Buchtipp: Linke amerikanischer Generationenroman

9783608501162“Das zentrale Motiv von Jonathan Lethems linksradikaler Familiensaga ist die ständige Trennung der einzelnen Familienmitglieder, ganz so wie sich die Linken in ihren Gruppierungen und Parteien weltweit ständig streiten und spalten. Aber ebenso gibt es eine nicht aufkündbare Verbindlichkeit und Kontinuität – in der Linken ebenso wie in der Familie Zimmer.” Jonathan Lethem führt die Leser_in in seinem Roman »Der Garten der Dissidenten« von den Kommunisten der 30er Jahre bis hin zu Occupy. Florian Schmid hat das Buch (Verlagswebsite) im ND rezensiert. Zur Buchbesprechung der “komplexe(n) historische(n) Aufarbeitung linker Geschichte” (Schmid) bitte hier entlang.


Einsortiert unter:Biographie, Erfahrungen, Erinnerung, Geschichte

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/03/18/buchtipp-linke-amerikanischer-generationenroman/

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Abstract zum Vortrag “Startbahn, Spielwiese oder Sackgasse? Erfahrungen mit dem Facebook-Auftritt des Landesarchivs NRW” von Bastian Gillner

Dr. Bastian Gillner

Startbahn, Spielwiese oder Sackgasse?
Erfahrungen mit dem Facebook-Auftritt des Landesarchivs NRW

Das deutsche Archivwesen bricht nur langsam in die digitale Gegenwart auf. Ungeachtet einer allgemeinen breiten Nutzung digitaler Angebote in der Bevölkerung ist hier die hierarchische und statische Homepage der technologische status quo. Interaktive und kommunikative Formen des Nutzerkontakts finden kaum statt, entsprechende Werkzeuge wie Blogs oder Wikis sind seltene Erscheinungen. Eine zunehmende archivische Nutzung erfährt allerdings das soziale Netzwerk Facebook, wo mittlerweile eine größere Zahl von Archiven informative und interessante Auftritte pflegt.

Das einzige deutsche Landesarchiv, das bisher den Schritt in diese neue Welt gewagt hat, ist das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Befördert wurde dieser Schritt durch den Wunsch, moderne dialogorientierte Kommunikationsformen auszutesten und etablierten und neuen Zielgruppen zeitgemäß begegnen zu können. Manche Erwartungen wurden erfüllt, etwa der Aufbau eines angemessen großen Adressatenkreises und dessen regelmäßige Versorgung mit Informationen und Nachrichten. Andere Zielsetzungen harren hingegen noch ihrer Erreichung, insbesondere die direkte Kommunikation mit dem Nutzer. Auch ist die Entwicklung einer digitalen Strategie, die einzelne Elemente archivischer Internet-Auftritte (Aktuelles, Beständeübersichten/Digitalisate, Nutzerkontakt) verknüpft, noch ein Desiderat.

Facebook ist ein neues Medium mit anderen Anforderungen und anderen Nutzungsstrukturen als traditionelle Medien. Eine Nutzung bedeutet für Archive einen Bruch mit herkömmlichen Kommunikationsstrategien und altbekannten Formen des Nutzerkontakts. Ein solcher mentaler und organisatorischer Wandel bringt internen Veränderungsbedarf und Vermittlungsaufwand mit sich. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen ebenso wie für Nutzerinnen und Nutzer die Vorteile des neuen Mediums erkennbar sein, um ein entsprechendes Engagement zu rechtfertigen. Auch stellt sich die Frage, ob eine solitäre Nutzung von Facebook sinnvoll ist oder erst in einer strategischen Nutzung mehrerer sozialer Medien ihr echtes Potential entfaltet.

Abschließend beantwortet sind solche Fragen für das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen gegenwärtig noch nicht, die gesammelten Erfahrungen können aber hoffentlich dazu beitragen, eine archivübergreifende breite Fachdiskussion zu befördern.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1326

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21. Sarkozy und die Terminkalender

Unordnung und spätes LeidKalender

Nicolas Sarkozy hätte gerne seine Vergangenheit zurück. Bekommt er aber nicht. Der französische Kassationshof hat als höchste gerichtliche Instanz entschieden, dass die Vergangenheit des ehemaligen französischen Präsidenten wenn auch kein nationaler Erinnerungsort, so doch zumindest Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen ist. Also bleibt diese Vergangenheit vorerst in der Obhut des Staates – dessen Stärke bei der Verfolgung von Straftätern Sarkozy als aktiver Politiker, vor allem agiler Innenminister immer wieder so gern betont hat. Ganz Populist, sprach er damals davon, die Jugendkriminalität aus den banlieues herauskärchern zu wollen. Nun ist ihm der Hochdruckreiniger selbst auf den Fersen.

Es gibt ja auch einiges zu tun, selbst wenn im Moment noch nicht klar ist, was strafrechtlich davon übrigbleiben wird. Den Überblick über die Affären und Untersuchungsverfahren kann man derzeit leichthin verlieren. Hier ist nicht der Ort, um das im Detail nachzuerzählen – zumal noch nicht mit letzter Sicherheit geklärt ist, was denn nun tatsächlich wann passiert ist. Auf jeden Fall geht es um Geld und Wahlkämpfe, um dubiose Freundschaften und befremdliche Kanäle für Spenden und Informationen. Der Prozess wegen illegaler Parteispenden der L’Oreal-Erbin Ingrid Bettencourt wurde aus Mangeln an Beweisen bereits eingestellt, aber da steht ja noch der Verdacht im Raum, vom lybischen Diktator Gaddafi Geld angenommen zu haben (auch keine politische „Freundschaft“, mit der man aktuell noch in Verbindung gebracht werden möchte…). Zudem kam beim Abhören des Mobiltelefons von Sarkozy der Verdacht auf, er hätte Informationen von einem Mitarbeiter des französischen Kassationshofes erhalten. Schließlich ist auch noch nicht geklärt, wie Bernard Tapie zu der erheblichen Entschädigungssumme von 403 Millionen Euro kam – wobei sich der den Sozialisten nahestehende Tapie vor und nach dieser Entscheidung auffallend oft mit dem konservativen Sarkozy traf. Delikat ist schließlich auch Sarkozys ehemaliger Berater Patrick Buisson, der hunderte von Gesprächen mit seinem Chef mitschnitt. Wie praktisch, wenn man der Polizei das Mitlauschen abnimmt, indem man sich die lebende Abhöranlage gleich ins Haus holt.

Synchronisation von Unterschiedlichem

Um Ordnung in diesen Wust zu bekommen, interessieren sich die Ermittlungsbehörden nun für die Vergangenheit Sarkozys in ihrer dokumentierten Form: für seine Terminkalender. So ein Terminkalender ist ein seltsam‘ Ding. Eine Ansammlung weitgehend leerer Blätter, nur versehen mit den wichtigsten Informationen zu den Tagen, Wochen und Monaten. Ansonsten nichts. Und dafür darf man auch noch Geld bezahlen. Gut, spätestens mit den elektronischen Kalendern hat sich das mit dem Bezahlen erledigt, aber das formale Prinzip ist sich gleich geblieben. Und elektronische Kalender, so würde ich mal vermuten, gehen in Regierungskreisen gar nicht. Da könnte man deren Inhalt an alle Geheimdienste dieser Welt gleich selbst übermitteln. Also werden die so genannten politischen „Entscheider“ dieser Welt (einer der hässlichsten Neologismen der Welt) ihre Termine schön abhörsicher auf Papier führen.

Dank Sarkozy wird der Terminkalender endlich einmal in das Rampenlicht gestellt, das ihm gebührt. Dieses ansonsten so unscheinbare und selbstverständliche Medium ist eine der interessantesten Erfindungen der europäischen Kulturgeschichte, weil es Indiz für ein ganz bestimmtes Zeitwissen ist, das sich keineswegs von selbst versteht. Zeit als verfügbare und beplanbare Ressource hat sich – nimmt man die Existenz von Terminkalendern als Indiz – nicht vor dem späten 17. Jahrhundert als Idee durchgesetzt. Damit wurde es möglich, unterschiedliche Dinge zur gleichen Zeit zu synchronisieren – zum Beispiel Treffen mit diversen Wahlkampfspendern.

Werbepause

Wir unterbrechen unsere Argumentation an dieser Stelle für einen kurzen Werbeblock: Vielleicht nicht ganz passend zur französischen Staatsaffäre, aber durchaus passend zum größeren thematischen Zusammenhang möchte ich gänzlich unbescheiden an dieser Stelle auf mein neues Buch aufmerksam machen: Geburt der Gegenwart. Eine Geschichte der Zeit im 17. Jahrhundert. Zugegeben, es handelt nicht von Sarkozy oder sonstigen mehr oder minder tagesaktuellen Angelegenheiten. Tatsächlich konzentriert es sich mit dem 17. Jahrhundert sogar auf einen Zeitraum, der nun tatsächlich verhältnismäßig weit weg von unserer eigenen Gegenwart zu sein scheint. Aber Aktualität bemisst sich ja nicht nur nach diachroner Nähe oder Ferne, sondern nach Relevanz für unser Hier und Heute! Und da denke ich, dass uns das 17. Jahrhundert einiges zu bieten hat. Zum Beispiel den Terminkalender! Und die Gegenwart! Beides wurde nämlich, so versuche ich in diesem Buch zu zeigen, im Verlauf des 17. Jahrhunderts „erfunden“, mit Folgen, die Sarkozy gerade zu spüren bekommt. Wie man im 17. Jahrhundert mit Zeit umgegangen ist, was das mit uns heute zu tun hat und was (Termin-)Kalender uns darüber verraten können – das und einiges mehr wird in diesem Buch verhandelt. Ende der Werbepause.

Illusion des Kalenders

Wenn nun die französische Polizei die Terminkalender von Sarkozy beschlagnahmt hat, dann könnte es allerdings sein, dass die Hoffnungen auf ein eindeutiges Ermittlungsergebnis enttäuscht werden. Denn Terminkalender teilen die Schwierigkeiten aller Medien, die uns aus einer Vergangenheit überliefert sind. Sie stellen zwar bestimmte Verbindungen zwischen gegenwärtigen und vergangenen Wirklichkeiten her, diese müssen aber keineswegs eindeutig sein. Wenn in den Terminkalendern von Sarkozy ein Treffen mit Bettencourt, Tapie oder Gaddafi eingetragen ist, muss es dann zwangsläufig um Parteispenden gegangen sein? Vielleicht wurden mit guten Freunden auch nur ein paar Beziehungsprobleme diskutiert? Vielleicht hat das Treffen auch gar nicht stattgefunden, denn nur weil ein terminkalendarischer Eintrag vorhanden ist, muss dem nicht zwangsläufig ein Ereignis in der außerkalendarischen Welt entsprechen. Wir haben es also mit bestimmten Übertragungsleistungen zu tun, die das historische Material erbringt, bei denen das Ausgangsmaterial aber auch jedes Mal verändert wird, ohne dass sich die Transformationen bis ins Letzte ausleuchten lassen. Erst unser Zeit- und Geschichtsverständnis bastelt aus Gründen der Nachvollziehbarkeit daraus im Nachhinein eine eindeutige Erzählung.

Und auch hierbei spielt der Kalender wieder eine wesentliche Rolle. Denn er gibt mit seinem strengen zeitlichen Nacheinander der Illusion weitere Nahrung, wir hätten es bei unserem eigenen Leben mit einem stringenten „Lebenslauf“ zu tun. Wenn man nur Tag für Tag etwas hineinschreibt, ergibt sich quasi von selbst eine Geschichte. [1] Aber nicht weil diese Geschichte tatsächlich so passiert ist, sondern weil wir diese Geschichte so erzählen. Helmut Kohl hat mit seinen Erinnerungen unter anderem vorgemacht, wie das geht. Nicht zuletzt deswegen sind die Terminkalender für Sarkozy so wichtig. Sicherlich geht es um Dokumente, die im Moment aus juristischen Gründen für ihn problematisch werden könnten. Darüber hinaus geht es aber auch um die Deutungsmacht über seine Biographie und seine Präsidentschaft. Jetzt könnte es nämlich sein, dass diese nicht mehr bei ihm selbst liegt, sondern von anderen übernommen wird. Wenn Sarkozy also irgendwann die Terminkalender wieder ausgehändigt bekommt, wird er dadurch wohlmöglich nicht mehr seine Vergangenheit zurückbekommen. Er könnte stattdessen eine bereits fertig geschriebene, aber nicht seinen Interessen entsprechende Geschichte vorgesetzt bekommen.

[1] Michael Rutschky: Das Merkbuch. Eine Vatergeschichte, Berlin 2012.


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Quelle: https://achimlandwehr.wordpress.com/2014/03/17/21-sarkozy-und-die-terminkalender/

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Radio France über E.P. Thompson

Heute in den Lundis de L'Histoire: Eine Sendung über E. P. Thompson.

MP3: http://rf.proxycast.org/870671512653275136/10193-17.03.2014-ITEMA_20602026-0.mp3

Retour sur l'œuvre d'un grand historien : Edward Palmer Thompson

Par Roger Chartier

A propos de :

La guerre des forêts. Luttes sociales dans l'Angleterre du XVIIIe siècle, de Edward Palmer Thompson,

présenté par Philippe Minard.

Philippe Minard, est professeur et directeur d'études à l’EHESS. Ses travaux portent sur l’histoire du travail et de la régulation socio-économique en France et en Angleterre aux XVIIIe-XIXe siècles.

L’analyse magistrale du grand historien britannique E. P. Thompson montre comment s’impose, dans l’arène juridique, la défense de la propriété individuelle contre les solidarités traditionnelles et les droits coutumiers. Il fait revivre la brutalité du pouvoir des notables, et la détermination des braconniers, perdants magnifiques : la « guerre des forêts » est aussi une lutte de classes sans merci..

Invité(s) :
Philippe Minard, professeur à l'université Paris VIII
Patrick Fridenson, directeur d’études à l’EHESS (Centre de recherches historiques), rédacteur en chef de la revue «Entreprises et histoire » et directeur de la revue «Le Mouvement social».

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/714910906/

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Forschungsbibliothek Gotha zeigt hochkarätige Zeugnisse der Reformationsgeschichte

Die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt zeigt in ihrer Jahresausstellung Horoskop_Menius2014 „Aus erster Hand“ vom 6. April bis 25. Mai hochkarätige Zeugnisse zur Reformationsgeschichte. Im Spiegelsaal auf Schloss Friedenstein ist dabei eine repräsentative und die Konfessionen übergreifende Auswahl aus den ca. 16.000 handschriftlichen Dokumenten zu sehen, die seit dem 17. Jahrhundert in der Bibliothek gesammelt wurden und eine sehr lange Bedeutungs- und Rezeptionsgeschichte haben.

Gezeigt werden Originaldokumente der Reformatoren Johannes Calvin, Martin Luther, Philipp Melanchthon, Friedrich Myconius und Thomas Müntzer, aber auch katholischer Theologen wie Petrus Canisius sowie hochstehender Personen wie König Emanuel I. von Portugal, König Heinrich VIII. von England und Kurfürst Johann von Sachsen. In der Ausstellung werden Briefe, Bekenntnisschriften, persönliche Notizen, Verlautbarungen und handschriftliche Einträge in Bibeln präsentiert und mit Begleittexten anschaulich beschrieben. So gibt es Dokumente zu den Themenfeldern „Reformation und Politik, „Bibeln im Protestantismus“, „Wittenberger Gelehrsamkeit“, „Radikale Reformation“ und „Reaktionen der katholischen Kirche“. Gezeigt wird zum Beispiel das von Philipp Melanchthon angefertigte Horoskop für Eusebius Menius, Sohn den bekannten Justus Menius, der seit 1546 Superintendent auch von Gotha war. Ausgestellt wird ferner Thomas Müntzers „Prager Manifest“ von 1521, in dem er zum ersten Mal seine radikalreformatorischen Ansichten formulierte. Auf diese Weise wird die Reformationsgeschichte multiperspektivisch in den Blick genommen. Die Ausstellung will zeigen, welche wichtige Rolle handschriftliche Dokumente in der protestantischen Erinnerungskultur spielen, die bis in die Anfänge der Reformation zurückführt.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog, der 95 Dokumente zur Reformationsgeschichte, begleitet von sachkundigen Erläuterungen zu Leben und Werk der Porträtierten, enthält. Eine Bestellung des Katalogs ist per E-Mail an bibliothek.gotha(at)uni-erfurt.de möglich.

Daniel Gehrt und Sascha Salatowsky (Hrsg.):
Aus erster Hand. 95 Porträts zur Reformationsgeschichte. Aus den Sammlungen der Forschungsbibliothek Gotha (Veröffentlichungen der Forschungsbibliothek Gotha, Bd. 51)
ISBN 978-3-910027-33-4

Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags, jeweils von 10 bis 17 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei. Führungen sind nur nach Anmeldung möglich.

Weitere Informationen / Kontakt:

Dr. Sascha Salatowsky

Quelle: http://studpro.hypotheses.org/473

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Kriegsgräberlisten Baden-Württemberg werden von ehrenamtlichen Genealogen indexiert

Das Landesarchiv Baden-Württemberg und der Verein für Computergenealogie haben ein gemeinsames Crowdsourcing Projekt gestartet. Die Kriegsgräberlisten, die in Baden-Württemberg in den 1950er und 1960er Jahren für die Regierungspräsidien erstellt wurden, enthalten Informationen zu ca. 78.000 Toten der beiden Weltkriege. Die Gemeinden trugen in die Listen die Namen, Geburts- und Sterbedaten ein, teilweise auch die militärischen Dienstgrade bzw. den zivilen Beruf, die Staatsangehörigkeit und die Todesursache der Verstorbenen.

Genealogen und Historiker, die in diesen Listen nach einer bestimmten Person suchten und keinen geografischen Hinweis auf den Friedhof haben, müssen bis jetzt die gesamten 13.000 Seiten durchblättern. Ebenso sind quantitative Auswertungen in diesem Bestand nicht möglich. Das soll sich mit dem begonnenen Kooperationsprojekt ändern. Das Landesarchiv steuert die Scans zu, der Verein für Computergenealogie die Online-Erfassungssoftware. Mitmachen kann Jedermann mit Internetanschluss. Da die Listen größtenteils mit Schreibmaschine geschrieben wurden, sind nicht einmal Kenntnisse über alte Schriften notwendig.

Die Ergebnisse des Projekts stehen frei und kostenlos im Internet zur Verfügung.

Projektseite

Suche

Autor: Andreas Job,  Verein für Computergenealogie e.V. 

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1318

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Petition „Wissenschaft ist Zukunft“ (für öffentlich finanzierte Forschung in Österreich)

Im Zuge der Budgetverhandlungen für den Zeitraum 2016 bis 2018, die derzeit in Österreich zwischen dem Finanzministerium und den einzelnen Ressorts im Gange sind, steht für die öffentliche Forschungsförderung viel, wenn nicht alles auf dem Spiel. Alle größeren Institutionen in diesem Bereich sind bereits seit Jahren auf unzureichende Budgets gesetzt; beim FWF als größtem Förderer von Grundlagenforschung sind nunmehr die Rücklagen aufgebraucht, ohne eine Aufstockung des Grundetats müsste sehr bald eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit Platz greifen. Der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geht es […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6829

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1864 und die Folgen, Teil 1 | Dänemark, der Gewinner der Geschichte

Ein Gastbeitrag von Bernd Henningsen. Ganz zweifellos ist das Jahr 1864 ein annus horribilis, ein Schreckens-, auf jeden Fall ein Schicksalsjahr in der deutsch-dänischen Erinnerungskultur – freilich für beide Seiten ganz unterschiedlich konnotiert. Mit dem verlorenen Zweiten Schleswigschen Krieg ist Dänemark definitiv zu einer europäischen Randmacht geworden; wobei das Wort „Macht“ angesichts der verbliebenen (Rest-) Größe ein Widerspruch in sich ist. Allerdings wurde die auto-stereotype Floskel „Dänemark ist ein kleines Land“ bereits vor 1864 benutzt; denn eine periphere Macht und in der Tat ein sehr kleines Land war Dänemark ja de facto bereits seit dem Verlust Norwegens 1814 geworden. Doch fünfzig Jahre haben eine mentale Selbstblockade und eine verherrlichende Sicht auf eine scheinbar gloriose Vergangenheit verhindert, den Verlust auch politisch und kulturell zu verarbeiten. In selbstkritischer Absicht hat beispielweise Søren Kierkegaard (1813–55) seinen Zeitgenossen immer wieder ihre Selbstbezogenheit und ihre Realitätsvergessenheit vorgehalten; er war ja wacher Zeitgenosse der reduzierten Nation, die den wachsenden Verlustschmerz mit parallel wachsendem Nationalismus kompensierte.

Die nach 1864 folgende ökonomische und kulturelle Blüte konnte den neuerlichen Verlustschmerz schwerlich mindern; auch die über Europa hinausreichende (informelle) Machtposition König Christian IX. (1818-1906, auf dem dänischen Thron seit 1863) hat die politische Marginalisierung nicht übertünchen können: Der „Schwiegervater Europas“ (und durch ihn Dänemarks) war durch Verwandtschaftsbeziehungen im monarchischen Netzwerk seiner Zeit zum dynastischen Zentrum der regierenden Häuser geworden, so wurden u.a. ein Sohn König von Griechenland, ein Enkel König von Norwegen, eine Tochter Zarin von Russland, eine andere Königin von England …

Das moderne dänische politische und kulturelle Selbstverständnis – gewöhnlich als „nationale Identität“ etikettiert – hatte und hat unbestritten ihren Nabel im Jahr 1864. Auch für die deutsche Erinnerungskultur war 1864 ein zentrales Datum, es ist aber heute (seit wann eigentlich?) in Vergessenheit geraten, wie so viele Daten deutscher Geschichte vor dem Holocaust in der deutschen Erinnerungskultur nicht mehr auftauchen: Nur wenigen Deutschen dürfte präsent sein, dass mit „Düppel“ – dem Sieg Preußens und der verheerenden dänischen Niederlange – die Basis für die deutsche Reichsgründung 1871 gelegt wurde; nur wenige dürften mit dem Berliner „Alsen-Viertel“ etwas anfangen können; nicht zu reden von der Erzählung um die Siegessäule, deren drei vergoldete Reihen von Kanonenrohren an die preußischen Siege von Düppel (gegen Dänemark), von Königgrätz 1866 (gegen Österreich) und von Sedan 1870 (gegen Frankreich) zeugen sollten. Vergessen heute ist, wie besoffen die preußische (und deutsche) Nation in den Reichsgründungsjahren und bis zum Ersten Weltkrieg war von dem Sieg über die ungleich schwächeren Dänen. In der Essayistik und den Romanen Theodor Fontanes klingt davon einiges an – wie auf der dänischen Seite bei Holger Drachmann oder Herman Bang die zeitgenössische nationale Vernebelung literarisch geadelt wird (die Beispiele der malenden Kunst sind schlichte politische Agitation, auf beiden Seiten).

1864 hat den schlechten Ruf „der“ Deutschen in Dänemark nicht begründet, ihr Ansehen war bereits davor ziemlich ramponiert; so hat bereits der Vater des dänischen politischen Selbstverständnisses, Nikolai Frederik Severin Grundtvig (1783-1872), heftig gegen die präpotenten Deutschen gewettert. Nein, 1864 lieferte für die Erinnerungskultur die Bestätigung, dass Preußen (und Deutsche) einen schlechten Charakter haben, machtbesessen und rücksichtslos sind – der Zweite Weltkrieg und die Besetzung u.a. Dänemarks 1940 lieferten die Bestätigung eines funktionierenden Stereotyps.

Der doppelte Treppenwitz der Geschichte muss in diesem Zusammenhang aber auch erzählt werden: Zum einen gab es ein wie auch immer beleumundetes „Deutschland“, schon gar „die“ Deutschen um 1864 noch nicht; zum anderen existiert heute von den drei damals kriegführenden Mächten nur noch eine: Dänemark. Österreich-Ungarn, das auf Seiten des Deutschen Bundes gegen Dänemark mit böhmischen Soldaten am Zweiten Schleswigschen Krieg beteiligt war, wurde 1919 in Saint Germain in seiner historischen Gestalt getilgt (und wurde ebenfalls ein Kleinststaat), Preußen verschwand 1947 durch Alliierten Kontrollratsbeschluss aus der Geschichte. Dänemark, der Verlierer von 1864, hat in seiner nationalen Gestalt überlebt und darf sich insofern als der Gewinner der Geschichte betrachten. Ja, Dänemark ging sogar vergrößert aus der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ hervor, ohne an diesem Krieg beteiligt gewesen zu sein; es ereignete sich der historisch ziemlich einmalige Fall, dass ein Nicht-Kriegsteil­nehmer Territorium hinzugewann: Nach einer in Versailles beschlossenen Volksabstimmung wurde 1920 die deutsch-dänische Grenze nach Süden verschoben, Dänemark erhielt Nordschleswig, wurde „wiedervereinigt“.

Und noch über eine Merkwürdigkeit im Zusammenhang mit der Regelkonstruktion von Erinnerungskultur, in diesem Falle auch zur dänischen Geschichte, kann man sich wundern: Am 18. April, dem Gedenktag an die Niederlage von Düppel, dem nachhaltigen Verlustereignis, werden alljährlich in ganz Dänemark die Fahnen auf Vollmast gezogen, es wird also ein Feiertag begangen; am 9. April hingegen werden alljährlich zur Erinnerung an 1940, dem Einmarsch deutscher Truppen 1940 nach Dänemark (und Norwegen) die Fahnen auf Halbmast gesetzt … Sollte es nicht umgekehrt sein?

Dass es 150 Jahre nach der „Schlachtbank Düppel“, also nach dem ersten Akt der deutschen Reichsgründung auf dem Kriegstheater, so gut wie keinen deutschen Erinnerungsnachhall gibt, kann man in bester 68er-Tradition als ein gutes Zeichen wähnen – die kriegerisch-militärische Erinnerungskultur, ja die Selbsterzählung der Nation als aus dem Krieg geboren, spielt heute keine Rolle mehr. Die Nation geriert sich als postnational. Entgegenhalten sollte man dieser Interpretation aber – also der historischen Ignoranz –, dass sie auch als Arroganz des Großen gegenüber dem kleineren Nachbarn gewertet werden kann, dessen Verlusterfahrung ja mindestens einige Generationen beschäftigt hat. Ignoranz steht quer zu Empathie.

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Der Flensburger oder Idstedt-Löwe
Quelle: Wikimedia Commons, CC-BY Soenke Rahn

Das außerordentliche Beispiel für die Empathie-lose deutsche 1864er-Erinnerungskultur ist der Umgang mit dem „Idstedt-Löwen“. Er war 1862 auf dem Flensburger Alten Friedhof zur Erinnerung an den dänischen Sieg von Idstedt 1850 aufgestellt worden; bevor die Preußen 1864 einmarschierten, stürzten aufgebrachte Flensburger ihn, Bismarck ließ ihn als Trophäe nach Berlin bringen und im Zeughaus aufstellen (später in der Kadettenanstalt in Lichterfelde); 1945 wurde er zerlegt und nach Kopenhagen gebracht und im Hof des dortigen Zeughaus-Museums aufgestellt. Das dänische Angebot, ihn wieder nach Flensburg zu verbringen, stieß dort penetrant auf taube Ohren – handelte es sich doch um ein dänisches Siegesmonument! Erst 2010 stimmte der Flensburger Stadtrat einer Wiederaufstellung am angestammten Platz zu – und dort steht er seit 2011 als Manifestation einer gemeinsamen deutsch-dänischen Erinnerungskultur (wie umstritten die Entscheidung auch immer noch ist), „als Zeichen von Freundschaft und Vertrauen zwischen Dänen und Deutschen“, wie es auf einer Tafel heißt. In der Stadt unübersehbar sind Freundschaft und Vertrauen gewachsen, ist doch die Stadt zu einem Handelsmagneten für dänische Grenzreisende geworden, insofern ist das Siegesdenkmal auch eine Reverenz an Handel und Wandel mit dänischen Gästen.

Gedenktafel an der Kopie des Flensburger Löwen am Wannsee, Berlin Quelle: Wikimedia Commons, CC-BY-SA OTFW

Gedenktafel an der Kopie des Flensburger Löwen am Wannsee, Berlin
Quelle: Wikimedia Commons, CC-BY-SA OTFW

Die deutsch-dänische Erinnerungskultur im Grenzgebiet, aber auch darüber hinausreichend, war niemals eine gemeinsame, konnte keine gemeinsame werden. Die vergangenen unsäglichen Löwen-Diskussionen, die seit 1864 währende Sprachlosigkeit, die 1920 und 1940 noch vertieft wurde, belegen die je nationalen Erinnerungs-Unkulturen, in denen vom Gegenüber nur selten etwas wahrgenommen, gar gewusst wurde. Kriegsdenk- und Mahnmale, Erinnerungsmärsche, Museen, ja selbst Forschungsinstitutionen waren den nationalen Erfahrungen und Ereignissen gewidmet, selten nur schien das Bemühen um eine gemeinsam erlittene Geschichte durch. Ganz offensichtlich hat sich diese Empathie-Unwilligkeit in den letzten Jahren geändert. 2014 hätte das Jahr werden können, die Klimaveränderung mit einer symbolischen Geste zu manifestieren – wie es aussieht, werden die dänische Königin und der deutsche Bundespräsident sich aber in Düppel nicht begegnen, sie werden sich auf der deutsch-dänischen „Schlachtbank Düppel“ nicht die Hände geben. Das gemeinsame Erinnern an den Beginn des Zweiten Deutschen Reiches, das zugleich das Erinnern an die schwerste Demütigung Dänemarks in neuerer Zeit darstellt, wird wohl aus irgendwelchen Terminnöten keine gemeinsame symbolische Erhöhung erfahren. Wie froh können wir sein, dass es nur Terminnöte sind …

Was lernen wir aus der Erzählung von der Erinnerungskultur? Im Grunde wesentlich nur, dass sie aus welchen Interessen auch immer eine konstruierte ist. Der Optimist wird sagen, wir verarbeiten unsere geschichtliche Erfahrung, um heute und morgen mit unseren Nachbarn friedlich zusammenzuleben, insofern waren die Opfer von damals der Preis für den Frieden von heute. Der Pessimist wird sagen, dass das erinnert und kultiviert wird, was in der je historischen und politischen Situation gerade das Opportune, das politisch und wirtschaftlich Nützliche. Aus diesen zwei Perspektiven heraus können wir uns dann entscheiden, ob die Erinnerungskultur die Hure des Zeitgeistes ist oder die konstruierte List der Vernunft.

Bernd Henningsen (* 1945) war bis 2010 Professor für Skandinavistik/Kulturwissenschaft sowie Kultur und Politik Nordeuropas und der Ostseeregion am Nordeuropa-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. Er hat u.a. zur skandinavischen Ideengeschichte, politischen Kultur Nordeuropas sowie den deutsch-nordischen Geistesbeziehungen geforscht.

Anmerkung der Redaktion: Eine kürzere Fassung dieses Beitrags erschien jüngst in Ausgabe Nr. 101 von Kennzeichen DK, herausgegeben von der dänischen Botschaft in Berlin.

Seit 14. März ist zudem die Ausstellung Feindschaft & Versöhnung. Das deutsch-dänische Grenzland 1864–2014 in den Nordischen Botschaften in Berlin zu sehen.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2207

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