Mord an einem Franziskaner

Es passiert im Dezember 1631 auf dem Gebiet des Herzogtums Württemberg. Ein Franziskanermönch befindet sich auf dem Weg von Heilbronn zu dem erst vor kurzer Zeit restituierten Klarissenstift in Pfullingen, wo er als Beichtvater erwartet wird. Doch er wird dort nie ankommen: Ein Reiter fängt ihn in der Nähe von Asperg ab, bringt ihn um und raubt ihn aus. Zunächst einfach nur die Geschichte eines Mordes, wie sie zigfach auch in diesen Zeiten belegt ist.

Welche vielfältigen Bezüge sich aus diesem Vorfall ergeben, wurde in einem Vortrag deutlich, den Oleg Rusakovskiy letztens auf einem Workshop an der Uni Tübingen hielt. Er tat dies auf der Grundlage umfangreicher württembergischer Kriminalakten, die den mehr als zwei Jahre dauernden Prozeß zu diesem Mordfall dokumentieren. So versuchte auch Kurfürst Maximilian von Bayern Einfluß auf das Verfahren zu nehmen. Daß die Ermordung eines Ordensmanns auch in München registriert wurde, erstaunt vor allem deswegen, weil der Kurfürst angesichts der akuten militärischen Bedrohung durch die schwedische Armee eigentlich ganz andere Sorgen hatte.

Der ermordete Franziskaner besaß übrigens eine Salvaguardia, ausgestellt von der schwedischen Armee, die zu dem Zeitpunkt schon in Heilbronn stand. Er stand damit unter dem Schutz der schwedischen Waffen, der Mörder mißachtete also die Autorität des schwedischen Schutzbriefes. Dessen Situation konnte auch dadurch nicht besser werden, daß er, wie sich herausstellte, unter den schwedischen Fahnen als Kavallerist gedient hatte. Denn eigentlich achtete jede Armee genau darauf, daß ihre Militärgerichtsbarkeit beachtet wurde und sich andere, territoriale Gerichte hier nicht einmischten.

Gegen den unter Mordverdacht angeklagten Reiter wurden erdrückende Indizien beigebracht: In seinem Haus fand man mit dem Almosenkasten ein Beutestück, das der Mönch bei sich geführt hatte. Was konnte der Reiter da noch zu seiner Verteidigung beibringen? Er spielte die konfessionelle Karte und bediente sich Versatzstücke des antikatholischen Diskurses: Mit dem Verweis darauf, der Überfallene sei für ihn als Franziskaner ein „Schelm“ und „Landsverderber“, suchte er seine Untat zu rechtfertigen. Natürlich beurteilte der Franziskanerorden den Ermordeten ganz anders und erkannte in ihm einen Märtyrer des Glaubens.

Dies alles sind nur knappe Schlaglichter auf einen Vorfall, der gerade aus seiner Komplexität seinen großen Reiz gewinnt. Sicherlich sind derartige Geschichten nicht immer leicht zu entwirren, aber sie helfen doch, die Verhältnisse dieser Zeit ganz wunderbar zu veranschaulichen. Man kann sich jedenfalls darauf freuen, irgendwann einmal die komplette Analyse dieses Ereignisses nachlesen zu können. Dabei steht der Ausgang der Geschichte schon fest: Der Mörder des Franziskaners wurde zu einer Zahlung einer für seine Verhältnisse gewaltigen Summe Geld verurteilt – aber er kam immerhin mit dem Leben davon. Zumindest vorerst, denn einige Zeit später fand auch er ein gewaltsames Ende.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/295

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SSK (2): Krisenzugänge – Potentiale der Soziologie – Prozesse in der Organisationssoziologie – Politische Potentiale

Innerhalb der soziologischen Theorietradition gibt es viele Perspektiven, mit denen Krisen betrachtet und auch greifbar gemacht werden kann. Krisen kamen explizit und implizit schon bei den  großen Klassikern vor. Schon Durkheim, Weber, Marx und Simmel beschäftigten sich mit ihnen und … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5398

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Hinweis auf Umfrage für Doktoranden der Archäologie

Der Dachverband archäologischer Studierendervertretungen e.V. (DASV) führt bis zum 29.9.2013 eine Online-Umfrage zu der Situation der Promovierenden in den archäologischen Fächern in Deutschland, Österreich und der Schweiz durch.

Die Umfrage ist anonym und die Ergebnisse sollen nach der Auswertung auf den Seiten des DASV veröffentlicht werden.

Es handelt sich insgesamt um 17 Fragen, in denen es um die finanzielle Situation und die Betreuung durch die Universität geht.

Ich halte es für wichtig, an solchen Umfragen teilzunehmen. In Deutschland ist es schwierig, klare belastbare Zahlen zur Promotion und zur Situation von Promovierenden zu bekommen. Das liegt vor allem daran, dass viele Doktoranden “extern”, neben dem Beruf, promovieren und damit häufig aus den Statistiken fallen.

Im aktuellen Bericht der Bundesregierung zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland sind Zahlen durch ein Hochrechnungsverfahren ermittelt worden. Die Situation der Doktoranden in unserem kleinen Fach ist dort natürlich nicht separat ermittelt worden.

Zur Umfrage geht es hier: https://de.surveymonkey.com/s/dasv_promotion

Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs 2013 hier

Quelle: http://minuseinsebene.hypotheses.org/797

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Emotionen und Wirtschaftsethik – ein Einwurf

Von Christoph Lütge

Wie man mit Geld und anderen ökonomischen Mechanismen umgeht, ist auch Thema der Ethik, insbesondere der Wirtschaftsethik (K. Homann/Ch. Lütge: Einführung in die Wirtschaftsethik, 3. Aufl., Münster 2013). Dabei setzen so manche Ansätze der Wirtschaftsethik vor allem auf die rationale Kraft der Argumentation: Peter Ulrich (Integrative Wirtschaftsethik: Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie, Bern 1997) und Horst Steinmann etwa berufen sich auf die Diskursethik Habermas’ als grundlegendes Paradigma einer Ethik, die vor allem mit rationalen Überzeugungsmethoden, mit Appellen an das Gewissen und an die Einsicht, die Akteure im Wirtschaftsgeschehen “zur Vernunft” bringen will.

Der Ansatz der Ordnungsethik (Ch. Lütge: Wirtschaftsethik ohne Illusionen, Tübingen 2012) dagegen ist skeptisch gegenüber der Kraft rationaler Argumentation. Sie muss dazu gar nicht pessimistisch gegenüber den Motivationen der Menschen sein. Nur: Im Wettbewerb stehen Akteure unter dem Druck von Anreizen, der ihre guten Motivationen leicht erodieren lässt. Man kann solche Vorgänge mit Emotionen erklären – und diese wiederum mit zugrunde liegenden Interaktionsstrukturen (Dilemmasituationen). Daher setzt die Ordnungsethik statt auf Änderungen der Motivationen (“Bewusstseinswandel”) auf Änderungen der Regeln. Gleiche Spielregeln erlauben es, mit den Emotionen der Akteure und den Anreizen der sozialen Welt besser umzugehen – und das heißt: so dass alle Seiten etwas davon haben.

Quelle: http://reichtum.hypotheses.org/231

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Der Zisterzienser Adam von Perseigne und das Speculum virginum

In der ersten Hälfte der 1990er Jahre habe ich mich recht intensiv mit der Geschichte des Klosters Hirsau befasst und auch auf Werkvertragsbasis unter Volker Himmelein, damals Direktor des Badischen Landesmuseums, die Eröffnung des Klostermuseums Hirsau vorbereitet. Aus dem umfangreichen Forschungsbericht, den ich für die Blätter für württembergische Kirchengeschichte schreiben wollte, ist nichts geworden. Besonders gefesselt hatte mich das Problem des als Konrad von Hirsau bekannten Autors, des Verfassers des Jungfrauenspiegels “Speculum virginum”. Vor kurzem habe ich in diesem Blog eine umfangreiche Besprechung des [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/5570

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Der rationale Reiche?

Der rationale Reiche entspricht im modernen Sinne einem Menschen, der seine Gefühle einem vernunftgemäßen, zweckorientierten Agieren unter­ordnet und so wirt­schaft­lichen Er­folg hat. Die Geschichte dieser Vorstellung lässt sich auch als Ge­schichte des Versuchs, Un­ge­wissheit und Kontingenz zu bewältigen, erörtern. Seit dem 12. Jahrhundert machte ein im­mer größer werdender Personenkreis die Erfah­rung, dass Reich­tum nicht mehr allein dem grund­­besitzenden Adel vorbehalten war. Durch Handel, Kre­dit­ge­schäfte und er­folg­­reiche In­vestitionen konnte er vielmehr in­nerhalb nur einer Ge­ne­ra­tion auf­gebaut werden und eben­so schnell wie­der zerrinnen. Dies hatte zur Folge, dass man sich verstärkt mit dem Schick­­sal und der Frage auseinandersetzte, inwiefern es durch Klugheit und Tüchtigkeit lenk­bar sei. Als eine Antwort des 20. Jahrhunderts mögen der American Dream und sein Ver­sprechen ge­­sehen wer­den, harte Arbeit und Zielstebigkeit würden mit einem stetig wachsen­den Ein­kom­men be­lohnt. Dass menschliche Entscheidungen jedoch niemals allein der Vernunft fol­gen, son­dern von Ge­fühlen begleitet, ja häufig sogar ge­leitet wer­den, ist eine Er­kenntnis, die in Be­zug auf die Unter­suchung von wirt­schaft­lichem Han­deln in jüngerer Zeit wieder an Be­deu­tung gewonnen hat und für die Ge­­schichts­wissen­schaft fruchtbar ge­macht werden kann. Die Beiträge der ersten Sektion widmen sich entsprechend dem Spannungs­verhältnis von Emotionalität und Rationalität in historischen Kontexten der Generierung, Be­wahrung und Konsumtion von Vermögen sowie den Selbst- und Fremdbildern reicher Per­sonen.

Quelle: http://reichtum.hypotheses.org/209

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Das geschichtsdidaktische Blogjournal “Public History Weekly”

Falls man sich nicht einem wirklichen Orchideenfach mit einer überschaubaren Anzahl an Kolleginnen und Kollegen verschrieben hat, kennt man die unterschwellige Verzweiflung angesichts der immer länger werdenden Liste der “unbedingt zu lesenden Fachbeiträge”. Fachzeitschriften erscheinen monatlich, quartalsweise, halbjährlich oder als Jahresband, die Ergebnisse von Tagungen werden in Sammelbänden präsentiert, Buchreihen fortgeschrieben, Dissertationen und Habilitationen verfasst und Handbücher geschrieben. In der Geschichtsdidaktik kommen noch die Schulgeschichtsbücher, Fachzeitschriften sowie die einschlägigen Blogs und Tweets der twitternden Geschichtsdidaktiker hinzu. Und jetzt noch: ein Blogjournal!

Den Mehrwert ihres Blogjournals sehen die Herausgeber in der Überwindung der von Ihnen ausgemachten “Schwachstellen” herkömmlicher Fachzeitschriften: Erscheinungsfrequenz, Hermetik, Randständigkeit. Mit dem Blogjournal soll der Graben zwischen der universitären Didaktik und der schulischen Praxis geschlossen, die Präsenz verbessert, der Zugang zu geschichtsdidaktischen Diskursen erleichtert und die Didaktik wieder näher an die Unterrichtsprofis (= Lehrerinnen und Lehrer) gerückt werden.

Das Blogjournal versteht sich als Experiment – die ersten vier Beiträge von Michele Barricelli, Charlotte Bühl-Cramer, Bettina Alavi und Markus Bernhardt machen aber Lust auf die noch folgenden Artikel. Jeden Donnerstag wird es zukünftig so weit sein…

Wir sind gespannt und wünschen viel Erfolg!

Quelle: http://zwopktnull.hypotheses.org/73

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Der ideale Herrscher: zwei Anforderungsprofile

In der Geschichte des kaiserlichen China finden sich wiederholt Überlegungen zur Rolle des Kaisers und die an ihn zu stellenden Anforderungen.

In seinem politischen Testament hatte der 649 n. Chr. verstorbene Tang-Kaiser Taizong ein Anforderungsprofil für einen idealen Herrscher entwickelt, das neben den Charaktereigenschaften auch die notwendigen Fähigkeiten und Aufgaben umfasste:

1. die Persönlichkeit des Herrschers; 2. die Einbeziehung von Verwandten; 3. die Suche nach den Würdigsten; 4. die sorgfältige Auswahl der Beamten; 5. das Zulassen von mahnenden Worten; 6. die Distanzierung zu Schmeichlern; 7. das Vermeiden von Ausschweifungen; 8. die Wertschätzung von Bescheidenheit; 9. die Ausgewogenheit von Belohnungen und Strafen; 10. die Förderung der Landwirtschaft; 11. die Wachsamkeit in militärischen Angelegenheiten; 12. die Würdigung des Lernens.[1]

In die Form von neun Geboten goss der Philosoph Zhu Xi 朱熹 (1130-1200) die grundlegendsten Voraussetzungen für eine gelungene Herrschaft. Dabei spielten die meisten der schon im politischen Testament des Taizong genannten Punkte eine Rolle. Zhu Xi ging insofern weiter, als er auch die möglichen beziehungsweise die zu erwartenden Wirkungen der Einhaltung dieser Gebote hinzufügte:

  1. Gründliches Lernen, um den Charakter richtig zu bilden.
  2. Der Kaiser soll sich persönlich vervollkommnen, um die Familie in Ordnung zu halten.
  3. Der Kaiser soll Schmeichler und Günstlinge fernhalten, um treue und ehrliche Leute in der Nähe zu haben.
  4. Der Kaiser soll parteiische Neigungen unterdrücken, um die Gerechtigkeit hochzuhalten
  5. Der Kaiser soll Sinn und Vernunft leuchten lassen, um den Aberglauben zu beseitigen.
  6. Der Kaiser soll Erzieher auserwählen, um den Thronfolger zu leiten.
  7. Der Kaiser soll mit Sorgfalt Träger einer höchsten Verantwortung erwählen, um eine oberste Reichsleitung sichtbar erkennen zu lassen
  8. Entfaltung der obersten Staatsgrundsätze, um die Volksmoral zu heben.
  9. Sparsamkeit im persönlichen Aufwand zwecks Stärkung des Reichsvermögens.[2]

Die fähigsten Kaiser wussten um die Bürde des Amtes. Im Dezember 1717, nach über einem halben Jahrhundert auf dem Thron, meinte der Kangxi 康熙-Kaiser (1654-1722, reg. 1662-1722):

Die Pflichten des Kaisers [...] sind furchtbar schwer und er kann ihnen nicht ausweichen … Wenn ein Beamter dienen will, dient er, und wenn er nicht mehr will, hört er auf … Dagegen findet der Monarch in seinem arbeitsreichen Leben keine Ruhe.[3]

  1. Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte (München 2008) 42. Wie Höllmann hinzufügt, entsprach Taizong nur sehr bedingt diesem Anforderungsprofil.
  2. Zhu Xi (1130-1200): Aus den neun Geboten für den Kaiser. In: Europa und die Kaiser von China (Berlin 1985) 88-91.
  3. Zitiert nach John King Fairbank: Geschichte des modernen China 1800-1985 (München 1989) 33.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/741

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Archiverschließung und -verwaltung mit standardkonformer Software

Maßgeblich für die Ausführungen zu den Standards ISDIAH, ISAAR, ISDF und ISAD in diesem Papier sind jeweils die englischsprachigen Ausgaben, die auf der Website des ICA verfügbar sind: http://www.ica.org/10206/standards/standards-list.html.

Gliederung:

0. Einleitung.

1. Erschließung.

1.1. Beschreibung des Archivs als Collection Holding Institution (ISDIAH/EAG).

1.2. Beschreibung von Bestandsbildnern (ISAAR-CPF/EAC-CPF).

1.3. Beschreibung von Funktionen (ISDF).

1.4. Beschreibung von Archivgut (ISAD-G und EAD).

1.5. Visualisierung von Beziehungsgemeinschaften mittels Digitalisaten, METS.

1.6. Beschreibung von semantischen Beziehungsgemeinschaften (CIDOC CRM).

2. Beständeverwaltung / Magazin.

3. Nutzungsverwaltung.

4. Anhang: Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G).

0. Einleitung

Fragt man danach, was eine Archivsoftware heute zu leisten imstande sein soll, so könnte man in einem Brainstorming zu einem folgenden ersten Ergebnis kommen:

  • Standardgemäßes Erstellen und Verwalten von Authority Records (Thesauri?) für CPFs, Funktionen, Events, Orte (ISAAR, ISDF (ISAF?), EAC, …)
  • Standardgemäße Beschreibung von Archivgut (ISAD(G), EAD)
  • Standardkonforme Verwaltung digitaler Daten inklusive administrativer Metadaten (PREMIS), Verknüpfung zu digitalem Archiv möglich (DIMAG)
  • Integration von Digitalisaten in Erschließung und Findmittel, inkl. standardisierter Beschreibung (METS)
  • Relationale Erschließung durch standardisierte Beschreibung von Beziehungen und Entitäten (CIDOC CRM)
  • Nutzergesteuerte dynamische Generierung von Gliederungen und virtuellen Beständen auf der Grundlage von Thesauri o.ä.
  • Exportierbarkeit in EAD-XML und EAC-XML, Profilauswahl DDB, APEx, LoC sowie beschränkt frei konfigurierbar.
  • Ausdruck von Findmitteln nach ISDIAH-, ISAAR-, ISDF- und ISAD-Vorlagen sowie frei konfigurierbar
  • Erzeugung von onlinefähigen Findmitteln in Form von selbständigen HTML-Präsentationen  ohne Benötigung von Server-Komponenten oder Web-Diensten für ihre Nutzung

Sofort wird deutlich, dass Archivarbeit zu einer Arbeit mit internationalem Anspruch an die Standardisierung geworden ist, dass Metadatenformate zu „identity“ und „integrity“ eine zentrale Rolle spielen und dass die Nutzerorientierung der Archive zusammen mit den neuen technischen Möglichkeiten ein neues Verständnis von Erschließung und ihren Zielen geweckt hat. Daraus lassen sich Anforderungen ableiten, die eine markttaugliche Archivsoftware heute standardmäßig erfüllen sollte. Sie sind nicht unbedingt neu, sollen aber im Folgenden noch einmal zusammengefasst werden und dabei insbesondere Bezug auf die Bedürfnisse des Universitätsarchivs Bayreuth nehmen. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Erschließung, die Bereiche der Beständeverwaltung, des Magazins und der Nutzungsverwaltung wird nur gestreift, wenngleich dem Autor bewusst ist, dass gerade die Unversehrtheit und Authentizität von Archivgut im Verlauf seiner Verwahrung hohe technische Standards zu beachten zwingt, insbesondere wo es sich um digitale Archivalien handelt. Diese Standards sind aber weitgehend unstrittig und die Ansprüche an ihre technische Umsetzung variieren bei den Archivaren wohl deutlich weniger als im Bereich der Erschließung.

1. Erschließung

1.1. Beschreibung des Archivs als Collection Holding Institution (ISDIAH/EAG)

Für die Beschreibung von Institutionen, die archivalische Bestände und / oder Sammlungen verwahren, hat der Internationale Archivrat (ICA) den Standard ISDIAH entwickelt. Ihm soll der für die Onlinedarstellung geeignete XML-basierte Standard EAG (Encodes Archival Guide) entsprechen.

Der Standard ISDIAH ermöglicht den Beginn der Stufenerschließung auf der Ebene des Archivs als erster Verzeichnungsstufe. Um von dort auf die nächst tiefere Stufe zu kommen, benötigt die Beschreibung entsprechende Schnittstellenbereiche. Im Abschnitt Control Area ermöglicht ISDIAH sowohl eine Kurzbeschreibung der einzelnen Archivbestände als auch eine Verknüpfung zu Normdateien, die Aktenbildner beschreiben und im Standardformat ISAAR vorliegen. Entsprechende Verknüpfungspunkte benötigt EAG zu EAC-Dateien. In bislang testweise eingesetzten EAG-Profilen in Deutschland liefert beispielsweise der Tag <repositorguides> die Verknüpfung zu Beständeübersichten.[1] Damit verhält sich EAG ebenso konsequent wie die Standards EAC und EAD, die kaum Überschneidungen mit Beschreibung anderer Erschließungsentitäten zulassen. Sie unterscheiden sich dadurch sowohl von ISDIAH als auch von ISAAR und ISAD. Letztere erlauben stets die Verknüpfung durch integrierte Kurzfassungen der Beschreibung. So erlaubt ISDIAH in seinem Kapitel 6, Kurzbeschreibungen von Bestandsbildnern und deren Überlieferung, die sich im Archiv befinden. Von hier aus ist der Link zu den ausführlichen ISAAR- und ISAD- Beschreibungen der Bestandsbildner und Bestände zu setzen. Diese Form der ineinander verflochtenen Beschreibungen beinhaltet zwar regelmäßig ein Stück Redundanz, ist aber zugleich nutzerfreundlich, weil dadurch exzerpierte Konzentrate von Information bereitgestellt werden.[2]

Das EAG-Profil des Bundesarchivs vom Februar 2009, das auf seiner Website veröffentlicht ist (http://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/archivportald/090209_eag_profile_en.pdf), scheint mit ISDIAH weitgehend übereinzustimmen. Nicht zu finden waren im Beschreibungsbereich der ISDIAH-Abschnitt 5.3.2 Geographical and cultural context, 5.3.3 Mandates/Sources of authority, 5.3.5 Records management and collecting policies, 5.3.7 Archival and other holdings, 5.3.8 Finding aids, guides and publications. Im Bereich “Dienstleistungen” fehlt 5.5.3 Public Areas. Ferner fehlen einige Punkte im Kontrollbereich, vor allem 5.6.3 Rules and/or conventions used.

Ob die Abbildung aller ISDIAH-Abschnitte in EAG nötig ist, mag man differenziert sehen. Auf die Beschreibung der Public Areas (5.5.3) mag man wohl leicht verzichten können.

Eine Archivsoftware sollte gleichermaßen ISDIAH und EAG bedienen können. Wenn ein Archiv seine eigene Beschreibung als gleichsam oberste Erschließungsstufe ansehen möchte, so wird es dafür einen Erschließungsstandard anwenden, der angemessen ausführliche Informationen aufnehmen kann. Das vorliegende EAG-Profil ist dafür noch zu eng. Zweckmäßig erscheint es, im deutschen Archivwesen derzeit das EAG-Profil des Bundesarchivs zwar zugrunde zu legen, es aber flexibler zu gestalten, indem beispielsweise mehr Freitextfelder vorgesehen werden. Die angebotenen Crosswalks sind teilweise nicht wirklich kompatibel. So referenziert der bei Arnold angebotene ISDIAH-EAG-Crosswalk für Nr. 5.4.3 Accessibility von ISDIAH, wo geographische und Informationen zur Anreise zum Archiv und keineswegs nur Angaben über Barrierefreiheit einzutragen sind, lediglich auf <desc><buildinginfo><handicapped>.[3] Wo Angaben zur Anreisegeographie eingetragen werden können, ist nicht ersichtlich.

Die hier bestehenden Unklarheiten sollten insbesondere bei den zuständigen Stellen des Archivportals D (DDB) und des Projekts APEx vorgebracht werden. Erst wenn Klarheit über die künftige Ausrichtung eines EAG-Profils besteht, sollten Veränderungen bzw. Erstimplementierungen in der Software vorgenommen werden.

ISDIAH: http://www.ica.org/?lid=10198

1.2. Beschreibung von Bestandsbildnern (ISAAR-CPF/EAC-CPF)

Die Beschreibung mittels ISAAR-CPF / EAC-CPF bezieht sich in erster Linie auf Bestandsbildner (creator). Die Entwicklungen und Metadatenmodelle, die in unterschiedlichen internationalen Portalprojekten zur Anwendung kommen, verwenden zur Bezeichnung des Beschreibungsobjekts inzwischen lieber den Begriff des agent. Dabei spielt es mitunter explizit keine Rolle mehr, ob das Beschreibungsobjekt als Bestandsbildner oder sonstiger Akteur auftritt, der in irgendeiner Beziehung zur Entstehung, zum Inhalt oder zur Gestaltung von Archivbeständen und Sammlungen steht. Unter dieser Voraussetzung kommt der Beschreibung von Funktionen im Rahmen einer Akteursbeschreibung gesteigerte Bedeutung zu.

Metadatenmodelle zeigen Beziehungen zwischen Archiven, Bestandsbildnern und anderen Akteuren, Funktionen und Beständen auf. Demzufolge sind neben diesen vier Entitäten deren Beziehungen zueinander ein wesentliches Objekt der Erschließung. Die Darstellung von Erschließungsergebnissen dient der Visualisierung solcher Beziehungsgemeinschaften, wobei die Entitäten die Eckpunkte sind, die eine flexible Visualisierung durch die jeweilige Konzentration auf die eine oder die andere Entität ermöglichen. Die Folge ist, dass Archivbestände keine absolute Tektonik besitzen. Bisher wurden Tektoniken im Hinblick auf eine Ausrichtung auf jeweils eine einzige Entität fixiert. Archive waren entweder nach Bestandsbildnern gegliedert oder nach Funktionen, wobei letztere Fälle in der Realität zumeist nur Überreste des Pertinenzprinzips waren.

Die Zuweisung von mit Archivgut in Beziehung stehenden Akteuren ist von einer Tektonik jedoch zunächst völlig unabhängig. Bei der Erschließung von Archivgut sind solche Informationen Attribute, die den Beschreibungen hinzugefügt werden müssen. Um im Weiteren Beziehungsgemeinschaften anderer Art flexibel darstellen zu können, dürfte sich die Anwendung des Prinzips der Vererbung von Information von der höheren zur niedrigeren Verzeichnungsstufe nicht länger anwenden lassen. Denn auf höherer Stufe angebrachte Information fixiert die Strukturen, die unterhalb geschaffen werden. Das aber macht Erschließungsvisualisierung inflexibel. Es ist daher eine Anforderung an Archivsoftware, alle für eine Verzeichnungsstufe zutreffende Erschließungsinformation unmittelbar bei der Verzeichnungseinheit vorzuhalten, auch wenn dadurch scheinbar Redundanz entsteht.

Zusätzlich zur Information über Akteure bedarf die Erschließung der Information über die wahrgenommenen Funktionen. Es genügt dafür nicht, den einzelnen Akteuren bei deren Beschreibung Funktionen attributiert zu haben. Bei der Verzeichnung von Archivgut sind die einzelnen Funktionen beim Namen zu nennen, die sich in den Verzeichnungseinheiten spiegeln. Geht man auch hier so vor, dass die Information über die Funktionen nicht nach dem Vererbungsprinzip, sondern jeweils unmittelbar bei den Verzeichnungseinheiten vermerkt werden, ermöglicht man eine strukturierte Visualisierung des Archivbestands nicht nur nach den institutionellen, sondern alternativ auch nach den funktionalen Provenienzen.

Für eine Archivsoftware bedeutet das, dass eine feste Tektonik keine so wichtige Rolle mehr spielt. Zwar werden auch künftig viele Archivare das Tektonikmodell für die Erschließung nutzen. Eine Software, die das als einzige Erschließungstechnik zulässt, entspricht den Anforderungen der modernen Archivwissenschaft jedoch nicht. Flexible Erschließung von Beziehungsgemeinschaften könnte beispielsweise mit Thesauri arbeiten, die mit Normdatensätzen verknüpft sind. So müsste es einen Thesaurus für Akteure geben, die nach ISAAR-CPF / EAC-CPF beschrieben werden, und einen Thesaurus für Funktionen, die nach ISDF beschrieben werden. Die Beschreibung des Archivguts nach ISAD / EAD stünde weiterhin im Mittelpunkt der Software. Die Gliederung der Bestände sollte durch Hierarchisierungen innerhalb der Thesauri erfolgen, die durch die Attributierung eines Thesauruseintrags an die Verzeichnungseinheit übertragen würde. Die Tektonik ergäbe sich, indem die Software bei einer Findmittelgenerierung auf die Hierarchieinformation der attributierten Thesauruseinträge zugreift und die Verzeichnungseinheiten darauf gründend tektonisch sortiert. Der klassische Tektonikbaum wäre während der Verzeichnung nicht mehr nötig. Seine eigentlich Funktion, Strukturen zu fixieren, wäre noch dort anzuwenden, wo solche im Einzelfall vom Archivar festgesetzt werden, beispielsweise in der Abbildung von Serien.

Grundsätzlich ist es wünschenswert, alle Felder in einer Erschließungssoftware, in die deskriptive Metadaten eingetragen werden, mit einem jeweils passenden EAC- bzw. EAD-Tag zu versehen. Für Exporte wäre dann zu definieren, ob ein vorgehaltenes Fremd- oder Portalprofil (z.B. für das Archivportal Europa) angewandt oder ob ein Vollexport (oder manuell eingeschränkter Export) nach einem softwarespezifischen oder beispielsweise nach einem an der vollständigen EAD Tag Library orientierten Profil ausgegeben werden soll. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass die komplette Verzeichnung standardgerecht erfolgt und in einem standardgerechten Export abgebildet werden kann.

ISAAR-CPF: http://www.ica.org/10203/standards/isaar-cpf-international-standard-archival-authority-record-for-corporate-bodies-persons-and-families-2nd-edition.html

1.3. Beschreibung von Funktionen (ISDF)

Für die Beschreibung von Funktion existiert noch kein XML-basierter Standard. Ein „EAC-F“ steht noch aus. Wie institutionelle Provenienzen im CPF-Thesaurus gemäß ISAAR-CPF oder EAC-CPF beschrieben werden sollen, so könnte analog dazu die Beschreibung von Funktionen im Funktionenthesaurus erfolgen. Die Feldaufteilung entspräche den Vorgaben des ISDF. Sobald es einmal einen Standard EAC-F geben wird, kann den Feldern mittels Crosswalk der jeweils zugehörige EAC-Tag hinterlegt werden.

ISDF: http://www.ica.org/10208/standards/isdf-international-standard-for-describing-functions.html

1.4. Beschreibung von Archivgut (ISAD-G und EAD)

Die meisten auf dem Markt erhältlichen Erschließungsprogramme sind weitgehend ISAD(G)-konform und bieten ein EAD-Exportmodul an. Nähere Ausführungen zur Anwendung von Verzeichnungsstufen finden sich im Anhang „Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G)“. EAD-XML ist als Austauschformat mehr als nur ein Exportformat zur Präsentation von Erschließungsdaten in Portalen. Vielmehr ist es geeignet, kollaborative Erschließungsprojekte zu begünstigen, Inhalte zu exportieren, andernorts weiterzubearbeiten, wieder zu importieren und mit zusätzlichen Daten, die an einem dritten Ort dazu erhoben wurden, zu vervollständigen: kollaborative Erschließung am virtuellen Bestand. Insofern soll das EAD-Profil eher weit ausgreifen als auf wenige Felder beschränkt sein. Für das Universitätsarchiv Bayreuth soll das heißen, dass es sich bis zur Veröffentlichung des revidierten EAD-Schemas durch die Library of Congress am Profil des Bundesarchivs orientiert, das von diesem auf seinen Websites bereitgestellt ist. Zugleich soll eine Archivsoftware Tool bereitstellen, die einen flexiblen Umgang mit diesem Profil erlaubt, wie z.B. Matching mit Portalprofilen, freie Auswahl von zu exportierenden Daten, um Exportfiles zu beliebig unterschiedlichen Zwecken zu nutzen. Der Softwareanbieter muss in der Lage sein, hier nötigenfalls unkomplizierten technischen Support im Rahmen seines Lizenzvertrags zu leisten. Grundsätzlich sollen Exporte, Importe und Konfigurationen vom Bearbeiter über eine Menüsteuerung am Arbeitsplatz erfolgen. Das originale Findbuch soll der EAD-XML-File sein, der zusammen mit einer Ausgenerierung in eine HTML-Präsentation publiziert wird.

EAD: http://www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/archivportald/090407_ead_profil_findbuch_de.pdf

ISAD(G): http://www.ica.org/10207/standards/isadg-general-international-standard-archival-description-second-edition.html

1.5. Visualisierung von Beziehungsgemeinschaften mittels Digitalisaten, METS

Erschließung, die es sich zum Ziel setzt, die Mehrschichtigkeit von Kontexten, ihre (chronologische) De- und erneute Rekontextualisierung aufzuzeigen, muss, um nicht in der Theorie verhaftet zu sein, mit Digitalisaten arbeiten, die es auch erlauben, Beziehungsgemeinschaften in einer Weise zu rekonstruieren, der die Ordnung des analogen Archivguts nicht entspricht. Es muss möglich sein, beispielsweise Akten sichtbar zu machen, die als in dieser Struktur nicht oder nicht mehr real existieren. Durch eine flexible Aneinanderreihung von Images, die zusammen als Akte vom verzeichnenden Archivar definiert wird, ist diese Visualisierung möglich. Der Archivar würde diese neu entstandene Einheit mittels einer METS-konformen Beschreibung als Einheit kennzeichnen und sie seiner (EAD-konformen) Beschreibung hinzugesellen.

Eine Archivsoftware muss die Fähigkeit besitzen, zu jeder Magazineinheit (!) ein Korpus von dazugehörigen Digitalisaten zu verwalten. Die Verknüpfung von Digitalisaten zu METS-Einheiten und mit EAD-Beschreibungen muss stets so weit nachvollziehbar sein, dass die administrativen Metadaten der Images jederzeit genauestens treffsicher zu den Lagerorten der analogen Originalvorlagen führen. Die originalen Einzelteile einer virtuellen Verzeichnungseinheit, die aus 150 quer durch das Magazin verstreuten Blättern bestünde, müssten mittels der mit der Beschreibung verknüpften METS-Datei und der den Digitalisaten inhärenten Metadaten jederzeit treffsicher auffindbar sein.

1.6. Beschreibung von semantischen Beziehungsgemeinschaften (CIDOC CRM)

Bei dieser Form der Erschließung werden Beziehungen zwischen Archivgut, Funktionen und Akteuren beschrieben. Die Arten der Beziehungen werden im Vorfeld standardisiert und in einem Thesaurus niedergelegt. Dadurch werden bei der Recherche Hierarchien durch den Nutzer frei definierbar. Er steuert die dynamische Generierung von Gliederungen und virtuellen Beständen auf der Grundlage von Thesauri nach seinen Recherchezielen.

Ein möglicher Standard, von dem man ausgehen könnte, zeigt sich in dem im Museumswesen entwickelten CIDOC Conceptual Reference Model. Es „ist eine formalisierte Ontologie, mit der unterschiedlich strukturierte Informationen aus dem Bereich des Kulturellen Erbes integriert, vermittelt und ausgetauscht werden können. Das CRM ist der Kulminationspunkt eines über 10 Jahre währenden Prozesses der Standardisierung kultureller Informationen innerhalb des Internationalen Ausschusses für Dokumentation (CIDOC) des Internationalen Museumsrates (ICOM, International Council Of Museums).“[1] Er besteht im Wesentlichen aus einem System von Klassen und einem System von Eigenschaften. Die Klassen sind die zu beschreibenden Entitäten, die Eigenschaften drücken die Art der Beziehung der Entitäten zueinander aus.

Eine Erschließung in Anlehnung an CIDOC CRM in Kombination mit den übrigen in diesem Papier genannten Standards bedeutet, die Konversionsmöglichkeiten der Produkte auf der Basis der herkömmlichen Standards zu erproben und Wege zur Optimierung der Ausgangsdaten zu finden. Beispielsweise lassen sich EAD-XML-Files in CIDOC CRM prinzipiell konvertieren, wenngleich sie die Möglichkeiten von CIDOC CRM nicht ausschöpfen.

2. Beständeverwaltung / Magazin

Eine moderne Archivsoftware soll eine klassische Magazinverwaltung ebenso beinhalten wie eine Schnittstelle zur Verwaltung eines digitalen Archivs unter Beachtung der dafür geltenden Standards. Besonders wünschenswert ist die Beachtung der für die Nutzerarchive relevanten archivübergreifenden Projekte, da digitale Archivierung eher selten von Archiven in Eigenregie ausßerhalb von Verbundstrukturen durchgeführt wird. Für Süddeutschland ist hier sicher das Projekt DIMAG zu berücksichtigen. Die Nutzung des OAIS-Referenzmodells für digitale Archivierung sollte dennoch nicht ausschließlich durch Schnittstellen zu solchen Projekten quasi ausgelagert werden, sondern nach Möglichkeit auch in einer Komponente in die Software integriert sein, etwa zur standardgerechten Archivierung digitaler Fotos, Dateien, E-Mails etc, die – anders als Datenbanken – bereits kurzfristig ins Archiv gelangen können.

3. Nutzungsverwaltung

Hierher gehört die Unterstützung der Speicherung der Nutzungen von Archivalien durch konkrete Nutzer, ihre Forschungsthemen etc., ferner u.a. die Generierung von Ausleihzetteln für das Magazin und den Nutzerakt. Den Anforderungen einiger Bundesländern entgegenkommend wäre die Führung einer elektronischen Benützerakte in der Archivsoftware ein künftig zu erwägendes Desiderat. Zur Nutzungsverwaltung gehören auch die erforderlichen Tools zur Protokollierung von Aushebung und Reponierung von Archivgut.

4. Anhang: Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G)

 

 

Die Stufenverzeichnung nach ISAD(G)

Leitfaden für die Implementierung von Verzeichnungsstufen in die Erschließungssoftware des Archivs der Universität Bayreuth

 

Auf dem XIV. Internationalen Archivkongress in Sevilla wurde im Jahr 2000 die zweite, überarbeitete und den Anforderungen der archivischen Praxis angepasste Auflage der ISAD(G) veröffentlicht. Sie liegt in einer deutschen Übersetzung von Rainer Brüning, Werner Heegewaldt und Nils Brübach als 23. Band der „Veröffentlichungen der Archivschule Marburg“ vor. Als Autor firmiert das „Komitee für Verzeichnungsstandards“ des Internationalen Archivrats (ICA-CDS). ISAD(G) soll zwar primär als Verzeichnungsstandard fungieren, der ggf. vorhandene nationale Standards ergänzt und modifiziert, zum zweiten wurde in seiner zweiten Auflage verstärkt betont, dass ISAD(G) zugleich Instrument zum internationalen Austausch von Verzeichnungsinformation sein kann. Hier findet sich die Verknüpfbarkeit zum Austauschstandard EAD, der mittels vorhandener Crosswalks vorgenommen werden kann.

 

Der Aufbau einer Erschließungssoftware orientiert sich meist an den ISAD(G). Das Aufbauprinzip dieser Richtlinien ist ein Stufenmodell. Das bedeutet in der Hauptsache, dass Erschließungsinformation, die bereits auf höherer Ebene erfasst wird, auf den nachgeordneten Ebenen nicht mehr wiederholt wird. Auf diese Weise unterscheidet sich die archivische Erschließung fundamental von der bibliothekarischen Katalogisierung. Die Stufenverzeichnung ist ein Versuch, der „Vereinzelung von Archivguteinheiten entgegenzuwirken, indem diejenigen Informationen, die mehrere Verzeichnungseinheiten gleichzeitig betrifft, auf einer höheren Stufe erfasst, aber mit den Elementen verknüpft und gemeinsam ausgetauscht wird.“[i] Der Gefahr der Individualisierung der Einzelstücke soll damit begegnet werden. Verbunden mit diesem Verzeichnungsprinzip ist ein Bestandsbildungsprinzip, das die Kohärenzen innerhalb eines Bestandskorpus zu bewahren bestrebt ist. Der Verzeichnungsstandard ISAD(G) setzt somit ein hierarchisches Informationsgeflecht zwischen Archivalieneinheiten, Archivaliengruppen und Teilbeständen voraus, um sinnvoll angewandt zu werden. Auf diese Weise ergänzen sich das Prinzip der Bestandsbildung auf der Grundlage der Entstehungsstellen und das Prinzip der integrativen Verzeichnung hierarchisch aufeinander aufbauender Informationsebenen (Stufenverzeichnung), dem Prinzip der ISAD(G). Gleich vorweggeschickt sei, dass das Stufenmodell zwar ein Ausgangspunkt, aber für eine realitätsbezogene Erschließung mit heutigen technischen Möglichkeiten nicht mehr ausreichend ist. Die Vielfalt von Kontexten, die Erschließung abzubilden in der Lage ist, lässt die Einschränkung auf eine einzige Struktur und Kontexteinbettung, wie sie ISAD(G) verlangt, heute als realitätsfern oder den bei seiner Entwicklung noch nicht vorhandenen erweiterten Möglichkeiten der Informationstechnologie geschuldet begreifen. Gleichwohl ist ISAD(G) nach wie vor ein geeigneter Einstieg und eine wichtige Grundlage für die archivische Erschließung, zumal der Standard ja nicht auf das Stufenmodell und den Vererbungsgrundsatz beschränkt ist.

 

Das Stufenmodell, das die Bezeichnung der einzelnen Ebenen im Begriff der „Verzeichnungsstufe“ differenziert, lässt sich mit den „Kompositionsstufen“ der Erschließungslehre von Johannes Papritz in Beziehung bringen. Dabei besteht jede Kompositionsstufe aus Einheiten von verknüpften Elementen (Kompositionen), deren jedes für sich in einer voneinander verschiedenen Entstehungsstufe (Entwurf, Ausfertigung usw.) existieren kann. Diese Einheiten oder Kompositionen bieten die Grundlage für die Verzeichnungsstufe. Eine Zusammenstellung von Schriftstücken kann ceteris paribus als Akt bezeichnet werden, der auf der Verzeichnungsstufe der Akte beschrieben wird. Bilden mehrere Akte eine Serie, wird die Serie auf der Verzeichnungsstufe der Serie/Aktengruppe beschrieben, wobei die Erschließungsinformationen, die für alle diese Akte zutreffen, auf der Verzeichnungsstufe der Serie hinterlegt werden. Auf der Verzeichnungsstufe Akte finden sich dann nur die Informationen, die den einzelnen Akt der Serie vom anderen unterscheiden. Das Stufenmodell der ISAD(G) ist somit ein hierarchisches Modell der Beschreibung von Einheiten ohne informative Redundanz. Das Beschreibungsmodell wird auf diese Weise sehr komplex, je höher die oberste Verzeichnungsstufe angesetzt wird. Der Bedarf an Verzeichnungsstufen dürfte mit den folgenden weitestgehend abgedeckt sein:

 

  1. Bestandsgruppe
  2. Bestand/Fonds
  3. Teilbestand/Subfonds
  4. Serie/Aktengruppe
  5. Akt/File
  6. Vorgang/Subfile/Item (intellektuell unteilbare kleinste Einheit)
  7. Einzelstück/Dokument/Piece (physisch nicht weiter unterteilbare Einzelstück).

 

Diese Verzeichnungsstufen bezeichnen die Position der Verzeichnungseinheit im Bestandsaufbau. Sie bedürfen der Erläuterung.[ii]

 

  1. Bestandsgruppe:
    Die Bestandsgruppe ist ein fakultatives Element in der Tektonik eines Archivs, das nicht durchgängig für alle Bestände existieren muss. Bei der Erschließung werden die gemeinsamen Merkmale beschrieben. Die Bildung von Bestandsgruppen soll für den äußeren Betrachter nachvollziehbar, transparent und einsichtig sein. Es empfiehlt sich, die Bestandsgruppe auch als Verzeichnungsstufe zu verstehen.

 

  1. Bestand:
    Der Bestand ist das zentrale Strukturierungselement des Archivgutes eines Archivs. Ein Bestand umfasst idealerweise eine zusammengehörende Gruppe von Archivgut meist von einem Schriftgutbildner. Er ist auf der ersten (bzw. zweiten, falls Bestandsgruppen vorhanden) Gliederungsstufe unter der umfassenden Tektonik eines Archivs angesiedelt. Ein Bestand, der nur Archivgut unter Wahrung der Entstehungszusammenhänge umfasst, wird als Fonds bezeichnet. – Auf die einheitliche Herkunft legt die Definition in den ISAD(G) noch größeren Wert. Bestand und Fonds werden hier grundsätzlich gleichgesetzt: „Alle Unterlagen, unabhängig von Form und Trägermaterial, die auf organische Weise bei einer Person, Familie oder Körperschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit und Funktion erwachsen und / oder von ihr zusammengestellt bzw. genutzt worden sind.“

 

  1. Teilbestand:
    „Untergliederung eines Bestands, die den verwaltungsmäßigen Aufbau der Provenienzstelle widerspiegelt, oder, wenn dies nicht möglich ist, nach geographischen, chronologischen, funktionalen oder ähnlichen Kriterien erfolgt. Wenn die Provenienzstelle eine komplexe hierarchische Struktur aufweist, so hat jeder Teilbestand wiederum so viele Untergliederungen, wie notwendig sind, um die Stufen der hierarchischen Struktur der betreffenden Organisationseinheit deutlich zu machen.“ – Die Teilbestände finden sich im Aufbau eines Findbuchs demnach in der Gliederung. Jeder Gliederungspunkt bildet einen Teilbestand ab. Die Abbildung der Teilbestände erfolgt demnach nicht in der Titelliste.

 

  1. Serie:
    Dabei handelt es sich um „Unterlagen, die nach einem Schriftgutverwaltungssystem geordnet oder als Einheit aufbewahrt werden, weil sie aus derselben Sammlung, demselben Entstehungsprozess oder derselben Tätigkeit erwachsen sind, eine besondere Form aufweisen oder weil sie in besonderer Beziehung zueinander stehen aufgrund ihrer Entstehung, ihres Empfangs oder ihrer Nutzung. Eine Serie kann als Aktenserie aufgefasst werden.“ Menne-Haritz legt Wert darauf, dass es innerhalb einer Serie unter den Serienelementen keine inneren Anhaltspunkte zu einer Systematisierung gibt. Als äußere Kriterien nennt sie exemplarisch die alphabetische, numerische oder chronologische Sortierung, zum Beispiel auch nach Korrespondenzpartnern. Die physischen Einschnitte werden durch Lagerungs- und Kompositionstechnik bedingt. Man kann daraus folgern, dass Serienelemente keine eigenen Titel haben können, sondern dieser immer dem Serientitel entsprechen muss und durch einen Enthältvermerk bei Bedarf näher spezifiziert werden kann. Die Erfüllung dieser Mindestvoraussetzung muss auch bei der Bildung von Serien und Aktengruppen beachtet werden, wenn sie erst im Archiv geschieht. Diese Folgerung sollte zur Sicherheit der einheitlichen Handhabe in die Erschließungsrichtlinien einfließen. Subserien sind Serien, die von einem Serienelement abhängen. Für sie gilt grundsätzlich das Gleiche wie für die Serie. Der spezifizierende Enthältvermerk des subserienbegründenden Serienelements ist im Sinne der „Scope and Content“-Definition der ISAD(G) der Titel der nachgeordneten Subserienelemente.

 

  1. Akt/File:
    Der Akt (Plural Akte) bzw. identisch die Akte (Plural Akten) wird in den ISAD(G) definiert als „organisierte Einheit von Schriftstücken, die entweder von der Provenienzstelle für den laufenden Gebrauch oder im Prozess der archivischen Ordnung aufgrund ihres Bezuges zum selben Gegenstand, zur selben Tätigkeit oder zum selben Vorgang zusammengestellt wurde. Eine Akte ist gewöhnlich Teil einer Serie.“ Hier weichen die deutsche Erschließungstradition und das deutsche Aktenverständnis in zwei Punkten deutlich von der Definition ab. Zum einen lassen sich Akten und Vorgänge aktenkundlich unterscheiden. Zwar kann ein Vorgang mit einem Akt identisch sein. In sehr vielen Fällen setzt sich ein Akt aber aus einer Anzahl von Vorgängen zusammen, so dass eine Trennung in zwei Verzeichnungsstufen anzuraten ist.[iii] Zum anderen ist ein Akt durchaus nicht gewöhnlich Teil einer Serie. Das mag je nach Registraturbildner unterschiedlich oft der Fall sein, kann aber nicht als Proprium eines Akts formuliert werden. Für die Findbucherstellung bedeutet das, dass Serien und Akten jederzeit auf gleicher hierarchischer Ebene stehen können. File ist zugleich als Generalbezeichnung für Archivalieneinheit zu verstehen. So können auch Einheiten anderer Archivaliengattungen (z.B. Urkunden, Fotos usw.) in den allermeisten Fällen dieser Verzeichnungsstufe zuzuordnen sein, falls sie nicht als Einzelstücke im Sinne von Nr. 7 aufzunehmen sind.

 

  1. Vorgang/Subfile/Item:
    Der Vorgang ist die intellektuell kleinste unteilbare Einheit von Archivschriftgut und ist immer Teil solcher Akten, die nicht selbst intellektuell kleinste unteilbare Einheit sind. Dabei handelt es sich um einen jeweils einzelnen, meist kooperativen „Entscheidungsprozess mit schriftlicher interner Steuerung und genau definiertem Beginn und Abschluss im Rahmen des Geschäftsgangs. Der Begriff bezeichnet ebenso die in seinem Verlauf entstandenen und gemeinsam abgelegten Aufzeichnungen als unterste, sachlich nicht mehr teilbare Schriftgutgemeinschaft. Es gibt keine Standardformen eines Vorgangs.“ Das Ergebnis eines Vorgangs kann z.B. ein ausgehendes Schreiben, ein Bescheid, ein Rechtstitel wie eine Urkunde oder auch eine Rechtsvorschrift sein. Der Vorgang spielt als Verzeichnungsstufe nur dann eine Rolle, wenn er nicht auf Grund seines Umfangs als Akte formiert ist. Die Verzeichnungsstufe Vorgang erstreckt sich auf Einzelvorgänge in einem Betreffssammelakt. Eine Serie von Betreffssammelakten (Betreffsserie) kann in der Beschreibung der Serienelemente ebenfalls auf die Verzeichnungsstufe der Vorgänge weiter heruntergebrochen werden. Betreffssammelakten und Betreffsserien bezeichnen durch ihren Titel die beinhaltenden Vorgänge mit einem übergreifenden, oft verallgemeinernden Titel.[iv] Bei solchen Serien kann die Spezifikation der Serienelemente mitunter recht umfangreich oder sehr inhaltlich sehr unterschiedlich ausfallen. Hier empfiehlt es sich, die nächsttiefere Verzeichnungsstufe des Vorgangs zu nutzen. Die intellektuell kleinste unteilbare Einheit kann auch aus einem einzigen Blatt bestehen, wie es z.B. bei Urkunden häufig der Fall ist.

 

  1. Einzelstück/Document/Piece
    Gemeint ist die kleinste unteilbare physische Einheit, also das Blatt. Diese Verzeichnungsstufe spielt in der archivischen Erschließung eine untergeordnete Rolle, weil das Beschreibungsergebnis nicht in sachlichem Zusammenhang mit den Beschreibungen der übrigen Verzeichnungsstufen steht. Diese Stufe kann dann eine Rolle spielen, wenn Dokumente einer exakten Formalbeschreibung unterworfen werden sollen, z.B. zur Vorbereitung einer Edition. Einzelstücke können als solche Subelemente von Akten und Vorgängen sein. Hinsichtlich Einzelstücken, die zugleich intellektuell kleinste unteilbare Einheiten sind, s. Nr. 6. Von Bedeutung kann diese Verzeichnungsstufe bei der Erschließung von Unterlagen als Gattungsbestände sein. Die Erschließung von Karten und Plänen z.B. kann ganz bewusst ohne primäre Berücksichtigung von intellektuellen Zusammenhängen erfolgen. Beispielsweise können Pläne, die in Akten inseriert sind, mit einer eigenen Kartensignatur und einer Formalbeschreibung durch ein Kartenfindbuch auf der Verzeichnungsstufe des Einzelstücks gesondert erschlossen werden, ohne dem Akt entnommen zu werden.

 

Zwischen den Verzeichnungsstufen bestehen Abhängigkeiten. Dabei sind nach dem Stufenmodell folgende Fälle möglich, nach postkustodialistischer Ansicht sind alle Ebenen frei mit den anderen in jeder hierarchischen Abfolge zulässig:

 

Verzeichnungsstufe Subordinierbare Verzeichnungsstufen
Bestandsgruppe - Bestand
Bestand - Teilbestand- Serie- Akte

- Einzelstück

Teilbestand - Teilbestand- Serie- Akte

- Einzelstück

Serie / Bandfolge - Serie- Akte- Einzelstück
Akte/Archivalieneinheit - Vorgang- Einzelstück
Vorgang - Einzelstück
Einzelstück

Verzeichnungsstufen und mögliche Abhängigkeiten

 

In der modernen Archivwissenschaft wird teilweise die Ansicht vertreten, dass bei der Erschließung vielschichtiger Beziehungsgemeinschaften die Eindeutigkeit der Zuordnung von Archivalien zu je genau einem Bestand hinfällig werde. Damit einher geht der Verlust der Verbindlichkeit eindeutiger Abgrenzungen von Archivalien, da sich Beziehungsgemeinschaften nicht auf jeweils den gleichen Umfang eines Archivale beziehen müssen. Das wiederum bedingt die Aufhebung eines verpflichtenden Stufenmodells und der hierarchischen Vererbung von Information. Die große Errungenschaft von ISAD(G), mehrfach zutreffende Information nur einmal auf der jeweils höchsten zutreffenden Verzeichnungsstufe bringen zu müssen, erweist sich hier als Hindernis, das aufzulösen ist. Für eine moderne Erschließungssoftware bedeutet das, dass der Bearbeiter zwischen einer automatischen Vererbung festgesetzter Informationen auf die hierarchisch nachfolgenden Verzeichnungsstufen und dem Ausschluss dieser Vererbung wählen können sollte. Diese Anforderung wird für Softwareanpassungen allerdings nur dann relevant, wenn der Softwareentwickler bereits vorher die Kontextinformationsvererbung automatisiert hat, damit z.B. auch sachthematische Inventare aus der Findmitteldatenbank ohne Informationsverluste generiert und exportiert werden konnten. Eine moderne Archivsoftware muss es dem Bearbeiter möglich machen, Verzeichnungsstufen in beliebige Komposition zu bringen, z.B. einem Akt einen Bestand nachzuordnen. Gleichwohl müssen Warnhinweise eingebaut sein, die ungeübte Nutzer vor falschen Kombinationen zurückhalten.

Jede Verzeichnungsstufe hat ihr Profil, das die Verzeichnungselemente beinhaltet, die es auf der jeweiligen Stufe zu beschreiben gilt. In einer Erschließungssoftware kommt das einer Feldmaske für jede Verzeichnungsstufe gleich, die sich gestaltet, sobald der Bearbeiter die Verzeichnungsstufe für das zu beschreibende Objekt oder die Objektgemeinschaft ausgewählt hat. Diese Auswahl kann auf unterschiedliche Weise erfolgen.

Das Verzeichnungsprofil wird durch die Verzeichnungsstufe aus der Abgrenzung zu den jeweils anderen hierarchischen Ebenen in der Tektonik des Archivs in seine Form gebracht. Zum anderen wird das Verzeichnungsprofil durch die Anforderungen bestimmt, die an eine angemessene Beschreibung der einzelnen Archivaliengattungen zu stellen sind. Würden alle Felder, die sich im Hinblick auf Letzteres zusammenstellen lassen, unter Beachtung der zutreffenden Verzeichnungsstufe zu einem einzigen Verzeichnungsprofil zusammengeführt, ergäbe sich ein verwirrendes und unübersichtliches Verzeichnungsformular bzw. –maske. Es ist also nötig, bei der Programmierung eines Erschließungsclients darauf zu achten, dass gegebenenfalls mehrere Verzeichnungsmasken für die gleiche Verzeichnungsstufe zur Verfügung stehen.

[i] Zitate, wenn nicht anders angegeben, aus: ISAD(G) – Internationale Grundsätze für die archivische Verzeichnung, 2., überarb. Aufl., übersetzt und neu bearbeitet von Rainer Brüning, Werner Heegewaldt, Nils Brübach, Marburg, 2002.

[ii] Begriffsdefinitionen siehe: Angelika Menne-Haritz: Schlüsselbegriffe der Archivterminologie, Nachdruck der 3., durchges. Aufl., Marburg, 2006.

[iii] Die Version 1.3 der Archivsoftware MidosaXML hat diese Unterscheidung zwischen Akte und Vorgang in das Auswahlmenü der Verzeichnungsstufen übernommen und somit für den Bearbeiter klar visualisiert.

[iv] Beispiel: „Angelegenheiten ausländischer Arbeitskräfte“, Vorgänge: „Umgang mit deutschen Frauen“, „Einsatz in der mecklenburgischen Landwirtschaft“, „Heimat- und Urlaubsfahrten“ usw.

[1] Zitiert aus der deutschen Übersetzung des CIDOC CRM: http://cidoc-crm.gnm.de/wiki/index.php?title=Hauptseite&oldid=2337.

 

[1] So in der Software MIDEX.

[2] Kerstin Arnold schreibt im EAG-Anwenderleitfaden für eine Referenzanwendung für ein Archivportal Deutschland in diesem Sinne, dass beispielsweise die Abbildung der Archivtektonik in einem Verbundfindmittel „durch eine EAD-Beständeübersicht geschieht und Informationen nicht redundant gepflegt werden sollen“ (Das EAG-Proifl in MIDEX – Beschreibung und Anwenderleitfaden, bearb. v. Kerstin Arnold, Berlin, Februar 2009 (im Folgenden zitiert: Arnold, EAG-Profil), S. 8).

[3] Arnold, EAG-Profil, S. 75.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/794

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Schwarz auf Weiß: Die Farb-Tags der ARTigo-Bilder

farbtags_grafik_scherzSchaut man sich die Farb-Tags an, die die Spieler beim ARTigo Spielen eingegeben haben, kann man feststellen, dass Farben besonders häufig getaggt werden. Rot, blau, gelb, grün… welche Farbe wohl besonders häufig getaggt wird? Ich habe deshalb mal einen Blick auf die Farbtags geworfen.

Für die folgende Abbildung habe ich bereits bei den Abfragen auf die Datenbank einige Filter gesetzt. Es wurden nur Bilder berücksichtigt,

  • die mindestens 20mal gespielt wurden (d.h. gamerounds >20). Diesen Filter habe ich deshalb gewählt, um wenig gespielte Bilder auszusortieren und nicht zu berücksichtigen. Die Aussage von vielen gleichen Tags pro Bild ist eine andere, je mehr Spieler den gleichen Gedanken hatten, bzw. gleiche Begriffe getaggt haben.
  • die mindestens 20 gleiche Farbtags besitzen (20 x rot, 25 x blau etc.). Erklärung siehe vorigen Punkt.
  • deren Quotient aus der Anzahl der Farbtags geteilt durch die Anzahl der Gamerounds mindestens 60 % beträgt. Hiermit wollte ich erreichen, dass pro berücksichtigtes Bild eine Mindestmenge von Farbtags im Verhältnis zu den Nicht-Farbtags vorhanden ist. Je mehr Farbtags im Verhältnis zu den Nicht-Farbtags ermittelt wurden, desto augenfälliger war es für die Spieler, die Farben zu taggen.

Die Abbildung zeigt, in welchem Verhältnis welche Farbtags pro Bild getaggt wurden. Wenn Sie die Abbildung vergrößern und den Titel in die ARTigo-Suche eingeben, werden Sie die meisten Bilder finden.

Farbtags-ARTigo-Scherz_01

Wie Sie bereits sehen können, wurde sehr häufig Rot getaggt. Die folgende Auswertung zeigt, welche Farben unabhängig vom Bild am häufigsten getaggt wurden. Dabei fällt auf, dass Weiß wesentlich häufiger als Schwarz getaggt wurde. Für mich sind Schwarz und Weiß (oder „weiss“)  quasi ein Paar und ich hätte nicht gedacht, dass es bei der Häufigkeit zu einer so großen Differenz zwischen diesen beiden Farben kommt.

Der hohe Anteil von Rot-Tags könnte sich wahrnehmungspsychologisch dadurch erklären, dass Rot die Farbe des Vordergrunds ist. Rot holt im Bild Objekte nach vorne und betont sie. Blau ist die Farbe des Hintergrunds und es schiebt die Objekte nach hinten (z.B. das Blau der Ferne im Landschaftsbild).

Farbtags-ARTigo-Scherz_02

Ein wenig anders verhält sich die Farbverteilung in der folgenden Auswertung. Hier habe ich keine Filter gesetzt, sondern nur die Anzahl aller in der Datenbank vorhandenen Farbtags gezählt. Und das kam dabei heraus:

Farbtags-ARTigo-Scherz_03

Die Differenz zwischen Schwarz und Weiß blieb etwa gleich, verschwand aber zwischen den Farben Blau und Rot. Diese Differenz ist also nur bei den besonders häufig getaggten Bildern mit vielen Farbtags vorhanden, lässt sich aber über die gesamt Datenbank nicht nachweisen. Warum das so ist, kann ich nicht erklären. Hätten Sie eine Erklärung dafür?

Quelle: http://games.hypotheses.org/1170

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