Einladung zum 5. Berliner DH-Rundgang

Der Interdisziplinäre Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (ifDHb) lädt zum 5. Berliner DH-Rundgang ein. Gastgeber ist das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin.

Termin: Mittwoch, 28. Januar 2015, 17:00-18:30 Uhr
Ort: Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Universitätsbibliothek und Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin, Geschwister-Scholl-Straße 1/3, 10117 Berlin

Bibliotheken sind längst nicht mehr nur Orte zur Aufbewahrung und Bereitstellung von Büchern und ihrer Findmittel. Sie sind Wissensspeicher in vielerlei Dimensionen. Insbesondere die digitalen Formate und die Vernetzung haben auch hier zu einem durchgreifenden Wandel geführt.

Seit der Eröffnung des Grimm-Zentrums besitzt die Humboldt-Universität eine moderne Bibliothek für die geisteswissenschaftlichen Fächer mit großem Freihandbereich und einem Forschungslesesaal für die Sondersammlungen. Hinzu kommt die damals vollzogene Integration der Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte (IKB) mit ihren Bildsammlungen und Datenbanken sowie die enge Verzahnung mit dem Computer- und Medien-Service, der ebenfalls im Gebäude untergebracht ist. Das Angebot richtet sich dabei an ein vielgestaltiges Publikum, von den Studierenden eines breiten Fächerspektrums über die forschenden Mitarbeiter der Universität bis hin zur interessierten Öffentlichkeit.

Wie gehen die Bibliothek und ihre Partner im Grimm-Zentrum mit diesem komplexen Aufgabenspektrum im Hinblick auf den Einsatz digitaler Formate um? Welche Aktivitäten finden derzeit zum Ausbau des Angebots statt? Wie begegnet man den Anforderungen, sowohl für eine forschungsbezogene Anwendbarkeit als auch für eine langfristige Verfügbarkeit der digitalen Angebote zu sorgen?

Der DH-Rundgang möchte diese Fragen anhand von drei Schwerpunktbereichen – Digitalisierung, digitale Bildwerkzeuge, enhanced publications – ansprechen und diskutieren.

Programm

  • Begrüßung (Prof. Dr. Andreas Degkwitz, Bibliotheksleitung)
  • Digitalisierung der Grimm-Bibliothek (Dr. Yong-Mi Rauch, Sondersammlungen der UB)
  • Von der Bilddatenbank zu digitalen Bildwerkzeugen und Forschungsumgebungen (Dr. Georg Schelbert, Mediathek [UB/IKB])
  • Wissenschaftliches Publizieren – enhanced Publication (Niels Fromm, CMS AG Elektronisches Publizieren; Michael Kleineberg, Projekt Fu-Push)

Die Teilnahme ist kostenlos, wir bitten jedoch um eine verbindliche Anmeldung. Die Teilnehmerzahl ist beschränkt.

Die nächsten Berliner DH-Rundgang-Termine:

  • 20. Februar 2015, 10:00-11:30 Uhr: Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) / Fachbereich Gestaltung
  • 25. März 2015, 16:00-17:30 Uhr: Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland
  • April 2015: Deutsches Archäologisches Institut (DAI)
  • Mai 2015: Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG)
  • Juni 2015: Freie Universität Berlin / Institut für Informatik / AG Netzbasierte Informationssysteme

Sie wollen auch zu einem Berliner DH-Rundgang einladen? Dann schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail an info@ifdhberlin.de oder nehmen Sie telefonisch Kontakt zu uns auf.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website: http://www.ifdhberlin.de/arbeitsfelder/dh-rundgang/.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4508

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Richard Schuberth: Chronik einer fröhlichen Verschwörung im Februar bei Zsolnay

Anfang Februar erscheint bei Zsolnay Richard Schuberths Roman Chronik einer fröhlichen Verschwörung; die Ankündigung lautet:

Männlich, ledig, kauzig sucht Draufgängerin zur Umsetzung eines verwegenen Plans … Ein rasanter Debütroman

Vor der Tür des siebzigjährigen Philosophen Ernst Katz steht die Schülerin Biggy. Sie kennen einander von einer Bahnfahrt: Katz, dem verschrobenen letzten Mohikaner der Kritischen Theorie, war das Mädchen wegen seines scharfzüngigen Mundwerks aufgefallen. Mit einem Wiedersehen hatte er nicht gerechnet. Er nimmt Biggy bei sich auf und weiht sie ein in seinen Plan, den „Holocaustroman“ eines Jungschriftstellers zu verhindern – einen Roman über eine außergewöhnliche Frau, mit der Katz ein Geheimnis verbindet. Doch ihre kühnen Methoden drohen zu scheitern. Richard Schuberths Debüt ist ein moderner Schelmenroman und eine rasante Außenseiterballade zweier ungleicher Zeitgenossen.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022378160/

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„Daumen hoch für Anne Frank“ – wie die sozialen Medien den Umgang mit dem Holocaust verändern

Soziale Medien und Popkultur machen auch vor dem Holocaust und seinen Opfern nicht halt. Durch die dadurch beschleunigte Kommerzialisierung des Gedenkens müssen „berühmte“ Holocaustopfer wie Anne Frank heute für Vieles „herhalten“: 

ReferentIn: 
Kirsten Frieden
Datum: 
21 Januar, 2015 - 17:00

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Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/12165

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31. Jahresrückblicke

Märchenhafte ZeitenRückspiegel

Ein alter Mann erzählt ein Märchen (oder ist es vielleicht nur eine raunende Stimme, die von einem undefinierbaren Ort spricht und gerade deshalb so Ehrfurcht gebietend erscheint, weil sie nicht genau zu lokalisieren ist?), erzählt also ein Märchen von zwei Gruppen von Menschen, die friedlich, wenn auch mehr nebeneinander als miteinander lebten. Sie bewältigten ihren Alltag, überwanden Probleme, meisterten Schwierigkeiten und schlugen sich durchs Leben. Was Gruppen von Menschen eben so tun. Eines schönen Tages stellten sie jedoch fest, dass es bei allen Gemeinsamkeiten des Lebens und Überlebens einen gewichtigen Unterschied zwischen ihnen gab. Während die eine Gruppe nämlich den Eindruck hatte, dass sich in ihrem Leben alles beständig wiederhole, dass die Jahreszeiten wiederkehrten, dass Menschen geboren wurden und starben, um wiedergeboren zu werden und wieder zu sterben, und dass Feste immer zur gleichen Zeit gefeiert wurden, war die andere Gruppe davon überzeugt, dass alles immer anders wurde, dass sich die Dinge nie gleich blieben, dass der nächste Morgen immer ein neuer, nie da gewesener war, dass sie es mit immer neuen Jahreszeiten, Festen und Menschen zu tun hatten.

So entstand das Märchen von den Gesellschaften mit einem zirkulären und einem linearen Zeitmodell. Und wie bei allen Märchen, so mag es auch hier durchaus einen wahren Kern geben, aber eigentlich ist doch recht offensichtlich, dass dieses Märchen – wie alle Märchen – die Dinge wesentlich einfacher darstellt als sie sind. Sonst könnte das Märchen ja nicht so kurz und so einprägsam sein, sonst müsste es viel ausführlicher und komplizierter sein – und wäre dann wohl gar kein Märchen mehr.

Seltsamerweise erzählen sich aber gerade diejenigen Gruppen von Menschen, die sich selbst gerne als ‚modern‘ bezeichnen (was auch immer das sein mag), immer wieder solche Märchen, die darauf hinauslaufen, was sie doch von denjenigen Menschengruppen unterscheidet, die sie gern als ‚traditionell‘ oder ‚vormodern‘ bezeichnen. Traditionalität lässt sich auch übersetzen als ein Zustand des Noch-nicht. Die anderen sind eben noch nicht so weit wie wir, haben noch nicht den Entwicklungsstand erreicht, sind noch nicht zu den entscheidenden Erkenntnissen gelangt.

Die Zeit der Anderen

Ich weiß, sämtliche Formen des Eurozentrismus und der westlichen Selbstzuschreibung einer entwicklungsmäßigen Vormachtstellung sind schon längst entlarvt worden. Aber ich habe noch nicht den Eindruck, dass diese Einsicht schon durchgehend zu der Konsequenz geführt hätte, auf eine solche Haltung auch tatsächlich zu verzichten. Vor allem nicht in Bereichen, in denen man zunächst nicht unbedingt bemerkt, wie sehr man immer noch einem hierarchischen Entwicklungsmodell folgt, bei dem man auf einmal selbst – hups! – gänzlich unerwartet an der Spitze steht. Zeitmodelle sind ein Beispiel für solche unreflektiert mitgetragenen Unterscheidungsformen, die meistenteils auch nicht ohne eine Qualifizierung des Besseren und des Schlechteren auskommen. [1]

So genannten traditionalen Gesellschaften wird dann eben schnell unterstellt, sie würden ihre Zeitvorstellungen entsprechend ihrem ‚naturnahen‘ Leben ausrichten, während hochindustrialisierte oder spätkapitalistische oder wie auch immer zu bezeichnende Gesellschaften mit einem linearen Zeitmodell operierten, das an einer offenen Zukunft ausgerichtet sei. Womit wir wieder bei unserem Märchenonkel wären.

Wie sehr man mit einer solchen Vorstellung daneben liegen kann, lässt sich alljährlich im Dezember beobachten. Dann biegt sich nämlich die angeblich so linear ausgerichtete Zeitschiene der Modernen flugs in sich selbst zurück, um einen wunderschön geformten und vor allem flutlichtartig beleuchteten Zirkel zu bilden. Das Ganze hört dann auf den Namen ‚Jahresrückblick‘.

Der Sinn des Ganzen

Man muss ja zuweilen den Eindruck haben, dass die Monate Januar bis November nur existieren, um im abschließenden Jahresrückblicksmonat angemessen historisiert zu werden. Dann werden sie alle wieder hinter den Kulissen hervorgezogen: die Sporthelden und die Katastrophenopfer, die Erfolgreichen und die Hinterbliebenen, die Entscheidungsträger und die skurrilen Nebenfiguren. Das Publikum darf sich derweil gegenseitig der Erkenntnis versichern, wie schnell auch dieses gewesene Jahr vorüberzog und was in ihm nicht alles geschah. Also alles wie immer.

Und genau darauf scheint es ja anzukommen. Um eine wirkliche Historisierung, die diesen Namen verdienen würde, kann es kaum gehen. Denn erstens halten sich – Wunder über Wunder! – umfangreichere Transformationen nicht an die verhältnismäßig künstlichen Grenzen des menschlichen Kalenders, sondern sind auch mal so frei, sich mehr Zeit zu nehmen, als unsere mediale Aufmerksamkeitsspanne erübrigen kann. Und zweitens benötigen wir zuweilen einen gewissen zeitlichen Abstand, um Veränderungen in ihrer Bedeutung für uns beschreiben zu können – um diese Beschreibung dann mit einem noch größeren zeitlichen Abstand unter Umständen wieder zu variieren.

Der Jahresrückblick tut daher so, als würde er zu einer Historisierung beitragen, kann das aber aufgrund seiner kalendarischen Fixierung überhaupt nicht. Ein ganz simpler Beleg, dass und warum der Jahresrückblick an seinem eigenen Anspruch scheitern muss: Er kann immer nur elf Monate des Jahres berücksichtigen. Unabhängig davon, ob er als Unterhaltungsshow, Zeitungssonderbeilage oder Familienbrief daherkommt, für ihn darf im zwölften Monat nichts mehr passieren, sonst hätte man ja gar keine Zeit mehr, um jahresrückzublicken.

Was macht der Jahresrückblick aber dann, wenn er gar nicht Geschichte schreibt? Er dient unter anderem einer nostalgischen Grundstimmung, die dem Verlust des verflossenen Jahres ein wenig nachzutrauern vermag. Er dient aber noch stärker der Sinngebung des Sinnlosen [2], indem er dort eine Einheit zu stiften versucht, wo sich zunächst einmal nicht sehr viel anderes findet, als ein an bestimmten Strukturen und natürlichen Erscheinungen orientiertes System, um Zeit zu messen, zu zählen und zu benennen. Zum Jahresende ist nichts anderes geschehen, als dass die Erde eine weitere Rundreise um die Sonne erfolgreich absolviert hat. Herzlichen Glückwunsch dazu! Daraus aber gleich die Schlussfolgerung zu ziehen, dieser planetarischen Bewegung müsse das Sinnganze und der Sinninhalt eines Jahres entsprechen, ist nur mal wieder ein weiterer Beleg für die Unfähigkeit des Menschen, die eigene Anthropozentrik zu überwinden. Irgendwie scheint sich alles immer um uns zu drehen (und nicht um die Sonne). Und damit wären wir doch wieder ganz in der Nähe der vermeintlich traditionalistischen und naturverhafteten Menschengruppen, die angeblich einem zirkulären Geschichtsbild anhängen. Das sind nämlich wir selbst (wenn auch nicht ausschließlich; genauso wie ‚die Anderen‘ nicht ausschließlich das sind, was wir ihnen unterstellen).

Annalistische Revisionen

Der Sinn eines vergangenen Jahres, wie er in vielen Rückblicken präsentiert wird, kann dabei nicht irgendeiner sein. Man wird leider verhältnismäßig wenige Beispiele dieser Gattung finden, bei denen die Rückblickenden feststellen, dass das vergangene Jahr leider völlig sinnlos gewesen sei. Lackmustest für solche annalistischen Revisionen kann daher die Frage sein, wie viele Gescheiterte, Verlierer oder Verurteilte dort üblicherweise Erwähnung finden. Meistens treten sie eher selten in Erscheinung, schließlich könnten sie die angestrengte und anstrengende Sinnsuche mit irritierenden Störsignalen befeuern.

Die Funktion von Jahresrückblicken besteht aber offensichtlich darin, genau die richtige Balance zwischen Nostalgie und Aufbruchswillen, zwischen Trennungsschmerz und Sinnhaftigkeit zu erzeugen, um auch das nächste Jahr beschwingt angehen zu können. Mit Karnevalsweisheiten wie „Et hätt noch emmer joot jejange“ kann man dann auch die neuralgische Schwelle ins neue Jahr überwinden. Ist überlebenstechnisch sicherlich auch ein ganz hilfreicher Kniff, sich nicht beständig an Niederlagen und Nackenschläge zu erinnern. Schließlich muss man einen Grund haben, um im nächsten Jahr weiterzumachen. Und mit einer solchen Einstellung lässt sich sogar der nächste Jahresrückblick irgendwie ertragen.

Aber man darf die sich selbst verstärkende Rückkopplungsschleife nicht übersehen, in die wir uns mit dieser Jahresfixierung hineinbegeben. Selbst wenn ‚das Jahr‘ als zeitliche Einheit an sich keinen Sinn transportiert, verhalten wir uns doch alle bewusst oder unbewusst so, als besäße es einen inhärenten Sinn – und flugs bekommt es auch einen. Es ist wie mit des Kaisers neuen Kleidern. Wenn alle davon überzeugt sind, dass man auf ein Jahr als ein Sinnganzes zurückblicken kann, dann ist das Jahr so unverfroren und bekommt tatsächlich einen. Schließlich mache auch ich hier nichts anderes, als jahresrückblickend auf Jahresrückblicke zurück zu blicken.

 

[1] Johannes Fabian: Time and the other. How anthropology makes its object, New York 1983.

[2] Theodor Lessing, Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen, München 1983


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Quelle: https://achimlandwehr.wordpress.com/2014/12/15/31-jahresruckblicke/

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Arbeitest du noch oder fühlst du schon? Zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben bei „neuen Vätern“ und Karrierefrauen in der Ratgeberliteratur (Teil 1) – von Katrin Kreismayr und Katrin Anna Walch

Der Wunsch nach einer gelungenen Vereinbarkeit von Arbeit und Leben zeichnet den Großteil der arbeitenden Bevölkerung aus. Daher existiert eine Fülle an allgemeinen Work-Life-Balance-Ratgebern, zu welchen in den letzten Jahren auch Bücher hinzu traten, die sich speziell an „neue Väter“ … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/7643

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Eine komponierte Sichtweise

Magdeburg 1998-2000

Passend zum 25. Jubiläum des Mauerfalls präsentiert die LOOCK Galerie vom 18. Oktober bis zum 31. Januar 2015 eine Ausstellung mit Bildern des Fotografen Ulrich Wüst. Die Sammlung mit dem Titel „Übergänge“ beschäftigt sich zwar nicht direkt mit den Ereignissen vom 9. November 1989, aber eben auch mit den Jahren danach.

Berlin 1995-1997

Berlin 1995-1997, Pressefoto zur ausschließlichen Verwendung für die die Besprechung der Ausstellung „Übergänge” in der Loock Galerie (© Ulrich Wüst, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung)

Es werden drei verschiedene Werkgruppen des Künstlers gezeigt. Eine davon bildet die Veränderungen in Berlin-Mitte (Berlin 1995 – 1997) nach dem Abbau der innerdeutschen Grenze ab. Anhand der zweiten Gruppe Morgenstraße (Magdeburg 1998 – 2000) wird die Geschichte Magdeburgs, Wüsts Geburtsstadt, erzählt. Der Verfall der einstigen Industriestadt steht im Mittelpunkt dieser Arbeiten. Als dritte Sammlung kann man die Bildergruppe Fremdes Pflaster (Köln 2004 – 2005) sehen, welche einerseits das traditionelle Stadtbild zeigt, jedoch auch auf die Entwicklung dieser eingeht.

Die kleine Galerie besteht aus zwei aneinander-grenzenden Räumen, beide sind weiß gestrichen und lassen die Lokalität eher unscheinbar wirken. Wendet man sich jedoch den Bildern zu, bemerkt man, welche starke Aussagekraft diese in Schwarz-Weiß entwickelten Fotografien haben.

Magdeburg 1998-2000

Magdeburg 1998-2000, Pressefoto zur ausschließlichen Verwendung für die die Besprechung der Ausstellung „Übergänge” in der Loock Galerie (© Ulrich Wüst, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung)

Die erste Wand zeigt Bilder aus Magdeburg. Darunter eine Straße mit einem Haus, welches einen Sexshop mit dazugehörigem Kino beheimatet. Die Fassade des Gebäudes ist aus Beton und bröckelig. Dieser Vordergrund ist durch eine Mauer zum Hintergrund der Fotografie abgegrenzt. Hinter dieser Mauer steht eine Häusergruppe, die aus Neubauten in älterem Stil zu bestehen scheint. Obwohl die Bildkomposition stimmig ist, passen die gezeigten Gebäude nicht zueinander. Es scheint, als sei die Stadt in der Entwicklung zur Moderne hängen geblieben. Die in der Vergangenheit berühmte Industriestadt Magdeburg muss der kommerziellen Dienstleistung in Gestalt der immer beliebter werdenden Pornoindustrie weichen, schafft dabei aber den „Absprung“ zu der modernen Infrastruktur nicht.

Geht man weiter in den nächsten Raum, kann man auf den Fotografien die Straßen von Berlin erkennen. Die Aufnahmen zeigen verfallene Häuser mit eingeschlagenen Fenstern und abgebröckelter Fassade. Oft haben diese Gebäude nur eine Front, oder die Fenster auf der anderen Seite wurden zugemauert. Sie wirken wie Kulissen aus einem Film, als gäbe es keinen Raum hinter den Fenstern. Die Spuren des Postsozialismus oder besser gesagt dessen Reste sind deutlich zu erkennen. Heute erscheint es in Berlin-Mitte kaum noch vorstellbar, dass Straßen oder gar Häuser von der Mauer geteilt wurden, doch damals war das Realität und trennte Familien und Freunde voneinander, die zuvor in demselben Gebäude gewohnt hatten.

Köln 2004-2005

Köln 2004-2005, Pressefoto zur ausschließlichen Verwendung für die die Besprechung der Ausstellung „Übergänge” in der Loock Galerie (© Ulrich Wüst, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung)

Dreht man sich zur Seite, landet man thematisch in der nordrhein-westfälischen Stadt Köln. Die Darstellungen sind von einem Paradoxon geprägt. Auf der einen Seite wird das Stadtbild von traditionellen gotischen und antiken Bauwerken dominiert, auf der anderen Seite geht es um die Entwicklung zur modernen Industriestadt. Dies zeigt sich zum Beispiel an einem Foto, das im Hintergrund den Dom in seiner vollen Pracht der gotischen Bauweise zeigt. Der Betrachter schaut von einer Treppe, die ans Ufer des Rheins führt, auf die Szenerie. Links im Bild auf einer Brücke ist von hinten eine Reiterstatue zu erkennen, die in Richtung Dom „schaut“. Den Gegensatz zu diesem edel anmutenden Ausblick bildet der Vordergrund des Fotos. Der Kölner Hauptbahnhof verdeckt mit seiner großen kuppelförmigen Halle und den vielen Oberleitungen den freien Blick auf das früh-neuzeitliche Bauwerk. Die Brücke, auf dem die Statue steht, scheint durch die Eisenbahnbauten verlängert worden zu sein. Dieser Fakt ist ein aussagekräftiges Sinnbild, wie aus dem Alten das Neue, das Moderne entsteht und im neuen Stadtbild integriert wird.

Ulrich Wüst hat mit seinen Werken eine Zeitspanne dokumentiert, die wichtige Etappen der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland umrahmt. Dabei hat er sich nicht auf Schnappschüsse verlassen, sondern seine Aufnahmen streng komponiert. Alles passt zusammen und ist so gewollt. Er fotografiert nicht nur die Eindrücke, sondern verfolgt immer einen Zweck, möchte dem Betrachter eine Botschaft hinterlassen. Das ist Wüst in der Ausstellung definitiv gelungen.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/12/15/eine-komponierte-sichtweise/

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