Wer das lesen könnt … Zur (Un-)Brauchbarkeit heutiger E-Book-Reader für historische Literatur


E-Book-Reader mit Buchseite im Fraktursatz

Wer in einer historischen Wissenschaft forscht, kann sich heute einen großen Teil seiner Quellenliteratur in elektronischer Form an den eigenen Arbeitsplatz holen: dank Google Books (und einiger progressiver Bibliotheken) sind bereits mehrere Millionen gemeinfreier Bücher digitalisiert. Bei einer größeren Forschungsarbeit warten dann zehn-, vielleicht zwanzigtausend digitalisierte Buchseiten darauf, gesichtet, bewertet und in den relevanten Teilen gelesen zu werden. Doch welche Art von Lesegerät ist überhaupt geeignet, um historische Literatur in digitalisierter Form effizient studieren zu können? Gibt es solche Geräte überhaupt auf dem Markt?

Drei Grundanforderungen muss der Reader mindestens erfüllen: er muss erstens für ermüdungsarmes Lesen langer Texte geeignet sein, zweitens über ein ausreichend großes Display verfügen und drittens einen effizienten Umgang mit denjenigen Formaten bieten, in denen die Digitalisate historischer Bücher üblicherweise vorliegen. Der erste Punkt ist schnell geklärt: hintergrundbeleuchtete Bildschirme sind für stundenlanges Lesen ungeeignet. In Frage kommen daher nur E-Book-Reader mit reflektiven Displays (“elektronisches Papier”), die in Bezug auf Kontrast und Schärfe der Textdarstellung die Qualität bedruckten Papiers inzwischen nahezu erreichen (eInk Pearl).

Die zweite und dritte Anforderung ergibt sich aus dem Format, in dem historische Literatur üblicherweise als Digitalisat zur Verfügung gestellt wird: nämlich als Image-Daten, also Faksimiles, die man in der Regel im PDF-Format herunterladen kann. Im Gegensatz zu elektronischem Text, bei dem sich Zeilen- und Seitenumbruch im Lesegerät entsprechend der Displaygröße und der eingestellten Schriftart und Schriftgröße anpassen, zeigen diese Faksimile-Digitalisate den Text genau in der Form, in der er im Original gedruckt vorliegt. Notwendig sind daher E-Book-Reader mit großem Display, so dass der Text in Vollseitenansicht wenigstens bei mittelgroßen Büchern noch gut lesbar ist.

Bereits an dieser Stelle beginnt der Markt, extrem dünn zu werden: Bei meiner Recherche im Frühjahr dieses Jahres kam es mir vor, als würde zur bereits millionenfach vorhandenen „Software“ noch die geeignete Hardware fehlen. Lediglich drei Anbieter hatten überhaupt lieferbare Geräte mit der ausreichenden Größe von rund 10 Zoll im Portfolio: PocketBook mit den beiden Varianten Pro 902 und 903, Amazon (Kindle DX) und Onyx (Boox M90/M92). Zwei weitere Anbieter (iRex und EnTourage) sind nicht mehr am Markt; inzwischen ist der Hersteller Ectaco mit seinem JetBook Color hinzugekommen.

Um einmal ein Maß zu geben: Die 10-Zoll-Displays haben ein Format von rund 20 x 14 cm – dies ist etwas kleiner als DIN A5 und entspricht ungefähr dem klassischen Oktav-Buchformat, so dass die digitalisierten Seiten solcher Bücher in Originalgröße wiedergegeben werden können. Bei Groß-Oktav und größeren Buchformaten ist eine gute Lesbarkeit bestenfalls noch dann gegeben, wenn die Darstellung des Readers einen angepassten Zoom auf den Satzspiegel erlaubt.

Dies wäre dann der dritte Punkt: ein nutzerfreundlicher Umgang mit PDF-Dokumenten. Amazons Kindle DX unterstützt PDF nur rudimentär, bei PocketBook (das leider kein Pearl-Display hat) ist er mittelprächtig, bei Onyx ist zumindest die Zoom-Funktionalität wohl die beste: es ist ein automatischer Randbeschnitt einstellbar, so dass die maximale Zoomstufe stets automatisch ermittelt werden kann und auch das Blättern von rechten zu linken Seiten nicht zu Ausschnittsverschiebungen in den Satzspiegel hinein führt. Der Teufel steckt aber auch bei dieser Lösung im Detail: etwa wenn Verschmutzungen, die Lagenangaben für den Buchbinder oder Annotationen außerhalb des Satzspiegels liegen. Stichwort Annotationen: Ein guter PDF-Reader muss auch die analogen Lektüretechniken wie Lesezeichen, Anstreichungen und Anmerkungen digital adäquat ersetzen. Beim Onyx Boox M92 ist dies dank Touch-Screen mit elektronischem Stift ganz ordentlich möglich; die Umsetzung des Anmerkungsexports ist jedoch noch verbesserungswürdig.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Sucht man einen 10-zolligen E-Book-Reader mit sehr gutem eInk-Display und ordentlicher PDF-Handhabbarkeit, kam zum Zeitpunkt meiner Recherche vor einigen Monaten genau ein Gerät in Frage – das zudem bei den allermeisten Händlern in Deutschland nicht erhältlich war. Ich ziehe daraus die Folgerung, dass es für Geräte dieser Art derzeit noch keinen ausreichend attraktiven Markt gibt.

Was heißt das nun für Bibliotheken? Immer mehr Einrichtungen forcieren die Digitalisierung ihrer Bestände, doch um die hardwaretechnischen Voraussetzungen der Benutzbarkeit dieser Digitalisate kümmert sich kaum ein Bibliothekar – in der Annahme, die Elektronikbranche werde für jeden Zweck schon geeignete Geräte anbieten. Eine derzeit eher naive Annahme, wie ich gezeigt habe. (Die möglicherweise auch daher rührt, dass Bibliothekare zwar viel Expertise im Erschließen, aber wenig Erfahrung im Lesen ihrer Bestände haben?) Doch sollen und können sich Bibliotheken hier engagieren? Oder wird es der Markt schon richten? Denkbar wären Public-Private Partnerships, in denen Uni-Bibliotheken mit Hardware-Unternehmen kooperieren. Mancherorts erhalten Studierende der naturwissenschaftlichen Fakultät zum 1. Semester einen iPad – sollte man nicht in Fächern wie Literaturwissenschaft „akademische E-Book-Reader“ zu etablieren versuchen?

Quelle: http://dss.hypotheses.org/682

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Digital Humanities in der Lehre

Vor einigen Monaten erschien eine Broschüre, die alle Studiengänge im Bereich Digital Humanities in Deutschland, Österreich und (theoretisch) der Schweiz aufgelistet und beschrieben hat. In der Schweiz gibt es bis dato noch keinen entsprechenden Studiengang. In diesem Herbstsemester starten nun erfreulicherweise gleich mehrere Lehrveranstaltungen, die sich konkret mit Digitaler Geschichte beschäftigen – etwas, das wir [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6461

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A propos du billet précédent

Le professeur Beat Näf (UNIZH) a décidé de cesser dès à présent toutes ses activités digitales, comme il l'a annoncé sur ce blog dans son dernier billet. Il a été le premier, et le seul, professeur ordinaire a avoir bien voulu contribuer au blog d'infoclio.ch.

Parmi les activités digitales désormais orphelines du prof. Näf, on compte une application iPhone sur les voies romaines en Suisse, un guide multimédia de l'histoire de la ville de Zurich, une application sur les églises anciennes de la ville de Köln, ainsi que plusieurs modules de e-learning en sciences de l'antiquité.

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Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/27453

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Zeitgeschichte und Digital Humanities

Hinweis: Dieser Text erschien zuerst bei den Kollegen von Docupedia Zeitgeschichte. Ist Facebook eine zeithistorische Quelle, und wer archiviert die Tweets der Politiker? Wie nutzt man digitale Quellen, und wie verändert sich die Quellenkritik, wenn die Kopie sich vom Original nicht mehr unterscheiden lässt? Mit dem digitalen Wandel der letzten Jahre stellen sich einige grundlegende [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6426

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Just do it!

Seit einiger Zeit wohnt auf meinem Schreibtisch eine Barbie – es ist nicht irgendeine Barbie, sondern das «I can be computer engineer» Modell, oder in der deutschen Übersetzung «Ich wäre gerne Computer-Expertin». Die Puppe, deren Sujet aufgrund eines Online-Votings ausgewählt wurde, hat in diversen Foren für zahlreiche Kommentare gesorgt, die beispielhaft das ganze Spektrum der Technologie-und-Gender-Debatte abdecken.1

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Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/27180

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Frauen in der digitalen Welt: kompetent, aber wenig sichtbar!

In- und ausserhalb der infoclio.ch-Räumlichkeiten ist eine Diskussion um die Videos, die compas – Strukturiertes Forschen im Web bewerben, entbrannt. Tatsächlich, die stereotypen Darstellungen - und insbesondere jene der naiven und unbeholfenen Geschichtsstudentin Sophia - sind ungeschickt gewählt. Sie bieten aber eine Gelegenheit, über den gender gap in den Digital Humanities zu diskutieren.

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Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/27167

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Digital Humanities 2012 Hamburg – Some Thoughts on the Diversity of DH 2012

As an assistant at the Digital Humanities 2012 conference and at the same time being presumably one of the very first Swiss students obtaining a degree in Digital Humanities (at least under this denomination), I was pleased by Enrico Natale’s suggestion to share some of my experience here on infoclio.ch.

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Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/26798

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Digital Humanities in der Schweiz: erste Assistenzprofessur in Lausanne eingerichtet

Es ist nicht eine kantonale Universität, die den ersten Schritt hin zu einer Verankerung des neues Themenfeldes Digital Humanities macht, sondern die Technische Hochschule in Lausanne, die EPFL. Und Frédéric Kaplan, der erste Assistenzprofessor für Digital Humanities in der Schweiz, hat bisher mit den Humanties auch nicht viel am Hut gehabt. Er ist Informatiker, Robotik-Spezialist [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/6339

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Digital Humanities 2012 Hamburg – Switzerland takes power (Do it like Mills Kelly / 2)

People will remember Switzerland during this Conference.I am in this very moment in the founding session of the Association Digital Humanities Deutschland. The big auditorium of the main building of Hamburg university is filled with more than 200 participants. The discussion is focusing on the future name and affiliations of this association.

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Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/26784

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Digtial Humanities 2012 Hamburg – DH Curriculum (Do it like Mills Kelly / 1)

As you may know, one of the biggest conference worldwide dedicated to digital humanities is starting today in Hamburg. Digital Humanities 2012 is this year edition of the annual conference of the Alliance of Digital Humanities Organisations. With more than 600 participants and a 500 pages Conference abstracts volume, it is a rather impressive gathering.

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Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/26783

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