Mit der Aufhebung des Edikts von Nantes am 18. Oktober 1685 durch den französischen König Louis XIV. wurde die freie Religionsausübung der Hugenotten, der französischen Protestanten bzw. Calvinisten, aufgehoben und eine massive Verfolgungswelle setzte ein. Daraufhin verließ eine große Zahl der Verfolgten Frankreich und suchte Zuflucht in der Schweiz und in Preußen, die ihre Glaubensbrüder, nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Gründen, häufig mit offenen Armen und weitgehender Unterstützung empfingen. Die Grafschaft Lippe war an den flüchtenden Hugenotten ebenfalls interessiert. Bereits 1682 hatte man in Lippe eine landesweite Collecte zur Unterstützung der bedrängten Protestanten in Frankreich durchgeführt. In der Person der Ehefrau des lippischen Grafen Simon Henrich (1649 – 1697), Gräfin Amalie (1644 – 1700), fanden die Hugenotten eine Fürsprecherin, die Kontakte in die calvinistischen Niederlande und nach Frankreich unterhielt. Für Lippe waren die Hugenotten natürlich aufgrund des nach dem 30jährigen Krieg und der münsterschen Invasion Lemgos 1675 stark in Mitleidenschaft gezogenen Landes eine Perspektive zur Peuplierung und zum wirtschaftlichen Wiederaufbau der Grafschaft. Gerade die Stadt Lemgo wurde als erfolgsversprechender Ansiedlungsort für eine Hugenottenkolonie ins Gespräch gebracht, da dort immer noch viele Häuser leer ständen.
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Flüchtlinge in Lemgo und Brake – ein historischer Rückblick (4)
Im Juli 1946 erging eine Anweisung des Kreisflüchtlingsamtes in Brake an die Stadt- und Dorfgemeinden im Kreis Lemgo. Die Flüchtlingsausschüsse in der bisherigen Zusammensetzung sollten aufgelöst und neugebildet werden. Bei der Neubildung sollten die Ausschussmitglieder nun zur Hälfte aus der ortsansässigen Bevölkerung und zur Hälfte aus gewählten Vertretern der Flüchtlinge bestehen. Auch in der Gemeinde Brake bildete sich daraufhin ein Flüchtlingsausschuss, der eine beratende Funktion für die politischen Gremien und die Verwaltung ausübte. Davor hatte es bereits Beschwerden einzelner Flüchtlingsvertreter gegen ihre Behandlung vor Ort gegeben.
Nach dem Landesflüchtlingsgesetz Nordrhein-Westfalens vom 2. Juni 1948 sollten durch die bei den politischen Gemeinden bestehenden Flüchtlingsbeiräte (als Nachfolger der Flüchtlingsausschüsse) Schlichtungsausschüsse gebildet werden. Diese Ausschüsse hatten die Aufgabe, Streitigkeiten zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, die sich aus der Unterbringung ergaben, gütlich beizulegen.
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Flüchtlinge in Lemgo und Brake – ein historischer Rückblick (3)
Bereits während des Zweiten Weltkriegs mussten sog. Evakuierte, häufig Frauen und Kinder, in Lemgo und Brake untergebracht werden. Dies geschah, wie später bei den Flüchtlingen und Vertriebenen auch, in Privathäusern und Privatwohnungen. Zur Einschätzung der Wohnraumsituation wurden Kommissionen gebildet, die systematisch den vorhandenen Wohnraum unter die Lupe nahmen und mögliche Kapazitäten festhielten. So auch in Brake 1943:
Die ankommenden Flüchtlinge und Vertriebenen wurden in einem Flüchtlingslager in der Grevenmarsch untergebracht. Dort existierten noch Baracken, die während des Krieges für Zwangsarbeiter (“Fremdarbeiter”) und Kriegsgefangene genutzt wurden. Lemgoer Firmen wie Hahn oder Wrenger hatten diese Baracken aufgestellt und dann nach dem Krieg anscheinend an die Stadt vermietet.
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Flüchtlinge in Lemgo und Brake – ein historischer Rückblick (1)
Die aktuellen Meldungen über die große Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern, die aus de Kriegs- und Krisengebieten im Nahen Osten oder Afrika nach Deutschland kommen, haben natürlich ihre historischen Vorläufer. Auch vor etwa 70 Jahren flohen Millionen von Menschen infolge von Krieg und Vertreibung.
Bereits während des Zweiten Weltkrieges wurden Deutsche aus den von Bombenabwürfen bedrohten Großstädten evakuiert und auf die ländlichen Gebiete des Reiches verteilt. Mit Ende des Krieges trafen die ethnischen Vertreibungswellen, die sich vorher von Seiten des Deutschen Reiches und der NS-Führung gegen ganze Bevölkerungsgruppen im östlichen Europa gerichtet hatten, auch die Deutschen selbst. Insbesondere aus Tschechien, Posen, Ostpreußen, Schlesien und weiteren Gebieten wurden diejenigen Deutschen, die nicht bereits vorher vor der anrückenden Roten Armee der Sowjetunion geflohen waren, systematisch vertrieben. Die Umstände der Vertreibung waren meist katastrophal. Die Menschen strandeten mit wenig bis gar keinem Besitz in den vier alliierten Besatzungszonen Deutschlands, wo sie in Sammellager gebracht und von dort auf die Kommunen verteilt wurden.
Lemgo erhielt relativ viele Flüchtlinge und Vertriebene, da hier keine wirklichen Kriegszerstörungen zu verzeichnen waren und die Versorgungslage gut war.
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