Die Verwobenheit von Geschichtswissenschaft und Verlagsbranche tritt vielleicht nirgendwo so augenfällig zutage wie auf dem Historikertag. Auf der Fach- und Verlagsausstellung präsentierten in Göttingen laut Programmheft über 120 Aussteller ihre Arbeit, darunter schwerpunktmäßig deutsche Fachverlage zur Geschichtswissenschaft. Die Stände gaben Aufschluss über Trends und Neuerscheinungen der Geschichtswissenschaft, während Lektoren und Historiker – vielleicht der wichtigere Aspekt – Kontakte knüpften und pflegten oder neue Projekte besprachen. Das gedruckte Buch als Produkt ist dabei trotz aller Diskussionen um digitales Publizieren und Open Access noch längst nicht am Ende.1
Eigentlich eine gute Gelegenheit, um nachzufragen, wie die Arbeit einer Lektorin oder eines Lektors heute aussieht und welche Möglichkeiten es für den Berufseinstieg für Absolventinnen und Absolventen der Geschichtswissenschaft gibt. Michael Volkmer, Lektor und stellvertretender Programmleiter beim Bielefelder transcript Verlag, ist zwar kein Historiker sondern Soziologe und Philosoph, findet aber: „Historiker sind für Verlagsberufe grundsätzlich gut geeignet“, denn mit ihrem Studium gehe oft eine Affinität zum geschriebenen Wort einher. Da er die Herausforderungen für das Verlagswesen der Zukunft im Bereich der Digitalisierung sieht, sei es für am Verlagswesen interessierte Historikerinnen und Historiker vorteilhaft, über Informatikkenntnisse und eine gewisse Medienkompetenz zu verfügen. Insgesamt sei ein konstruktiver Umgang mit der Digitalisierung gefragt – der natürlich je nach Verlag unterschiedlich ausfallen könne.
Und wie kommt man an einen Job im Verlag? Darauf fällt die Antwort recht eindeutig aus: zunächst empfehlen sich studienbegleitende Praktika, nach dem Studienabschluss (meistens auf Masterniveau) folgt dann ein Verlagsvolontariat. Ein solches absolviert der promovierte Wirtschaftshistoriker Albrecht Franz gerade beim Franz Steiner Verlag in Stuttgart. „Bunt gemischt“ seien die Aufgaben während des zweijährigen Volontariats; Ziel sei es, alle Bereiche des Verlags – Programmplanung, Marketing, Vertrieb – kennenzulernen. Das Highlight kann dabei ein erstes eigenes Buchprojekt sein, welches von den ersten Gesprächen über das Manuskript bis zum Vertrieb umgesetzt werden muss. Allgemein gibt es für Volontariate im Verlagswesen keine Standards zu Ausbildungsinhalten und Gehalt, und auch die Dauer kann von sechs Monaten bis zu zwei Jahren betragen. Interessierte sollten ein Angebot also genau abwägen und vergleichen.2
Seine persönliche Motivation sieht Albrecht Franz in „der persönlichen Neigung zum Buch, zur Sprache, zum Text“. Besonders das Erlebnis des gedruckten Buches sei faszinierend und mache die Arbeit im Verlag durchaus zu einem Traumjob. Ähnlich sieht es auch Rabea Rittgerodt, Project Editor History bei De Gruyter Oldenbourg: „Thematisch kommt man nicht näher an das heran, was man studiert hat.“ Insofern sei die Tätigkeit für sie ein wirklicher „Glücksfall“. Rabea Rittgerodt betreut den Bereich Internationale Geschichte. Als wichtigste Fähigkeiten für angehende Lektorinnen und Lektoren sieht sie Sprachkompetenzen an; zunächst in der deutschen Sprache (inklusive Rechtschreibung und Grammatik), aber auch Fremdsprachenkenntnisse. Wichtig sei aber auch, sich im eigenen Fach gut auskennen, um auf Augenhöhe mit den Autoren kommunizieren zu können. Eine gute Arbeitsorganisation sei ebenfalls zentral, weil man durchaus 20 bis 30 Projekte gleichzeitig koordinieren müsse. Und die Berufschancen? Albrecht Franz sieht es so: „Ein Praktikum zu bekommen ist kein Problem, beim Volontariat geht es auch noch, aber dann wird die Luft dünner.“
Weitere Hinweise:
- Ich mach was mit Büchern (Initiative für eine stärkere Vernetzung der Buchbranche, u.a. Jobinterviews und Stellenangebote)
- Mareike Menne, Berufe für Historiker, Stuttgart 2010, S. 70-78 sowie Link- und Literaturhinweise im Begleit-PDF (Stand: Februar 2014)
- Interessant in diesem Zusammenhang war die Sektion „Digitalisierung der Geschichtswissenschaften: Gewinner und Verlierer?“, die als Livestream abrufbar ist.
- Negativbeispiel aus dem Literaturbereich: sechs Monate Volontariat bei 500 Euro Bruttolohn.
Quelle: http://beruf.hypotheses.org/37