Vom Segen der Digitalisierung oder Wieviel Vergangenheit verträgt die Gegenwart?
Zwei Gedächtnisinstitutionen haben sich während der ersten Woche der Summer School mit ihren Digitalisierungsstrategien vorgestellt: die SLUB – Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek und die Sammlungen der TU Dresden. Bei beiden stellt die digitale Erfassung der Bestände aktuell ein zentrales Vorhaben dar, wenn auch die Umsetzung recht unterschiedlich ausfällt – die Ausstattung, sowohl personell als auch materiell – setzt Grenzen.
Auffällig ist die Faszination, die für die Mitarbeiter dieser Einrichtungen von den Möglichkeiten einer digitalen Sammlung ausgeht. Man könnte es fast als Heilsversprechen bezeichnen: Wenn erst einmal alle Bestände als Datensatz vorliegen, kann man endlich bisher unentdeckte Schätze bergen, neue Zusammenhänge herstellen, sich neue Öffentlichkeiten erschließen. Wissenschaftler weltweit können zu ihren spezifischen Fragen Antworten finden, die vormals, im analogen Zeitalter unmöglich gewesen wären.
Die Arbeit an der digitalen SLUB ist in der Tat beeindruckend: Ein Dutzend Mitarbeiter scannt Bücher und schafft das digitale Pendant zum Originaldruck aus dem 18. Jahrhundert. Und trotzdem beschlich mich ein etwas unangenehmes Gefühl beim Anblick der Bücherregale, die gerade bearbeitet werden: Wird das alles jemals gebraucht und von wem? Verlieren wir uns im Versuch, die Vergangenheit in Gänze auf Servern abzulegen und wo bleibt bei diesem Vorhaben die Gegenwart? Was passiert mit den Daten in zehn, zwanzig, fünfzig Jahren, wenn die Technik fortgeschritten ist und wir wiederum vor der Aufgabe stehen, bereits produziertes Kulturgut aus veralteten digitalen Strukturen zu bergen und neu zugänglich zu machen?
Es steht außer Frage, dass sich Einrichtungen wie die SLUB und TU Dresden den aktuellen Entwicklungen nicht verschließen dürfen. Zu viel überlassen kulturelle Einrichtungen bereits privaten Unternehmen wie Google. Oftmals bleibt ihnen nur, mit einigen Jahren Verspätung deren Neuerungen nachzuholen. Daher wäre es umso wichtiger, kreativ und vielleicht auch ein wenig risikofreundlicher an die Aufgabe Wissensvermittlung mittels Digitalisierung heranzugehen. Vermisst habe ich bei beiden Einrichtungen Pilotprojekte, die jenseits bekannter Pfade die Potentiale digitaler Informationsangebote aufzeigen möchten.
In der realen Welt sind Bibliotheken und Sammlungen als Institutionen und letztlich Gebäude zentrale Orte einer Stadt, eines Landes. Im digitalen Raum, im Internet stehen sie gleichberechtigt neben privaten Anbietern, z.B. aus der Unterhaltungsindustrie. Sichtbar ist in Zukunft nur, wer auch dort zu finden ist – und genutzt wird. Sich hier zu positionieren, ist eine Herausforderung speziell für öffentliche Bildungs- und Kultureinrichtungen und ich bin gespannt, welche Wege sie dabei gehen.
Quelle: http://dss.hypotheses.org/573
AG Digitale Geschichtswissenschaft gegründet
Die Weiterentwicklung und Transformation der Fachwissenschaften in einer digitalen Umwelt bedürfen der gezielten Förderung durch die und der Verankerung in den Fachverbänden. Die Geschichtswissenschaften sind hier auf einem sehr guten Weg. Nach einigen vorbereitenden Treffen und Aktivitäten interessierter Wissenschaftler ist am Dienstag, den 25.9.2012 von der Mitgliederversammlung des Verbandes der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) einmütig die Gründung einer “Arbeitsgemeinschaft Digitale Geschichtswissenschaft” beschlossen worden. Diese traf sich im Rahmen des 49. Deutschen Historikertages am Freitag, den 28.9. zu ihrer konstituierenden Sitzung.
Im Vergleich zu anderen Institutionalisierungbestrebungen im Bereich der digitalen Wissenschaften verlief hier alles reibungslos und unkompliziert: Der Name der AG war vom Verband gesetzt und brauchte deshalb nicht diskutiert zu werden. Die Mitgliedschaft ist dadurch geklärt, dass jedes VHD-Mitglied an der AG teilnehmen kann. Der Verband stellt zudem den Rahmen einer Grundordnung für Arbeitsgruppen im VHD zur Verfügung, so dass auch diese nur noch ausgefeilt werden musste. Wie im Jahr 2012 angebracht, wurde diese Aufgabe noch in der konstituierenden Sitzung in einem kollaborativen Abstimmungs- und Schreibprozess erledigt. Dabei wurden einige Formalia geklärt und der inhaltliche Zweck der AG soweit umrissen, wie es für eine Geschäftsordnung sinnvoll ist, die die konkrete Ausgestaltung der zukünftigen Arbeit überlassen muss. Dem Verband zur Zustimmung wird dazu vorgelegt werden: “Der Zweck der AG besteht in der Intensivierung der fachlichen Kommunikation, dem Austausch über technische und inhaltliche Standards, über Möglichkeiten der Nachwuchsentwicklung in und für diesen Bereich, der Veranstaltung gemeinsamer Tagungen sowie der Diskussion und Vertretung spezieller Interessen der an diesem Bereich interessierten Historikerinnen und Historiker innerhalb der Wissenschaft, insbesondere gegenüber Politik, Drittmittelgebern, Archiven, Museen und Bibliotheken, Verlagen und Medien sowie der allgemeinen Öffentlichkeit”.
Die Arbeit der AG wird durch ein Komitee organisiert, für das zunächst sechs Mitglieder gewählt wurden, die neben den Fachwissenschaften im engeren Sinne auch das engere Umfeld der Bibliotheken, Archive und Museen repräsentieren sollen. Zur Sprecherin bzw. stellvertretenden Sprecherin wurden mit Prof. Simone Lässig und Prof. Charlotte Schubert einmütig die Kolleginnen gewählt, die nicht nur die konstituierende Sitzung geleitet, sondern auch im Vorfeld der Gründung besonders aktiv gewesen sind. Man darf gespannt sein, welche segensreichen Aktivitäten die Arbeitsgemeinschaft in Zukunft entfalten wird.

Simone Lässig und Charlotte Schubert moderieren einen kollaborativen Schreibprozess und werden anschließend zur Sprecherin bzw stellvertretenden Sprecherin der AG Digitale Geschichtswissenschaft gewählt.
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=922
Stimmen der Kulturwissenschaften mit Matthias Röhr über die Ursprünge des Chaos Computer Clubs
Anfang der 1980er Jahre gründete eine kleine Gruppe um den charismatischen Wau Holland in Berlin/Hamburg eine “galaktische Vereinigung ohne feste Strukturen” – mittlerweile zählt der Chaos Computer Club zu den wichtigsten Vereinen, was die Themen Netz, Technik und Gesellschaft betrifft. Der Historiker Matthias Röhr hat zu den Ursprüngen des CCC geforscht und er erzählt in dieser Episode, wie die Ideen des Hackings und Phreakings im alternativen Milieu Deutschlands der 1980er Jahre Fuß fassten und zur Entstehung des Chaos Computer Clubs führten.
SdK 42: Matthias Röhr über die Anfänge des Chaos Computer Clubs
#kgd_nwt | Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik | PH Ludwigsburg | 2.-4. Oktober 2012 | Sektion: Vernetzung – Geschichte in den digitalen Medien
An der PH Ludwigsburg fand vom 2. bis 4. Oktober 2012 die Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik Neue Wege, Themen, Methoden statt, auf der über zwanzig Nachwuchsprojekte vorgestellt wurden (s. tweets unter #kgd_nwt). Die Beiträge behandelten mehrheitlich empirische und pragmatische Forschungsvorhaben; Schwerpunkte waren (lt. Sektionstiteln) geschichtskulturelle Aspekte, historisches Vorwissen, digitale Medien, Inklusion, Filme sowie Aspekte inter- und transkulturellen historischen Lernens.
Die Sektion Vernetzungen – Geschichte in den digitalen Medien und ihre Nutzung für das historische Lernen, die hier kurz zusammengefasst werden soll, eröffnete Manuel Altenkirch (Heidelberg), der sein Konzept zur empirischen Erforschung der Wikipedia vorstellte. Um die Frage zu beantworten, wie Wikipedia-Artikel mit historischen Inhalten, die aufgrund ihrer häufigen Nutzung inzwischen von großer geschichtskultureller Bedeutung sind, zustande kommen und welche Konstruktionsprozesse historischer Narrationen sich vollziehen, hat Altenkirch erstens Wikipedia-Einträge, die Versionsgeschichte und die Diskussionsseiten auf breiter empirischer Basis untersucht sowie zweitens Wikiedia-Autoren typologisiert. Jonathan Peter (Kassel) untersucht in privater Initiative geschaltete französischsprachige Internetseiten, die den Zweiten Weltkrieg beispielsweise mit Blick auf Familiengeschichten, regional bedeutsamen Ereignisse oder Militaria thematisieren. Sein Projekt will deren geschichtskulturelle Bedeutung als „Kampf um Erinnerung im WWW“ untersuchen. Ulf Kerber (Karlsruhe) stellte ein Konzept historischer Medienkompetenz vor und brachte Modelle zu historischen Lernprozessen mit Konzepten aus der Medienpädagogik in Deckung. Seine These, dass es zwar begriffliche Unterschiede, dennoch weitreichende konzeptuelle Überschneidungen gibt, lässt sich in die Diskussion einreihen, ob und wie sich der geschichtsdidaktischen Medienbegriff angesichts des digitalen Wandels verändern könnte. Zweitens stellte Kerber das Projekt an der PH Karlsruhe DisKAver zum mobilen e-Learning vor. Alexander König (Saarbrücken) referierte über sein Projekt zur empirischen Analyse von Webquests, die Aufgabenformate zum Lernen mit Internet-Ressourcen vorgeben. König nimmt unter Zugrundelegung des Kompetenz-Modells nach Gautschi eine qualitative und quantitative Analyse zahlreicher im Netz verfügbar Wequests vor. Schließlich berichtete Christoph Pallaske (Köln) von der Entwicklung der Lernplattform segu und möglichen empirischen Forschungsstrategien zum offenen Geschichtsunterricht.
Das Themenspektrum zeigt erstens, dass – wie Sektionsleiter Marko Demantowsky (Basel) bilanzierte – der digitale Wandel in der Geschichtsdidaktik endgültig angekommen ist. Der Aspekt der Vernetzung wurde in der Sektion nicht thematisiert; dazu ist anzumerken, dass die geschichtsdidaktischen Nachwuchsprojekte und -akteure über Blogs und social media nicht nur gut vernetzt sind, sondern auch in verschiedenen Projekten und Veröffentlichungen kooperieren. Die fünf vorgestellten Projekte zielten auf aktuelle Fragen des digitalen Geschichtslernens: erstens die grundsätzliche Diskussion eines geschichtsdidaktischen Medienbegriffs, zweitens neue Formen historischen Erzählens, drittens eine stärkere Hinwendung zu geschichtskulturellen Themen sowie viertens die durch Lernen mit digitalen Medien stärkere Subjektorientierung und neue methodische Konzepte. In der Sektion wurde auch das auf der Nachwuchstagung häufig gehörte Problem deutlich, zielorientierte empirische Forschungsdesigns zu entwickeln, beispielsweise historische Kompetenzen bezüglich konkreter Forschungsfragen zu operationalisieren und mittels geeigneter Parameter zu messen.
empfohlene Zitierweise Pallaske, Christoph (2012): #kgd_nwt | Nachwuchstagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik | PH Ludwigsburg | 2.-4. Oktober 2012 | Sektion: Vernetzung – Geschichte in den digitalen Medien. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 4.10.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1214, vom [Datum des Abrufs].
Archivalia, Open Access und die Reaktion auf Polemik
Ich finde es ja äußerst schade, dass Peter Haber und Oldenbourg auf Klaus Grafs substanzielle Beiträge für ihren Historyblogosphere-Band (für den ich auch einen Artikel eingereicht habe) verzichten wollen, was dort geplant gewesen wäre, wie eine Erörterung der Frage, ob man Bilder lebender Personen veröffentlichen darf, ist doch zu wichtig, als dass in einem anderen Zusammenhang geäußerte, wie bei Graf üblich im Modus der Polemik formulierte Kritik zum Anlass für eine Ablehnung genommen werden sollte. Sicher kann man sich an Formulierungen wie Geschreibsel und später dann Schleim stoßen und diese für unangemessen halten, aber diese hätten ja auch Anlass für eine Replik auf die durchaus vorhandenen, wenn auch elliptischen Argumente sein können, und diese Replik hätte dann je nach Geschmack kühl-sachlich oder ebenso polemisch daherkommen können. [Disclaimer: Ich weiß, so etwas kostet Zeit; aber wenn man die nicht aufbringen will bzw. kann, ist ignorieren wohl die beste Reaktion]. Überhaupt ist es wahrscheinlich ratsam, sich als SammelbandherausgeberIn nicht verantwortlich für alle von den BeiträgerInnen in anderen Medien getätigten Aussagen zu fühlen und die Sache - also das geplante, wichtige Buchprojekt - voran zu treiben, ohne Rücksicht auf Scharmützel an anderen Baustellen zu nehmen.
SE Close Reading
A9.10.2012 startet die Lehrveranstaltung Close Reading als Methode der Cultural Studies, die ich gemeinsam mit Peter Becker halten werde.
Termin: DI 11.30-13.00
Ort: Seminarraum Geschichte 3 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 9
Anmeldung per E-Mail: email hidden; JavaScript is required
Die Veranstaltung kann im Rahmen des Erweiterungscurriculums besucht, oder als Freies Wahlfach belegt werden. Wir haben vor, einige Klassiker der Cultural Studies zu lesen – wie z.B. Lawrence Grossberg – und wollen sie mit prägenden Theorietexten diskutieren – darunter Texte zur Governmentality oder Akteur-Netzwerk-Theorie. Darüberhinaus wird es zwei Praxisworkshops geben, mit der Idee, die Theorien in einer Forschungspraxis anzuwenden.
Ein paar Plätze sind noch frei …
Visionen der Zugehörigkeit
Das Jüdische Museum Berlin und das Einstein Forum veranstalteten am 28/29.
Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/10746
Auf die Plätze, fertig, Blog! Junge Forscherinnen und Forscher bloggen die Dresden Summer School 2012
