Die digitale Herausforderung im Spiegel der aktuellen deutschen Archivgesetzgebung

Palais_Sickingen_3Wie ist  ist bzw. wie wird in der Archivgesetzgebung der Länder verankert, dass auch digitale Unterlagen als Archivgut an zusehen sind und dementsprechend zu behandeln sind? Mit dieser wichtigen Thematik hat sich Martins Wiech vom LAV NRW beim Deutsch-Niederländischen Archivsymposium im Herbst 2013 beschäftigt. Auch dieser Beitrag wurde in der letzten Archivpflege 80/2014 veröffentlicht.

heft 80 - 01-2014 - seiten001-068.indd

Die digitale Herausforderung im Spiegel der aktuellen deutschen Archivgesetzgebung

von Martina Wiech

„Variatio delectat?“ Mit dieser Frage hat Rainer Polley 1991 einen Aufsatz überschrieben, in dem er die bis dahin erlassenen Archivgesetze des Bundes und der Länder verglich.[1] Die Landschaft der deutschen Archivgesetze ist in der Tat sehr vielfältig, zumal dann, wenn man neben den staatlichen Gesetzen des Bundes und der Länder auch noch die archivrechtlichen Bestimmungen der Kirchen mit in den Blick nimmt. Allen gemeinsam ist die Entstehung in den 80er- und 90er-Jahren sowie ihre generelle Konstruktion als Spezialgesetze zur Datenschutzgesetzgebung. Diese entwickelte sich in Deutschland vornehmlich in Reaktion auf das 1983 vom Bundesverfassungsgericht als Grundrecht anerkannte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die staatlichen Archivgesetze des Bundes und der Länder, auf die sich dieser Beitrag konzentriert, traten zwischen 1987 (Baden-Württemberg) und 1997 (Mecklenburg-Vorpommern) erstmals in Kraft. Sie entstammen damit einer Zeit, der elektronische Unterlagen grundsätzlich nicht fremd waren. So erwähnte das nordrhein-westfälische Archivgesetz vom 12.6.1989 in § 3 Abs. 4 etwa „programmgesteuerte mit Hilfe von ADV-Anlagen geführte Datenbestände“.[2] Dem damaligen Erfahrungshorizont entsprechend hatte man dabei aber wohl überwiegend in Rechenzentren betriebene Datenbanken und Großrechnerverfahren im Blick. Der Siegeszug der PCs in den öffentlichen Verwaltungen setzte in den Anfangsjahren der deutschen Archivgesetzgebung gerade ein. E-Government und Internet dagegen waren für den Alltag der öffentlichen Verwaltungen in den „Kindertagen“ der deutschen Archivgesetze noch lange ferne Zukunftsmusik.

In größerem Umfang begann man im deutschen Archivwesen seit Ende der 90er-Jahre einen Anpassungsbedarf der Archivgesetze an veränderte Rahmenbedingungen zu konstatieren.[3] Die Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (ARK), das zweimal jährlich tagende Koordinierungsgremium der staatlichen Archivverwaltungen in Deutschland, erkannte den Regelungsbedarf. Sie beauftragte deshalb im März 2001 ihre Arbeitsgruppen „Archive und Recht“ und „Elektronische Systeme in Justiz und Verwaltung“, ein Entwurfspapier mit Formulierungsvorschlägen für gesetzliche Regelungen zur Archivierung digitaler Unterlagen zu erstellen. Dieses 2003 von den Arbeitsgruppen fertig gestellte und 2004 von der ARK genehmigte Papier diente für die folgenden Novellierungen bestehender Archivgesetze als wichtige Richtschnur.[4] Die folgende Darstellung orientiert sich an den in den ARK-Empfehlungen beschriebenen Problemfeldern und stellt parallel dazu Beispiele für die Umsetzung in den in jüngster Zeit novellierten Archivgesetzen vor.

 

400_140-180_027

Was tun, wenn die Akte nur noch digital vorliegt?

Einen wichtigen Regelungsbedarf sahen die Verfasser der ARK-Empfehlungen in einer veränderten Legaldefinition des Unterlagenbegriffs. Die deutschen Archivgesetze definieren den Unterlagenbegriff über eine Aufzählung verschiedener Träger bzw. Speichermedien und Unterlagenarten. Die Aufzählung war zwar in vielen Archivgesetzen bewusst offen gelassen worden, und man hatte versucht, andere, noch unbekannte Speicherungsformen definitorisch zu erfassen. In der Praxis ergaben sich jedoch Anwendungsprobleme, insbesondere bei solchen Archivgesetzen, die den eng gefassten Begriff des „maschinenlesbaren Datenträgers“ verwendeten. Die Verfasser der ARK-Empfehlungen schlugen deshalb vor, die definitorische Umschreibung von Speicherform und Datenträger zu vermeiden, aber die bisherige beispielhafte Aufzählung beizubehalten, um den anbietungspflichtigen Stellen eine praktische Vorstellung der anzubietenden Unterlagen zu ermöglichen.

DVD_2Beispiele für die Umsetzung

§ 2 Abs. 1 Archivgesetz NRW[5]

„Unterlagen nach § 1 sind Urkunden, Amtsbücher, Akten, Schriftstücke, amtliche Publikationen, Karteien, Karten, Risse, Pläne, Plakate, Siegel, Bild-, Film- und Tondokumente und alle anderen, auch elektronischen Aufzeichnungen, unabhängig von ihrer Speicherungsform, sowie alle Hilfsmittel und ergänzenden Daten, die für die Erhaltung, das Verständnis dieser Informationen und deren Nutzung notwendig sind.“

§ 2 Abs. 1 Satz 2-4 Bremisches Archivgesetz[6]

„Unterlagen sind Aufzeichnungen unabhängig von ihrer Speicherform. Dazu gehören insbesondere Urkunden, Amtsbücher, Akten, Schriftstücke, amtliche Publikationen, Drucksachen, Karteien, Karten, Risse, Pläne, Plakate, Siegel, Bild-, Film- und Tondokumente. Unterlagen sind auch elektronische Aufzeichnungen sowie alle Hilfsmittel und ergänzenden Daten, die für die Erhaltung, das Verständnis dieser Informationen und deren Nutzung notwendig sind.“

 

Beratungskompetenz der Archive

Die meisten deutschen Archivgesetze sahen bereits 2004 die Beratung der Verwaltung zu Fragen der Schriftgutorganisation und/oder Bestandserhaltung als eine Aufgabe der Archive. Die Beratungstätigkeit wurde dabei jedoch vielfach als eine Kann-Aufgabe dargestellt und nicht spezifisch mit Blick auf die Konzeption und Einführung elektronischer Systeme formuliert. Dadurch konnte bei anbietungspflichtigen Stellen der Eindruck entstehen, dass sich die Beratungskompetenz der Archive auf die konventionelle Schriftgutverwaltung beschränke. Archive wurden häufig nicht oder zu spät in die Konzeption und Einführung von Systemen einbezogen. Die Verfasser der ARK-Empfehlungen schlugen daher die Einführung einer gesetzlichen Pflicht für die anbietungspflichtigen Stellen vor, das zuständige Archiv in die Entwicklung oder Fortentwicklung eines Systems einzubeziehen.

Beispiele für die Umsetzung

§ 3 Abs. 5 Archivgesetz NRW

„Im Rahmen seiner Zuständigkeit berät das Landesarchiv die Behörden, Gerichte und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes bei der Verwaltung, Aufbewahrung und Sicherung ihrer Unterlagen. Die obersten Landesbehörden stellen sicher, dass die anbietenden Stellen in ihrem Geschäftsbereich die in Absatz 4 genannten Austauschformate beachten. Das gilt sowohl bei der Planung, vor der Einführung und bei wesentlichen Änderungen von IT-Systemen, die zu nach § 2 Absatz 1 i.V.m. § 4 Absatz 1 anzubietenden elektronischen Dokumenten führen. Soweit hiervon ausnahmsweise abgewichen werden soll, ist bereits vor der geplanten Nutzung anderer Formate und Techniken Einvernehmen mit dem Landesarchiv zu erzielen, um die spätere Übernahme des Archivgutes sicherzustellen. Dies entfällt, wenn Formate oder Techniken eingesetzt werden, die nach einem Verfahren nach Artikel 91 c Absatz 2 GG (Länderübergreifende Standards) abgestimmt sind.“

§ 4 Abs. 3 Hessisches Archivgesetz[7]

„Das Hessische Landesarchiv berät die in § 2 Abs. 3 und 6 genannten Stellen im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen im Hinblick auf die spätere Archivierung. Diese Stellen beteiligen das Hessische Landesarchiv bei der Einführung und Änderung technischer Systeme zur Erstellung und Speicherung digitaler Unterlagen. Die Beratungstätigkeit erstreckt sich auch auf die nicht staatlichen Archive im Rahmen der Archivpflege.“

Übergabe von Datenbanken

Die Verfasser der ARK-Empfehlungen sahen zudem dringenden Regelungsbedarf hinsichtlich der Anbietung und Übernahme von Datenbankdaten. Zwar kannten einige Archivgesetze 2004 bereits „maschinenlesbar gespeicherte Informationen“ bzw. nannte das nordrhein-westfälische Archivgesetz die bereits erwähnten „mit Hilfe von ADV-Anlagen geführten Datenbestände“. Diese Definitionen waren jedoch viel zu eng und sahen zudem keine Regelungen für laufend geführte Datenbanken, insbesondere solche ohne Historie, vor. Die ARK-Empfehlungen schlugen daher vor, die grundsätzliche Anbietungspflicht auch für laufend geführte Datenbanken gesetzlich zu verankern, dabei jedoch die Übergabemodalitäten nicht abschließend gesetzlich zu regeln, sondern auf untergesetzliche Verwaltungsvorschriften zu verweisen.

Beispiele für die Umsetzung

§ 4 Abs. 1 Archivgesetz NRW

„Die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes haben dem Landesarchiv alle Unterlagen zur Übernahme anzubieten, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen. Die Anbietung erfolgt grundsätzlich nach Ablauf der Verwahrungs- bzw. Aufbewahrungsfristen. Unabhängig davon sind alle Unterlagen spätestens dreißig Jahre nach ihrer Entstehung dem Landesarchiv anzubieten, sofern keine anderen Rechtsvorschriften längere Aufbewahrungsfristen bei den anbietungspflichtigen Stellen festlegen. Dem Landesarchiv ist auf Verlangen zur Feststellung der Archivwürdigkeit Einsicht in die Unterlagen und die dazu gehörigen Hilfsmittel und ergänzenden Daten, die für das Verständnis dieser Information und deren Nutzung notwendig sind, zu gewähren. Elektronische Unterlagen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen, sind ebenfalls zur Archivierung anzubieten.“

 

§ 4 Abs. 3 Archivgesetz NRW

„Das Landesarchiv regelt die Anbietung und Übernahme von Unterlagen im Benehmen mit den anbietungspflichtigen Stellen.“

 

§ 9 Hessisches Archivgesetz

„Digitales Archivgut

(1) Bei der Übernahme von digitalen Unterlagen sind Auswahlkriterien und technische Kriterien, insbesondere das Format von Primär- und Metadaten und die Form der Übermittlung, von dem zuständigen Archiv mit Zustimmung der abgebenden Stelle vorab festzulegen.

(2) Bei digitalen Unterlagen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen, legt das zuständige Archiv die Form der Anbietung und die Zeitabstände der Übergabe mit Zustimmung der abgebenden Stelle vorab fest.“

 

§ 3 Abs. 2 Bremisches Archivgesetz

„Zur Übernahme anzubieten sind auch Unterlagen, die

[…]

3. elektronische Daten enthalten, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen.“

 

§ 3 Abs. 3 Bremisches Archivgesetz

„Art und Umfang der zu archivierenden Unterlagen können vorab zwischen dem Staatsarchiv und der abliefernden Stelle vereinbart werden. Für Datenbestände, die mit Hilfe von automatischen Datenverarbeitungsanlagen geführt werden, sind Art und Umfang sowie die Form der Übermittlung der zu archivierenden Daten vorab festzulegen. Datenbestände, die aus verarbeitungstechnischen Gründen vorübergehend vorgehalten werden, sind nicht anzubieten. […]“

 

Authentizität und Integrität der Unterlagen bis zur Übergabe bzw. von Übergabe an

Die ARK-Empfehlungen behandelten mit diesem Themenfeld einen Bereich, der nicht allein archivrechtlich zu regeln ist. Anforderungen an die Beweiskraft elektronischer Unterlagen vor wie nach der Übernahme ins Archiv sind Gegenstand anderer Gesetze und Normen (z.B. Signaturgesetz, TR-ESOR-Richtlinie, geplante Norm DIN 31647). Mit Blick auf die Archivgesetze erachteten die Verfasser der ARK-Empfehlungen solche Regelungen als notwendig, die den Archiven grundsätzlich die Migration elektronischer Unterlagen auf andere Träger und in andere, langzeitstabile Formate erlauben. Regelungen zur Erstellung von Ersatzmedien und zur Abweichung vom „Originalzustand“ enthielten bereits damals zahlreiche Archivgesetze. Die Diskussion um die 2003 vom sächsischen Rechnungshof geäußerte Empfehlung zur Ersatzdigitalisierung umfangreicher Teile des Archivguts zeigte jedoch die Ambivalenz derartiger Regelungen.[8] Hauptaufgabe der Archivgesetznovellierungen der letzten Jahre war es daher, im Gesetzestext sowohl die Möglichkeit zur Übertragung auf andere Träger und in andere Formate vorzusehen, die Entscheidung darüber jedoch ausschließlich an die archivfachliche Notwendigkeit solcher Maßnahmen zu knüpfen.

 

Beispiele für die Umsetzung

Kompaktusanlage_klein

Wie können elektronische Akten genauso sicher aufbewahrt werden wie Akten aus Papier?

 

§ 5 Abs. 2 Archivgesetz NRW

„Archivgut ist auf Dauer sicher zu verwahren. Es ist in seiner Entstehungsform zu erhalten, sofern keine archivfachlichen Belange entgegenstehen. Es ist nach archivfachlichen Erkenntnissen zu bearbeiten und vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen. […]“

 

§ 11 Abs. 2 Hessisches Archivgesetz

„Sofern es unter archivfachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist, können die öffentlichen Archive die im Archivgut enthaltenen Informationen auch in anderer Form archivieren und die Originalunterlagen ausnahmsweise löschen oder vernichten. Darüber ist ein Nachweis zu führen.“

Kosten der Übernahme

Die Verfasser der ARK-Empfehlungen erwarteten angesichts der für die Übernahme notwendigen Migrationen einen höheren Kostenaufwand als bei konventionellen Unterlagen. Kostenregelungen für die Anbietung und Übernahme von Unterlagen sind jedoch damals wie heute als Verwaltungsinnenrecht nicht gesetzlich geregelt. Archivgesetzlich müssen entsprechende untergesetzliche Vorschriften, die z. B. in Aussonderungsvorschriften enthalten sein können, allerdings durch eine klare Abgrenzung der Verantwortungssphären von anbietungspflichtiger Stelle und Archiv unterfüttert werden.

Beispiele für die Umsetzung

Archivgesetz NRW § 2 Abs. 3-5

„(3) Archivgut sind alle, gegebenenfalls nach Ablauf der Verwahrungs- bzw. Aufbewahrungsfristen in das Archiv übernommenen archivwürdigen Unterlagen im Sinne des § 1 Absatz 1 und Absatz 2.

(4) Zwischenarchivgut sind Unterlagen, deren Verwahrungs- bzw. Aufbewahrungsfristen noch nicht abgelaufen sind, deren Archivwürdigkeit noch nicht festgestellt wurde und die vom zuständigen Archiv vorläufig übernommen wurden. Das Verfügungsrecht verbleibt bei der abliefernden Stelle.

(5) Vorarchivgut sind Unterlagen, die dauerhaft aufzubewahren sind, oder deren Verwahrungs- bzw. Aufbewahrungsfristen noch nicht abgelaufen sind und die als archivwürdig bewertet und übernommen worden sind. Das Verfügungsrecht liegt bei dem zuständigen Archiv. Es gelten die Normen des Archivgesetzes.“

Verwaltungsvorschriften zum Niedersächsischen Archivgesetz[9]

„3.5 Die Kosten der erforderlichen Verpackung und Verschnürung des Archivgutes und des Transportes oder der postalischen Versendung zu dem im Landesarchiv jeweils zu-ständigen Staatsarchiv trägt die anbietungspflichtige Stelle. Bei elektronischen Unterlagen gilt dies entsprechend für die Kosten der Konvertierung bzw. Migration in das vom Landesarchiv vorgegebene Speicherformat und Speichermedium sowie für die Übermittlung dieser Unterlagen an das Landesarchiv.“

 

Bereitstellung von Findmitteln und Archivgut in öffentlich zugänglichen Netzen

Die bislang referierten ARK-Empfehlungen befassten sich auftragsgemäß nur mit Fragen der Anbietung und Archivierung von elektronischen Unterlagen, nicht jedoch mit neuen Fragestellungen auf dem Gebiet der elektronischen Bereitstellung von Archivgut. Ohne Zweifel hat sich aber der archivische Alltag auch durch neue Formen der Bereitstellung im Internet seit Inkrafttreten der ersten Archivgesetze Ende der 80er-Jahre enorm verändert. Die Retrokonversion und Digitalsierung von analogen Findmitteln und Archivgut sowie daraus resultierenden Möglichkeiten zur Bereitstellung von Findmitteln und digitalisertem Archivgut im Netz warfen neue rechtliche Fragen auf. Die ARK verabschiedete deshalb 2007 ein erneut von der Arbeitsgruppe „Archive und Recht“ erstelltes Gutachten, das sich ausführlich mit den Möglichkeiten und Grenzen der „Bereitstellung elektronischer Findmittel in öffentlich zugänglichen Netzen“ befasste.[10]

ArchiveNRW_Screenshot5.5.14

Stellt Findbücher bereit: ww.archive.nrw.de

Mit der Retrokonversion von Findmitteln und deren Präsentation im Internet rückte die Veröffentlichung erstmals stärker in den archivrechtlichen Fokus. Sie kann durch ihre Zielrichtung auf eine nicht näher spezifizierte allgemeine Öffentlichkeit von der archivrechtlichen Nutzung als einer individuellen, durch Antrag legitimierten Zugangsform unterschieden werden. Einige jüngere Archivgesetze benennen die Veröffentlichung von Archivgut deshalb explizit als Aufgabe der Archive und definieren deren Schranken. Im nordrhein-westfälischen Archivgesetz von 1989 fehlte eine solche Befugnisnorm noch, was 2005 vom Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu Recht bemängelt wurde.[11]

Beispiele für die Umsetzung

§ 8 Archivgesetz NRW

„Das Landesarchiv ist berechtigt, Archivgut sowie die dazugehörigen Findmittel unter Wahrung der schutzwürdigen Belange Betroffener zu veröffentlichen. § 6 Absatz 2 sowie § 7 Absatz 1 bis 4 gelten entsprechend.“[12]

§ 8 Abs. 1 Bremisches Archivgesetz

„Um der Öffentlichkeit den Zugang zu historischen und familienkundlichen Unterlagen zu ermöglichen oder zu erleichtern, ist das Staatsarchiv berechtigt, Archivgut, Reproduktionen von Archivgut und die dazugehörigen Findmittel im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben zu veröffentlichen. Durch die Veröffentlichung dürfen keine überwiegenden schutzwürdigen Belange Betroffener oder Dritter beeinträchtigt werden; insoweit sind insbesondere auch die Art, die Form und die Zugänglichkeit der Publikation zu berücksichtigen. § 7 gilt entsprechend.“

Interessant ist an dieser Stelle auch ein Blick auf vergleichbare Überlegungen im Kontext der Schweizer Archivgesetzgebung. Beat Gnädinger und Eliane Schlatter berichteten 2012 auf der Frühjahrstagung der Fachgruppe 1 des VdA in Speyer über ein neues Schutzfristenmodell für den Kanton Zürich.[13] Dieses sieht absolute Schutzfristen zwischen 30 und 120 Jahren nach Entstehung der Unterlagen für die freie Zugänglichkeit, d. h. also die mögliche Veröffentlichung von Archivgut mit personenbezogenen Daten vor und unterscheidet sie von den weiterhin geltenden relativen Schutzfristen und einer möglichst liberalen Zugangsgewährung auf Antrag. Eine absolute Schutzfrist von max. 120 Jahren für die Veröffentlichung personenbezogenen Archivguts mag für einige Kolleginnen und Kollegen sehr lang klingen und wäre in dieser Form wahrscheinlich auch in Deutschland schwer durchsetzbar. Ein Bedarf an ebenso klaren wie strengen Regelungen für die Veröffentlichung von personenbezogenen Angaben im Internet ist aber nicht zu leugnen. Dies gilt umso mehr, wenn man an die Weiterentwicklung vorhandener Internetangebote in Richtung Semantic Web denkt, was z. B. für die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) eindeutig als Ziel definiert ist. In einer Semantic Web-Struktur kann auch eine vermeintlich „harmlose“ Angabe im online veröffentlichten Archivgut durch die Verknüpfung mit anderen Web-Inhalten eine ursprünglich vom Archiv nicht erwartete rechtliche Brisanz erlangen.

Wie geht es weiter?

Im Bund und in vielen Ländern steht eine umfassende Novellierung der Archivgesetze noch aus. Aktuell wird etwa über ein neues sächsisches Archivgesetz beraten, und die Überarbeitung des baden-württembergischen Archivgesetzes wurde bereits angekündigt.[14] Im Bund soll nach einer kleinen Novellierung 2013[15], die sich auf Pflichtregistrierung von Kinofilmen beschränkte, in der kommenden Legislaturperiode ein neuer Anlauf zu einer umfassenden Gesetzesreform gemacht werden. Insgesamt kann man aber konstatieren, dass das Alter eines Archivgesetzes nicht zwingend etwas darüber aussagen muss, wie ein Archiv die Herausforderungen des digitalen Zeitalters meistert. Zum Beispiel kann eine (allerdings noch nicht abschließend rechtskräftige) Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe über den Umgang mit E-Mails des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus[16] als ein großer Erfolg des baden-württembergischen Archivgesetzes gewertet werden, das im Wesentlichen seit Ende der 80er-Jahre unverändert in Kraft ist. Dennoch ist natürlich eine Anpassung aller Archivgesetze äußerst wünschenswert.

Mit der Novellierung ist es aber nicht getan. Man braucht keine archivische Kristallkugel, um vorauszusehen, dass in Nordrhein-Westfalen z. B. nicht wieder 21 Jahre vergehen werden, ehe weitere Änderungen in den archivischen Rahmenbedingungen neue Anpassungen erfordern. Insofern ist die in vielen deutschen Ländern übliche Befristung von Gesetzen nicht nur ein Instrument des Bürokratieabbaus, sondern auch eine realistische Einschätzung der Tragweite von aktuellen gesetzlichen Bestimmungen. Angesichts des Fristablaufs des aktuellen nordrhein-westfälischen Archivgesetzes am 30.9.2014 laufen derzeit erste Gespräche über einen möglichen Novellierungsbedarf an.

Das vorläufige persönliche Fazit der Autorin über drei Jahre neues nordrhein-westfälisches Archivgesetz im Hinblick auf die digitale Herausforderung ist überwiegend positiv. Die auf der Basis der ARK-Empfehlungen neu bearbeiteten Bestimmungen haben sich bewährt und müssen nur in Einzelheiten angepasst werden. Vier Punkte sind aufzugreifen:

  • Im Umgang mit der Anbietung laufend aktualisierter elektronischer Unterlagen haben sich bei einzelnen anbietungspflichtigen Stellen Fragen bezüglich der Aktualität der dem Archiv übergebenen Informationen ergeben. Die Archivierung von Datenbankschnitten führt in aller Regel dazu, dass auch tagesaktuelle Informationen an das Archiv übergeben werden. In der Behördenberatung sind in diesem Punkt der Hinweis auf die mögliche Übernahme von Vorarchivgut und die Geltung der archivgesetzlichen Schutzfristen gefragt. Im Archivgesetz NRW könnte evtl. ein klarstellender Hinweis hilfreich sein.
  • Die Archivierung elektronischer Unterlagen stellt insbesondere kleinere Archive vor große Herausforderungen, die sie alleine nicht bewältigen können. § 10 Abs. 2 ArchivG NRW ermöglicht es den kommunalen Archiven, ihrer Aufgabe durch Errichtung und Unterhaltung eigener Archive oder Übertragung auf eine für Archivierungszwecke geschaffene Gemeinschaftseinrichtung oder durch Übergabe ihres Archivguts zur Archivierung in einem anderen öffentlichen, nichtstaatlichen Archiv nachzukommen. Hier bleibt zu prüfen, ob diese Regelungen den Anforderungen einem elektronischen Archiv in gemeinsamer Trägerschaft in allen Punkten genügen können.
  • Als Spezialgesetze regeln die Archivgesetze Fragen der Archivierung abschließend. Den anbietungspflichtigen Stellen sind sie jedoch oftmals nicht oder nur vage bekannt. Sie sind mit den spezialgesetzlichen Vorschriften für ihren Verwaltungsbereich meist viel vertrauter. Mit der erfolgreichen Novellierung des Archivgesetzes NRW ist deshalb nur die halbe Arbeit getan. Die Archivarinnen und Archivare des Landesarchivs setzen sich vielmehr weiterhin in mühevoller Detailarbeit dafür ein, dass bestehende Kollisionen zwischen Gesetzen, insbesondere die Anbietungspflicht unterlaufende Löschvorschriften, aufgelöst werden und nach Möglichkeit keine neuen Kollisionen entstehen.
  • Schließlich sind für die nordrhein-westfälische Landesverwaltung trotz der jetzt drei Jahre zurückliegenden Novellierung des Archivgesetzes weiterhin Defizite im Bereich der untergesetzlichen Vorschriften zu konstatieren. Eine für alle Ressorts geltende Verwaltungsvorschrift zur Aussonderung, die nach niedersächsischem Vorbild u. a. auch Kostenfragen regelt, wäre sehr wünschenswert, ist aber angesichts widerstreitender Ressortinteressen in der Landesverwaltung faktisch nur schwer durchsetzbar. Bis auf weiteres wird es bei punktuellen, ressortspezifischen Verwaltungsvorschriften zur Aussonderung bleiben müssen. Hier gilt es v. a., vorhandene Regelungen so anzupassen, dass sie auch auf die Aussonderung elektronischer Unterlagen Anwendung finden können. Das Werben für die Anpassung vorhandener Verwaltungsvorschriften bewegt sich dabei in einem Grenzbereich zwischen archivrechtlicher Arbeit und aktiver Behördenberatung.

Damit sind wir am Schluss des Beitrags bei einer aus dem Bereich der konventionellen Unterlagen bereits hinlänglich bekannten Frage angelangt, nämlich der nach der Durchsetzungsfähigkeit des Archivgesetzes, das nach wie vor keine Sanktionen für die Nichteinhaltung seiner Bestimmungen vorsieht (was im Übrigen kein deutsches Archivgesetz tut). Drei Jahre Praxis erlauben noch keine abschließende Beurteilung, ob die geltenden Regelungen eine geeignete Basis zur Sicherung der elektronischen Überlieferung bieten oder eher ein „zahnloser Tiger“ sind. Entscheidend sind dafür auch weniger die gesetzlichen Regelungen als vielmehr die Qualität der archivischen Behördenberatung. Hier kommt es drauf an, ‚am Ball zu bleiben‘ und sich in der Landesverwaltung als kompetenter Gesprächspartner bekannt zu machen. Die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen können für diese wichtige Daueraufgabe nur den juristischen Rahmen bieten.

 

Dr. Martina Wiech

Landesarchiv NRW, Fachbereich Grundsätze

martina.wiech@lav.nrw.de

[1] Rainer Polley, Variatio delectat? – Die Archivgesetze von Bund und Ländern im Vergleich, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, hrsg. v. Rainer Polley, Marburg 1991, S. 21-48.

[2] Gesetz über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande Nordrhein-Westfalen (Archivgesetz Nordrhein-Westfalen – ArchivG NW) vom 16. Mai 1989 (GV. NW. S. 302; geändert durch Artikel 69 des Dritten Befristungsgesetzes vom 5.4.2005, GV. NRW. S. 306, in Kraft getreten am 28. April 2005; geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2009, GV. NRW. S. 875, in Kraft getreten am 24. Dezember 2009).

[3] So fand z. B. die erste Tagung des Arbeitskreises „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“ im März 1997 in Münster statt. Die Tagungsbeiträge von 1997 bis heute sind online zugänglich unter http://www.staatsarchiv.sg.ch/home/auds.html (Stand: 19.12.2013, gilt ebenfalls für alle nachfolgenden Hinweise auf Internetseiten).

[4] Die Empfehlungen sind auf der beim Bundesarchiv betriebenen Website der ARK verfügbar unter: http://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/abteilungen/abtg/g1/2004_ag_archive_und_recht_archivgesetze.pdf.

[5] Gesetz über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande Nordrhein-Westfalen (Archivgesetz Nordrhein-Westfalen – ArchivG NRW) vom 16. März 2010, GV. NRW. S. 188, in Kraft getreten am 1. Mai 2010; geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. Januar 2013 (GV. NRW. S. 31), in Kraft getreten am 7. Februar 2013.

[6] Gesetz über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande Bremen (Bremisches Archivgesetz – BremArchivG –) vom 7. Mai 1991 (Brem.GBl. S. 159) Sa BremR 224-c-1. Zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 21. 5. 2013 (Brem.GBl. S. 166).

[7] Hessisches Archivgesetz (HArchivG) vom 26. November 2012, verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Archivwesens und des Pflichtexemplarrechts vom 26. November 2012 (GVBl. S. 458).

[8] Rechnungshof des Freistaates Sachsen, Jahresbericht 2003, S. 101ff., online verfügbar unter http://www.rechnungshof.sachsen.de/jb2003/jb2003.pdf.

[9] RdErl. d. StK v. 24.10.2006 – 201-56 201 (Nds.MBl. Nr.38/2006 S.959) – VORIS 22560 –.

[10] Die Empfehlungen sind auf der beim Bundesarchiv betriebenen Website der ARK verfügbar unter: http://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/bundesarchiv_de/fachinformation/ark/20070320_veroeffentlichungsgrundsaetze_ark.pdf.

[11] Siebzehnter Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2005, S. 136 f. Im Internet verfügbar unter https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Service/submenu_Berichte/Inhalt/17_DIB/17__Datenschutz-_und_Informationsfreiheitsbericht.pdf.

[12] Satz 2 verweist auf die Geltung der Versagensgründe für die archivische Nutzung (§ 6 Abs. 2) und der Schutz- und Sperrfristen (§ 7 Abs. 1-4).

[13] Beat Gnädinger und Eliane Schlatter, Individuelle und öffentliche Interessen in Konkurrenz. Die neue Schutzfristenregelung des Kantons Zürich – Ausgangslage und Lösungsansatz, in: Schutzwürdig. Zu Aspekten des Zugangs bei Archivgut. Beiträge der Frühjahrstagung der Fachgruppe Staatliche Archive des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. am 23. April 2012 in Speyer, hrsg. von Elsbeth Andre und Clemens Rehm, Koblenz 2013 (Unsere Archive Beiheft 3), S. 9-17.

[14] Gesetzentwurf der Sächsischen Staatsregierung zur Änderung des Archivgesetzes vom Juni 2012, Drucksache 5/9386: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=9386&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=1.

[15] Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz – BArchG) vom 06. Januar 1988 (BGBl. I S. 62), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Bundesarchivgesetzes vom 27. Juni 2013 (BGBl. I S. 1888).

[16] VG Karlsruhe Urteil vom 27.5.2013, 2 K 3249/12.

Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/645

Weiterlesen

„War of Pictures “. Press Photography in Austria 1945-1955

Welt-Illustrierte, 01.02.1953

1945 wurde Österreich von den alliierten Truppen befreit und innerhalb der Staatsgrenzen Österreichs, die bis 1938 bestanden hatten, in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Kriegsende, heimkehrende Soldaten, Zerstörung, Wiederaufbau und Verschärfung der politischen Fronten im Kalten Krieg sind die zentralen Themen des Jahrzehnts, die in der illustrierten Presse zunehmend bilderreicher in Szene gesetzt werden.

Über Österreich bricht förmlich eine multiperspektivische Bilderflut herein, betreibt doch jede Besatzungsmacht einen eigenen Bilderdienst und eigene Publikationskanäle. Besonders der amerikanische Information Services Branch (ISB, ab 1950: USIS: United States Information Service) verfügt über ausreichend finanzielle Mittel, um seinen Bilderdienst, die sogenannte Pictorial Section, zunehmend auszubauen und zu professionalisieren. Die offensive Kulturpolitik der Amerikaner, die in dem Schlagwort „Coca-Colonisation“ (Wagnleitner) trefflich zum Ausdruck kommt, ist auch in der Medienpolitik spürbar und nicht zuletzt auf der Ebene der visuellen Massenkommunikation nachvollziehbar.

Yoichi Okamoto (3. v.R.), Leiter der Pictorial Section, bei einer Besprechung mit seinen Mitarbeitern im Büro des Wiener Kurier, 1952

Yoichi Okamoto (3. v.R.), Leiter der Pictorial Section, bei einer Besprechung mit seinen Mitarbeitern im Büro des Wiener Kurier, 1952

Erstmals sollen in dem Forschungsprojekt alle MitarbeiterInnen der alliierten Bilderdienste sowie selbstständige österreichische PressefotografInnen dieser Ära ermittelt, die Organisationsstruktur der Bilderdienste beschrieben, das Zusammenspiel von nationalen und internationalen Bildagenturen dokumentiert und die Vertriebswege von Pressefotografie analysiert werden.

Zentrales Augenmerk wird dabei auf die von 1945 bis 1955 tätige Pictorial Section der amerikanischen ISB gelegt. Diese Schwerpunktsetzung folgt der These, dass die amerikanische Bildpublizistik bzw. die vom amerikanischen Pressefotografen Yoichi R. Okamoto geleitete Pictorial Section der ISB als zentraler Motor für die österreichische Pressefotografie fungierte. An der Pictorial Section lässt sich zudem paradigmatisch ein Wandel in der Wertschätzung des journalistischen Bildes und damit einhergehend eine Professionalisierung desselben aufzeigen. Aufgrund der guten Quellenlage ist daher ein Blick hinter die Kulissen eines der aktivsten Bilderdienste im Nachkriegsösterreich möglich.

Die quantitative Reichweite des amerikanischen Bilderdienstes lässt sich wie folgt beziffern: Im Jahr 1950 umfasste das gesammelte und archivierte Bildmaterial der Pictorial Section bereits rund 35.000 Negative, das der illustrierten Presse in Österreich unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Rund 16.000 Negative sind bis heute als geschlossener Bestand des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten geblieben.

Ein weiteres für das Forschungsprojekt definiertes Ziel ist die Erhebung der von 1945-1955 tätigen PressefotografInnen. Biografische Daten zu österreichischen PressefotografInnen, darunter Alfred Cermak, Albert Hilscher, Fritz Kern, Max Fibinger, Fred Riedmann, die Gebrüder Basch u.v.m., münden in eine kollektivbiografische Studie, bei der insbesondere der Aspekt von ideologischen Kontinuitäten zwischen Vor- und Nachkriegszeit herausgearbeitet werden soll. Ein Schwerpunkt des Forschungsprojekts liegt schließlich in der Untersuchung des Publikationskontextes der Pressebilder. Anhand von Fallstudien wird mit Hilfe von Text-Bild-Analysen gezeigt, wie sich der Kalte Krieg auf bildsprachlicher Ebene als „war of pictures“ in der Tageszeitung „Wiener Kurier“ und den illustrierten Wochenzeitschriften „Wiener Bilderwoche“, „Große Österreich Illustrierte“, „Wiener Illustrierte“ und „Welt-Illustrierte“ manifestiert.

Das Forschungsvorhaben ist an der Schnittstelle unterschiedlicher Disziplinen wie Medien- und Kommunikationswissenschaft, Geschichte, Kulturwissenschaft, Semiotik und Kunstgeschichte angesiedelt. Methodisch werden Ansätze aus der modernen Journalismusforschung und der Kultursemiotik synthetisiert, um gleichermaßen auf die Organisationsstrukturen, die handelnden AkteurInnen und die bildjournalistischen Produkte fokussieren zu können. Diesem multiperspektivischen Vorgehen entspricht auch die geplante Verschränkung von quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden. Biografische Hinweise zu österreichischen PressefotografInnen der Nachkriegszeit sind herzlich willkommen.

Welt-Illustrierte, 01.02.1953

Welt-Illustrierte, 01.02.1953

Institution: Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien

Thema: „War of Pictures“. Pressefotografie in Österreich 1945-1955

Projektleiter: Prof. Fritz Hausjell

Laufzeit: Februar 2014 bis Januar 2017

Kontakt: marion.krammer@univie.ac.at, margarethe.szeless@univie.ac.at

 

 

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/05/05/war-of-pictures-press-photography-in-austria-1945-1955/

Weiterlesen

„War of Pictures “. Press Photography in Austria 1945-1955

Welt-Illustrierte, 01.02.1953

1945 wurde Österreich von den alliierten Truppen befreit und innerhalb der Staatsgrenzen Österreichs, die bis 1938 bestanden hatten, in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Kriegsende, heimkehrende Soldaten, Zerstörung, Wiederaufbau und Verschärfung der politischen Fronten im Kalten Krieg sind die zentralen Themen des Jahrzehnts, die in der illustrierten Presse zunehmend bilderreicher in Szene gesetzt werden.

Über Österreich bricht förmlich eine multiperspektivische Bilderflut herein, betreibt doch jede Besatzungsmacht einen eigenen Bilderdienst und eigene Publikationskanäle. Besonders der amerikanische Information Services Branch (ISB, ab 1950: USIS: United States Information Service) verfügt über ausreichend finanzielle Mittel, um seinen Bilderdienst, die sogenannte Pictorial Section, zunehmend auszubauen und zu professionalisieren. Die offensive Kulturpolitik der Amerikaner, die in dem Schlagwort „Coca-Colonisation“ (Wagnleitner) trefflich zum Ausdruck kommt, ist auch in der Medienpolitik spürbar und nicht zuletzt auf der Ebene der visuellen Massenkommunikation nachvollziehbar.

Yoichi Okamoto (3. v.R.), Leiter der Pictorial Section, bei einer Besprechung mit seinen Mitarbeitern im Büro des Wiener Kurier, 1952

Yoichi Okamoto (3. v.R.), Leiter der Pictorial Section, bei einer Besprechung mit seinen Mitarbeitern im Büro des Wiener Kurier, 1952

Erstmals sollen in dem Forschungsprojekt alle MitarbeiterInnen der alliierten Bilderdienste sowie selbstständige österreichische PressefotografInnen dieser Ära ermittelt, die Organisationsstruktur der Bilderdienste beschrieben, das Zusammenspiel von nationalen und internationalen Bildagenturen dokumentiert und die Vertriebswege von Pressefotografie analysiert werden.

Zentrales Augenmerk wird dabei auf die von 1945 bis 1955 tätige Pictorial Section der amerikanischen ISB gelegt. Diese Schwerpunktsetzung folgt der These, dass die amerikanische Bildpublizistik bzw. die vom amerikanischen Pressefotografen Yoichi R. Okamoto geleitete Pictorial Section der ISB als zentraler Motor für die österreichische Pressefotografie fungierte. An der Pictorial Section lässt sich zudem paradigmatisch ein Wandel in der Wertschätzung des journalistischen Bildes und damit einhergehend eine Professionalisierung desselben aufzeigen. Aufgrund der guten Quellenlage ist daher ein Blick hinter die Kulissen eines der aktivsten Bilderdienste im Nachkriegsösterreich möglich.

Die quantitative Reichweite des amerikanischen Bilderdienstes lässt sich wie folgt beziffern: Im Jahr 1950 umfasste das gesammelte und archivierte Bildmaterial der Pictorial Section bereits rund 35.000 Negative, das der illustrierten Presse in Österreich unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Rund 16.000 Negative sind bis heute als geschlossener Bestand des Bildarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten geblieben.

Ein weiteres für das Forschungsprojekt definiertes Ziel ist die Erhebung der von 1945-1955 tätigen PressefotografInnen. Biografische Daten zu österreichischen PressefotografInnen, darunter Alfred Cermak, Albert Hilscher, Fritz Kern, Max Fibinger, Fred Riedmann, die Gebrüder Basch u.v.m., münden in eine kollektivbiografische Studie, bei der insbesondere der Aspekt von ideologischen Kontinuitäten zwischen Vor- und Nachkriegszeit herausgearbeitet werden soll. Ein Schwerpunkt des Forschungsprojekts liegt schließlich in der Untersuchung des Publikationskontextes der Pressebilder. Anhand von Fallstudien wird mit Hilfe von Text-Bild-Analysen gezeigt, wie sich der Kalte Krieg auf bildsprachlicher Ebene als „war of pictures“ in der Tageszeitung „Wiener Kurier“ und den illustrierten Wochenzeitschriften „Wiener Bilderwoche“, „Große Österreich Illustrierte“, „Wiener Illustrierte“ und „Welt-Illustrierte“ manifestiert.

Das Forschungsvorhaben ist an der Schnittstelle unterschiedlicher Disziplinen wie Medien- und Kommunikationswissenschaft, Geschichte, Kulturwissenschaft, Semiotik und Kunstgeschichte angesiedelt. Methodisch werden Ansätze aus der modernen Journalismusforschung und der Kultursemiotik synthetisiert, um gleichermaßen auf die Organisationsstrukturen, die handelnden AkteurInnen und die bildjournalistischen Produkte fokussieren zu können. Diesem multiperspektivischen Vorgehen entspricht auch die geplante Verschränkung von quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden. Biografische Hinweise zu österreichischen PressefotografInnen der Nachkriegszeit sind herzlich willkommen.

Welt-Illustrierte, 01.02.1953

Welt-Illustrierte, 01.02.1953

Institution: Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien

Thema: „War of Pictures“. Pressefotografie in Österreich 1945-1955

Projektleiter: Prof. Fritz Hausjell

Laufzeit: Februar 2014 bis Januar 2017

Kontakt: marion.krammer@univie.ac.at, margarethe.szeless@univie.ac.at

 

 

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/05/05/war-of-pictures-press-photography-in-austria-1945-1955/

Weiterlesen

Blog des Arbeitskreises für digitale Geistes- und Sozialwissenschaften München

http://dhmuc.hypotheses.org dhmuc. vernetzt Digital-Humanities-Akteure unterschiedlicher Münchner Einrichtungen miteinander und vermittelt ihre Aktivitäten so breit wie möglich an Nachwuchswissenschaftler vor Ort ebenso wie an andere DH-Engagierte über München hinaus. Quelle: http://dhmuc.hypotheses.org/uber; Lizenz: CC BY 3.0

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/05/5090/

Weiterlesen

aventinus studiosa Nr. 4 [05.05.2014]: Propylaeum. Virtuelle Fachbibliothek Altertumswissenschaften der Bayerischen Staatsbibliothek und der Universitätsbibliothek Heidelberg

Das Portal bietet Fachinformationen für alle Alter­tums­wissenschaften wie Ägyptologie, Alte Geschichte, Altorientalistik, Klassische Archäologie, Klassi­sche Philologie sowie Vor- und Früh­geschichte. PropylaeumSEARCH er­mög­licht die Meta-Recherche in ausgewählten Katalogen und Datenbanken. http://www.propylaeum.de

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/05/5088/

Weiterlesen

BallinStadt: Zerstörtes Lebenswerk

Im Sommer 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Ab Juli thematisiert das Auswanderermuseum BallinStadt in einer Sonderausstellung die Auswirkungen des Krieges auf die Auswandererhallen auf der Veddel. Diese Pavillon-Anlage gewährte europäischen Emigranten den Aufenthalt vor ihrer Abreise in die neue Welt. Um einen Vorgeschmack auf die Geschichte der Hallen zu geben, werfen die Hamburgischen Geschichten schon jetzt einen Blick auf die Entstehung und Entwicklung der Auswandererhallen.

Das Auswanderungsgeschäft war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Hamburgs. Die Stadt entwickelte sich zum größten Auswandererhafen Deutschlands – ein Nadelöhr auf dem Weg in die neue Welt. Von hier aus starteten die Schiffe der Reederei Hapag (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft).

Die Hamburg-Amerika-Linie hatte im Jahr 1892 Auswandererbaracken am Amerika-Kai errichtet. Im Jahr 1901 folgte der Umzug auf die Veddel. Die neuen Auswandererhallen boten Platz für mehr als 1000 Personen und beherbergten eine eigene Infrastruktur. Die Anlage bestand zunächst aus 15 Gebäuden: ein Empfangsgebäude, fünf Schlaf- und Wohnpavillons, zwei Hotels, eine Speisehalle, eine Kirche, ein Musikpavillon, ein Verwaltungsgebäude, ein Lazarett, ein Gepäckschuppen sowie ein Stall. Da der Andrang groß war, wurden die Auswandererhallen auf der Veddel nach drei Jahren erweitert. Auf dem Gelände von etwa 55.000 Quadratmeter standen nun mehr als 30 Gebäude, die bis zu 5.000 Menschen aufnehmen konnten.

Mit den Auswandererhallen, die 1901 fertig gestellt wurden, entwickelte die Hapag im Auswanderergeschäft ein gut funktionierendes und gewinnbringendes System. Die Reederei warb von nun an mit „All-inclusive-Angeboten“ um die Auswanderer: Mit dem Kauf des Schiffstickets erhielten diese auch die Karte für die Fahrt in Zügen von den Grenzkontrollstationen zu den Hafenstädten und die Unterbringung und Verpflegung in den Auswandererhallen. Von den 156.000 Auswanderern, die im Jahr 1907 Hamburg verließen, übernachteten rund 113.000 auf der Veddel.

Die Idee und Planung dieser Hallen fiel auf Albert Ballin zurück, weshalb das Museum heute seinen Namen trägt. Ballin wurde am 15. August 1857 geboren. Sein Vater Samuel Joel Ballin, der sich später Joseph Ballin nannte, war Gründer der unabhängigen Auswandereragentur Morris & Co. Die Agentur warb Auswanderer an und organisierte den Transport der Emigranten zum Hamburger Hafen. Als Albert Ballins Vater 1874 starb, übernahm der junge Ballin die Führung der Auswandereragentur.

Um mehr Kundschaft zu gewinnen, änderte Ballin das Konzept der Agentur und organisierte nun auch die Überfahrt selbst. Dieses Angebot fand so viel Zuspruch, dass seine Firma scharfe Konkurrenz für die Hapag wurde. Um die Hapag zu retten, kaufte die Reederei im Jahr 1886 Ballins Firma. Zwei Jahre später wurde Albert Ballin in den Vorstand der Hapag gewählt.

Zu diesem Zeitpunkt besaß die Reederei keine ernst zu nehmende Führung und befand sich in einer Krise. Dank Ballins Fähigkeit Marktlücken zu erkennen, gelang es, die Wende für die Hapag herbeizuführen. 1897 war die Reederei unter Ballins Leitung zur größten der Welt geworden – und blieb dies bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Die Niederlage Ballins durch den Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg änderte die Situation für die Hapag grundlegend, denn mit der Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich brach die Hapag zusammen: Anfang November 1914 erklärte die britische Admiralität die gesamte Nordsee zur Kriegszone, sperrte sie und den Kanal zwischen Norwegen und Schottland für die deutsche Schifffahrt. Die Auswanderung über Hamburg war von nun an nicht mehr möglich.

Mit Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im April 1917 wurden zudem 35 Hapag-Schiffe beschlagnahmt, die in den US-Häfen vor Anker lagen. Damit waren die Auswanderer- und Kreuzfahrtschiffe nicht mehr in der Hand der Hapag, was einen großen Einbruch für die Reederei bedeutete.

Die Auswandererhallen auf der Veddel, die für die Auswanderer nicht mehr von Nutzen waren, wurden zu einem Marine-Lazarett umfunktioniert. Hamburg verlor einen großen Wirtschaftszweig.

Unter Ballins Führung wurde die Hapag zur größten Reederei der Welt – das Tor zu dieser Welt wurde Hamburg. Durch den Ersten Weltkrieg verlor Ballin dieses Lebenswerk jedoch. Am 8. November 1918 nahm er eine Überdosis Beruhigungsmittel, an denen er einen Tag später, am 9. November 1918, starb.

Nähere Informationen zu den Auswandererhallen im Ersten Weltkrieg sind ab Juli 2014 in der Sonderausstellung der BallinStadt zu entdecken.

 

Zum Weiterlesen:

  • Gerhardt, Johannes: Albert Ballin. Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung (Hrg.), Hamburg 2009.
  • Wiborg, Susanne: Albert Ballin. Hamburger Köpfe, Herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg 2000.

 

Katharina Reissmann ist Studentin an der Universität Hamburg am Historischen Seminar.

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=1415

Weiterlesen

Schrift als Akteur – Expressionistische Zwischentitel in „Das Cabinet des Dr. Caligari“


Ein Beitrag von Caroline Lura

 

“Du musst Caligari werden”vier kleine Worte machtvoller Suggestion. Anfang des Jahres 1920 in Berlin konnte man sich ihnen kaum entziehen. An Litfaßsäulen, Reklamewänden, in U-Bahnhöfen – überall lachte sie einem entgegen: diese rätselhaft-mysteriöse Aufforderung in expressiver Gestaltung (Abb. 1).

Abb. 1: Kino-Anzeige (1920) zu “Das Cabinet des Dr. Caligari”
Entwurf v. Otto Arpke u. Erich Ludwig Stahl
Quelle: cinegraph.de

Schrift und Bild gelten ja generell eher als disparate Medien. Schrift fixiert, vornehmlich Sinn. Das Bild dagegen bannt Sinnlichkeit und – insbesondere als Film – Dynamik und Bewegung. Und während die Schrift ins Korsett normierter Buchstaben in ihrer linearen Anordnung geschnürt ist, erscheint das Bild in seinen Ausdrucksformen vollkommen frei.

Im Stummfilm finden sich die scheinbar konträren Medien vereint. In Form von Zwischentiteln tritt Schrift dabei meist sorgfältig getrennt von den bewegten Bildern auf. Als statischer Fremdkörper und Zäsur im Fluss der Bilder. Das Auge stolpert: Von der Verfolgung dynamisch sinnlicher Körper abrupt ins Lesen starrer Zeichenketten. Anders jedoch in „DAS CABINET DES DR. CALIGARI“ (1920, Regie: Robert Wiene). Neu und aufsehenerregend war neben der expressionistischen Gestaltung des Stummfilms vor allem auch sein innovativer Schrifteinsatz. Wie das Plakat zum Film bereits andeutet: Hier wird die Schrift zum Bild und das Bild zum Zeichen.

 

Technischer Vorspann: Zur Restaurierung

Fast 20 Jahre nach der letzten Restaurierung (1984) feiert “DAS CABINET DES DR. CALIGARI“ in der restaurierten Fassung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung (Wiesbaden) und des Restaurierungslabors L’Immagine Ritrovata (Bologna) auf der BERLINALE 2014 Premiere. Die digitale Restaurierung in 4K-Auflösung greift einerseits auf das Kameranegativ aus dem Bundesarchiv-Filmarchiv in Berlin zurück und zieht andererseits alle erhaltenen historischen Kopien aus Filmarchiven weltweit heran.

Was die Zwischentitel anbetrifft, galt lange die 16-mm-Kopie der Deutschen Kinemathek als die einzige Überlieferungsquelle. Es stellte sich jedoch heraus: Das Kameranegativ enthält die meisten Titel als Blitztitel, was eine wesentlich verbesserte Ausgangslage im Vergleich zu den vorherigen Restaurierungen darstellte. Dem Kameranegativ entnommen, wurden die Blitztitel entsprechend ihrer Länge in der ausgefahrenen 16-mm-Kopie verlängert. Da dabei zunächst ein statisches Einzelbild entstand, wurde die Bewegung eines Filmstreifens, der durch einen Projektor läuft, im Nachhinein digital simuliert. Zudem wurde noch die Kornstruktur des Kameranegativs auf die Titel gelegt, sowie das leichte Dichteflackern.

Dynamisch dramatische Zwischentitel

Zusammen ergeben die Texte aus insgesamt 81 Schrifttafeln in „CALIGARI“ etwa eine viertel Stunde Lesezeit, was gemessen an der Gesamtlänge des Films knapp 20% des Filminhalts ausmacht. Besonders im ersten Teil – in der Entfaltung des Plots – wechseln Zwischentitel und Handlungsszenen einander häufig ab. Die Länge der Zwischentitel reicht von obskur-expressiven Einwortsätzen, wie z.B. „Nacht“, „Warten!!!“ und „Er₋ ₋ ₋“, bis hin zu längeren Texten, die, um sie vollständig lesen zu können, von unten nach oben als Rolltitel über die Leinwand laufen. Inhaltlich lassen sich 3 Arten von Zwischentiteln unterscheiden:

  1. Titel mit struktureller Funktion (z.B. Angaben zur Exposition wie „Nacht“, „Heimweg“, „Nach dem Begräbnis“ etc.),

  2. Titel in Form von Kommentaren (z.B. als narrative Erläuterungen wie „In dieser Nacht geschah das erste einer Kette geheimnisvoller Verbrechen“)

  3. Titel mit Dialogpartien

Die Dialog-Zwischentitel, die mit Abstand den größten Teil ausmachen, zeigen oft ein “verschriftlichtes Sprechen”: Gedankenstriche, angedeutete Sprechpausen (“…”), pseudophonetische Schreibweisen (“Herrrrrreinspaziert!”) – hiermit wird Mündlichkeit imitiert. Nur ein erstes Indiz für die angestrebte “Lebendigkeit” der Schriftzeichen in CALIGARI.

Weiteres Auszeichnungsmerkmal der Zwischentitel ist ihre markante graphische Gestaltung. Die Buchstaben in ihren gezackten, unruhigen Formen greifen den Stil der skurril-expressiven Gesamtgestaltung des Filmes auf: Die schräge, kantige Schrifttype entspricht den schiefen Hausfassaden der Setbauten, den aufgemalten Fluchtlinien und ruckartigen Bewegungsabläufen (Abb. 2).

 

Setbauten

Abb. 2: Cesare entführt Jane, Standfoto
(Quelle: Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt am Main)

Zwischentitel

Abb. 3: Zwischentitel kurz vor Ende des V. Aktes
(Quelle: Wikimedia Commons)

Neben der expressiven Schrifttype fällt auch der Hintergrund der Texte ins Auge. Oft finden sich hier abstrakte Formelemente, die – dem Designansatz der Buchstaben folgend – die Aufmerksamkeit auf die Materialität der Zwischentitel lenken (Abb. 3). Damit steht dann nicht mehr nur die semantische Funktion, sondern auch die sinnlich-materielle Qualität der Zeichen und Formen im Fokus der Wahrnehmung, sodass es den Zwischentiteln gelingt, auch jenseits der Vorstellungsebene der Wörter eine spannungsgeladene und anregende Stimmung zu vermitteln.

Schrift und Bild konvergieren– zum einen in den Schriftzeichen, die zum expressiven Bild werden, zum anderen indem Hintergrund und Schrifttype miteinander korrespondieren und eine bildhafte Wahrnehmung über den wörtlichen Informationsgehalt hinaus stimulieren.

Hinzu kommt noch ein weiteres, spontan eingesetztes Betonungsmittel: ein Flackern des bemalten Hintergrunds. Vor allem bei längeren Zwischentiteln wird dieser Lichteffekt eingesetzt, um den im Vergleich zum szenischen Bild wenig bewegten Zwischentiteln Dynamik und Dramatik zu verleihen – sprich: den Effekt filmischer Bewegung zu simulieren.

Die Zwischentitel in „CALIGARI“ kommunizieren somit auf allen drei medialen Ebenen: schriftlich, bildlich und bewegt-bildlich (filmisch).

 

“Angehende Schriftzeichen” – Fusion von Text und Filmbild

Höhepunkt der Schrift-Bild-Konvergenz – und mit eine der wichtigsten Szenen im Film – ist die mittels eines „Stopptricks“ realisierte Sequenz, in der der Direktor der Irrenanstalt (a.k.a. Dr. Caligari) von seinen Wahnvorstellungen in Form der Schriftzüge “Du musst Caligari werden” geradezu körperlich verfolgt wird.

 

Video: Du musst Caligari werden – Sequenz

(Quelle: Imaginations – Journal of cross-cultural image studies)

Überall sieht er sie projiziert, und wie die Hebel einer Schreibmaschine fallen die Wörter auf den Direktor ein, treiben ihn vor sich her. „Du musst Caligari werden“ – buchstäbliche Prägung in Form animiert-agierender Schriftzeichen. Zunächst im nächtlichen Himmel, dann auf der Außenwand seiner Villa und der Verästelung des Baumes davor; und schließlich verteilt sich im Vordergrund des Bildes der Name „Caligari“ in einer Art scripturalem Crescendo, an dessem Ende dem Direktor seine neue Identität im wahrsten Sinne des Wortes eingeschrieben wird. Die „Caligariwerdung“ des Anstaltleiters erzeugt eine Fusion von Schrift und Bewegungsbild, die in der Filmgeschichte ihresgleichen sucht.

 

Weiterführende Literatur:

  • Christoph Kleinschmidt: Intermaterialität – Zum Verhältnis von Schrift, Bild, Film und Bühne im Expressionismus, transcript Verlag, Bielefeld, 2012

  • Ulrich Johannes eil: Der caligarische Imperativ. Schrift und Bild im Stummfilm, Pandaemonium ger. no.14 São Paulo 2009, online: http://www.scielo.br/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S1982-88372009000100002

  • Rudolf Kurtz: Expressionismus und Film (1926), Nachdruck der Ausgabe hrsg. v Christian Kiening, Ulrich Johannes Beil, Chronos Verlag, Zürich, 2007

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: http://filmeditio.hypotheses.org/211

Weiterlesen

Ein Bild sagt mehr … (XXI): “Das ostasiatische Geschäft” (1914)

Großbritannien und Japan waren seit dem Vertrag von 30.1.1902 Verbündete – und im August 1914 forderte Großbritannien die Hilfe des Verbündeten. Japan trat an der Seite Großbritanniens in den Krieg ein. Das Deutsche Reich wurde per Ultimatum aufgefordert, alle Kriegsschiffe aus chinesischen und japanischen Hoheitsgewässern abzuziehen und die Kontrolle über ‘Tsingtao’ (Qingdao 青島) an Japan zu übergeben. Nach Ablauf des Ultimatus folgte die Kriegserklärung. Qingdao wurde am 7. November 1914 nach drei Monaten Belagerung besetzt.

In der allgemeinen Presse (sowohl in deutschen als auch in österreichisch-ungarischen Blättern) wurden die Ereignisse eher beiläufig geschildert und wenig kommentiert.[1] In den deutschen satirisch-humoristischen Blättern wurde Japan in zum Teil sehr drastischen Bildern (im Wortsinn wie im übertragenen Sinn) als Handlanger der Engländer gezeichnet – ein Beispiel ist das Gedicht “Tsingtau” (Kladderadatsch Nr. 46 (15.11.1914) [S. 2] – oder als Barbar oder Affe verunglimpft, der sich an seiner Beute “erwürgen” soll (s. Die Bombe Nr. 46 (15.11.1914) S. 2.).
In vielen Texten, die sich auf die Ereignisse in Ostasien beziehn, werden Spannungen zwischen den ‘Verbündeten’ voraus – vor allem um die besetzten deutschen Kolonien im Pazifik ‘vorhergesehen’. Der Wahre Jakob bringt in der Nummer vom 28. November 1914[2] den Bilderbogen “Das ostasiatische Geschäft”.

Der Wahre Jakob

Der Wahre Jacob Nr. 740 (28.11.1914) 8524
Quelle: UB Heidelberg

Das ersten drei Bilder zeigen identische Szenen: einen Thronsessel auf einem Podest, im Hintergrund ein Motiv, das an die Kyokujitsuki 旭日旗, die Flagge der aufgehenden Sonne” erinnert. Dargestellt sind drei Personen, zwei sind durch Kleidung, Haar- und Barttracht und Schuhe als ‘japanisch’ markiert, die dritte durch den Tweed-Anzug als ‘britisch’. Der eine der beiden ‘Japaner’ sitzt auf dem Thronsessel, er ist prächtig gekleidet und trägt einen großen Orden um den Hals. Der zweite – etwas schlichter gewandete – steht neben ihm. Der ‘Engländer’ steht auf den Stufen des Podests beziehungsweise vor dem Podest und spricht zu den beiden:

“Wenn Japan unser Bundesgenosse werden will, erhält es Kiautschau[3], die Mariannen [sic!] , und die Karolineninseln[4] —” [Bild oben links]
“— auch auf Deutsch-Ostafrika soll es uns nicht ankommen, wenn Japan uns hilft, Indien und China in Ruhe zu halten!” [Bild oben rechts]

Der auf dem Thron sitzende ‘Japaner’ nimmt den großen Orden, den er um den Hals trägt ab und schickt sich an, diesen dem sich vor ihm verneigenden ‘Engländer’ umzuhängen:

“Dein erhabener König soll an mir einen guten Bundesgenossen haben!” [Bild unten links]

Im letzten Bild wird die weitere Entwicklung skizziert: Aus dem Podest im Thronsaal ist eine lange Treppe geworden, an deren Fuß ‘Engländer’ und einer der ‘Japaner’ derangiert am boden liegen – denn sie wurden von ‘Indien’ und ‘China’ die Treppe hintergeworfen:

“Wie es den braven Bundesgenossen wahrscheinlich ergehen wird.” [Bild unten rechts.]

Es bleibt zunächst offen, wer die dargestellten Personen sind – ob sie für konkrete Personen stehen oder ob sie ‘Typen’ darstellen sollen. Aus dem Text zum Bild links unten wird klar, dass die auf dem Thron sitztende Figur den japanischen Kaiser darstellen soll. Ob das Publikum die auf dem Thron sitzende Figur spontant als den Taishō-tennō 大正天皇 (1879-1926, regierte 1912-1926) identifizieren konnte?

  1. Vgl. dazu “Der Fall von Tsingtau” in Neue Freie Presse (9.11.1914) 3. Online: ANNO.
  2. Der Wahre Jacob Nr. 740 (28.11.1914) – Digitalisat → UB Heidelberg.
  3. Gemeint ist das Pachtgebiet Jiaozhou 膠, das 1898 von China an das Deutsche Reich verpachtet worden war. Hauptort des Pachtgebiets war Tsingtau [Qingdao].
  4. Die Nördlcihen Marianen und die Karolinen waren ebenfalls 1899 durch den Deutshc-Spanischen Vertrag unter die Kontrolle des Deutschen Reichs gekommen.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1450

Weiterlesen

Dissonanzenjäger früher und heute: Warum die Neue Musik nicht gut ankommt

Es ist eine 100 Jahre alte Frage, die man auch heute noch bei den Pausengesprächen der Abonnement-Konzerte hören kann: Ist die verbreitete ablehnende Haltung gegenüber Neuer Musik grundsätzlich nichts anderes als etwa die Ablehnung von Beethovens späten Werken durch seine Zeitgenossen oder haben wir es mit einer wesentlich anderen Form der Unverständlichkeit zu tun? Wenn Mathias Spahlinger bei der Uraufführung seines Cellokonzertes im Münchner Herkulessaal (im Januar 2013) ausgebuht wird, müssen wir dann an Richard Wagner denken, wie er 1861 für seinen Tannhäuser in Paris ausgepfiffen wurde, der heute auf den Spielplänen nicht mehr wegzudenken ist?

Es ist eine schwierige und komplexe Frage, die auch in der Nachkriegszeit aktuell war. Nach 1945 musste das Musikleben der Bundesrepublik neu gestaltet werden. Die Musik der österreichisch-deutschen Tradition war politisch belastet, die Neue Musik war von den Nazis als entartet gebrandmarkt und von den Konzertprogrammen verbannt worden. Viele bezeichneten die Neue Musik auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als inhuman und „biologisch minderwertig“ (siehe Blogpost vom 22. April 2014), andere sahen in ihr den einzig möglichen künstlerischen Anknüpfungspunkt nach der Katastrophe. Im Folgenden möchte ich zwei unterschiedliche Antworten auf die oben gestellte Frage aus den 1950er Jahren vorstellen: die erste von Hans Heinz Stuckenschmidt (1952), einem der bedeutendsten Musikkritiker des 20. Jahrhunderts, die zweite von Julius Ahlhorn (1950).

Hans Heinz Stuckenschmidt erklärt, dass die Argumente, die gegen die Neue Musik ins Feld geführt werden, historisch vor die Moderne zurückreichen. Er stellt fest, „daß Melodielosigkeit zu seinen Lebzeiten auch Mozart vorgeworfen wurde, daß man Beethoven als Dissonanzenjäger und nach der Uraufführung der Siebenten Symphonie als reif fürs Irrenhaus hinstellte, daß Wagners Musik als unlogisch, spannungslos und formzersetzend, die Brahmssche als depressiv und konstruiert galt.“1 Stuckenschmidt versucht, die Begründungen der Gegner der Neuen Musik zu schwächen, indem er zeigt, dass eben diese Argumente schon gegen die großen Komponisten der abendländischen Tradition verwendet wurden. Die Neue Musik, so wird stillschweigend impliziert, führe diese große Tradition fort. Dass die Zahl der Befürworter der zeitgenössischen Musik im Vergleich zu früheren Zeiten geschrumpft ist, verweise auf ein außermusikalisches Problem: „Sie [die Klage um den Hörerverlust] hat einen tiefen Sinn, denn sie öffnet den Blick auf eines der ernstesten Probleme der Gegenwart überhaupt. Auf die zunehmende Isolierung und Entfremdung des Spezialisten in der modernen Gesellschaft […].“2 Ähnlich wie Theodor W. Adorno sieht Stuckenschmidt die Kunst als ein Medium an, in dem sich Probleme der Gesellschaft ausdrücken und widerspiegeln.

Julius Ahlhorn würde Stuckenschmidt in einem wesentlichen Punkt widersprechen: Es seien bloß Ausnahmen gewesen, wenn im 19. Jahrhundert Werke von Zeitgenossen als zu neu und unschön verworfen wurden. „Nie aber – und das ist nun das Entscheidende – lehnte man sich gegen eine Musik auf, weil sie modern‘, ‚zeitgenössisch‘ war, niemals hat es einen Gegensatz gegeben wie den uns so geläufigen zwischen sogenannter ‚klassischer‘ und sogenannter ‚moderner‘ Musik. Es ist unschwer zu erkennen, wie schief das Argument von der zeitgenössischen Musik, die zu allen Zeiten zunächst auf Ablehnung gestoßen sei, im Lichte der Tatsachen erscheint.“3 Dass es sich um ein Novum handelt, so Ahlhorn, sei sichtbar in der heutigen, zuvor nie dagewesenen „Kampfstellung“4 zwischen Vertretern der klassischen und der modernen Musik.

Ein Blick auf die (deutsche) Musikforschung – ich erlaube mir diese Bemerkung – bestätigt den von Ahlhorn beschriebenen Gegensatz. Es gibt einige Musikwissenschaftler, die sich mit Enthusiasmus mit zeitgenössischer Musik beschäftigen (ebenso wie mit der Musik anderer Jahrhunderte). Es gibt aber auch eine Gruppe von Forschern, die eine ablehnende Haltung gegenüber Neuer und zeitgenössischer Musik pflegen – oft ohne sich zuvor wissenschaftlich-objektiv mit ihr auseinandergesetzt zu haben. Hier zementieren Wissenschaftler eine Spaltung zwischen Musik, die heute entsteht, und Musik der Vergangenheit: eine Spaltung, die durchaus hinterfragt werden kann (und sollte) und beispielsweise in der Verwertung durch die Populärkultur weniger strikt besteht (ich denke hier an Filmmusik).

Wie erklärt Julius Ahlhorn nun die Ablehnung gegenüber Neuer Musik? Ausgehend davon, dass Kunst immer „lebendiger Ausdruck ihrer Zeit“ sei, kommt er zu dem Schluss: „[...] die neue Musik wird deshalb vom breiten, aber sogenannten gebildeten Publikum abgelehnt, weil es Angst vor dem Leben hat, Angst vor unserer heutigen Zeit und ihren bestürzenden Erscheinungen, Angst vor dem Untergang eines Zeitalters, das man das gutbürgerliche nennen könnte.“5 – Ist es ein Sich-nicht-einlassen-können auf die zeitgenössische Kultur, das Vorurteile und Ablehnung gegenüber moderner Musik evoziert? Wie dem auch sein mag, in einer Sache stimme ich Ahlhorn zu: Die heute entstehende Musik ist lebendiger Ausdruck unserer Zeit. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihr verrät uns nicht nur viel über die heutige Kunstproduktion, sondern auch über den heutigen Menschen und sein Verhältnis zu unserer Gesellschaft.

1Hans Heinz Stuckenschmidt, „Die unbedeutende Minderheit“, in: Melos 19 (1952), S. 130.

2Ebd., S. 134.

3Julius Ahlhorn, „Angst vor dem Leben – Angst vor moderner Musik“, in: Melos 17 (1950), S. 274.

4Ebd.

5Ebd., S. 275.

Quelle: http://avantmusic.hypotheses.org/90

Weiterlesen

Dadaismus und Avantgarde im Weblog

Erfreulicherweise wächst de.hypotheses, die Plattform für wissenschaftliche Weblogs kontinuierlich, wobei ich vor allem einen Neuzugang besonders hervorheben möchte:
Dada, Merz & Co. Historische Avantgarde im Spiegel der Gegenwart ist ein im März gestartetes dissertationsbegleitendes Weblog zur Avantgarde und speziell zum Dadaismus, das sich in seinen letzten Einträgen mit der Edition von Kurt Schwitters Sammelkladden beschäftigt. Auch das schon mehrere Jahre existierende Vorgängerweblog Merzmensch ist äußerst lesenswert, u.a. mit einem Eintrag zum wunderbaren, schon von Ronald M. Schernikau sehr geschätzten jugoslawischen Film Splav Meduze, den ich selbst erst vor kurzem erstmals gesehen habe; und wie schön wäre es, würde der Vorschlag realisiert, zum 100jährigen Dadaismus-Geburtstag im Jahr 2016 die Fernsehserie Die Dadaisten zu produzieren!
Wer übrigens Scans von Kurt Schwitters' Merzheften lesen möchte: Diese sind in der Digital Dada Library Collection der University of Iowa zu finden, z. B. die von El Lissitzky gestaltete Ausgabe Merz 8/9!

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/843564964/

Weiterlesen