Zur Geschichte des Hospitals St. Martin in Linz (Teil 2: 1863-1971)


Das Hospital in den 1930er Jahren
Das Hospital in den 1930er Jahren

Geschichte des Hospitals Teil 1: 1461-1863

Der Aufgabenbereich der Schwestern hatte sich im Vergleich zu 1854 nicht geändert; auch gehörten sie weiterhin zur Gemeinde des Klosters zur schmerzhaften Mutter. Erst ab 1867 wurde das Hospital eine selbständige Filiale der Gemeinschaft auf Nonnenwerth. Einen besonderen Förderer hatte das Hospital in seinen Anfangsjahren in Bürgermeister Willibrord Thiesen (1856-71), der in seiner Eigenschaft als Vorsteher des Hauses unermüdlich Spenden für das Hospital sammelte, und dem seine Nachfolger im Amt in nichts nachstehen sollten. Im Winter 1867 ließ Thiesen im Hospital erstmals eine so genannte Suppenanstalt einrichten, die täglich rund 100 Portionen Suppe an Arme, unter ihnen viele Kinder, austeilte. In strengen Wintermonaten, in denen den Angehörigen der unteren Einkommensschicht kein (Neben-)Erwerb möglich war, entwickelte sich die Suppenküche zur unentbehrlichen Einrichtung.

Die früher an der unteren Ecke zur Hospitalstraße angebrachte  Heiligenfigur, heute im Stadtarchiv
Die früher an der unteren Ecke zur Hospitalstraße angebrachte Heiligenfigur, heute im Stadtarchiv

Auch im ausgehenden 19. Jahrhundert war der Betrieb eines Hospitals ohne Geld- und Sachspenden kaum möglich. Wie dürftig das Inventar des Hospitals anfangs war, zeigt die Freude der Schwestern über die Gabe einer Wohltäterin, die 1864 dem Haus „für jeden Pflegling und für die Kinder je eine wollene Decke und ein Deckbett mit Wollflocken [schenkte], nun brauchten sie doch nicht mehr zu frieren“.

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Quelle: http://archivlinz.hypotheses.org/608

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Zur Geschichte des Hospitals St. Martin in Linz (Teil 1: 1461-1863)


Posten der Stadtrechnung von 1465/66, als Zimmerleute „uff dem hospitaill gearbeyt eynen dach an tzo brochen betten“.
Posten der Stadtrechnung von 1465/66, als Zimmerleute „uff dem hospitaill gearbeyt eynen dach an tzo brochen betten“.

Bis weit in die Neuzeit hinein stellte die Großfamilie das soziale Netz der Gesellschaft dar, garantierte sie ihren Mitgliedern doch im Normalfall ein Leben lang Fürsorge bei Krankheit oder im Alter. Für bedürftige allein stehende Personen wie Witwen oder Witwer, Waisenkinder und sonstige Menschen ohne Angehörige, die häufig in oder am Rande der Armut lebten, sorgten seit dem Mittelalter Stadt und Kirche mittels Stiftungen und Armenfonds. An der Schwelle zur Armut lebte auch ein beträchtlicher Teil der werktätigen Gesellschaft; viele Tagelöhner, Knechte und Mägde und ebenso ein Teil der Handwerker und Ackerbauern konnten ihr Auskommen nur durch zusätzlichen Nebenerwerb sichern. Die Armenstiftungen wurden stets mit Almosen und Schenkungen reicher Bürger, oft im Zusammenhang mit Testamenten und in der Hoffnung auf Fürbitte durch die Armen, großzügig bedacht und wiesen daher einen umfangreichen Besitz an Geld- und Sachwerten auf, der durch Geldgeschäfte wie Darlehen und Hypotheken noch vermehrt wurde. Die Verwaltung des umfangreichen Besitzes des städtischen Linzer Hospital- und Armenwesens war für die Administratoren nicht immer leicht zu bewältigen, so dass zum Ende des 17. Jahrhunderts die Überprüfung der Besitztümer und die Erstellung eines neuen Hauptrentbuches nötig wurde. Mittels der Erträge wurden nicht nur die Bedürftigen der eigenen Stadt, sondern mitunter auch in Not geratene Nachbarorte unterstützt. Ein Teil der Einkünfte aus den Armenfonds diente zur Unterbringung Bedürftiger in eigens dafür bestimmten Häusern, den so genannten Hospitälern.

Ehemalige Herberge "Zum Heiligen Geist", heute Marktplatz 23 (rechts im Bild)
Ehemalige Herberge “Zum Heiligen Geist”, heute Marktplatz 23 (rechts im Bild)

Die ursprüngliche Funktion eines Hospitals oder, wie es ebenfalls bezeichnet wurde, Gasthauses war neben der Pflege Kranker die Beherbergung Armer und vor allem Durchreisender, häufig Pilger. Alte Menschen konnten zudem bei entsprechender finanzieller Gegenleistung (weshalb sie mitunter auch als „Pfründner“ bezeichnet wurden) ihren Lebensabend in der Fürsorge des Hauses verbringen. Europaweit waren diese Häuser meist nach dem Beschützer der Armen, dem Heiligen Geist, benannt. So gab es auch in Linz ein Hospital „Zum Heiligen Geist“, das Haus stand auf dem Marktplatz und wird 1570 erstmals urkundlich erwähnt, als der Offizial und Dechant von Wetzlar im Zuge der Visitation des Trierer Erzbischofs hier absteigt. 1602/03 übernachten dort Mitglieder des Domstifts, 1627/28 findet die Versammlung der Eintracht dort statt. Während des 30-jährigen Kriegs beherbergte der Wirt Hermann Salzfaß dort 40 schwedische Offiziere auf Kosten der Stadt. Es muss jedoch schon früher ein solches Haus in Linz existiert haben, denn 1461 gab Bürgermeister Johann Bischof d. Ä. (1461-62) zur Unterstützung des Hospitals einen Karren Holz. Die Lokalisierung dieses Hospitals „am Geistenberg zwischen Stadtmauer und Bethlehemsgasse oberhalb des Leetores“ identifiziert das Haus als Vorgänger des späteren Hospitals und Altenheims St. Martin. Für weitere Herbergen in der Brüdergasse oder bei einem der Stiftshöfe gibt es keine direkten urkundlichen Belege, die Existenz lässt sich nur vermuten. In französischer Zeit befand sich vorübergehend ein Hospital in der Linzer Burg. 1602 wird das Martinus-Hospital in Zusammenhang mit einer Bausache des Zöllners Hans Dietrich Mohr erwähnt. Ab Mitte 1641 erfolgte ein Neubau an gleicher Stelle, nachdem der gräflich-isenburgische Rat und Schultheiß zu Linz, Reusch, dem Offizial zu Koblenz, Flade, ein entsprechendes Gesuch des Stadtrats übermittelt hatte, das dieser nach wenigen Wochen genehmigte. Im Zuge dieses Neubaus dürfte auch die Benennung der angrenzenden Gasse in Hospitalsgasse (heute Hospitalstraße) erfolgt sein.

Lageplan des Hospitals, 1902
Lageplan des Hospitals, 1902

Die Leitung des Hauses hatten die Hospitalmeister und Armenprovisoren inne, denen wiederum der Rat der Stadt vorstand. Dieser hatte auch über Aufnahmeanträge zu entscheiden, die nicht selten abgelehnt wurden. Arme, die keine Aufnahme in das Hospital fanden, erhielten stattdessen Geld aus dem Armenfonds der Stadt und wurden zudem als so genannte Hausarme von den Bürgern in ihren Häusern unterstützt. So zahlte 1688 der Linzer Zöllner Marcus Ignatius Flöckher auf Anweisung des Kölner Kurfürsten Maximilian Heinrich von Bayern (1650-88) der Witwe Heribert Ulligs jeden Sonntag eine testamentarisch verfügte Schenkung von 7 Raderschillingen aus den Zollgefällen aus. Der Bürger Wilhelm Kriekell erhielt 1765 2 Reichstaler aus dem Armenfonds. Der Unterhalt des Hospitals erstreckte sich auf die Instandsetzung des Hauses und des Inventars (so 1465/66, als der Magistrat 3 Mark für Zimmerleute ausgab, die „uff dem hospitaill gearbeyt eynen dach an tzo brochen betten“, also einen Tag lang zerbrochene Betten wiederhergestellt hatten, oder 1480/81, als 11 Mark 8 Schilling für Leintuch ausgegeben wurden) sowie der Insassen bis zu ihrem Tode: 1462/63 oder auch 1470/71 finanzierte der Rat mit je 11 Schilling die Beisetzung von zwei im Hospital verstorbenen armen Frauen.

Manuale Obligationum der Armenverwaltung zu Linz, 1735-62
Manuale Obligationum der Armenverwaltung zu Linz, 1735-62

Den Armenprovisoren oblag auch die Aufsicht über die Bettelei. Zum Betteln berechtigt war nur, wer als „Ausweis“ ein Armenbrot oder „Schild“ mit sich führte. 1728 waren dies 30 Personen, meist Witwen aus den umliegenden Dörfern. Krankheit oder körperliche Gebrechen führten oft unweigerlich in die Armut, wie das Schreiben einer Linzer Bürgerin an die Armenverwaltung aus dem Jahr 1847 zeigt: Nach dem Verlust ihres Augenlichts durch einen Unfall ist die allein stehende Dienstmagd arbeits- und somit obdachlos und muss um Aufnahme in das Hospital bitten.

Die große Zahl an Bedürftigen zog zwangsläufig beengte Verhältnisse und eine daraus resultierende mangelhafte Versorgung der Insassen des Hospitals nach sich. Da auch die Betreuung der Kranken und Pflegebedürftigen in der Stadt zu wünschen übrig ließ, erwarb die Armenverwaltung 1844 die Gebäude des ehemaligen Servitessenklosters mit dem Ziel, dort ein Krankenhaus einzurichten. Das 1802 säkularisierte Kloster sollte 1819 zur preußischen Kaserne umfunktioniert werden, konnte nach Intervention des Apostolischen Vikars in Ehrenbreitstein und späteren Bischofs Josef von Hommer (1824-1836) jedoch durch Linzer Bürger ersteigert werden. Der Plan von einem städtischen Krankenhaus ließ sich jedoch aufgrund der hohen Kosten zunächst nicht realisieren. Auch die Absicht von Schwester Ignatia Külpmann, 1848 in den Klostergebäuden ein Krankenhaus mit Heim für Waisenkinder zu betreiben, scheiterte am plötzlichen Tod der Klosterfrau. 1854 schließlich übernahmen die Franziskanerinnen von der Buße und der christlichen Liebe, so der vollständige Name der Kongregation, von ihrer Niederlassung auf Nonnenwerth aus das Kloster zur schmerzhaften Mutter.

Erste Seite der Chronik des Hospitals St. Martinus
Erste Seite der Chronik des Hospitals St. Martinus

Von dieser Niederlassung ausgehend arbeiteten die Schwestern teils in der ambulanten Krankenpflege, d.h., sie machten Hausbesuche und übernahmen Nachtwachen bei den Kranken der Stadt, und teils im Hospital St. Martin, wo neben Kranken auch Arme, Alte und Waisenkinder betreut wurden. 1860 wurde die Tätigkeit der Schwestern im Hospital zunächst unterbrochen, da sich die Konzentration der Schwestern auf die Einrichtung einer Anstalt für geisteskranke Frauen im Linzer Kloster sowie die Übernahme der Elementarschule richtete. Doch bereits 1863 konnte die Generaloberin Mutter Aloysia Lenders einen Vertrag mit der Linzer Armenverwaltung schließen, in dem sie sich verpflichtete, Schwestern für das Hospital abzustellen, welche die alten Männer, Frauen, Kranken und Waisenkinder, die sich dort aufhielten, zu verpflegen, d.h., zu beköstigen und für Wäsche und Reinigung des Hauses zu sorgen. Die Verwaltung verpflichtete sich ihrerseits, für jede Schwester 60 Taler, für jeden Hospitalisten vier Silbergroschen und für jedes Waisenkind drei Silbergroschen zu zahlen. Am 1. November 1863 trafen die ersten vier Schwestern in Begleitung von Mutter Josefa aus [Mönchen]Gladbach ein. Später sollte sich die Zahl auf bis zu neun Ordensfrauen erhöhen.

– nach: Andrea Hartwig, Zur Geschichte des Hospitals St. Martin in Linz am Rhein, Linz am Rhein 2004.

Quelle: http://archivlinz.hypotheses.org/586

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