Einladung zum 10. Berliner DH-Rundgang am 29. Juni 2015
Gastgeber des 10. Berliner DH-Rundgangs ist am 29. Juni 2015 das Institut für Informatik der Freien Universität Berlin. Die AG Netzbasierte Informationssysteme und das Human-Centered Computing (HCC) Lab stellen ihre Arbeit und Kooperationen vor. Der DH-Rundgang wird durch den Interdisziplinären Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (if|DH|b) organisiert.
Termin: Montag, 29. Juni 2015, 16:30-18:00 Uhr.
Ort: Freie Universität Berlin, Institut für Informatik / AG Netzbasierte Informationssysteme und Human-Centered Computing (HCC), Takustraße 9, 14195 Berlin, SR 006.
Anmeldung: per Online-Formular oder per E-Mail.
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Quelle: http://dhd-blog.org/?p=5315
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Ein Seminar, ein Blog und ein Netzwerk neuer Akteure
Es ist im Wortsinne eine verrückte Sache: Ein Seminarblog, der von Beginn an dazu angelegt ist, altgewohnte Sichtweisen zu ver-rücken. Er repräsentiert in doppelter Hinsicht ein Experiment: Inhaltlich wagt er sich mit der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) auf ein unter Mediävisten weithin unbekanntes Terrain. Methodisch prüft er die Möglichkeiten, über das Medium 'Blog' nicht nur die interne Seminardiskussion anzuregen, sondern auch Außenstehende unmittelbar an den gewonnenen Einsichten teilhaben zu lassen. Er verknüpft damit akademische Lehrveranstaltung, wissenschaftlichen Arbeitsprozess und Fachveröffentlichung, ohne dass die Grenzen dieser zumeist hermetisch getrennten Sphären erkennbar blieben.
Wer sich auf ein solches Experiment einlässt, sollte auch seine Risiken benennen können. Ein Blog wirkt weitaus extrovertierter als ein geschlossenes Diskussionsforum, z.B. auf der learnweb-Plattform der Universität. Es enthüllt mindestens ebensoviel Handwerk wie Erkenntnis und legt das Scheitern von Denkansätzen - oder gar der ganzen Veranstaltung - schonungslos offen. Es inspiriert und provoziert zu rasch verfassten Einträgen und Kommentaren, die qualitativ nicht überall das Niveau mehrfach redigierter und lektorierter Druckpublikationen erreichen. Dies alles bedeutet ein Mehr an Transparenz, aber auch ein höheres Maß an Exponiertheit für die Studierenden und den Dozenten.
Diesen Risiken haben wir Rechnung getragen, indem wie das Blog zunächst als 'Leerraumphänomen' in den Weiten des WWW unvernetzt belassen haben. WordPress verfügt über einen Löschen-Button, den wir im Falle eines absehbaren Scheiterns bedenkenlos betätigt hätten. Das Netz sollte auch einmal vergessen können. Während wir inhaltlich derzeit zwischen Kritik und Begeisterung der ANT schwanken, betrachten wir den methodischen Teil des Versuches mittlerweile als geglückt.
Als Dozent kann ich über das Blog Denkanstöße aus dem Seminargespräch aufnehmen und über die Woche 'retten'. Als Forscher profitiere ich hochgradig von der selbstauferlegten Notwendigkeit zur vertieften schriftlichen Debatte. Als Wissenschaftler freue ich mich, dass das Blog als Werkzeug der Vernetzung allmählich seine Wirkung entfaltet. So hat sich kürzlich Bruno Latour, der prominenteste Mitbegründer der ANT, per E-Mail in unsere kritische Diskussion eingeschaltet. Es ist offenbar tatsächlich eine Plattform entstanden, die Grenzen und Hierarchien zu überwinden in der Lage ist. Ich lade daher ausdrücklich alle Interessierten ein, sich am Blog als Leser, Kommentatoren oder Autoren zu beteiligen.
Noch ein Wort zu den Rahmenbedingungen des Experiments: Möglich wurde es im Kontext eines kleinen, aber umso lebendigeren Oberseminars. Es basiert auf dem Selbstvertrauen, Engagement und Erkenntnisinteresse von höchst heterogenen Akteuren (zu den wir mittlerweile auch Tageslichtprojektoren und Kaffeetassen zählen). Mit einem gut gefüllten Pro- oder Hauptseminar hätte ich diese Form kaum gewählt, hier haben sich geschlossene Foren bewährt. Das Projekt profitiert sicherlich auch davon, dass es sich außerhalb des mediävistischen Mainstreams bewegt. Aus seiner kalkulierten Verrücktheit ist somit eine Tugend geworden.
Seminarblog: Auf dem Ameisenpfad (seit heute mit Hinweis auf die 'Ersterwähnung' des Weihnachtsbaums von 1521)