seinen Namen trägt. Ballin wurde am 15. August 1857 geboren. Sein Vater Samuel Joel Ballin, der sich später Joseph Ballin nannte, war Gründer der unabhängigen Auswandereragentur Morris & Co. Die Agentur warb Auswanderer an und organisierte den Transport der Emigranten zum Hamburger Hafen. Als Albert Ballins Vater 1874 starb, übernahm der junge Ballin die Führung der Auswandereragentur.

Um mehr Kundschaft zu gewinnen, änderte Ballin das Konzept der Agentur und organisierte nun auch die Überfahrt selbst. Dieses Angebot fand so viel Zuspruch, dass seine Firma scharfe Konkurrenz für die Hapag wurde. Um die Hapag zu retten, kaufte die Reederei im Jahr 1886 Ballins Firma. Zwei Jahre später wurde Albert Ballin in den Vorstand der Hapag gewählt.

Zu diesem Zeitpunkt besaß die Reederei keine ernst zu nehmende Führung und befand sich in einer Krise. Dank Ballins Fähigkeit Marktlücken zu erkennen, gelang es, die Wende für die Hapag herbeizuführen. 1897 war die Reederei unter Ballins Leitung zur größten der Welt geworden – und blieb dies bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Die Niederlage Ballins durch den Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg änderte die Situation für die Hapag grundlegend, denn mit der Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich brach die Hapag zusammen: Anfang November 1914 erklärte die britische Admiralität die gesamte Nordsee zur Kriegszone, sperrte sie und den Kanal zwischen Norwegen und Schottland für die deutsche Schifffahrt. Die Auswanderung über Hamburg war von nun an nicht mehr möglich.

Mit Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im April 1917 wurden zudem 35 Hapag-Schiffe beschlagnahmt, die in den US-Häfen vor Anker lagen. Damit waren die Auswanderer- und Kreuzfahrtschiffe nicht mehr in der Hand der Hapag, was einen großen Einbruch für die Reederei bedeutete.

Die Auswandererhallen auf der Veddel, die für die Auswanderer nicht mehr von Nutzen waren, wurden zu einem Marine-Lazarett umfunktioniert. Hamburg verlor einen großen Wirtschaftszweig.

Unter Ballins Führung wurde die Hapag zur größten Reederei der Welt – das Tor zu dieser Welt wurde Hamburg. Durch den Ersten Weltkrieg verlor Ballin dieses Lebenswerk jedoch. Am 8. November 1918 nahm er eine Überdosis Beruhigungsmittel, an denen er einen Tag später, am 9. November 1918, starb.

Nähere Informationen zu den Auswandererhallen im Ersten Weltkrieg sind ab Juli 2014 in der Sonderausstellung der BallinStadt zu entdecken.

 

Zum Weiterlesen:

  • Gerhardt, Johannes: Albert Ballin. Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung (Hrg.), Hamburg 2009.
  • Wiborg, Susanne: Albert Ballin. Hamburger Köpfe, Herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg 2000.

 

Katharina Reissmann ist Studentin an der Universität Hamburg am Historischen Seminar.

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=1415

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