Von der Verwaltung des Gemeineigentums: Inventarnummern im Kibbuz

Der 1922 geborene Lutz Kann emigrierte 1939 mit seiner Schwester nach Haifa; in seiner von Gabriele Goettle kolportierten Schilderung berichtet er von seiner Aufnahme in einem Kibbuz, in dem er zwei Jahre lang leben sollte:

Der Kibbuz, der uns aufgenommen hat, ist in den 20er Jahren von linken russischen Einwanderern gegründet worden. Das war der größte Kibbuz. Wir bildeten da drin eine kleine Einheit. Der Kibbuz war ja nicht so wie heute, wo es viel Komfort gibt. Jeder von uns hat erst mal ein Zelt bekommen, ein eisernes Bett und einen Strohsack, es gab kaum Matratzen. Manchmal waren es zu wenig Zelte, sodass ein verheiratetes Paar noch einen dazunehmen musste. Alle waren mittellos. Das hat man ohne Murren hingenommen, du hast gewusst, der Kibbuz baut auf einem Hauptprinzip auf, der Solidarität. Du gibst, was du kannst.

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Quelle: http://nummer.hypotheses.org/73

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TwitterInterviews in der Lehre – wieso, weshalb, warum?

4619406154_eac7b86066_zDie Betreuenden von „Uni Wien bloggt“ haben mich vor kurzem gebeten, auf dem Universitäts-Blog über den Einsatz von Sozialen Medien in meinen Seminaren zu berichten. Das habe ich mit dem Beitrag „Science 2.0 in der Lehre: Von Blogs, TwitterInterviews und Piratenpads“ gerne getan. Neben den im Titel erwähnten Pads für das gemeinsame Protokollieren und dem Wissenschaftsblog digitale:geschichte habe ich dort auch über unseren kollaborativ betreuten Twitteraccount @DH_UniWien sowie kurz unter der Überschrift „Neue Formate ausprobieren“ über das Twitternterview berichtet, dass wir mit @digitalpast durchgeführt haben:

Im Rahmen des Methodenkurses zur „Public History“ hat die Studentin Maddalena Vrhovec ein TwitterInterview durchgeführt: Befragt wurden die Verantwortlichen des Projekts @digitalpast zu ihrem Twitterprojekt „Heute vor 70 Jahren“, in dessen Rahmen derzeit das Kriegsende in Deutschland auf Twitter gruppiert um „Ereignisinseln“ nacherzählt wird. Das Interview wurde anschließend mit Storify gespeichert und lässt sich jetzt bei uns auf dem Blog nachlesen.

Daraufhin entspann sich durch die Nachfragen von Jan Keupp in den Kommentaren ein Austausch über Sinn und Unsinn bzw. Grenzen dieses Formats. Dabei zeigte sich gleichsam als Nebenprodukt einmal mehr, wie sinnvoll Blogs für solche Diskussionen sind, entstand doch eine echte Diskussion, wenn gleich stark verzögert, weil das Freischalten der Kommentare auf dem „Uni-Wien-bloggt-Blog“ länger dauert, als wir es gewohnt sind, und man nicht per Mail über neue Kommentare informiert wird.

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Quelle: http://dguw.hypotheses.org/212

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Besuch im Digitalisierungszentrum der Österreichischen Nationalbibliothek

OENB_EingangAm 16. April 2015 besuchten wir im Rahmen des Methodenkurs das Digitalisierungszentrum der Österreichischen Nationalbibliothek. Fotos durften wir dort leider nicht machen, nur später im Prunksaal, in dem wir im Anschluss die Ausstellung „Wien 1365. Eine Universität entsteht“ besuchten. Durch die Abteilung Digitale Services (ADS) führte uns sehr sachkundig und anregend die Leiterin der Abteilung, Christa Müller. Die Abteilung ist in einem großen Raum mit Tageslicht untergebracht. Vier Scanstationen unterschiedlicher Größe stehen dort. Hier werden neben den Repro-Aufträgen durch die Leserschaft vor allem wertvolle Bücher, Karten, Papyri, alte Drucke sowie die Unterlagen aus dem Literaturarchiv digitalisiert.

Die ADS wurde 2007 mit der Microfilmstelle zusammengeführt und konnte zwei bibliothekarische Hauptaufgaben verbinden: Schutz des Bestandes durch das Erstellen von Schutzdigitalisaten einerseits sowie das Zugänglichmachen des Bestandes durch die Online-Bereitstellung andererseits.

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Quelle: http://dguw.hypotheses.org/189

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Fünf Herausforderungen digitaler Methoden, oder: Ranke re-visited: digital herausfinden, „wie es eigentlich gewesen“?

tagcrowdNachdem wir uns in der Einleitung mit Methoden generell auseinandergesetzt haben, geht es weiter mit den digitalen Methoden und den Herausforderungen, vor die sie die Geschichtsschreibung stellen. Rieder und Röhle1 zählen in ihrem grundlegenden Beitrag fünf Herausforderungen auf, von denen drei hier näher vorgestellt werden:

1. Die Verlockung der Objektivität

Die erste Herausforderung besteht laut den Autoren darin, dass durch den Einsatz von „unbestechlichen“ Maschinen und Computern Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Digital Humanities „objektiv“ erscheinen können. Das ist konträr dazu, dass die Geisteswissenschaften Disziplinen sind, in denen es um interpretatives Wissen und weniger um verifizierbares Wissen geht. Es könnte die Versuchung entstehen, ähnlich wie in den Naturwissenschaften zu objektivierbaren Ergebnissen kommen zu wollen, womit an den Wunsch nach „Wahrheit“ aus dem 19. Jahrhundert anknüpft wird. Die Gefahr besteht darin, im Anschluss an Ranke digital herausfinden zu wollen, „wie es eigentlich gewesen“.

Dabei handelt es sich freilich um ein Missverständnis, das darauf begründet ist, dass Maschinen manche Aufgaben schneller und genauer erfüllen können als Menschen. So entsteht die Vorstellung, dass Computer „wahre“ Ergebnisse liefern, die epistemologisch auf einem höheren Status stehen als eine von Forschenden erstellte Interpretation. So wird leicht vergessen, dass die Genauigkeit der Fragestellung, die Modelle und Vorannahmen, die der Forschung zugrunde liegen, menschlich gemacht sind und damit interpretiert und subjektiv.

Rieder/Röhle weisen darauf hin, dass uns die Faszination für die Objektivität des Computers nicht davon abhalten sollte, Werkzeuge und Software genau zu analysieren und die ihnen zugrunde liegenden Entscheidungen freizulegen. Die Forschung ist darauf angewiesen, dass Vorannahmen, Algorithmen und Modelle als methodische Grundlagen für ein Projekt oder eine Fragestellung transparent gemacht werden.

2. Die Macht des visuellen Beweises

Viele DH-Werkzeuge produzieren ein visuelles Ergebnis, z.B. Netzwerkanalysen, Zeitleisten, angereicherte Karten. Diese haben zumeist auch ästhetische Qualitäten, die sie zu mächtigen argumentativen Werkzeugen machen. Wie kann man diese rhetorischen Qualitäten von Abbildungen und Visualisierungen und ihre argumentative Macht kritisch hinterfragen?

Rieder und Röhle weisen darauf hin, dass Visualisierungen manche Aspekte eines Phänomens sichtbarer machen als textliche Darstellungen, da sie eine reduzierte Repräsentation der beobachteten Wirklichkeit sind. Die Reduzierung entspricht einem Bedarf, Informationen und Dimensionen zu verkleinern, so dass sie überhaupt abbildbar werden, zum Teil in Abhängigkeit von graphischen Bedingungen wie Bildschirmgröße, Auflösung etc. Manchmal sind es technische Bedingungen, die zu einer Reduktion führen, manchmal wird aber auch manipuliert, was in keinem Bereich mittlerweile so offensichtlich sein dürfte wie bei Bildern (Stichwort Photoshop).

Manche Informationen werden in Visualisierungen ganz weggelassen: Durch die Reduzierungen und Auslassungen werden einige Interpretationen und Schlussfolgerungen plausibler als andere. Denn Visualisierungen können trotz der Reduzierung ein sehr großes argumentatives Gewicht haben. Darin liegt ein zweiter Grund für ihre Autorität. Numerische und visuelle Darstellungen werden viel einfacher als Beweis akzeptiert als Text, der eher als argumentativ wahrgenommen wird. Das hängt mit der Produktion des Arguments zusammen. Während man ein textbasiertes Argument recht schnell in sein Gegenteil umwandeln kann – und sei es nur als advocatus diaboli – ist das bei Statistiken, bei Visualisierungen nicht möglich. Quantitative Ergebnisse können nicht umgedreht werden. Man kann ihre Erhebung anzweifeln und man kann sie gegebenenfalls auch unterschiedlich interpretieren. Aber ihre reine Darstellung gilt als Fakt. Sie überrumpeln die Forschenden gleichsam, die Visulisierungen damit weniger hinterfragen oder deren inhärenten Erklärungen kritisch reflektieren.

worditoutAls Ausweg aus diesem Dilemma schlagen Rieder und Röhle nach Bettina Heintz2 eine prozessbasierte Herangehensweise an wissenschaftliche Bilder vor: Man solle sie als momentanen Ausdruck eines fortlaufenden Prozesses präsentieren, der noch weiterläuft. Dadurch würde der methodische Fokus auf die Phase vor Schaffung des Bildes gelenkt und damit auf die Entscheidungen und Reduktionen, die während der Produktion stattgefunden haben. Ebenso wird die Phase nach der Präsentation deutlich: die Notwendigkeit, die Ergebnisse zu interpretieren, zu vergleichen, Fragen zu stellen über Gültigkeit, Generalisierbarkeit und vor allem über die Bedeutung der Visualisierungen. Dies ist freilich nicht unumstritten, da ein Bild nach anderer Meinung eher zum Nachdenken über den Inhalt als über Grafik-Design oder Methodik anregen soll.

3. Blackboxing

Die dritte Herausforderung betrifft die technologische Untermauerung und wie sich die Geisteswissenschaftler dazu stellen. Indem digitale Methoden geschaffen werden, werden heuristische Prozesse mechanisiert, wobei methodologische Überlegungen in technische Form gegossen werden. Inhalte werden formalisiert in Datenstrukturen, Algorithmen, Arten der Darstellung und Möglichkeiten der Interaktion. Diese sind nicht unbedingt immer transparent oder verstehbar. Transparenz bedeutet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, die Methode nachvollziehen zu können: wie sie funktioniert, auf welchen Vorüberlegungen sie beruht, sie reproduzieren zu können und sie kritisieren zu können. Es gelte daher, die Labor-Blackbox offen zu legen: den Code der digitalen Werkzeuge zu veröffentlichen, „code literacy“ zu lehren und zu lernen, um den Code lesen und verstehen zu können – womit wir wieder bei der Frage sind, ob HIstoriker programmieren können müssen. Dennoch bleibt dann, so Rieder und Röhle, immer noch ein Teil an Ergebnissen bleibe, der mit statistischen Konzepten nicht zu verstehen sei. Als Beispiel nennen Rieder und Röhle, dass zwei verschiedene Visualisierungsprogramme zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, da sie nicht unbedingt dieselben Verbindungen in einem Netzwerk prominent darstellen.

Im Seminar probieren wir das auf einer unteren Eben aus, indem wir den Ankündigungstext des Methodenkurses in zwei unterschiedlichen Wordcloud-Tools darstellen lassen und anschließend diskutieren. Die Ergebnisse sind hier abgebildet und sie zeigen, wie verschieden die Clouds tatsächlich wirken, zumal das erst Tool über die Spracheinstellung automatisiert Stoppwörter wie “der”, “die”, “das” rausfiltert, die zweite nicht3.

Der Vollständigkeit halber seien auch die zwei weiteren von Rieder und Röhle genannten Herausforderungen aufgezählt, ohne diese hier weiter auszuführen:

4.) Institutionelle Störungen: Auswirkungen auf die Forschungslandschaft

5.) Streben nach Universalismus kommt zurück

Zusammenfassend plädieren Rieder und Röhle dafür, einen neuen Methodenstreit zu vermeiden. Stattdessen sollten Wissenschaftlerinnen, die digitale Methoden verwenden, ihre methodische Entscheidungen explizit und transparent machen, etwa in projektbegleitenden Websites.

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Abbildungen

Wordcloud 1 mit TagCrowd.com erstellt (mit Spracheinstellung)

Wordcloud 2 mit WordItOut erstellt (ohne Spracheinstellung)

Literatur

Rieder, Bernhard, Röhle, Theo: Digital Methods: Five Challenges, in: David M. Berry (Hg.), Understanding Digital Humanities, Houndmills 2012, S. 67-84.

Alves, Daniel: Introduction, in: Digital Methods and Tools for Historical Research: A Special Issue. International Journal of Humanities and Arts Computing, Bd. 8, Heft 1 (April 2014). [Paywall: http://www.euppublishing.com/toc/ijhac/8/1]

  1. Rieder, Bernhard, Röhle, Theo: Digital Methods: Five Challenges, in: David M. Berry (Hg.), Understanding Digital Humanities, Houndmills 2012, S. 67-84.
  2. Bettina Heintz, Zahlen, Wissen, Objektivität: Wissenschaftssoziologische Perspektiven, in: A. Mennicken, H. Vollmer (Hg.), Zahlenwerk. Kalkulation, Organisation und Gesellschaft, Wiesbaden 2007, S. 65-86.
  3. Eine Übersicht zu Word-Cloud-Tools gibt es hier: http://praxistipps.chip.de/word-clouds-kostenlos-online-erstellen-die-besten-webseiten_30199

Quelle: http://dguw.hypotheses.org/115

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