Gottvertrauen zwischen Fronterfahrung und Kriegsalltag.


Der Glaube unter dem Einfluss des Ersten Weltkrieges

Sarah Hinrichsmeyer

Feldpostbriefe eröffnen uns Einblicke in die persönlichsten Gedanken der Soldaten, so auch in ihren Glauben. Sie berichten immer wieder von Besuchen des Feldgottesdienstes, der Aufforderung zum Gebet oder der Hoffnung auf Gottes Wirken, das ein Ende des Krieges herbeibringen soll. Denn der Glaube des Einzelnen wurde durch diesen stark herausgefordert: Manch einer entfernte sich, bei anderen intensivierte er sich. Der Historiker Gerd-Walter Fritsche, der sich intensiv mit dem Thema Religiosität in Feldpostbriefen auseinandergesetzt hat, schildert beispielsweise eine Marienerscheinung eines Soldaten, der sich daraufhin in seinem religiösen Verhalten grundlegend veränderte.[1] Er erlangte eine Ausgeglichenheit, die in einem deutlichen Kontrast zu der zuvor dominierenden Kriegsangst stehe. Auch in den Feldpostbriefen August Jaspers an seine Frau finden sich Formulierungen, die den Erkenntnissen Fritsches entsprechen. Jasper selbst wird Zeuge, wie sehr der Krieg den Glauben des Einzelnen verändern kann:

„Er [Gott] ist doch bisher unser Schutz und Schirm gewesen, und darum werden wir ihn auch ferner bitten. Liebes Herz, wie mancher ist hier im Kriege doch schon zu einem kindlichen Gottvertrauen gekommen, der vorher an nichts glauben wollte.

[...]

Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/418

Weiterlesen

August Jasper: Die Geschichte eines einfachen Soldaten im Ersten Weltkrieg

Larissa Gogoll und Jana Uphaus

Die Briefe August Jaspers an seine Frau Bernhardine zeigen uns, wie sich der Kriegsalltag eines einfachen Soldaten darstellte. Jasper hatte 1908/9 in Köln und Minden seinen Militärdienst absolviert und war 1912 noch einmal zu einer Reserveübung in Köln. Doch ist er weder General noch Offizier, er ist vielmehr einer jener vielen tausend Soldaten, deren Geschichten meist nicht bekannt wurden. Gerade das macht die Beschäftigung mit seinen zahlreichen an seine Frau adressierten Briefen für die Wahrnehmungsgeschichte des Ersten Weltkrieges so interessant.

Jasper, am 25. April 1886 geboren, heiratet am 25. November 1910 Bernhardine „Dina“ Hunsche. Während des Krieges ist sie für ihn der elementare Kontakt in die Heimat, die ununterbrochene Verbindung zu seinem Heimatort Kattenvenne im Tecklenburger Land.

[...]

Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/119

Weiterlesen

„Teile mit das ich auf der Fahrt bin, […] es wird wohl nach Osten gehen“.


Heinrich Echtermeyers Einsatz an der Ostfront des Ersten Weltkrieges

Max Möllering

Familie Echtermeyer
Heinrich Echtermeyer (sitzend) im Kreis seiner Familie – Fotografie aus Familienbesitz

Als der aus dem westfälischen Halverde stammende Landwirt Heinrich Echtermeyer im Mai 1916 als Landsturmmann[1] in das deutsche Heer eingezogen wird, dauerte der Erste Weltkrieg bereits fast zwei Jahre. Aus dem anfänglichen Bewegungskrieg war an den meisten Kriegsschauplätzen ein „Stellungskrieg“ geworden. Auch im Osten, wo die Kriegsführung zunächst schon allein durch den höheren Materialeinsatz, die großen Distanzen und die schiere Länge der Grenze auf großflächige Operationen ausgelegt war, war die Front inzwischen zunehmend erstarrt. Der ursprüngliche Plan des deutschen Oberkommandos, zunächst Frankreich in wenigen Wochen zu besiegen und sich sodann mit allen Kräften Russland zuzuwenden, war schnell gescheitert. Der erhoffte Durchbruch im Westen war ausgeblieben, das verbündete Österreich-Ungarn wiederum hatte in der Schlacht um Galizien und der anschließenden Gegenoffensive in den Karpaten Anfang 1915 so hohe Verluste erlitten, dass eine deutsche Intervention erforderlich geworden war. Gemeinsam gelang es den verbündeten Streitkräften im Laufe des Jahres zwar, die russische Front zu durchbrechen und so weit in das Hinterland des Zarenreiches einzudringen, dass die russische Führung sich dazu genötig sah, den „Großen Rückzug“[2] zu befehlen, doch hatte sich mit dem Herbst 1915 die Front stabilisiert. Zudem wurden immer mehr deutsche Truppen für den bevorstehenden Angriff auf Verdun abgezogen.

Der zu diesem Zeitpunkt bereits 41-jährige Heinrich Echtermeyer, der zwischen 1909 und 1911 seinen Wehrdienst in der 5.

[...]

Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/102

Weiterlesen

Taggen zur Organisation persönlicher Daten birgt Frustrationspotential


In diesem Experiment von Qin Gao wurden 40 Probranden bezüglich ihrer Leistung, Arbeitsbelastung und Gedächtnisleistung untersucht. Hierzu sollten Sie ein Organisations-Schema aufbauen und 38 Texte (Artikel) in einer Kategorisierungs- oder Tagging-Aufgabe organisieren. Dabei wurde die Zeit gemessen, die sie dafür benötigten und mittels eines Fragebogens ihre Zufriedenheit. In einem späteren Interview wurden die Teilnehmer nach ihren Gewohnheiten zu ihrem persönlichen Informationsmanagement befragt.

Die Ergebnisse für die Organisation von Informationen sind wie folgt:

Die Tagging-Teilnehmer berichteten eine höhere Arbeitsbelastung und Frustration als die Kategorisierungs-Teilnehmer. Das dürfte daher rühren, dass die Nutzer verschiedene Ziele mit ihren Tags erreichen möchten (Selektion von Tags für diverse Gelegenheiten führt zu mehr Tags; unterschiedliche Ebenen der Spezifität werden mit Tags bezeichnet, Beschreibung von verschiedenen Perspektiven des Inhalts), dies aber nicht immer schaffen, da sie beim Taggen gegen eigene Regeln verstoßen und somit Konsistenz nicht immer erreichen können.

Die Ergebnisse in der Information-Retrieval-Aufgabe

In dieser Aufgabe geht es um das Wiederfinden von Information, die zuvor organisiert wurde. Es wurden keine großen Unterschiede zwischen beiden Gruppen (Tagging/Kategorisierung) in der Bearbeitungszeit gemessen, allerdings gab es einen signifikanten Unterschied in der Fehlerrate. Die Fehlerrate der Tagger war höher als die der Probanden, die die Informationen über eine Ordnerstruktur wiederfinden sollten. Dafür gibt es folgende Gründe:

  • Ein Ordnersystem erlaubt im Gegensatz zum Tagging-System eine systematische und erschöpfende Suche, da vom Allgemeinen zum Besonderen gesucht werden kann.
  • Der Mangel einer klaren Struktur und die Schwierigkeit, die Konsistenz eines Tagging-Systems bewahren zu wollen, trägt zur höheren Fehlerrate bei.

Idealerweise können Tagging-Nutzer jeden Artikel mit zwei Klicks erreichen (einen Klick für den Tag, einen für den Artikel), was häufig weniger Klicks erfordert, als die Information in einem hierarchischen Ordnersystem wiederzufinden. Allerdings zeigten die Ergebnisse, dass die Gesamtzahl der Klicks, die ein Tagging-Nutzer für die Retrieval-Aufgabe benötigte, ähnlich zu der der Ordner-Nutzer war. Dies ist mit der hohen Fehlerrate beim Taggen verbunden, die den Vorteil der flachen Struktur aufhebt. Deshalb zeigen die Ergebnisse, dass es beim Taggen keine signifikante Reduktion in der Anzahl der Klicks gibt.

Die Tagger empfanden einen höheren Zeitdruck, als die Teilnehmer, die Ordner verwendeten. Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass Retrieval-Aufgaben mehr kognitive Ressourcen von Tagging-Teilnehmern erfordern, als von Nutzern des hierarchischen Systems.

Der Vergleichstest für die Gedächtnisleistung zeigte, dass Tagger dazu tendierten, ein besseres Gedächtnis für das getaggte Material zu haben, als die Kategorisierungs-Teilnehmer, obwohl der Unterschied nicht signifikant war.

Sowohl in der Organistations- als auch in der Retrieval-Aufgabe wurden keine signifikanten Unterschiede in der Nutzerzufriedenheit zwischen beiden Gruppen festgestellt.

Obwohl die Tagger bei Organisationsaufgaben mehr Frustration zeigten, da ihnen klar war, dass sie Inkonsistenzen nicht vermeiden konnten, zeigten sie sich ähnlich zufrieden, wie die Ordner-Nutzer. Das könnte meiner Meinung nach mit dem sog. „Spreading-apart-Effekt“ begründet werden: Nach schwierigen Entscheidungen wird die gewählte Alternative aufgewertet und die nicht gewählte abgewertet (siehe hierzu auch Kognitive Dissonanz), so dass das zunächst empfundene Frustrationsgefühl dadurch verdrängt wird.

Fazit: Taggen ist kognitiv aufwändiger als Informationen in einem hierarchischen System zu verwalten. Vereinfacht kann man sagen, dass der Nutzer beim Taggen leicht den Überblick verliert; er kann letztlich seine Daten nicht „perfekt“ verwalten; seine Tags sind inkonsistent.

Meine Erklärung dafür ist, dass wir evolutiv bedingt stark in Kategorien denken und alles sofort darin einteilen. Das ist ein Mechanismus, der uns Menschen überlebensfähig macht. Tags überfordern uns in gewisser Weise. So schnell, wie sich die Technik ändert und neue Möglichkeiten schafft, können wir uns aber nicht anpassen. Gao stellt daher fest, dass die Frage nicht lauten darf: „Wird Tagging die Kategorisierung von Daten ersetzen?“, sondern lauten muss: “ Wie kann Tagging zusätzliche Informationen zur Kategorisierung bereitstellen?“

Die Vorteile, beide Systeme miteinander zu verbinden, dürfte die Lösung sein, damit der Nutzer seine kognitiven Leistungen zu einem höheren Grad ausnutzen kann.

Literatur:

Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

Quelle: http://games.hypotheses.org/843

Weiterlesen

Den Taggingprozesses verstehen: Wie und warum taggen Nutzer persönliche Daten?

In der Tagging-Studie Qin Gaos [1] geht es um das Taggen von persönlicher Information. Im Zentrum dieser HCI-Studie steht der Mensch und die Auswirkungen des Tagging-Vorgangs auf dessen Leistung, Arbeitsbelastung, Gedächtnis und Konsistenz der Wortwahl.

Bezüglich des kognitiven Prozesses beim Taggen von Bildern habe ich bisher keine Studien gefunden. Deshalb schaue ich mir diese hier genauer an,

  • um den kognitiven Prozess und Vorgang des Taggens allgemein zu verstehen,
  • um festzustellen, welche kognitiven Leistungen Taggen erfordert und
  • ob es ggf. Punkte gibt, die zumindest teilweise Rückschlüsse auf das Taggen von Bildern in Bilddatenbanken zulassen.

Die mir interessant erscheinenden Aussagen habe ich grün ausgezeignet und gehe darauf im letzten Abschnitt ein.

Gao erstellte zuerst eine Pilot-Studie (S. 829-834), in der 6 Teilnehmer über ihre Erfahrungen introspektiv und in Interviews darüber berichteten, warum und wie sie Tags für Webseiten selektieren. Diese Pilot-Studie gibt einen detaillierten Einblick in den Vorgang des Taggens:

Warum taggen Nutzer persönliche Daten; was ist ihre Motivation?

Alle Teilnehmer berichteten, dass sie zu ihrem persönlichen Nutzen taggen würden. Vier Teilnehmer sagten aus, dass sie anders taggen würden, wenn sie berücksichtigen, dass sie die Tags mit anderen teilen. In diesem Fall würden sie allgemeinere Begriffe wählen und ad hoc –Definitionen vermeiden. Ein Teilnehmer, der regelmäßig taggt, erwähnte, dass er abschätzen würde, welche möglichen Schlagworte andere verwenden würden, wenn diese nach dem Inhalt suchen würden. Dieser Teilnehmer verwendete die meisten Tags von allen Teilnehmern und taggte jede Webseite mit vier bis sieben Schlagworten.

Bei den Teilnehmern erfüllte Taggen zwei Hauptfunktionen: das zukünftige Auffinden von Dateien sollte erleichtert und der Inhalt von Informationen annotiert werden. Die meisten Teilnehmer waren sich dieser beiden Funktionen bewusst: “Einige Tags sind für das Wiederfinden, andere zum Lesen (um eine Vorstellung davon zu bekommen, worum es geht). Zwei Teilnehmer gaben explizit an, dass sie Tags sowohl als Kategorie als auch als Schlagwort benutzten, wobei sie zugaben, dass diese Erkenntnis post hoc reflexiven Ursprungs ist und dass sie diese zwei Typen von Tags im täglichen Gebrauch nicht absichtlich unterschieden.

Taggen, um Information später wiederzufinden

Vier Teilnehmer befanden, dass die Verwendung von Tags, die Treffgenauigkeit des Auffindens von Informationen – im Vergleich zur Kategorisierung und allgemeiner Stichwortsuche – erhöhen kann. Es hängt davon ab, wie gut es dem Nutzer möglich ist, sich an die Tags die er/sie benutzt hat, wieder zu erinnern. Von den Teilnehmern wurden zwei Verfahren angewandt, um das spätere Wiederauffinden zu vereinfachten: die Erhöhung der Tag-Konsistenz und die Verringerung der Tag-Redundanz. Alle Teilnehmer stimmten überein, dass sie so weit wie möglich, bereits vorhandene Tags wiederverwenden würden, um die Konsistenz von Tags zu erhöhen. Dazu entwickelten sie eigene Regeln:

  • So wurde z.B. der Dateityp als Tag verwendet: “video“ für bewegte Bilddateien oder „media“ für Informationen in Schriftform.
  • Es wurden Tags wie „fun“ oder „interesting“ verwendet, wobei die Teilnehmer berichteten, dass ihnen klar sei, dass diese Tags für andere nicht verständlich sind und nur für sie selbst Bedeutung hätten.
  • Es wurden Tags erstellt, die verschiedene kategoriale Ebenen vermischten, wie „politics“ und „domestic politics“.

Regeln widersprachen sich und nur wenige Teilnehmer konnten sie konsistent anwenden. In allen introspektiven Berichten, in denen selbst erstellte Regeln erwähnt wurden, bemerkten die Teilnehmer, dass die Auswahl von Tags mit ihren persönlichen Regeln kollidierte.

Obwohl die Teilnehmer sich der Inkonsistenz ihrer Tags bewusst waren, waren sie nur widerstrebend dazu bereit, ihre Tags „aufzuräumen“. Nur eine Versuchsperson – ein Novize – änderte bei Konflikten seine Tags sofort. Alle fortgeschrittenen Nutzer betrachteten es als unmöglich, alle ihre Regeln konsistent anzuwenden und akzeptierten das als gegeben. Ein Teilnehmer berichtete, dass er größere Inkonsistenzen bereinigen würde, wenn er es für nötig befand; der Rest der Versuchspersonen erklärte, dass er oder sie nie oder sehr selten Änderungen an den verwendeten Tags vornehmen würde. Zwei der Teilnehmer würden es tun, gäbe es dafür geeignete Werkzeuge.

Taggen, um Inhalt zu annotieren

Taggen ist auch ein Weg, das Verständnis des Inhalts auszudrücken oder eine Zusammenfassung des Inhalts zu geben. Spezielle Tags wie „ChildMp3“ oder „ToyMp3“ beschreiben die Charakteristika des Inhalts einer Website und halfen einem Teilnehmer, schnell eine Vorstellung vom Inhalt einer Liste zu erhalten, ohne jeden Link anklicken zu müssen. Ein anderer Teilnehmer nannte solche Tags „Tags zum Lesen“. Zwei Teilnehmer fanden diese Art von Tags nützlich, um den Wert bzw. die Interessantheit des getaggten Inhalts zu verdeutlichen und eine persönliche Perspektive hinzuzufügen, wenn sie den Inhalt mit anderen teilen wollten. Die meisten Teilnehmer waren der Auffassung, dass sie solche Tags nicht für das Wiederfinden verwenden würden, weil sie sich nicht an die genauen Tags erinnern könnten.

Kriterien für die Auswahl von Tags:

  • Die Wahrscheinlichkeit, Tags zur späteren Organisation von Information wiederzuverwenden. „Wenn ich Tags vergebe, hoffe ich, dass ich sie später wiederverwenden kann. Wenn ich einen Tag, lange Zeit nachdem ich ihn nur einmal einem Inhalt hinzugefügt habe, sehe, denke ich, dass er unnütz ist und ich versuche ihn zu löschen oder ich kombiniere ihn mit Tags, die ich öfter verwendet habe. Aber ich habe nicht die Zeit, das [Aufräumen] regelmäßig zu machen.“
  • Die Wahrscheinlichkeit, eine Information später wiederzufinden. Alle Teilnehmer berichteten, dass sie bei der Auswahl von Tags daran dachten, wie die Information verwendet wird (temporäres Projekt, langfristiges Interesse, allgemeine Referenz). Bedenken bezüglich des Kontextes, in dem die Information gefunden wird, hatte direkten Einfluss auf die Tag-Auswahl. Ein Teilnehmer berichtete, dass er beim Taggen an die möglichen Begriffe dachte, die er bei der Suche nach der Information verwenden würde.
  • Zentralität und Beschreibbarkeit des Inhalts: Die meisten Teilnehmer fanden zentrale Tags, die den Inhalt gut beschreiben, so wichtig, dass sie diese verwendeten, auch wenn sie nicht in ihr organisatorisches Schema passten: „Ich habe „Athen“ vorher noch nicht verwendet, und ich denke, ich werde später auch keinen Inhalt hinzufügen. Aber es ist zu wichtig und beschreibt den Inhalt genau.“
  • Minimierung des Aufwands, Tags zu generieren oder sich daran zu erinnern:Einige Teilnehmer verwendeten verschiedene Verfahren, den kognitiven Aufwand zu minimieren, um Tags zu generieren oder sich an sie zu erinnern.
    • Zwei Teilnehmer kopierten und fügten Worte von der Website als Tags zur Tag-Liste hinzu,
    • drei Teilnehmer verwendeten Schlüsselwörter, die bereits vom Autor als Tag-Referenz vergeben wurden.
    • Einer der drei Teilnehmer berichtete, dass er, bevor er ein Tag vergibt, zunächst aktiv nach diesem Schlagwort suchen würde.
    • Teilnehmer minimierten den Aufwand, sich an Tags zu erinnern, indem sie vertraute Begriffe verwendeten. Lag die Thematik einer Webseite außerhalb ihres gewohnten Wortschatzes, verwendeten sie vertraute Ausdrücke, auch wenn dies zu einer unpräzisen Beschreibung führte. Vor unbekannten Begriffen hatten sie Bedenken: “Ich muss auf den ersten Blick erkennen können, was meine Tags bedeuten und was sie beinhalten.“
    • Konsistenz mit dem eigenen Tagging-Muster. Alle Teilnehmer waren bezüglich der Tagging-Konsistenz skeptisch und verwendeten verschiedene persönliche Heuristiken (z.B. Wiederverwendung von Tags, Ad hoc Tagging-Regeln, Einschränkung der Ebene der Spezifität), um ihre Tagging-Konsistenz zu verbessern.

Zwischen den Kriterien gab es häufig Konflikte. Z.B. wurden zentrale Worte nicht wiederverwendet. Während des Tagging-Prozesses wurden verschiedene Kriterien verwendet. Obwohl die Versuchspersonen in ihrem Tagging-Muster Konsistenz bewahren wollten, waren sie sich der Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit ihres Tagging-Schemas bewusst: “Auch wenn ich einige Erfahrung beim Taggen habe, ist mein Tagging-Prozess doch häufig willkürlich. Manche Schlagwörter fallen mir spontan ein, nachdem ich den Inhalt gelesen habe, und ich verwende einige von ihnen als Tags. Ich kann mir nicht einmal selbst erklären, warum ich einmal ein Wort als Tag selektiere und ein anderes Mal nicht.“ Doch sie zögerten, ihre Regeln zu verfeinern. Zwei Teilnehmer berichteten, dass sie ein paar „große“ (engl. original “big”) Tags verwenden würden, um die Konsistenz zu verbessern, aber sie fanden heraus, dass dies zu einer langen Liste unter jedem „großen“ Tag führte, was die Effizienz der Informationssuche reduzierte.

Dieser Pilot-Studie kann man entnehmen, dass Taggen Mühe macht. Es erfordert einen nicht unerheblichen kognitiven Aufwand, besonders wenn es darum geht, auf Konsistenz und Redundanz der Tags zu achten. Trotzdem führt es zu Konflikten. Folgende Aussagen, zu denen ich einige Bemerkungen hinzugefügt habe, sind mir aufgefallen:

  • ... dass sie anders taggen würden, wenn sie berücksichtigen, dass sie die Tags mit anderen teilen
    Es macht einen Unterschied, ob Nutzer für den eigenen Gebrauch oder für die Öffentlichkeit taggen.
    • Welchen Unterschied gibt es im Tagging-Verhalten beim Nutzer, der Tags über eine Spieloberfläche eingibt und einer Anwendung ohne Gamification?
    • Wie wirkt sich eine als Spiel konzipierte Tagging-Anwendung (z.B. Brooklyn Museum und ARTigo) auf die Generierung von Tags beim Spieler aus?
    • Falls es dabei Unterschiede gibt: Wie kommen sie zustande?
  • Ein Teilnehmer, der regelmäßig taggtverwendete die meisten Tags von allen Teilnehmern
    Es gibt Übungseffekte. Wo liegt ihr Nutzen?
  • … bereits vorhandene Tags wiederverwenden würden…,
  • Konsistenz mit dem eigenen Tagging-Muster.
    Anwender haben ihr Tagging-Muster (Patterns), die ihnen eigene Art zu taggen, Dinge zu benennen, Worte dafür zu wählen. Wenn Anwender über Patterns verfügen, dann müssten auch andere Objekte, wie Künstler, Bilder, Stilepochen etc. ihr Pattern haben.
  • Gibt es Unterschiede im kognitiven Aufwand beim Taggen von Bildern? Falls ja: welche Tags erfordern viel, welche weniger Aufwand? Da ein Aufwand immer eine Hürde bedeutet: Was muss man tun, damit der Anwender diese Hürde überspringen kann?

[1] Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

 

Quelle: http://games.hypotheses.org/810

Weiterlesen