Conférences des Bureau d’adresse online

Das war tatsächlich schon hoch an der Zeit: Die Digitalisierung der Conférences du Bureau d'adresse, das heißt der in dem von Théophraste Renaudots Bureau ab 1633 wöchentlich abgehaltenen Vorträge; Google hat die Exemplare aus Lyon:

(...) Centurie des Questions traitées ez Conférences du Bureau d’Adresse (...). Paris: Bureau d'Adresse/Besogne, 5 Bände, 1638-1650.

Bd.1: http://books.google.at/books?id=rRtFNiZhGd8C
Bd.2: http://books.google.at/books?id=q8BRUtzaEVwC
Bd.3: http://books.google.at/books?id=aFrYMahxT_MC
Bd.4: http://books.google.at/books?id=F0_9gWXadGQC - auch bei Gallica: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/cb41459716t/date
Bd.5: http://books.google.at/books?id=gbMWAaRAwOkC


Ich verweise mal nur auf die am 3.2.1642, gestellte Frage, nämlich nach dem, was zuerst da war, die Henne oder das Ei: Qui a esté le premier fait de L'Oeuf ou de la Poule? (vgl.).

Publikationen zu den Conférences:

Mazauric, Simone: Savoirs et philosophie à Paris dans la première moitié du XVIIe siècle. Les conférences du bureau d'adresse de Théophraste Renaudot (1633-1642). Paris: Publications de la Sorbonne, 1997. (GBS-Vorschau)

Wellman, Kathleen Anne: Making science social. The conferences of Theophraste Renaudot, 1633-1642. Norman: University of Oklahoma Press, 2003. (GBS-Vorschau)

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/156267802/

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Adressbüros im Europa der Frühen Neuzeit – PDF meiner Habilitationsschrift

Heute nachmittag habe ich mein Habilitationskolloquium absolviert und trete damit ein in das Fegefeuer des Privatdozententums, wie dies Max Lenz 1910 beschrieben hat bzw. mache einen weiteren Schritt im Uni-Prekariat (FAZ, 29.2.2012); ein Herr Rieble drohte ja zuletzt den erfolglosen Privatdozenten mit einem trübe[n] Schicksal und plädierte überhaupt für deren Aussortieren (FAZ, 1.3.2012); altmodisches Initiationsritual (so Andreas Keller von der GEW, FAZ, 16.2.2010) hin oder her, ich vergnüge mich zunächst mal an der durchaus feinen Apologie des Privatgelehrten, die Magnus Klaue ebenfalls in der FAZ (5.2.2011) veröffentlicht hat und beschenke mich damit, dass ich meine Habilitationsschrift als PDF zur Verfügung stelle. Die kleine Pionierarbeit (so Wolfgang Behringer in seinem Gutachten; die zwei weiteren Gutachten erstellten Peter Burke und Barbara Stollberg-Rilinger) ist sowohl von meiner Homepage als auch auf von Phaidra downloadbar. Zu dieser Doppellösung habe ich mich entschlossen, um zumindest ansatzweise die Statistiken beobachten zu können, die auf Phaidra voraussichtlich erst ab Herbst einsehbar sein werden; dann sollen ja auch die derzeit noch auf dem Hochschulschriftenserver der Uni Wien vorhandenen Dokumente (darunter bislang übrigens keine Habilitationsschrift) in dieses Institutional Repository überführt werden.

Tantner, Anton: Adressbüros im Europa der Frühen Neuzeit. Habilitationsschrift, eingereicht an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Wien, Juli 2011, V. 1.0, 234 S., mit einseitigem Abstract.
http://tantner.net/publikationen/Tantner_Adressbueros.pdf
http://phaidra.univie.ac.at/o:128115

Abstract:

Im Jahr 1630 gründete der Arzt Théophraste Renaudot in Paris das "Bureau d'adresse", eine Einrichtung, deren Zweck es vorwiegend war, Informationen zu vermitteln: Wer auch immer etwas kaufen oder verkaufen wollte, Arbeit oder Wohnung suchte, konnte sein Anliegen gegen Gebühr in ein am Ort des Adressbüros aufliegendes Register eintragen lassen; umgekehrt konnten Interessenten - Frauen war der Zugang zu Renaudots Bureau verwehrt - gegen Gebühr Auszüge aus diesem Register erhalten. Weiters diente das "Bureau d'adresse" der medizinischen Betreuung von Armen, als Pfandhaus sowie als eine Art wissenschaftliche Akademie; wöchentlich wurden dort Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen gehalten, zum Beispiel über Medizin, physikalische Phänomene oder Ökonomie.
Auch in anderen europäischen Städten entstanden im 17. und 18. Jahrhundert derlei Adressbüros, die zumeist allerdings nicht eine so große Bandbreite an Funktionen abdeckten wie das Pariser Vorbild, sondern sich auf profanere Vermittlungstätigkeiten beschränkten: Ihre Kernfunktionen waren diejenigen einer Verkaufsagentur, einer Arbeits- sowie einer Immobilienvermittlung. Beispiele für solche Adressbüros wären die in London gegründeten "registry" oder "intelligence offices", die in der Habsburgermonarchie errichteten "Frag- und Kundschaftsämter" sowie die in anderen deutschsprachigen Städten installierten "Adresscomptoirs", "Berichthäuser" bzw. "Intelligenzämter".
Ziel der Studie war es, zu einer vergleichenden, vorwiegend empirisch orientierten Darstellung dieser bislang eher unbeachtet gebliebenen Institutionen des frühneuzeitlichen Umgangs mit Informationen zu kommen; der räumliche Fokus richtete sich dabei auf Frankreich, England sowie Städte in deutschsprachigen Ländern. Im Falle Frankreichs und Englands wurden hauptsächlich gedruckte Quellen (wie z. B. Projektankündigungen, Broschüren, Annoncenblätter) herangezogen, während für die deutschsprachigen Länder darüber hinaus für einzelne Städte (Wien, Prag, Brünn, Innsbruck, Berlin und Altona) umfangreiche archivalische Nachforschungen vorgenommen wurden.
Die Arbeit wurde im August 2011 an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien als Habilitationsschrift für das Fach "Neuere Geschichte" eingereicht und im Juli 2012 nach Begutachtung durch Wolfgang Behringer, Peter Burke und Barbara Stollberg-Rilinger im Rahmen eines Habilitationskolloquiums vorgestellt. Ihre Einleitung beinhaltet eine wissenschaftliche Fiktion, in der ein imaginäres, im süddeutschen Raum angesiedeltes Adressbüro beschrieben wird; im Anschluss werden an den Untersuchungsgegenstand Fragen gestellt, die durch den Medienbruch der letzten Jahre virulent geworden sind. Im Zuge der Recherchen stellte sich allerdings heraus, dass die erhaltenen Quellen es leider nur unzureichend erlaubten, die genannten Fragen zu beantworten; immerhin, als gesichertes Ergebnis konnte festgestellt werden, dass Adressbüros mit ihrer registerbasierten Vermittlungstätigkeit als Wegbereiter der "Medialisierung" zwischenmenschlicher Beziehungen angesehen werden können, das heißt, sie trugen bei zum "Prozess der Durchdringung des menschlichen und gesellschaftlichen Lebens mit (medien-)vermittelter Kommunikation" (Jürgen Wilke). Weiters können sie als Agenten der "Informatisierung" betrachtet werden, das heißt, sie ermöglichten es zumindest partiell, Informationen unabhängig von den konkreten Subjekten nutzen zu können.
Die vorliegende "kleine Pionierarbeit" (Wolfgang Behringer) soll auch im Papieruniversum veröffentlicht werden; zu diesem Zweck ist eine Überarbeitung nach Vorschlägen der Gutachterin und der Gutachter beabsichtigt.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/104854424/

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Gratis E-Book: Zuversicht und Sorgen des Informationsprofessionisten Caspar Rieß

Nach Vorbild von Günter Hacks Drone Trigger (vgl.) stelle ich nun eine kurze Einübung in geschichtswissenschaftlicher science fiction zum Gratisdownload zur Verfügung, selbstredend ohne DRM!

Voilà Zuversicht und Sorgen des Informationsprofessionisten Caspar Rieß:
Epub: http://goo.gl/UcNLU
Kindle: http://goo.gl/Lh6hm

Update: In der Version 1.1 sind nun drei kleine Bugs korrigiert.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/97056337/

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Nicolai zum Wiener Fragamt, 1781

1781 bereiste der von mir durchaus geschätzte Aufklärer Nicolai Wien und verfasste darauf einen lesenswerten Reisebericht, der auf Grund seiner kritischen Haltung im Biotop der Wiener Schriftsteller und Gelehrten für Aufregung und wütendes Gekläffe sorgte. An dieser Stelle soll aber nicht diese ohnehin schon gut aufgearbeitete Debatte interessieren, sondern der Umstand, dass Nicolai auch das in Wien befindliche Fragamt auffiel; da ich die darüber in seinem Reisebericht aufgenommene Passage nicht in meiner Veröffentlichung zu dieser Einrichtung verwendet habe (vgl.), sei sie hier wiedergegeben:

Das K. K. Frag- und Kundschaftsamt haben auch die E. v. Ghelenschen Erben. Es kommt wöchentlich zweymal eine posttägliche Anzeige aus dem K.K. Frag- und Kundschaftsamte in 4to heraus. In derselben findet man Ediktalcitationen, oder wie man in Wien sagt Convocationen, Anzeigen von Sachen die verlangt werden, die verloren worden u.s.w. In diesem Amte ist noch eine andere für Wien sehr nützliche Anstalt. Es wird daselbst ein Protokoll von zu verlassenden (zu vermiethenden) Quartieren gehalten, sie mögen viertel- halb- oder ganzjährig oder auch nur monatweise zu vermiethen seyn. Wer eine zu vermiethende Wohnung einschreiben läßt, zahlt 14. Kr. Wenn er aber anmeldet, daß die Wohnung vermiethet sey, und sie also ausstreichen lässet, bekommt er 7 Kr. zurück. Wer ein Quartier sucht, und ein Protokoll anschlagen lässet, bezahlet dafür 7 Kr. Dieß ist sowohl für Einheimische, als besonders für Fremde, welche in der weitläuftigen Stadt nicht nach einer Wohnung herumlaufen wollen, sehr bequem.

- Diese Stelle bei Nicolai bestätigt demnach, dass das Wiener Fragamt zumindest in den 1780er Jahren eine gewisse Rolle für die Wohnungsvermittlung spielte.

Nicolai, Friedrich: Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz, im Jahre 1781. Berlin/Stettin 1784, 3. Band, S. 270f.




#FragamtWien

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/75257819/

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Die Fragämter von Prag und Brünn

Frisch erschienen: Ein Beitrag von mir zu den Fragämtern in Prag und Brünn.

Tantner, Anton: Die Frag- und Kundschaftsämter in Prag und Brünn. Informationsvermittlung im frühneuzeitlichen Böhmen und Mähren, in: Folia Historica Bohemica, 26.2011/2, S. 479–506. (PDF)

Abstract: Prague and Brno Intelligence Offices – Information Broking in Early Modern Bohemia and Moravia
The article deals with the intelligence offices of Prague and Brno that were founded in the middle of the 18th century. They served as sales agency, information bureau, labour exchange and real estate agency. The contribution is based on archival materials and on the advertisers that were published by the intelligence offices.

Ich beabsichtige auch, diesen Artikel sowie meine weiteren auf Phaidra hochzuladen.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/64966853/

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Wiener Frag- und Kundschaftsamt

Nun online: Mein Artikel zur Geschichte des Wiener Frag- und Kundschaftsamt. Gerne hätte ich ja mehr und Spannenderes zu dieser Einrichtung herausgefunden, alleine, die Quellen geben nicht mehr her.

Tantner, Anton: Das Wiener Frag- und Kundschaftsamt. Informationsvermittlung im Wien der Frühen Neuzeit, in: Wiener Geschichtsblätter, 66.2011/4, S. 313-342, http://tantner.net/publikationen/Tantner_FragamtWien_WG_2011.pdf

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/64032268/

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Becker, Irmgard Christa (Hg.): Die Stadt als Kommunikationsraum

Frisch erschienen, mit einem Beitrag von mir zum Bureau d'adresse, den ich auf Verlangen gerne als PDF verschicke:

Becker, Irmgard Christa (Hg.): Die Stadt als Kommunikationsraum. Reden, Schreiben und Schauen in Großstädten des Mittelalters und der Neuzeit. (=Stadt in der Geschichte. Veröffentlichungen des Südwestdeutschen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung; 36). Ostfildern: Thorbecke, 2011. 216 S., 29 Euro, ISBN 978-3-7995-6436-6 [Verlags-Info]

Inhaltsverzeichnis:

Vorwort

Irmgard Christa Becker
Die Stadt als Kommunikationsraum - Eine Einführung

I. DIE STADT ALS BÜHNE – URBANE HERRSCHAFT ALS KOMMUNIKATIVER PROZESS

Clemens Zimmermann
Zurück zum Sozialen? Stadtgeschichtsforschung zwischen den Kategorien Gesellschaft, Kultur und Medien

Harriet Rudolph
Adventus imperatoris. Mechanismen und Gehalt der politischen Kommunikation bei Kaisereinzügen im Reich

André Krischer
Politische Kommunikation und Öffentlichkeit in London. Zur Entwicklung einer Großstadt im 17. Jahrhundert in mediengeschichtlicher Perspektive

II. DIE (GROSS)STADT ALS INSZENIERUNGSRAUM – MASSENVERANSTALTUNGEN ALS KOMMUNIKATIONSPROZESS

Karl Vocelka
Religiöse Zeremonien in der Öffentlichkeit am Beispiel des barocken Wien

Franz J. Bauer
Via dell’Impero. Der Raum, die Leere und die Einsamkeit der Monumente in Mussolinis Rom

Marie Antoinette Glaser
Die Baustelle als Inszenierung im öffentlichen städtischen Raum

Bernd Reichelt
Das Spiel mit der Macht. Fußballspiele als urbaner Inszenierungsraum am Beispiel Saarbrücken

III. DIE STADT ALS LEBENSWELT – BÜRGER/INNEN UND DER URBANE KOMMUNIKATIONSRAUM

Anton Tantner
Die Register des Büros. Anonymisierung und Medialisierung sozialer Beziehungen im Bureau d’adresse, Paris 1630–1643

Martin Scheutz
Injurien, Rebellion und doch auch das feuchtfröhliche Vorzimmer der Macht. Wirtshäuser als Orte der Kommunikation in der Frühen Neuzeit

Henry Keazor
Art and the City. Monumente, Architektur, Urban Art

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/49621499/

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Das Wiener Fragstuben-Projekt des Johannes Angelus de Sumaran

Demnächst erscheint in den "Wiener Geschichtsblättern" ein Beitrag von mir zum Wiener Fragamt, der sich auch mit dessen Vorgeschichte beschäftigt und eine Passage zu einem 1636 gescheiterten Adressbüro-Projekt enthält (vgl.):

In Wien ergab sich bereits wenige Jahre nach Eröffnung des Pariser Bureau d’Adresse die Möglichkeit, eine vergleichbare Institution zu installieren. Die Initiative dazu ging von einem gewissen Johannes Angelus de Sumaran (auch: Juan Àngel de Zumaran) aus, einem Sprachlehrer, zu dem nur wenige biographische Angaben bekannt sind: Geboren wohl Ende des 16. Jahrhunderts in der baskischen Provinz Guipúzcoa,1 entstammte er einer adligen Familie und hatte sich in Brüssel aufgehalten, bevor er sich im Oktober 1612 an der Universität Ingolstadt zum Studium der Rechte immatrikulierte.2 Seit Anfang der 1610er Jahre unterrichtete er Spanisch, Italienisch und Französisch sowie Tanzen;3 ab 1617 veröffentlichte er mehrere Sprachlehrbücher und bezeichnete sich in einem davon – einer 1620 erschienenen Grammatik – als „Sprachmeister in München“.4 1622 tauchte er in Wien auf und wird in den Matrikeln der hiesigen Universität als „prof. linguarum“ angeführt;5 zwei oder drei Jahre später lernte Sumaran den spanischen Botschafter am kaiserlichen Hof, Francisco de Moncada kennen und nahm eventuell an der Belagerung von Breda teil (1624/1625).6 Die folgenden Jahre verbrachte Sumaran als Sprachlehrer an der Universität Ingolstadt7 und spätestens ab 1633 befand er sich wieder in Wien,8 wo er 1634 eine spanische und deutsche Grammatik veröffentlichte.9 Sein mutmaßlicher Sohn – Matthias Rudolf de Sumaran – hatte sich, aus München kommend, 1626 in die Universität Ingolstadt zum Studium der Grammatik eingeschrieben10 und heiratete Katharina Rowenský von Libanberg.11 Er war ebenfalls Sprachlehrer und fungierte 1648/1649 als Kammersekretär Ferdinands IV.12
Besagter Johannes Angelus de Sumaran suchte im Herbst 1636 bei Erzherzog Leopold Wilhelm darum an, für sich und seine Familie ein Privileg für eine offentliche fragstuben zu erlangen.13 In seinem Gesuch, das er als Professor Linguarum dieser Universitet in Wienn unterschrieb,14 verwies er zunächst darauf, dass es bereits in vielen fremden Ländern und Städten gewisse tabernen oder öffentliche stuben gäbe. Wer etwas kaufen oder verkaufen wolle, könne sich dort anmelden und nach allen sachen fragen. In nicht mehr als in einer viertl stundt würden sie erfahren können, ob sich ihr Begehren befriedigen ließ. Da Sumaran erwähnte, dass er in den Gebrauch solcher Einrichtungen woll erfahren wäre, ist zu vermuten, dass er diese unter anderem dazu verwendete, um seine Dienste als Sprachlehrer anzubieten; als explizites Vorbild führte er Paris an, wo ein Doctor Medicinae – also Renaudot – dises neulich inventiret hätte.15
Die Fragstube sollte zunächst als Verkaufsagentur für bewegliche und unbewegliche Güter – z. B. hershafften, mühlen, heuser, höff, wein, traidt, haber, clainodien, silber, goldt, Ross, Viech, Wagen – dienen. Von jedem Kaufs- oder Verkaufswilligen sollten sechs Kreuzer Einschreibungsgebühr verlangt werden, explizit waren auch Frauen als Benützerinnen vorgesehen. Sumaran schlug weiters vor, dass die neue Einrichtung als eine Art Meldeamt beziehungsweise Auskunftsbüro über Aufenthaltsort und Leumund der StadtbewohnerInnen verwendet werden könnte: Mit ihrer Hilfe könnte man erfahren, was für Leute in der Stadt seien, wo sie herkämen, was ihr thuen und lassen sey, wo sie wohnen, undt mit wem sie sich aufhalten und von welchem Schlag sie seien. Auch sollte Arbeitsvermittlung betrieben werden: Leute, die promoviert werden wollten, könnten in der Fragstube ihre Namen samt Wohnstätte und Fähigkeiten einschreiben lassen, während auch Namen und Ort derjenigen Herrn oder Frauen, die solliche leith begehren, registriert werden sollten. Zu den weiteren Dienstleistung zählte die Wohnungsvermittlung: Wan frembde leuth herkhomen undt wollten gern auf ein Zeit ein khost oder mobiliertes Zimmer haben, so könnten sie dieses zugewiesen bekommen.16
Darüber hinaus schlug Sumaran vor, dass die Fragstube die Funktion eines Debattierklubs, wenn nicht gar einer Akademie übernehmen könnte: [A]llerley sprachen und freye künsten sollten dort ausgeübt werden, und wöchentlich sollte eine Diskussion über eine der neuen Nachrichten veranstaltet werden. Jeder – insbesondere geschikte, wollgeraiste undt belesene leüth – sollte seine Meinung sagen können und dabei von niemanden ausgelacht werden. Der discurs sollte aufgeschrieben werden und bei der Fragstube verbleiben. Dies wäre durchaus mit den Vorträgen des Pariser Vorbildes vergleichbar gewesen, die ebenfalls wöchentlich abgehalten wurden und anschließend in Druck erschienen. Außerdem kann die Fragstube als Nachrichtenbörse betrachtet werden, in der allerley Zeittungen zu erfindten und zu erfahren wären, da man dort von allen möglichen Orten correspondenzen und particularien empfangen würde.17 – Die erwähnten Angebote deckten nicht alle Dienstleistungen ab, die Sumaran anzubieten gedachte; vill anderer dergleichen nutzbarkheiten würden durch die Fragstuben dem gemainen Wesen zu guetten khommen, allein, es fehlte Sumaran an Platz, diese näher auszuführen.18
Ausreichend Raum nehmen in Sumarans Plan allerdings Beschuldigungen gegen die traditionellen Mittler von Dienstleistungen ein: Durch seine Einrichtung könnten schedlich[e] Partitamacher (d.h. Geschäftemacher)19 sowie allerley herumbstertzende Juden, undt Landtlauffer, die khein Gewerb treiben oder alhie hausgesessen sein, abges[c]haft20 werden; in seinem Adressbüro sollte kein Wucher, wie ihn ansonsten Juden undt Christen pflegen, betrieben werden.21 Außerdem würde sein Angebot den Zwischenhandel ausschalten und sich gegen Unterhandler und leitbetrieger richten.22 Insbesondere abgesehen hatte es Sumaran auf die schädlichen Zubringerinnen, d. h. Dienstbotenvermittlerinnen – ein dekhmantl alles Übels –, bei denen sich allerlei gesindl aufhalte und die in den Häusern hin und her liefen, Frauen, Töchter und Mägde verführten, einen Dienst anzunehmen und bald wieder aufzugeben. Diese könnten nun in ihrer Tätigkeit eingeschränkt werden, da mittels des Protokolls der Arbeitssuchenden niemand anderer als ein Zetl die arbeitssuchende Person an die Dienststelle vermitteln würde.23
Sumarans Vorschlag wurde abgelehnt, da die theologische Fakultät der Universität Wien ihn negativ begutachtete: Sie stellte zum einen Sumarans universitären Status als Professor der Sprachen in Frage, da diesen nur jene, die Hebräisch oder Griechisch lehrten, in Anspruch nehmen könnten; zum anderen behauptete sie, dass zwischen den Universitätsangehörigen und dem Vorsteher der Fragstube Zwist und Streitigkeiten zu befürchten wären und dass das aus der Vermittlungstätigkeit erzielte Einkommen nicht dem Staat, sondern nur dem Vorsteher zu Gute kommen würde. Als weiteres Argument führte die Fakultät an, dass die traditionell mit Arbeitsvermittlung beschäftigten Agenten und Agentinnen um ihren Verdienst gebracht und daraus Hass und Missgunst erwachsen würden. Auch wurde befürchtet, dass die Tätigkeit der Verkaufsagentur zu Betrügereien führen könnte, da potenzielle Verkäufer sich unter falschen Namen in die Register einschreiben lassen könnten. Überhaupt wäre es unwahrscheinlich, dass ein und dieselbe Institution ein so breites Spektrum an Dienstleistungen anbieten könnte; vielmehr würde eine solche Fragstube einer Chymäre gleichen. Und schließlich bestünde in der Fragstube eine Gefahr für die Seelen dadurch, dass dort Dienstboten und Dienstmädchen mit Herrschaften und Damen so häufig zusammenkämen. In ihrer Ablehnung verstieg sich die Fakultät sogar soweit, die Fragstube als „Zuchtstätte der Sünde“ (seminarium peccatorum) zu bezeichnen.24 – Diese negative Haltung der theologischen Fakultät belegt, als wie anstößig die potenzielle Einrichtung einer Vermittlungsstätte, in der die verschiedenen Klassen der Gesellschaft aufeinandertrafen, wahrgenommen wurde. Die Beschwerden über die traditionellen MittlerInnen waren zwar vorhanden, reichten jedoch nicht aus, die fragstube als wünschenswerte Alternative dazu aufzubauen; nicht zuletzt wurde sie in ihrem Bestreben, Aufgaben einer Akademie zu übernehmen, als Konkurrenz zur Universität wahrgenommen.25

1 Wippich-Roháčková, Katrin: „Der Spannisch Liebende Hochdeutscher“. Spanischgrammatiken in Deutschland im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Hamburg: Buske, 2000, S. 85.
2 Pölnitz, Götz (Hg.): Die Matrikel der Ludwig-Maximilians-Universität Ingolstadt-Landshut-München. Teil I, Bd. 2, 1. Halbband: Ingolstadt 1600–1650. München: J. Lindauersche Universitätsbuchhandlung, 1939, Sp. 238.
3 Bruzzone, Barbara: Fremdsprachen in der Adelserziehung des 17. Jahrhunderts: Die Sprachbücher von Juan Angel de Sumarán, in: Glück, Helmut (Hg.): Die Volkssprachen als Lerngegenstand im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Akten des Bamberger Symposions am 18. und 19. Mai 2001 Berlin/New York: Walter de Gruyter, 2002, S. 37–45, hier 37.
4 Sumaran, Juan Angel de: Nothwendiger aber doch kurtzer Underricht für die Teutschen welche begeren Italienisch zu lernen. o. O.: o. V., 1620. Strahovská knihovna, Prag, Signatur AC XIV 92.
5 Gall, Franz/Paulhart, Hermine (Bearb.): Die Matrikel der Universität Wien. 4. Band: 1579/II–1658/59. Wien/Köln/Graz: Böhlau, 1974, S. 115.
6 Wippich-Roháčková, „Hochdeutscher“, S. 85 f.
7 Corvo Sánchez, María José: Los libros de lenguas de Juan Ángel de Zumaran. La obra de un maestro e intérprete de lenguas español entre los alemanes del siglo XVII. (=Saarbrücker Beiträge zur Sprach- und Translationswissenschaft; 12). Frankfurt am Main: Peter Lang, 2007, S. 41.
8 Gall/Paulhart (Bearb.), Matrikel, 4. Band, S. 151.
9 Corvo Sánchez, María José, libros, S. 52; Faksimile dieser Grammatik in: Messner, Dieter: Los manuales de español impresos en Viena en el siglo XVII. 2 Bände. Salzburg: Institut für Romanistik der Universität Salzburg, 2000, S. 1–494.
10 Pölnitz (Hg.): Matrikel, Teil I, Bd. 2, 1. Halbband, Sp. 484.
11 Das Testament letzterer liefert keine weiteren Informationen zu Johannes Angelus de Sumaran: Österreichisches Staatsarchiv, Wien (ÖStA), Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), Obersthofmarschallamt (OMaA), Akten, Kt. 625, Testamente 1636-1670, Testament von Sumaran Catharina, 26.6.1655.
12 Freundliche Auskunft von Katrin Keller per E-Mail, 17.7.2008; vgl. Keller, Katrin/Catalano, Alessandro (Hg.), Die Diarien und Tagzettel des Kardinals Ernst Adalbert von Harrach (1598–1667). Wien/Köln/Weimar: Böhlau, 2010, Bd. 2, S. 196, 208, 217–219, 297.
13 [Anonym:] Zur Geschichte des Wiener Fragamtes, in: Wiener Communal-Kalender und städtisches Jahrbuch, 31.1893, S. 419–426. Die in diesem Aufsatz zitierten Dokumente, die Karl Schrauf, ein Mitarbeiter des Haus-, Hof-, und Staatsarchivs im Universitätsarchiv Wien (UAW) ausfindig gemacht hatte, konnten dort in den 1980er Jahren von Manfred Bobrowsky nicht aufgefunden werden: Bobrowsky, Manfred: Das Wiener Intelligenzwesen und die Lesegewohnheiten im 18. Jahrhundert. Wien: Dissertation an der Universität Wien (ungedruckt), 1982, S. V. Dank Thomas Maisel (UAW) konnten sie wieder lokalisiert werden: UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 289,r–291a,r; f. 291b,v–292b,v, Einträge vom 27.10.1636 und 23.11.1636. Der dort in Form einer Abschrift überlieferte Text weicht geringfügig von dem im Wiener Communal-Kalender abgedruckten ab, es könnte daher sein, dass Schrauf die Originaldokumente zur Verfügung standen.
14 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 291a,r.
15 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 289,v–290,r
16 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 290,v.
17 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 290,r.
18 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 291a,r.
19 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 289v.
20 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 290v.
21 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 290r.
22 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 291a,r.
23 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 290,v–291a,r.
24 UAW, Kodex Th 16: Acta Facultatis Theologicae IV 1567–1666, f. 292a,r–v.
25 Vgl. auch Blome, Astrid: Vom Adressbüro zum Intelligenzblatt – Ein Beitrag zur Genese der Wissensgesellschaft, in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte, 8.2006, S. 3–29, hier 9.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/49616282/

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