(Wieder-)Belebtes Wissen – Open Access am IOS

von Hans Bauer

Diskussionen aus der Bibliothekswelt finden eher selten Nachhall in der breiten Öffentlichkeit. Das Thema Open Access jedoch hat es in die überregionalen Medien geschafft: Süddeutsche, Frankfurter Allgemeine, Neue Zürcher Zeitung – sie alle haben in den letzten Jahren mehrfach über Open Access berichtet und Gastkommentare veröffentlicht. Ein Blick auf die Titel der aktuellen Meldungen führen dabei zum Eindruck, eine kritische Haltung sei vorherrschend (z.B. „Offen, aber mangelhaft“, SZ vom 4.4.2017; „Wie man ein Monstrum nährt“, FAZ vom 8.3.2017; „Digitale Wissenschaftskontrolle“, FAZ vom 25.11.

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Quelle: http://ostblog.hypotheses.org/843

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Schöne Bilder in Rumänien. Oder: Manchmal ist es doch besser, mit Traditionen zu brechen

Vor ziemlich genau zwei Jahren, Mitte Juli 2013, sorgte ein Fall von Kunstdiebstahl in den Feuilletons für helle Aufregung, und Rumänien spielte dabei eine unrühmliche Rolle. Zur Vorgeschichte: In der Nacht zum 16. Oktober 2012 wurden sieben Gemälde von zwei rumänischen Dieben aus der Rotterdamer Kunsthalle gestohlen – zwei Werke von Claude Monet sowie je eines von Pablo Picasso, Henri Matisse, Paul Gauguin, Meijer Isaac de Haan und Lucian Freud.1 Der Gesamtwert ließ sich nur schätzen, dürfte aber zwischen 50 und 100 Millionen Euro gelegen haben.2 Nach umfangreichen Ermittlungen wurden schließlich im Januar 2013 mehrere Männer in Rumänien festgenommen, die zumindest als tatbeteiligt galten; bald darauf waren auch die beiden Diebe in Haft. Im März 2013 wurde dann die 19-jährige Freundin eines der beiden Diebe verhaftet, als es Hinweise darauf gab, dass die Bilder nach dem Diebstahl in ihre Rotterdamer Wohnung gebracht wurden, um die Rahmen zu entfernen und die Bilder für den Transport nach Rumänien vorzubereiten. In Rumänien angelangt, wurden die beiden Diebe jedoch nicht so recht glücklich mit ihrer Beute – sie fanden keine Käufer für die Bilder, die sie eher zufällig und ohne Sachverstand entwendet hatten, denn eigentlich wollten sie ja ins Naturhistorische Museum einbrechen. Erst vor Ort wurde ihnen klar, dass es dort wenig mehr denn ausgestopfte Tiere zu entwenden gab. Dann sahen sie die Werbung für Ausstellung in der Kunsthalle gleich nebenan und entschieden sich, dort einige kleinformatige Bilder zu stehlen.3 So griffen sie bei ihrem nächtlichen Raubzug zu, ohne zu ahnen, dass sie mit den geraubten Gemälden nichts würden anfangen können.

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Quelle: https://ostblog.hypotheses.org/574

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IOS-Informationen, Nr. 2 /2014

Editorial: Die Russlandkrise

Seit der ersten Ausgabe des IOS Newsletters vom März 2014 hat sich die Lage im östlichen Europa mit der Annexion der Krim durch Russland dramatisch verändert. Aufgrund der Bedeutung Russlands im gesamteuropäischen und geopolitischen Kontext hat diese Entwicklung jedoch auch weit über Osteuropa hinausreichende Konsequenzen. Der aus unserer Sicht entscheidende Aspekt der aktuellen Ereignisse in der Ukraine ist weniger der Wandel in dem Land selbst, als vielmehr die Gefährdung der weltweiten politischen Ordnung auf der Basis des existierenden Völkerrechts. Diese Gefährdung ergibt sich dabei nicht primär aus den konkreten Ergebnissen, sondern aus der Wahl der für deren Erreichung benutzten Mittel. Genau in diesem Punkt sind der Regierung Russlands eindeutige Grenzverletzungen anzulasten, die weder durch rechtliche Winkelzüge wegzudiskutieren noch durch schwammige Verweise auf „die Geschichte“ zu bemänteln sind, wie dies auch in der hierzulande geführten Debatte bisweilen geschieht.

>>>> zum ganzen Editorial geht es hier.

Quelle: http://ostblog.hypotheses.org/188

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Otto von Bolschwing oder You’ll never get lost

Fast wäre er uns im dunklen Meer der Geschichte entkommen: Otto von Bolschwing. 1910 geboren, studierte er an der London School of Economics, wollte aber doch mehr am Rad der Weltgeschichte drehen. 1932 trat er der NSDAP und der SS bei und hatte, nachdem ihn auf seinen Geschäftsreisen in den Nahen Osten der Mitarbeiter des dortigen Deutschen Nachrichtendienstes und SD-Verbindungsmann, Dr. Reichert, 1935 kennengelernt hatte und über diesen eine Verbindung zum Sicherheitsdienst des SS (SD) angebahnt worden war, ausführlich über Palästina berichtet.

In Berlin wurden die Bindungen an den SD enger; Bolschwing schrieb weitere Memoranden, u. a. im Januar 1937, überschrieben „Zum Judenproblem”. Darin empfahl er unter anderem gegen die konstatierte „Auswanderungsmüdigkeit” der deutschen Juden: “Das wirksamste Mittel, um den Juden das Sicherheitsgefühl zu nehmen, ist der Volkszorn, der sich in Ausschreitungen ergeht. Trotzdem diese Methode illegal ist, hat sie, wie der ‘Kurfürstendamm-Krawall’ zeigte, langanhaltend gewirkt.”

Seine Verbindungen zum SD, insbesondere zum sogenannten Judenreferat, in dem Eichmann arbeitete, blieben exzellent. Anfang 1940 wurde er SD-Verbindungsmann in Rumänien und unterstützte 1941 den Putsch der radikal-antisemitischen und extrem gewalttätigen Eisernen Garde gegen den Militärdiktator Antonescu. Der Putsch mißglückte, nicht zuletzt weil Antonescu von Hitler gestützt wurde, und Bolschwing mußte Rumänien verlassen. 1942 war er noch in einen Korruptionsfall innerhalb des SD verwickelt, konnte jedoch zum Ende des Krieges nach Österreich fliehen, und dort gelang es ihm, Kontakte zum amerikanischen Geheimdienst zu knüpfen.

Hier verlor sich bislang seine Spur. Doch nun erfahren wir mehr dank der New York Times, die soeben einen geheimen Bericht aus dem US-Justizministerium aus dem Jahr 2006 veröffentlichte. Dem zufolge wurde Bolschwing zunächst 1946 Agent der Organisation Gehlen und von dort 1949 vom CIA übernommen, obwohl seine SD-Aktivitäten und Zusammenarbeit mit Eichmann bekannt waren.

Schwierigkeiten allerdings ergaben sich, als Grossbahn, so sein CIA-Deckname, in die USA einreisen wollte. Sollte er im Visaantrag seine NSDAP-, SS- und SD-Mitgliedschaft verschweigen? Der CIA war sich uneinig: Während die einen für eine Falschangabe plädierte, auch um Bolschwing in den USA gegebenenfalls erpressen zu können, war andere dafür, korrekte Angaben zu machen. Offenkundig erreichte der CIA beim State Department, dass Bolschwing dennoch einreisen konnte, und sorgte dafür, dass seine Einwanderungsakte als geheim eingestuft wurde. Als er 1959 seine US-Staatsbürgerschaft beantragte, verschwieg er seine NS-Vergangenheit.

Doch blieb er nicht unentdeckt. Das 1979 gegründete Office of Special Investigation (OSI), das eingewanderte Deutsche und andere Europäer daraufhin untersuchen, ob sie an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt waren, und für ihre Ausweisung sorgen sollte, hatte auch Bolschwing im Visier. OSI-Vizedirektor Martin Mendelsohn fragte bei der CIA an, ob diese Bolschwing geraten habe, seine NS-Vergangenheit zu verschweigen, ob sie über seine Tätigkeit als SD-Agent Bescheid wußte und ob er in den USA weiter für die CIA gearbeitet. Die Antwort der CIA war gewunden: Sie sei sich nicht sicher, ob sie über alle Information verfügt habe, als Bolschwing seine Einreise in die USA beantrage habe, und obwohl die CIA-Zentrale angewiesen habe, dass Bolschwing die Visafragen wahrheitsgemäß beantworten solle, sei nicht klar, ob diese Anweisung ihn erreicht habe. In den USA selbst sei er nicht mehr für den CIA tätig gewesen. Zudem sei seine Akte verloren gegangen.

So klar dem OSI war, dass Bolschwing falsche Angaben bei seiner Einreise und dem Antrag auf Staatsbürgerschaft gemacht hatte, so schwierig war der Fall, weil Bolschwing immer geltend machen konnte, im Einvernehmen mit der CIA gehandelt zu haben. Dennoch versuchte das OSI, seine Ausweisung zu erreichen. Der Fall wurde publik und fand entsprechendes Echo in der Presse. „California Man Accused of Nazi Crimes”, meldete die Los Angeles Times am 28. Mai 1981.

Zwar gelangen dem OSI weitere rechtliche Schritte zur Ausweisung Bolschwings. Doch ehe es dazu kam, wurde Bolschwing krank und starb mit 72 Jahren im März 1982 - ohne sich je für seine Beteiligung an der Verfolgung der europäischen Juden verantworten zu müssen.

Michael Wildt

Quelle: http://www2.hu-berlin.de/deutsche-geschichte/de/blog/archives/45

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Otto von Bolschwing oder You’ll never get lost

Fast wäre er uns im dunklen Meer der Geschichte entkommen: Otto von Bolschwing. 1910 geboren, studierte er an der London School of Economics, wollte aber doch mehr am Rad der Weltgeschichte drehen. 1932 trat er der NSDAP und der SS bei und hatte, nachdem ihn auf seinen Geschäftsreisen in den Nahen Osten der Mitarbeiter des dortigen Deutschen Nachrichtendienstes und SD-Verbindungsmann, Dr. Reichert, 1935 kennengelernt hatte und über diesen eine Verbindung zum Sicherheitsdienst des SS (SD) angebahnt worden war, ausführlich über Palästina berichtet.

In Berlin wurden die Bindungen an den SD enger; Bolschwing schrieb weitere Memoranden, u. a. im Januar 1937, überschrieben „Zum Judenproblem”. Darin empfahl er unter anderem gegen die konstatierte „Auswanderungsmüdigkeit” der deutschen Juden: “Das wirksamste Mittel, um den Juden das Sicherheitsgefühl zu nehmen, ist der Volkszorn, der sich in Ausschreitungen ergeht. Trotzdem diese Methode illegal ist, hat sie, wie der ‘Kurfürstendamm-Krawall’ zeigte, langanhaltend gewirkt.”

Seine Verbindungen zum SD, insbesondere zum sogenannten Judenreferat, in dem Eichmann arbeitete, blieben exzellent. Anfang 1940 wurde er SD-Verbindungsmann in Rumänien und unterstützte 1941 den Putsch der radikal-antisemitischen und extrem gewalttätigen Eisernen Garde gegen den Militärdiktator Antonescu. Der Putsch mißglückte, nicht zuletzt weil Antonescu von Hitler gestützt wurde, und Bolschwing mußte Rumänien verlassen. 1942 war er noch in einen Korruptionsfall innerhalb des SD verwickelt, konnte jedoch zum Ende des Krieges nach Österreich fliehen, und dort gelang es ihm, Kontakte zum amerikanischen Geheimdienst zu knüpfen.

Hier verlor sich bislang seine Spur. Doch nun erfahren wir mehr dank der New York Times, die soeben einen geheimen Bericht aus dem US-Justizministerium aus dem Jahr 2006 veröffentlichte. Dem zufolge wurde Bolschwing zunächst 1946 Agent der Organisation Gehlen und von dort 1949 vom CIA übernommen, obwohl seine SD-Aktivitäten und Zusammenarbeit mit Eichmann bekannt waren.

Schwierigkeiten allerdings ergaben sich, als Grossbahn, so sein CIA-Deckname, in die USA einreisen wollte. Sollte er im Visaantrag seine NSDAP-, SS- und SD-Mitgliedschaft verschweigen? Der CIA war sich uneinig: Während die einen für eine Falschangabe plädierte, auch um Bolschwing in den USA gegebenenfalls erpressen zu können, war andere dafür, korrekte Angaben zu machen. Offenkundig erreichte der CIA beim State Department, dass Bolschwing dennoch einreisen konnte, und sorgte dafür, dass seine Einwanderungsakte als geheim eingestuft wurde. Als er 1959 seine US-Staatsbürgerschaft beantragte, verschwieg er seine NS-Vergangenheit.

Doch blieb er nicht unentdeckt. Das 1979 gegründete Office of Special Investigation (OSI), das eingewanderte Deutsche und andere Europäer daraufhin untersuchen, ob sie an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligt waren, und für ihre Ausweisung sorgen sollte, hatte auch Bolschwing im Visier. OSI-Vizedirektor Martin Mendelsohn fragte bei der CIA an, ob diese Bolschwing geraten habe, seine NS-Vergangenheit zu verschweigen, ob sie über seine Tätigkeit als SD-Agent Bescheid wußte und ob er in den USA weiter für die CIA gearbeitet. Die Antwort der CIA war gewunden: Sie sei sich nicht sicher, ob sie über alle Information verfügt habe, als Bolschwing seine Einreise in die USA beantrage habe, und obwohl die CIA-Zentrale angewiesen habe, dass Bolschwing die Visafragen wahrheitsgemäß beantworten solle, sei nicht klar, ob diese Anweisung ihn erreicht habe. In den USA selbst sei er nicht mehr für den CIA tätig gewesen. Zudem sei seine Akte verloren gegangen.

So klar dem OSI war, dass Bolschwing falsche Angaben bei seiner Einreise und dem Antrag auf Staatsbürgerschaft gemacht hatte, so schwierig war der Fall, weil Bolschwing immer geltend machen konnte, im Einvernehmen mit der CIA gehandelt zu haben. Dennoch versuchte das OSI, seine Ausweisung zu erreichen. Der Fall wurde publik und fand entsprechendes Echo in der Presse. „California Man Accused of Nazi Crimes”, meldete die Los Angeles Times am 28. Mai 1981.

Zwar gelangen dem OSI weitere rechtliche Schritte zur Ausweisung Bolschwings. Doch ehe es dazu kam, wurde Bolschwing krank und starb mit 72 Jahren im März 1982 - ohne sich je für seine Beteiligung an der Verfolgung der europäischen Juden verantworten zu müssen.

Michael Wildt

Quelle: http://www2.hu-berlin.de/deutsche-geschichte/index.php?option=com_wordpress/wp-atom.php

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Einladung: “Launch” Docupedia-Zeitgeschichte am 11.02.2010

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Es ist soweit: Das Portal „Docupedia-Zeitgeschichte“ geht am 11. Februar 2010 mit den ersten Artikeln ins Netz und präsentiert sich der Öffentlichkeit! Unter der Adresse http://www.docupedia.de werden Sie dann nicht nur die neue Publikationsplattform, sondern auch alle Inhalte dieses Blogs finden.

Alle interessierten Leserinnen und Leser sind herzlich zur Eröffnungsfeier am 11. Februar im Museum für Kommunikation Berlin eingeladen.

Präsentation Docupedia-Zeitgeschichte

Zeit: Donnerstag, 11. Februar 2010, 19.00 Uhr

Ort: Museum für Kommunikation Berlin, Leipziger Straße 16, 10117 Berlin-Mitte

Programm:

Eröffnungs-Getöne: JazzDuo Lüdemann/ Kuchenbuch

Begrüßung: Dr. Jürgen Danyel, ZZF Potsdam

Vortrag: Datendichte und digitale Geschichte/ Stefan Heidenreich, Berlin

Docupedia-Suite: JazzDuo Lüdemann/ Kuchenbuch

Präsentation: Redaktion Docupedia-Zeitgeschichte

3,2,1 … PROJEKTSTART!

Anklick-Blues: JazzDuo Lüdemann/ Kuchenbuch

Im Anschluss an das Programm freuen wir uns, Sie zu einem kleinen Empfang einzuladen.

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Veranstaltungsankündigung: “Nachschlagewerk Internet? Herausforderungen an Bibliotheken, Verlage und Forschungseinrichtungen”

am Donnerstag, 16.04.2009, 15.00 Uhr, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Kleiner Seminarraum, Am Neuen Markt 9d, 14467 Potsdam

Teilnehmer:

Dr. Rüdiger Hohls, Vorstandsmitglied Clio-online: Historische Fachinformationssysteme e.V.

Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Direktor, Universitätsbibliothek Leipzig

Gudrun Vogel, Stellv. Chefredaktion, Bibliographisches Institut GmbH Leipzig

Moderation: Dr. Jürgen Danyel, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Unter Wissenschaftlern und Studierenden ist die Nachfrage nach verlässlichen, schnell verfügbaren Einstiegstexten für das wissenschaftliche Arbeiten nach wie vor groß. In diesem Bereich herrschten bislang Bibliotheks- und Verlagsangebote vor, es spielen jedoch zunehmend auch freie Plattformen wie die Wikipedia oder Online-Angebote von Forschungseinrichtungen eine Rolle. So übt der anhaltende Erfolg der freien Enzyklopädie Wikipedia derzeit erheblichen Druck auf alle Anbieter redaktionell verantworteter Nachschlagewerke aus, unabhängig ob sie im print oder online erscheinen. Und im Rahmen des Projekts Docupedia-Zeitgeschichte entsteht ein Online-Portal mit Einführungstexten namhafter Autoren in Kombination mit Materialsammlungen zu Methoden, Theorien und Debatten der zeithistorischen Forschung.

Die Mitwirkenden am Projekt Docupedia-Zeitgeschichte laden deshalb zu einem Podiumsgespräch rund um die Frage ein, wie sich aktuell das Angebot im Markt der Einstiegs- und Übersichtsinformationen für das wissenschaftliche Arbeiten neu ordnet. Diskutiert werden soll, wie dieser Bereich aus Verlags-, Bibliotheks- und Wissenschaftssicht genauer zu fassen wäre, wo aktuell kritische Entwicklungen zu verzeichnen sind, wo sich ggf. aber auch Möglichkeiten für Kooperationen unter Berücksichtigung von Strömungen wie „Open Access” und unter dem Eindruck des Aufstiegs neuer globaler Informationsverwerter wie Google denken lassen.

Die Teilnehmer:

Dr. Rüdiger Hohls ist Vorstandsmitglied des Vereins „Clio-online. Historische Fachinformationssysteme e.V.” und als Leiter der Redaktion H-Soz-u-Kult und Herausgeber verschiedener elektronischer Publikationsreihen seit Jahren mit der Entwicklung von Informations- und Serviceangeboten für die Geschichtswissenschaft befasst.

Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider ist Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig und an verschiedenen Projekten an der Aufbereitung von Online-Angeboten für die Geisteswissenschaften, u.a. an der Virtuellen Fachbibliothek Kommunikations- und Medienwissenschaften und dem Dictionary of Intellectual Historians beteiligt.

Gudrun Vogel arbeitet in der Chefredaktion des Bibliographischen Instituts Leipzig und betreute in dieser Funktion auch die weitgehend werbefinanzierte Enzyklopädie Meyers Lexikon Online.

Kontakt: Karsten Borgmann, borgmannk@geschichte.hu-berlin.de, Tel.: 030 2093 2543, 0331 28991 12

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Zum Konzept von Docupedia-Zeitgeschichte

von Dr. Jürgen Danyel, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Docupedia – eine Standortbestimmung der Zeitgeschichte als Disziplin

Die zeithistorische Forschung in Deutschland hat ihre Fragestellungen, Perspektiven und methodischen Zugriffe in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet. Die Disziplin ist inzwischen durch einen enormen inneren Differenzierungsprozess gekennzeichnet. Betrachtet man die Konjunkturen der zeithistorischen Forschung in den letzten Jahrzehnten, so überrascht, dass es bislang kaum Versuche gibt, den inzwischen erreichten Stand der Diskussion um zentrale Begriffe, forschungsleitende Konzepte und Methoden der Zeitgeschichte im Sinne einer Selbstverständigung der Disziplin über ihre eigenen Grundlagen zu dokumentieren. Die „neue Unübersichtlichkeit“ einer stark ausdifferenzierten Forschungslandschaft erfordert jedoch dringend eine solche theoretische und methodische Selbstvergewisserung, nicht zuletzt um einen Bezugsrahmen für die Flut der Spezialuntersuchungen zu schaffen.

Docupedia-Zeitgeschichte möchte einen Beitrag zur theoretischen und methodischen Standortbestimmung der Zeitgeschichte als wissenschaftlicher Disziplin leisten. Das für das Internet konzipierte Nachschlagewerk wird zentrale Begriffe, Konzepte, Forschungsrichtungen und methodische Ansätze der zeithistorischen Forschung dokumentieren. Darüber hinaus werden theoretische Ansätze aus dem Bereich der Philosophie, Soziologie, Anthropologie und anderer Nachbardisziplinen einbezogen, die in zunehmendem Maße von Zeithistorikern rezipiert und für ihre Forschungen adaptiert werden. Vorgestellt und bilanziert werden soll das deutlich erweiterte Spektrum der im Bereich der zeithistorischen Forschung genutzten Quellen und damit verbundenen methodischen Fragen sowie wichtige Debatten, von denen Impulse für die Forschung und das Selbstverständnis des Faches ausgegangen sind.

Zeithistorische Forschung im Umbruch

Nach wie vor bilden die Erforschung der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus zentrale Felder der deutschen, zum Teil auch der internationalen Forschung und innerfachlichen Debatte. Gleichzeitig hat die Disziplin nach 1989 mit der Erforschung der Geschichte der DDR und der deutschen Teilung sowie mit der Auseinandersetzung mit der kommunistischen Vergangenheit neue Impulse erhalten. Diese Entwicklung hatte nicht nur institutionelle Neugründungen bzw. neue Schwerpunktbildungen etablierter Forschungseinrichtungen zur Folge, sondern war durch eine Fülle von Projekten, Publikationen und Debatten gekennzeichnet. Die dabei zutage getretene „Verinselung“ und Überspezialisierung konnte inzwischen durch vergleichende Fragestellungen und eine damit verbundene Ausweitung der Perspektive auf die Geschichte der staatssozialistischen Gesellschaften in Mittel- und Osteuropa aufgebrochen werden.

Die Rolle der Medien in den modernen Gesellschaften wie auch die Medialisierung zeithistorischer Themen sind zu wichtigen Forschungsfeldern der Zeitgeschichte geworden. Audiovisuelle Materialien sind zu gleichwertigen Quellen der Forschung avanciert – zumindest auf der programmatischen Ebene. Ähnlich wie von der Kulturgeschichte sind außerdem von der Visual History wichtige Impulse für die zeithistorische Forschung ausgegangen.

Öffentliche und innerfachliche Debatten haben immer wieder die Theorie- und Methodendiskussion des Faches vorangetrieben. Die Diskussionen um einen deutschen „Sonderweg“, um die Interpretation des Nationalsozialismus, den Vergleich der Diktaturen, das Verhältnis von Nationalgeschichte und Europäisierung bzw. Globalisierung sind aus der Geschichte des Faches ebenso wenig wegzudenken wie der Streit um die deutsche Verantwortung für den Beginn des Ersten Weltkriegs, die Rolle der Wehrmacht im NS-Vernichtungskrieg oder das Verhältnis von Herrschaft und Alltag in der DDR.

Mit dem wachsenden zeitlichen Abstand nimmt die zeithistorische Forschung inzwischen stärker die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in den Blick, beginnend mit den Umbrüchen und Krisen der Moderne in den 1970er-Jahren über die Zäsur von 1989/90 und den mit ihr verbundenen Transformationsprozessen bis hin zur jüngsten Zeitgeschichte.

Die Dynamik des Faches

Docupedia-Zeitgeschichte will nicht nur verfestigtes Wissen abbilden, sondern die Dynamik des Faches zeigen. Die zeithistorische Forschung soll als eine Disziplin vorgestellt werden, die sich auch auf dem Feld ihrer theoretischen und methodischen Grundlagen im Wandel befindet. Neben den inzwischen allgemein akzeptierten Begriffen und Methoden sollen neue Ansätze vorgestellt werden, die sich noch in der Diskussion befinden oder Kontroversen ausgelöst haben. Neben den großen Linien soll das Augenmerk auch auf die wachsende Zahl von „Theorien mittlerer Reichweite“ gerichtet werden, die sich inzwischen auf vielen Forschungsfeldern erfolgreich etabliert haben.

Die Entwicklung der Disziplin vollzieht sich längst nicht mehr im engen Rahmen nationaler fachlicher Communities. Deshalb werden in Docupedia-Zeitgeschichte auch Beiträge aufgenommen, die transnationale Einflüsse und Wechselwirkungen im Bereich der Theorie- und Methodendiskussion der Zeitgeschichte und die Rezeption bestimmter Konzepte in anderen Forschungskontexten zeigen. Durch Parallelbeiträge sollen jeweils spezifische „Einfärbungen“ einzelner Begriffe und Konzepte etwa im angelsächsischen, französischen oder ostmitteleuropäischen Raum im Unterschied zur deutschen Forschungstradition vorgestellt werden. Neben den überwiegend deutschsprachigen Beiträgen sind deshalb auch englische Texte vorgesehen.

Docupedia – ein Medienexperiment

Als elektronische Publikation mit einem flexiblen Redaktionsmodell und der Einbindung von partizipativen Komponenten kann Docupedia-Zeitgeschichte wesentlich schneller als klassische gedruckte Nachschlagewerke auf neue Entwicklungen in der Forschung reagieren und Debatten innerhalb des Faches aufnehmen. Im Unterschied zur freien Enzyklopädie Wikipedia, deren Publikationsplattform das Projekt adaptiert und weiterentwickelt, berücksichtigt Docupedia-Zeitgeschichte die etablierten Qualitätsstandards einer Disziplin und die Verantwortung des Autors für seinen Text. Die Qualität der Beiträge wird durch die Gewinnung fachlich kompetenter Autorinnen und Autoren, ein repräsentatives Herausgebergremium und eine Fachredaktion gewährleistet.

Die bislang noch redaktionsintern entwickelte Liste der geplanten Beiträge erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Docupedia-Zeitgeschichte ist ein offenes Projekt, das laufend durch neue Beiträge ergänzt werden kann. Neben der Fachredaktion können Autoren, Herausgeber und Nutzer Vorschläge für neue Themen unterbreiten oder die Überarbeitung bereits publizierter Texte anregen und dies durch gezielte Kommentare unterstützen.

Auf die Einbeziehung von Artikeln zu Ereignissen, Personen und Prozessen aus dem Bereich der „Realgeschichte“ wird bewusst verzichtet. Letztere sind in der Wikipedia oder in speziellen zeithistorischen Informationsangeboten im Internet breit vertreten. Viele Beiträge werden jedoch Bezüge zur Realgeschichte enthalten. Eine spätere Ausweitung in diese Richtung ist grundsätzlich möglich, sollte jedoch von der Akzeptanz des Projekts abhängig gemacht werden.

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