Material sammeln: Zum Verhältnis von Handhabung, Beobachtung und Experiment in Rumphius’ Forschung

Esther Helena Arens

Am 5. August 1753 bedankte sich Carl Linnaeus beim Mäzen Carl Gustaf Tessin für den Erhalt der sechs Bände des Herbarium Amboinense. Linneaus hatte die Bücher bereits gelesen und betonte, dass Rumphius Orte, Attribute und die Natur besser beschrieben habe als irgendjemand anders.[1] „Orte und Attribute“, diese Kombination zeigt das Interesse des Taxonomen. Linnaeus griff auf Bilder und Berichte anderer Naturforscher zurück, hier auf diejenigen von Rumphius über die Flora der Molukken, um Familien und Gattungen zu bilden und Arten voneinander zu unterscheiden. Material sammeln bedeutete in Linnaues’ akademischem Raum in Uppsala also, Gedrucktes zu handhaben und zu vergleichen und dann eine Reihe von Beobachtungen für die binäre Nomenklatur zusammenzufassen.[2]

Diese Verfahrensweise findet sich auch in den prä-linnaeischen Texten von Rumphius, die teils auf naturkundliche, teils auf agrarkundliche Kriterien bezogen sind. Im Amboinsche Kruid-boek (übersetzt Ambonese Herbal) findet sich zum Beispiel bei vielen Arten die Unterscheidung der untersuchten pflanzlichen Objekte in kultiviert–wild (im ersten Buch zum Beispiel Palmen oder der Mango-Baum), die auf der wiederholten Beobachtung und Handhabung von Blättern, Blüten und Früchten beruhten.

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Quelle: http://rumphius.hypotheses.org/366

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Mahlzeit: Zu Tisch in Ostindien?

Esther Helena Arens

Im gutsortierten Laden des Maritiem Museum Rotterdam habe ich dieses Jahr eine Postkarte mit einem Bild von Harald Vlugt gefunden, laut Copyrightangabe das Werk Groeten uit BAZ (Bergen aan Zee), nicht datiert und mit diesen Stichworten auch nicht im Internet wiederauffindbar. Auf der Papierversion ist ein Tisch zu sehen, darauf ein rechteckiges Stück Papier, darüber eine weiße Tischdecke hingeworfen, dann ein Glas, eine Rebe roter Trauben, eine Artischocke, weiße Trauben, zwei Zitronen, schließlich auf einem weißen Teller drei Fische, ein großer silbriger und zwei Knurrhähne. Eine kurze Recherche im Netz legt nahe, dass solcherart nüchterne und reduzierte Stillleben typisch sind für das 20. Jahrhundert. Es gibt zahlreiche digitale Reproduktionen von Bildern mit Fischen und Zitronen, als ob damit, jenseits des Symbolgehalts, vor allem Komposition, Form und Farbe eingeübt werden sollten.

Als Historikerin denke ich bei diesem Bild sowohl an die Kargheit der Nachkriegsjahre in den Niederlanden als auch an Italien und das dolce vita, an den grauen Norden wie den warmen Süden. Ich frage mich, wofür die Kargheit steht, für künstlerischen Minimalismus oder den Mangel, ob die rote Farbe des einen Fischs und die gelbe der Zitronen ein Verblassen oder ein Erleuchten ist, und ob die Lebensmittel für ein Essen von mehreren Personen dienen sollen und das eine Glas für den Koch ist, der gleich ein Messer in die Hand nimmt.



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Quelle: http://rumphius.hypotheses.org/264

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Kurkuma: Von Maria Dermoût zurück zu Rumphius

Isabel Soyka

Maria Dermoûts Roman De tienduizend dingen (dt. Die zehntausend Dinge, aus dem Niederländischen neu übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Bettina Bach, dtv 2016) handelt von Felicia, die auf der Insel Ambon auf einer Gewürzplantage in dem ehemaligen Haus ihrer Großmutter lebt und jedes Jahr an Allerheiligen der auf der Insel in dem betreffenden Jahr Ermordeten gedenkt, sowie ihrer verstorbenen Familienmitglieder. Der Roman lässt Erinnerungen aus Felicias Kindheit und die Umstände, die zu dem Tod der Inselbewohner geführt haben, Revue passieren. Dermoût greift Rumphius und seine Werke in dem Roman auf verschiedene Arten auf. Das Amboinsche Kruid-boek und die Amboinsche Rariteitkamer werden an vielen Stellen explizit genannt. Während der Lektüre stellten sich mir folgende Fragen: Stammen die von Dermoût geschilderten Sagen aus Rumphius’ Rariteitkamer? Lassen sich dort alle Muschelnamen wiederfinden? Und inwiefern geht die Wiedergabe von Rumphius’ Werken in literarische Fiktion über? Im folgenden Post werde ich versuchen anhand eines Beispiels aus dem Roman ein Gewürz im Kruid-boek zu identifizieren.

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Quelle: http://rumphius.hypotheses.org/250

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Naturforschung – mit Muße oder Mühe?

Maria-Theresia Leuker

Das Porträt von ‚Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland am Orinoco’, das Eduard Ender 1856 malte, vermittelt eine zeitgenössische Vorstellung von der Arbeit des Naturforschers. Es gehört zur Sammlung von Gelehrtengemälden der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Der deutsche Wissenschaftler Humboldt machte auf seinen Expeditionen durch Süd- und Zentralamerika die Bekanntschaft des französischen Botanikers Bonpland und erforschte gemeinsam mit ihm zwischen 1799 und 1804 unter anderem das Gebiet am Orinoco in Venezuela. Noch unlängst widmete sich eine internationale Tagung den Forschern[ii], die durch Daniel Kehlmanns Roman Die Vermessung der Welt (2005) und die gleichnamige Verfilmung (2012) auch einem breiteren Publikum aufs Neue in Erinnerung gebracht worden sind.[iii]

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Alexander von Humboldt and Aimé Bonpland in the Amazonas jungle                           von Eduard Ender (ca. 1850)

Eduard Enders Gemälde zeigt Humboldt und Bonpland in ihrer provisorischen Forschungsstation am Orinoco an einem großen Tisch, umgeben von gesammelten Pflanzen, technischen Instrumenten sowie Kisten, die unter anderem dem Transport der botanischen Proben dienten. Humboldt hält eine Zeichnung auf dem Schoß und hat einen Arm auf einen Stapel mit Aufzeichnungen gestützt, während Bonpland eine Pflanze in der einen Hand hält und in der anderen ein Okular zu deren genauer Untersuchung.

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Quelle: http://rumphius.hypotheses.org/237

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„Ook beschreven in ʼt Amboinsche Kruidboek“

Charlotte Kießling

In der Rariteitkamer finden sich zahlreiche Verweise auf das Kruid-Boek. Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, wann Rumphius die Rariteitkamer und das Kruid-Boek geschrieben hat. Begonnen mit der Arbeit am Kruid-Boek hat er einem Brief zufolge 1663. Das Manuskript war 1697 fertiggestellt, das Auctuarium 1701 (Beekman: Curiosity Cabinet, S. lxxxi). Die Rariteitkamer ist laut der Widmung an DʼAcquet 1699 fertiggestellt worden. Im Kruid-Boek selbst werden variierende Schreibweisen zur Angabe des Titels genutzt: Amboinsch Kruid-boek, Kruyd-boek, Kruydboek und Kruidboek. In der Rariteitkamer sind die Titel noch unterschiedlicher. Hier finden sich mit variierende Schreibweisen die Titelangaben tʼ Amboinsche Kruidboek, Boek van dʼAmboinsche kruiden und Boek van ʼt Amboinsche Herbarium, gerne markiert als ons kruidboek.

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Quelle: https://rumphius.hypotheses.org/205

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