Projektvorstellung: CoReMA – Cooking Recipes of the Middle Ages: Corpus, Analysis, Visualisation

CoReMA – Cooking Recipes of the Middle Ages: Corpus, Analysis, Visualisation

Projektleitung Helmut W. Klug
Mitarbeiter:innen Astrid Böhm, Julia Eibinger, Christian Steiner
Projektvorstellung CoReMA
Fördergeber FWF (I 3614), ANR (17-CE27-0019-01)

Projektbeschreibung

Die kulinarische Tradition ist eine der prägendsten Elemente der europäischen Kultur, und sie stellt einen großen Teil der nationalen Identitäten dar. In den letzten Jahrzehnten kam die Forschung zu zwei wichtigen Schlussfolgerungen zu diesem Thema: Erstens, es gibt keine quantitativen Studien über die Herkunft und die Bildung von regionalen Küchen in Europa. Zweitens entstehen im Mittelalter wesentliche Quellen – Manuskripte mit tausenden von Kochrezepten –, sodass das Mittelalter als die Wiege der modernen europäischen Küche angesehen werden kann. Auf dem europäischen Kontinent bilden lateinische, mittelfranzösische und frühneuhochdeutsche Rezepte den Großteil der kulinarischen Überlieferung.

Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, die interkulturelle Forschung der mittelalterlichen Kochrezepte und deren Wechselbeziehung mithilfe eines interdisziplinären Ansatzes zu verwirklichen. Das Projekt nimmt die Kochrezeptüberlieferung von Frankreich und den deutschsprachigen Ländern, die mehr als 80 Manuskripte und ca. 8000 Rezepte umfasst, her, und untersucht sie in Hinblick auf ihre Herkunft, ihre Beziehung untereinander und ihre Migration durch Europa. Der Vergleich der französischen und deutschen Kulinargeschichte eignet sich besonders für diese Aufgabe, da Frankreich seit jeher einen kulturell prägenden Einfluss auf deutschsprachigen Völker hatte!

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Quelle: https://hwgl.hypotheses.org/1315

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Der Weg zu den Forschungsdaten. Ein Beispielguide für die Nutzung der REST-Schnittstelle der Regesta Imperii mithilfe von Python

Inhalt

Einführung
Die Daten im XML-Format
Aufbau der REST-Schnittstelle
Voraussetzungen für die Benutzung
Beschreibung der Benutzung der Skripte
Beschreibung der Funktionsweise der Skripte
Skripte

 

Einführung

Die sich inzwischen auch in den Geistes- und Kulturwissenschaften verbreitende freie Lizenzierung von Forschungsdaten eröffnet der Wissenschaft theoretisch die Möglichkeit der Nachnutzung derselben für andere Projekte. Praktisch steht der einzelne Forscher oftmals vor der Hürde, überhaupt an die Daten zu kommen, da oft einfache Zugangswege zu den Daten in geeigneten Formaten fehlen und so Anfragen an die datenhaltende Institution nötig sind, die eine mehr oder minder schwere Zugangsschranke darstellen können und so den Sinn der freien Lizenzierung konterkarieren. Im Folgenden soll am Beispiel des Akademieprojekts Regesta Imperii (Quellen zur Reichsgeschichte) ein Weg aufgezeigt werden diese Hürde zu überwinden.

Ziel des Projekts ist es, sämtliche urkundlich und historiographisch belegten Aktivitäten der römisch-deutschen Könige und Kaiser von den Karolingern bis zu Maximilian I. (ca. 751–1519) sowie der Päpste des frühen und hohen Mittelalters in Form deutschsprachiger Regesten, also einer standardisierten wissenschaftlichen Aufarbeitung, zu verzeichnen. In dieser Unternehmung, angesiedelt insbesondere an der Mainzer Akademie der Wissenschaften sowie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie und der Österreichischen Akademie, sind bisher über 90 gedruckte Bände erschienen sowie 135.

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/11794

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Das Deutsche Textarchiv in der Graphenwelt

Einleitung Das Deutsche Textarchiv (DTA) stellt einen Disziplinen übergreifenden Grundbestand deutscher Werke aus dem Zeitraum von ca. 1600 bis 1900 im Volltext und als digitale Faksimiles frei zur Verfügung und bereitet ihn so auf, dass er über das Internet in…

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/10025

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Graphbasierte digitale Editionen

Das Problem Bei digitalen Editionen in den Geisteswissenschaften ist XML heute ein Standard. Oft wird TEI-XML für die Auszeichung literarischer und historischer Quellen verwendet. Wenn nun in einem Dokument multiple Hierarchien ausgezeichnet werden sollen, ergeben sich Probleme. Hierzu gehört die…

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/7994

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Im Netz der (un)begrenzten Möglichkeiten

Unter dem Hashtag #dhiha5 sammelt das dhdhi-Blog Beiträge zum 5. Kolloquium der Reihe „Digital Humanities am DHIP“ (10./11. Juni 2013). In diesem Jahr geht es um die die Auswirkungen der derzeitigen digitalen Veränderungen auf die Forschungsbedingungen und um die Frage, welche Konsequenzen sich daraus für den Nachwuchs in den Geisteswissenschaften ergeben.

 

Glaubt man enthusiastischen Konzepten, Strategiepapieren und Impulsreferaten bei DH-Tagungen, so eröffnen die digitalen Veränderungen eine Fülle neuer Chancen: Blogs machen es einfacher, Forschungsarbeiten zu dokumentieren/präsentieren, und laden (zumindest vom Prinzip und von den technischen Möglichkeiten her) zum Dialog ein. Twitter etc. machen es einfacher, Informationen zu verbreiten (inkl. Live-Tweeting von Workshops und Konferenzen)  und sich zu vernetzen. Digitale Bibliotheken machen es einfacher, an Material heranzukommen etc. etc.

Grau ist alle Theorie …

Vor einigen Jahren gestalteten wir für die Universitätsbibliothek Wien die Ausstellungen china|wissen, Faszination Indien und Bilder aus der Neuen Welt, jeweils ausschließlich mit Material aus den Beständen der Universitätsbibliothek. Bei china|wissen hatten wir aus über Jahre angelegten Notizen[1] eine Wunschliste zusammengestellt, aber wenig Hoffnung. dass die im ‘alten’ Schlagwortkatalog bzw. im ‘alten’ Nominalkatalog verzeichneten Werke tatschlich (noch) vorhanden wären, denn da waren Titel dabei, an die man Jahre zuvor schon heranzukommen versucht hatte, doch Bestellzettel waren mit Vermerken wie ‘nicht am Platz’ oder ‘Verlust’ zurückgekommen. Es war dann wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag auf einmal: da türmten sich plötzlich Bücher, die offensichtlich jahrhundertelang nur bei Umzug oder Evakuierung in die Hand genommen worden waren …  Bei Faszination Indien und Bilder aus der Neuen Welt war es ähnlich. An ein Lesen der lang gesuchten Schätze war nicht zu denken, dafür war vor der Ausstellung zu wenig/keine Zeit und nach den Ausstellungen verschwanden die Titel schnell wieder in den Tiefen der Magazine.

Die Arbeit mit als ‘Altes Buch’ klassifizierten Beständen war häufig Hoffen und Bangen, ob das gewünschte ‘Alte Buch’ tatsächlich bereit ist (oder erst bei der übernächsten Aushebung vielleicht berücksichtigt wird), ein Dauergerangel mit Schaumstoffkeilen und Bleigewichten, mit deren Hilfe man die Bücher – Folio-Bände ebenso wie Duodez-Formate – so auflegt, dass man Notizen machen kann (während man mit Argusaugen beobachtet wird).  So inspirierend die Atmosphäre in Lesesälen wie dem Augustiner-Lesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek ist – wenn Ergonomie am Arbeitsplatz hinter den Denkmalschutz zurücktritt, wird das auf Dauer ziemlich anstrengend. Von Lesen kann hier kaum die Rede sein, es ist eher ein Scannen und Überfliegen.

Digitale Bibliotheken eröffnen dem, der sie zu nutzen versteht, ungeahnte – und vor wenigen Jahren noch undenkbare – Möglichkeiten[2], unter anderem:

  • Ausgaben nebeneinander lesen (und erkennen, dass vermeintlich Identes doch unterschiedlich ist)
  • Abbildungen in aller Ruhe ‘aus der Nähe’ betrachten und bisher Übersehenes sehen
  • einige Seiten zum genauen Lesen ausdrucken (und nicht wochenlang zuwarten, um dann zu hören, dass ‘aus konservatorischen Gründen’ nicht gescannt/fotografiert werden konnte)

Die schöne, neue Welt führt natürlich zu neuen Herausforderungen – für NutzerInnen und BibliothekarInnen[3] – die jedoch den von der Arbeit im analogen Bereich in nichts nachstehen.

Drei Jahre Bibliotheca Sinica 2.0 zeigen, dass die Schnittstellen zwischen LeserIn und Institutionen, die Digitalisate bereitstellen (Kataloge, Metakataloge und Discovery-Systeme) überwiegend eher dazu geeignet scheinen, Zugänge zu behindern:

  • Die Chancen, den gesuchten Titel zu finden, reduzieren sich umso mehr, je mehr Informationen man (in der trügerischen Hoffnung, die Suche zu beschleunigen) in die einzelnen Felder der Suchmaske einfügt. (Beispiele – für unterschiedliche Bibliotheken – auf Anfrage)
  • Digitalisate werden gut versteckt und/oder sind über den ‘normalen’ Bibliothekskatalog nicht zu finden.
  • Bei Titeln mit mehreren Bänden sind die einzelnen Bände nur über Umwege zusammenzutragem.
  • Adligate, enthaltene Werke etc. findet man nur, wenn das Werk, dem der Titel begefügt ist, bekannt ist – Verweise fehlen, Titel sind nicht erfasst,
  • Das andere Extrem gibt es auch: unübersichtlichte Treffermengen, weil einzelne Kapitel (!) verzeichnet sind.
  • Bei der (Retro-)Katalogisierung aufwändig eingefügten Titel in Originalschrift werden nicht (oder nur in Sonderfällen) angezeigt, Transkriptionssysteme sind für NutzerInnen nur durch Trial & Error herauszufinden.
  • Schreibfehler/Buchstabendreher etc. müssen exakt notiert werden – oder man findet den Titel niemals wieder (Möglichkeiten, Vorschläge zur Berichtigung zu machen, sind nur in den seltensten Fällen vorhanden – im Regelfall wird ignoriert oder leicht beleidigt reagiert)

Hat man das Digitalisat gefunden, gehen die Unwägbarkeiten weiter:

  • Schwarz-Weiß-Bilder von begrenzter/unterdurchschnittlicher Qualität
  • abgeschnittene Texte (teils Scan-Fehler, teils Ergebnis beim Post-Processing[4]
  • kein Farbkeil, kein Maßstab[5]
  • keine Möglichkeit, einzelne Seiten zu referenzieren
  • grausige OCR-Ergebnisse (die andererseits über Umwege zu ganz neuen Erkenntnissen führen können – Afien ist fuper!)

Was müsste geschehen, um – unabhängig vom konstruieren Gegensatz zwischen gedruckten und digitalen Medien – Abhilfe zu schaffen? AnfängerInnen, BenutzerInnen mit wenig Erfahrung und ForscherInnen haben jeweils unterschiedliche Bedürfnisse, die mit ‘einfach/schnell zum Buch’ nur im Ansatz beschrieben und mit eierlegenden Wollmilchsäuen (Discovery Systemen) schwer unter einen Hut zu bekommen sind.

Wenn eine Bibliothek mehr  sein soll als Depot für Bestände, die gut bewacht und (hoffentlich) wohl verwahrt sind, dann braucht es den Dialog zwischen Bibliothek und BenutzerInnen. Dass Dialog mehr sein muss als mehr oder weniger regelmäßige Umfragen zur BenutzerInnenzufriedenheit (die bestenfalls die Anforderungen/Einschätzungen des Durchschnitts wiedergeben, weil beim statistischen Mittel sowohl AnfängerInnen als auch ‘heavy user’ wegfallen) braucht hier wohl nicht erwähnt zu werden. Hätten BibliotheksmitarbeiterInnen die Möglichkeit, BenutzerInnen bei der Recherche beobachten, würde schnell klar, dass Welten liegen zwischen dem, was Studierende in den ersten Semestern, Studierende höherer Semester, DoktorandInnen und ForscherInnen jeweils von/in einer Bibliothek brauchen – unabhängig davon, ob Texte und Materialien analog oder digital vorliegen.

Und wenn das Material vorliegt, dann beginnt der interessante(re) Teil der Arbeit – dann beginnt das, was in Blogs umrissen und diskutiert, via Twitter & Co. verbreitet und analog und/oder digital veröffentlicht werden kann. Ob dann besser kurz und oft (was auch immer das bedeutet) oder lang und dafür weniger häufig gebloggt wird? Eher persönlich oder sachlich (oder abwechselnd persönlich und sachlich)? Angedachtes im Blog/digital, und Durchdachtes analog – oder umgekehrt – oder jeweils beides?

Möglich ist alles …

  1. Diese Notizen waren der Anfang der ‘Wiener China-Bibliographie 1477-1939, aus der dann die Bibliotheca Sinica 2.0 entstand.
  2. Von digitalen Editionen, TEI-Kodierungen und den dadurch möglichen Analysen sei hier gar nicht erst angefangen.
  3. Horst Prillinger konstatiert eine Beziehungskrise zwischen Discovery-Systemen und Bibliotheks-MitarbeiterInnen.
  4. Vgl. dazu die Diskussion hier und hier vom Herbst 2011 – der damals monierte ‘Murks’ ist nach wie vor online.
  5. Vgl. dazu den Abschnitt “Die verfälschende Abbildung” bei Christine Jakobi-Mirwald, Das mittelaterliche Buch. Funktion und Ausstattung (Stuttgart: Reclam 2004) M 13-17.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/564

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Wenn Bilder wandern …. Oder: Von der Schwierigkeit, Karikaturen zu übersetzen

MIT Visualizing Cultures (Screenshot)

MIT Visualizing Cultures (Screenshot)

Seit mehr als 10 Jahren präsentiert das am Massachusetts Institute of Technology angesiedelte Projekt Visualizing Cultures, das in die Open Courseware-Initiative eingebettet ist, Module zur Geschichte Ostasiens und fördert bei regelmäßigen Konferenzen die Vernetzung von ForscherInnen unterschiedlichster Disziplinen, die mit Bildquellen arbeiten.

Visualizing Cultures was launched at MIT in 2002 to explore the potential of the Web for developing innovative image-driven scholarship and learning. The VC mission is to use new technology and hitherto inaccessible visual materials to reconstruct the past as people of the time visualized the world (or imagined it to be). [Quelle: http://ocw.mit.edu/ans7870/21f/21f.027/home/index.html]

Jedes Modul stellt Bildmaterial zu einem bestimmten Ereignis in den Mittelpunkt – wobei die Bildmaterialien, die vorgestellt werden, von Gemälden und Zeichnungen über Landkarten und Pläne zu Photographien, von Plakaten über Propoaganda-Postkarten zu Karikaturen reichen – wie beispielsweise:

Eines der Module beschäftigt sich mit der Kaiserinwitwe Cixi (Cixi 慈禧, 1835-1908). In The Empress Dowager and the Camera. Photographing Cixi, 1903-1904 bespricht David Hogge im Abschnitt Cixi’s Image Problem einige Karikaturen, um die Wahrnehmung der Kaiserinwitwe zu veranschaulichen. Unter diesen Karikaturen finden sich auch Beispiele aus österreichisch-ungarischen satirisch-humoristischen Periodika, so aus dem “Floh”, der “Germany” zugerechnet wird und aus dem “Kikeriki”.

Aus den verwendeten Karikaturen und deren Präsentation wird ersichtlich, wie komplex der Umgang mit der Quellengattung Karikatur ist – und warum es mitunter unumgänglich ist, auf das Original zurückzugreifen.

MIT Visualizing Cultures | Karikatur aus dem 'Kikeriki'Eine Karikatur (s. Abbildung links) aus dem “Kikeriki” [Bild cx235 (mit Quellenangabe, Vergrößerung])  ist besonders interessant. Thema das Schicksal der ausländischen Diplomaten in Beijing 北京 während der Yihetuan-Bewegung (義和團運動 Yihetuan Yundong, Boxer-Krieg, häufig auch “Boxer-Aufstand”) im Sommer 1900.

Die Karikatur hat hier keinen Titel, der Blocktext ist in französischer Sprache:

“Kikeriki, No. 97 June 12, 1900 (Austria)  “Cette bonne impératrice de Chine garde soigneusement dans le plus intime de son palais, les représentants des puissances. Alors! que signifie?”

In der Präsentationwird eine englische Übersetzung beigefügt:

“This good empress of China carefully guards in the innermost part of the palace the representatives of the Powers. So! what does that mean?”

Die Frage ist nicht unberechtigt – denn die ganze Sache erschein bei genauer Betrachtung durchaus mysteriös …

Als Quelle wird lediglich “Kikeriki, No. 97 June 12, 1900 (Austria) angegeben.  Das kann nicht sein, denn der 12. Juni 1900 war ein Dienstag. Der “Kikeriki”, eines der bedeutendsten satirisch-humoristischen Periodika des späten 19./frühen 20. Jahrhunderts, erschien wöchentlich am Dienstag und am Sonntag (s. Jahresübersicht Kikeriki 1900) – allerdings liegt der ‘Fehler’ schon in der Vorlage, die wohl einem französischen Sammelband mit China-Karikaturen oder Karikaturen zu ‘la guerre de Boxeurs’ entnommen wurde, das allerdings im Quellenverzeichnis nicht genannt wird.

ANNO | Kikeriki, 5.8.1900, S. 4 Das Original (s. Abb. rechts) findet sich auch in der Nummer  62 vom 5. August 1900 auf Seite 4 – dort mit einem deutschen Text:

Neuesten Nachrichten zufolge befinden sich die europäischen Gesandten unter dem Schutz der Kaiserin Tsu-tsi [i.e. Cixi] derzeit sehr wohl. [oberhalb der Karikatur]
- Aber so! [unterhalb der Karikatur]

Die Karikatur ist die sehr drastische Umsetzung der Interpretation der sehr widersprüchlichen Nachrichten aus China, denn einerseits gab es die offizielle Mitteilung, dass es den Gesandten gut geht, andererseits kamen zahllose Gerüchte darüber, dass die Gesandtschaften niedergebrannt und alle Gesandten gefangen genommen oder gar ermordet worden wären. Im Zentrum thront eine weibliche Figur, die durch Kleidung, Frisur und (über)lange Fingernägel als ‘Chinesin’ markiert und durch den Blocktext als Cixi identifiziert wird. Sie ‘bewacht’ einen Käfig mit der Aufschrift “Gesandtschafts-Palais”. In diesem Käfig sind eine ganze Reihe von Figuren gefangen, die durch Kleidung/Uniform, Kopfbedeckungen und Frisuren als Ausländer markiert und durch den Text als diplomatische Vertreter identifiziert sind. Zu erkennen sind (v. l. n. r.) Russland, Spanien, Österreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien und das Deutsche Reich. Rechts neben dem Käfig ist ein rauchender Ofen mit der Aufschrift “Englische Gesandtschaft” zu sehen. Im Bildhintergrund links ist ein als chinesisch markiertes Gebäude mit der Aufschrift “Kaiserpalast” zu sehen.

Ohne den Text wäre das eines von vielen [1] kaum verhüllt rassistischen und Chinesen-feindlichen Bildern (Karikaturen und Bildwitzen) des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Der Blocktext erlaubt eine Einordnung, er setzt einen Rahmen, der zwar am in der manifesten Feindbild nichts ändert, für die Deutung der Karikatur aber zwingend notwendig ist. Durch die Übersetzung und die damit verbundene Verfremdung in der im Visualizing-Cultures-Modul präsentierten Version (die allem Anschein nach aus einem französischen Sammelband von Karikaturen stammt) wird die Bedeutung verändert, die Pointe ist verloren. Aus einer pointierten Karikatur wird eine platte Feindbilder verstärkende Zeichnung von begrenzter künstlerischer Qualität …

[1] Die Karikatur ist eine von mehr als dreihundert zum Thema China, die zwischen 1894 und 1917 im Figaro, im Kikeriki, im Floh, in den Humoristischen Blättern und in den (N)euen Glühlichtern erschienen.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/68

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