Wikipedia-Portal aktiv mitgestalten? Endlich die passende Gelegenheit!

Ein Beitrag von Marianna Perniola

Nach vielen Jahren Zögern und Verschieben mit der Anmeldung beim Wikipedia-Portal, schließlich die günstige Gelegenheit: ein Seminar über Wikipedia wurde in meinem Studiengang angeboten: nichts wie hin! Endlich mal die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen dieses Riesenprojekts zu werfen und die Geheimnisse der Verfasser zu erlernen, dachte ich mir.

Von allein hatte ich mich vorher nie angemeldet: mehrmals war ich nahe dran gewesen, einen Artikel zu überarbeiten, den ich als mangelhaft, verworren, ungenau oder grammatisch wackelig fand. Mich erstaunte, wie ich mit einem einfachen Klick auf „Bearbeiten“ die Gestaltung und den Inhalt eines bereitgestellten Artikels verändern/ändern konnte. Doch nie hatte ich mir zugetraut, nach dem Klicken den Artikel in der Tat zu ändern: Ich fand diese Schnittstelle voller eckiger und geschweifter Klammern und Anführungszeichen ziemlich abschreckend und ablenkend. Ich klickte wieder auf der Spalte „Lesen“ und Stopp…Die Unterseite mit der eigenartigen Formatierung zeigte mir erbarmungslos das Skelett und die Baustelle des Textes und ließ mich damit verstehen, dass eine Wikipedia-Sprache existieren musste,  eine Geheimschrift, die mir unzugänglich war. Und mir stellte sich die Frage: wer kennt denn den Kode um mitzuwirken?

Die effektive Möglichkeit das Geheimnis zu erraten und eine aufklärende Antwort dieser und anderer Fragen zu erhalten, habe ich stufenweise während des Seminars gehabt. Durch die persönlichen Erfahrungen des WP-Referenten Herrn Cyron und der Dozentin Dr. Anne Baillot beim Portal konnte ich, zusammen mit den anderen Teilnehmern, nicht nur einen praktischen und orientierenden Leitfaden der „Wikiformatierung“ bekommen, sondern mich überdies mit den Wikipedia-gebundenen Begriffen, u.a. Neutralität, Autorität, Expertise, Überprüfbarkeit usw.  vertraut machen.

Innerhalb eines Semesters konnte ich von regelmäßiger Nutzerin des Portals zur „Autorin“ und Mitmacherin werden. Dank des Betreuungsaufwands der Dozentin, die uns zuerst anhand eines komparatistischen Vorgangs ein bestimmtes Stichwort in unterschiedlichen Sprachen überprüfen ließ, konnten wir uns späterhin eine konkrete Vorstellung über die Maßgeblichkeit eines Artikels machen. Gemäß der Auswertung konnten wir vor allem den Wert von glaubwürdigen Quellen und exakten Zitaten schätzen, sowie auch die Vollständigkeit des betreffenden Artikels. In manchen Fällen ließ sich feststellen, dass der geprüfte Artikel die eindeutige Übersetzung aus anderen Sprachen (vor allem Englisch) darstellte, wobei diese Tendenz immer weniger häufig wird.

Verfassung des Artikels

Eine praktische Orientierung beim Verfassen meines Artikels über Tiziano Terzani – obwohl sich von einer Ergänzung handelte – habe ich aus den deutschen „Exzellenten Artikeln“ von dem „Portal internationale Literatur“ entnommen, wo unter anderen Artikel zu Max Frisch, Georges Simenon, J.R.R. Tolkien zählen. Die daraus folgenden Schritte waren in erster Linie eine bündige und zugleich ausreichende Einleitung  zusammenzustellen (das Gegenteil von einfach!), in zweiter Linie den Inhaltsverzeichnis gemäß der Formatvorlagen für den Aufbau eines Biografieartikels zu gestalten und drittens einem neutralen und sachlichen Stil folgen, der allen Enzyklopädien zugrunde liegt. In Hinblick auf die verschiedenen Diskussionen über das Prinzip der Neutralität des Stils, wurde ich dafür sensibilisiert zu hinterfragen, ob ich gerade meine Auslegung oder eine unparteiische Äußerung wiedergebe. Abschließend wurde der von mir ergänzte Artikel über Terzani problemlos freigeschaltet. Rückmeldungen von Administratoren gab es nur in der Form von Verbesserungen etlicher Rechtschreibungsfehler.

Ein zentraler Punkt war für mich, dass der Artikel auf Deutsch abzufassen war. Gar nicht einfach für eine Ausländerin, einen anspruchsvollen Artikel der deutschsprachigen Welt vorzulegen und noch davor der Kontrolle der befürchteten Wiki-Revisoren zu bestehen. Diesmal handelte es sich nicht um eine Arbeit, die nur ein Professor oder dessen Assistent zu Gesicht bekommen, die über deine orthographischen und syntaktischen Mängel Bescheid wissen. Erst im Nachhinein habe ich erfahren, dass obwohl Wikipedia ausführliche und eingehende Artikel anstrebt, nicht erwartet wird, dass jeder Artikel von Anfang an eine hohe Qualität aufweist. Darüber hinaus ist seine Form nicht endgültig, sondern in konstanter Verfeinerung, Optimierung und Erweiterung. Daraus folgt, dass mehr oder weniger jeder Rückmeldungen bekommt und der Artikel überarbeitet werden kann. Das emsige Volk von WP-Volontären beaufsichtigt die neueingetragenen Artikel und wird in erster Linie die Sprachrichtigkeit überprüfen. Diese Armee von Volontären sorgt außerdem dafür, dass jeder Artikel den Standards von Wikipedia entspricht und somit dafür, dass das Mitmach-Portal zuverlässig bleibt.

Letztendlich fand ich reizvoll den Gedanke am engmaschigeren Netz des offen zugänglichen Weltwissens mitzuweben und werde gerne in Zukunft mehr Zeit investieren, um dieses Projekt mitzugestalten…jedoch vorzugsweise in meiner Muttersprache.

 

Quelle: http://wppluslw.hypotheses.org/522

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