Call for Posters: „Datenmodellierung in digitalen Briefeditionen und ihre interpretatorische Leistung”

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Im Rahmen des Workshops „Datenmodellierung in digitalen Briefeditionen und ihre interpretatorische Leistung: Ontologien, Textgenetik und Visualisierungsstrategien“, der vom 15. bis 16. Mai 2014 im Grimm-Auditorium der Humboldt-Universität zu Berlin stattfindet und von der “Nachwuchsgruppe Berliner Intellektuelle 1800-1830″ organisiert wird, können noch bis zum 10. April 2014 Vorschläge für Posterpräsentationen eingereicht werden.

Die Abstracts sollten die Eckdaten zum Projekt (Verantwortliche, Institutionen, Korpus, Fragestellung, Ziele, Ergebnisse) zusammengefasst in 1500 bis 3000 Zeichen enthalten und folgende Bereiche thematisieren:

  • Digitale oder hybride Briefeditionen
  • Visualisierungen von Netzwerken, insbesondere mit Bezug auf wissenschaftliche Gemeinschaften
  • Semantische Modelle und ihre Anwendung im Bereich der digitalen Briefedition
  • Repositorien oder Datenbanken, die für digitale Briefeditionen angewendet werden können

Bitte schicken Sie Ihre Postervorschläge an anne.baillot@hu-berlin.de. Sie erfahren Mitte April, ob Ihr Beitrag angenommen wurde. Es können leider keine Reise- oder Posterkosten erstattet werden.

Weitere Informationen zum Workshop, zu Anmeldung und Anreise sowie das Programm finden Sie hier.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3103

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Methodenschule als Prozess

Neben der Lehre am Arbeitsbereich Medienpädagogik und der Arbeit an der Dissertation arbeite ich mich seit letzten Sommer vertiefend in qualitative Forschungsmethoden ein. Damit bin ich nicht allein. Es existierte eine Form des Methodentourismus, bei dem bundesweit Doktoranden* aus den Sozial- und Bildungswissenschaften auf Summer Schools und Methodenwerkstätten aufeinandertreffen. Es gibt größere und kleinere dieser Veranstaltungen, mal rein auf qualitative Forschung ausgerichtet, dann wieder mit einem Mixed Method Ansatz, da werden eher die Soziolgen* adressiert und dort stehen die Bildungswissenschaftler* stärker im Fokus. Meine erste Veranstaltung dieser Art war die Summer School 2013 “Qualitative Forschung”1 an der Universität Köln. Anfang Februar ging es dann für mich zum Methodenworkshop Magdeburg, letzte Woche war der Gießener Methoden-Werkstatt Bildungsforschung dran und zum Auftakt des DGfE-Kongresses am 9. März in Berlin erwartet mich schon der nächste Workshop zur Methodenschulung.

Universität Magdeburg, Foto: Tine Nowak

Methodenworkshop Magdeburg

Der Methodenworkshop Magdeburg, der vom Zentrum für Sozialweltforschung und Methodenentwicklung ausgerichtet wird ist einer der größten dieser Art. Über 400 Teilnehmer* waren hierzu am 7. und 8. Februar nach Magdeburg gekommen.

Noch bevor der Workshop richtig anfing gab es zum Einstieg drei Kurzvorträge. Ich entschied mich für die Einführung in die Software MAXQDA2 durch Thomas Dresing. In meinem Fall könnte eine solche Software bald hilfreich sein, wenn es darum geht das bevorstehende Interviewmaterial zu transkribieren, mit Memos zu versehen und zu interpretieren. Hierzu gibt es durchaus auch Alternativen, wie z.B. F4 Analyse, welches etwas schlanker daher kommen soll, allerdings nicht für richtig große Forschungsprojekte geeignet sei, bei 30-50 Interviews läge die Obergrenze, so Dresing. Ein Praxistest steht da wohl bald aus. Im Auge behalten will ich – egal für welches System ich mich entscheiden werde – das Transkriptionsprogramm F4/F5. Tanskription ist auf Dauer anstrengend und zeitaufwändig. Ich wäre dankbar für alles, was diesen Prozess erleichtert. Mit F4/F53 kann man mitunter das Abspieltempo der Interviews verlangsamen und sehr genau Zeitmarken mit Shortcuts in den Text setzen, auch hält es verschiedene Automatismen bereit, die Zeit sparen helfen.

Einführung in MAXQDA, Foto: Nowak

Exkurs

Über die Darstellung der Technik hinaus bin ich dem Vortrag um zwei Zitate dankbar. Thorsten Dresing sprach davon, dass die Programme mittlerweile auch problemlos das Schreiben und Verankern von Memos ermöglichen. Memos gehören essentiell zur Grounded Theory, mit der ich selbst arbeite. In Memos werden interessante Gedanken festgehalten, auch wenn sie so noch gar nicht im Forschungsmaterial enthalten sind. Alles was irgendwie bemerkenswert ist rund um das Forschungsprojekt wandert in die Memos. Dresing zitierte frei aus dem Gedächtnis: „Not writing memos is like having Alzheimer in Qualitative Research“. Ganz genau trifft es das Original nicht, aber als ich es nachschlug fand ich folgendes von Joseph A. Maxwell: “Not writing memos is the research equivalent of having Alzheimer’s disease; you may not remember your important insights when you need them”.4 Egal wie sich Memos manifestieren, es gehe, nach Maxwell, darum die eigenen Gedanken festzuhalten, um sie für eine Reflektion und für Erkenntnisse fruchtbar zu machen. Diese Erinnerungsfunktion illustriert er an einer Passage5 aus Lewis Carrols “Alice hinter den Spiegeln”. So komme ich zu dem zweiten Zitat, welches ich – auf Umwegen – Thorsten Dresing verdanke:

‘The horror of that moment,’ the King went on, ‘I shall never, NEVER forget!’ ‘You will, though,’ the Queen said, ‘if you don’t make a memorandum of it.’ 6

Man kann sich das gar nicht oft genug vor Augen halten: Immer schön alles Notieren, was nicht vergessen gehen soll und zwar am besten an Orten, die später durchsuchbar sind, wie hier im Blog oder einem sonstwie geeigneten Programm direkt auf dem Computer.

Begrüßung

Die Begrüßung der Teilnehmer* des Methodenworkshops übernahm dieses Jahr Fritz Schütze. Er machte darauf aufmerksam, dass der Methodenworkshop erstmalig am Gebäude 40, wo die Geisteswissenschaften beheimatet sind, stattfindet. Der Hörsaal in dem man sich gerade befände, sei noch ganz neu, erst vor sechs Woche eröffnet worden. Schütze betonte, dass die zwei gemeinsamen Tage insbesondere wichtig seien, um Netzwerke untereinander zu knüpfen. Dann verwies er noch kurz auf den NachwuchsforscherInnentag im Herbst und verabschiedete alle in die AGs mit den Worten: “Gute Erkenntnisse und fröhliches Netzwerken.”

Methodenworkshop Magdeburg Begrüssung, Foto: Tine Nowak

Die Arbeit in den AGs

Da ich selbst kurz vor der Feldphase stehe habe ich die Arbeitsgruppe zu “Forschungsdesigns in der Planungsphase” von Melanie Fabel-Lamla  und Sandra Tiefel gewählt. In der AGs selbst gab es von den vorgestellten Projekten dann gar keines, das dem Titel entsprach. Es waren durchweg fortgeschrittene Arbeiten, an denen grundlegende Fragen zur Gestaltung des Forschungsdesigns von uns passiven Teilnehmern* zusammen mit den aktiven Teilnehmern*7 diskutiert wurden.
Beide Dozentinnen machten von Anfang an sehr deutlich, dass der Forscher* mit dem Forschungsdesign bestimmt, was nachher als Ergebnis zu erwarten ist. Die Fragestellung muss dementsprechend zur Methode passen, z.B.:

  • Ethnografie: dichte Beschreibung eines neuen Phänomens (deskriptiv)
  • Typisierung: zB. Handlungstypen (Dimension hier und jetzt)
  • Muster: zB. Handlungsmuster (prozessorientiert), Handlungszusammenhänge und Umgangsweisen
  • Modelle/kleine Theorien (gegenstandsbezogene und formale Theorie)

Abgesehen von einer Stippvisite in die AG zur Medienforschung, geleitet von  Johannes Fromme und Stefan Iske (als Ersatz für den erkrankten Winfried Marotzki) bin ich der Forschungsdesign-AG treu geblieben. Durch den Wechsel in die andere Gruppe wurde mir sehr deutlich, dass mein Blick auf das Identifizieren von Haupt- und Nebenfragen geschärft worden war. Merke: Insbesondere bei einem Promotionsprojekt ist es wichtig, seine zentrale Fragestellung zu kennen und sich dieser bei der Interpretation des Material stets bewusst zu bleiben. Was bedeuten kann, dass man mitunter lernen muss, sich von – noch so interessanten – Nebenfragen zu verabschieden, die einen zu neuen Schauplätzen abseits des Dissertationsthemas führen.

Durch die AG von Tiefel und Fabel-Lamla bin ich in der Nachbereitung zudem auf folgende Literatur aufmerksam geworden:

Tiefel, Sandra (2005): Kodierung nach der Grounded Theory lern- und bildungstheoretisch modifiziert: Kodierleitlinien für die Analyse biographischen Lernens. In: Zeitschrift für qualitative Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung 6, 1, S. 65-84. URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-279183

Fazit

Der Methodenworkshop Magdeburg bringt Doktoranden* und Forscher* aus verschiedenen Disziplinen zusammen, so dass der Wunsch zum munteren Netzwerken, den Fritz Schütze bei der Eröffnung aufwarf, sich tatsächlich realisierte. Selten war ich auf einer Tagung, zu der ich alleine hingefahren bin, in so guter Begleitung gewesen mit Menschen, die ich hoffentlich auf einer der nächsten Werkstätten wieder treffen werde. Denn: Nach dem Workshop ist vor dem Workshop.

Campustower Magdeburg. Foto: Nowak
Ein kurzen Überblick zum Methodenworkshop Magdeburg und Gießener Bildungswerkstatt findet sich auch im Blog des AB Medienpädagogik @TU Darmstadt

 

  1. Summer School Programm im PDF
  2. MAXQDA hat auch einen Wikipedia-Artikel, hier erschliesst sich der Leistungsumfang recht schnell
  3. F4= Windows, F5= Mac
  4. Maxwell, Joseph A. (2005): Qualitative research design: An interactive approach, S. 12, London: Sage
  5. zitiert nach Peters 1992, S. 123
  6. Die weitere Verwendung des Passus “Memorandum” läßt sich online im Carrol-Text nachlesen: http://www.gutenberg.org/files/12/12-h/12-h.htm
  7. Aktive Teilnehmer* stellen Material aus Ihren Forschungsprojekten vor, die Dozenten* und die Gruppe der passiven Teilnehmer* interpretieren oder diskutierten das Material dann gemeinsam in der Arbeitsgruppe.

Quelle: http://mobilvideo.hypotheses.org/83

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Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil VI. Themen- und Forschungsblogs II.

Dies ist der letzte Beitrag in unserer Wahlhelfer-Serie. Vorgestellt werden auch hier Themen- und Forschungsblogs, die für den Publikumspreis des diesjährigen Blogawards zur Wahl stehen. Abgestimmt werden kann noch bis zum 2. März 2014.

Digitales (4 Blogs)

1. Franco-Fil http://francofil.hypotheses.org

n diesem Blog werden Online-Ressourcen für die geisteswissenschaftliche Forschung zu Frankreich vorgestellt sowie Hinweise und Tipps für die Informationssuche gegeben. Das Blog ist interdisziplinär ausgerichtet und wendet sich an alle geisteswissenschaftlich an Frankreich interessierte Studierende und Forschende.

2. Geschichte zwopunktnull http://zwopktnull.hypotheses.org/

Das Blog “geschichte zwopunktnull” präsentiert Beiträge zum “Digtialen” in Geschichtsunterricht und Geschichtsdidaktik. Die Texte entstehen im Zusammenhang mit geschichtsdidaktischen Hauptseminaren am Historischen Institut der Universität Duisburg-Essen.

3. history@the.net http://hatn.hypotheses.org/

history@the.net is a research blog connected to a research project under the same title which is being conducted by Jan Hecker-Stampehl at Humboldt-Universität zu Berlin, Germany. Blog and project focus on the impact the digital turn has on the representation and dissemination of historical knowledge on the world wide web.

4. Historisch denken | Geschichte machen http://historischdenken.hypotheses.org/

Anmerkungen zu Geschichte | Vergangenheit | Geschichtsunterricht | Geschichtsdidaktik. Dieses Blog will Entwicklungen zum historischen Denken und Lernen in der Schnittmenge von Geschichtsdidaktik, historisch-politischer Bildungsarbeit und Geschichtsunterricht mitverfolgen und anregen.

 

Linguistik, Sprachwissenschaft, Computerlinguistik (7 Blogs)

1. Diversity Linguistics Comment http://dlc.hypotheses.org/

“Diversity Linguistics Comment” is a scholarly blog that discusses current issues in language typology and language description, written by linguists for other linguists. The notion of “diversity linguistics” recognizes the close connections between the enterprises of language comparison and analysis of particular languages. Topics include grammatical structures (syntax and morphology, phonology), language contact, language change in a comparative perspective, and genealogical linguistics. New authors are always welcome.

2. NLP for Historical Texts http://nlphist.hypotheses.org/

This blog is intended as a “virtual extension” to the book “Natural Language Processing for Historical Texts” and aims to discuss recent developments, collect relevant research, and present new projects in the field.

3. TEXperimenTales http://texperimentales.hypotheses.org/

An der Schnittstelle zwischen Softwaretechnologie und Wissenschaftstheorie, Kryptologie und Korpuslinguistik, Bioinformatik und Literaturwissenschaft, Open Science und eHumanities.

4. The Dragonfly’s Gaze http://dragonfly.hypotheses.org/

This is a personal research and news blog. Its aims are to engage discussion with colleagues interested in computational text analysis, to serve as an observatory of trends, issues and advances in computational text analysis, and to give visibility to the burgeoning and diverse field of computational text analysis. Comments as well as guest posts are welcome!

5. The Semipermeable Membrane http://hpsns.hypotheses.org/

Das Gehirn und seine Geschichte, oder besser gesagt, die Geschichte der Neurowissenschaften seit 1800 sind Thema dieses englischen Dissertationsblogs von Tabea Cornel. Sie untersucht Geschlechterdifferenzen und vergleicht dazu wissenschaftliche Aussagen aus der Phrenologie mit der von aktuellen fMRT-Untersuchungen, dabei reflektiert sie auch ihre eigene Forschung in ihrem interdisziplinären Blog.((Da es beim Blog keine Selbstbeschreibung gab, haben wir hier Ausschnitte aus unserer Vorstellungskolumne “Look who’s blogging! Special edtion!” genommen.))

6. Annotatio http://annotatio.hypotheses.org

Das Blog ist mehrschichtig und interdisziplinär konzipiert und versteht sich als ein Diskussionsort zum Thema Digital Humanities und Sprachgeschichte. Es beschäftigt sich einerseits mit Phänomenen der Sprachgeschichte vom Mittelalter bis in die Neuzeit im deutschsprachigen Raum und in Europa, insbesondere in kulturgeschichtlichem Zusammenhang, andererseits mit den Digital Humanities und ihrer Interaktion mit kultursgeschichtlichen Fragestellungen.

7. When enkidu died http://enkidu.hypotheses.org

Das Blog begleitet ein Projekt der komparatistischen Literaturwissenschaft, vor allem im Bereich Antike und Europa und der Narratologie. Es gibt einen Einblick in Überlegungen zum Zusammenhang von narrativen Strategien und Kulturalität; grob gesagt also, warum auf eine bestimmte Weise erzählt wird und warum Erzählungen überhaupt ein Publikum haben. Genauer ausgedrückt geht es etwa um die Frage, wie und wann bestimmte Erzähl-strategien zum Einsatz gebracht werden, um einen be-stimmten Zweck zu bearbeiten, und welchen Bedingungen sie unterworfen sind. Verdauertes Erzählen – also etwa im Medium der Schrift, des Films, der mündlichen Tradition –, verstanden als Zeiträume und Reichweiten überwindende Kulturtechnik, steht im Fokus der Betrachtung. Der Rahmen des Projektes soll im Zuge der hier veröffentlichten Einträge erprobt und weiter ausgelotet/verengt werden.

 

Soziologie / Sozialwesen (2)

1. Soziale Medienbildung http://medienbildung.hypotheses.org/

Das Blog “Soziale Medienbildung” ist Lerntagebuch, Werkstattjournal, Diskursort, Archiv und Experimentierfläche der Medienbildungs-Angebote am Fachbereich Sozialwesen und des Zertifikatprogramms “Soziale Medienbildung” des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung an der Hochschule Fulda.

2. Soziologieblog http://soziologieblog.hypotheses.org

Wir sind Studierende und junge Nachwuchswissenschaftler_innen, die halbjährlich ein Magazin veröffentlichen, für das ihr zu wechselnden Call4Papers eigene wissenschaftliche Artikel einsenden könnt. Eure eingereichten Beiträge werden dann durch uns und unseren Wissenschaftlichen Beirat ausgewählt und betreut. Zusätzlich bieten wir euch auf unserem Blog die Möglichkeit an, als Gastautor_in soziologische Inputs zu posten.

Und jetzt heisst es abstimmen! Zur Wahl geht es hier: https://survey.openedition.org/index.php/885382/lang-de

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Siehe auch:

Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil I. Dissertationsblogs

Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil II. Blogs zu einem Forschungs-/Editionsprojekt, Quellenblogs

Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil III. Blogs einer Forschergruppe / Gemeinschaftsblogs

Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil IV. Blogs einer Einrichtung, Veranstaltungsblogs

Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil V. Themenblogs I.

Blogaward de.hypotheses – was soll ich denn nur wählen? Teil VI. Themenblogs II.

 

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2044

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585 Bücher der Stralsunder Archivbibliothek fehlen – der Kepler-Band wird jetzt in New York für eine Viertelmillion Dollar angeboten

 

Anlass der Gründung dieses Weblogs im Dezember 2012 waren die skandalösen Vorkommnisse im Stadtarchiv Stralsund, die ich in Archivalia umfassend dokumentiert habe (über 270 Beiträge zu Stralsund; Best of). Nach einem Hinweis von Falk Eisermann am 22. Oktober 2012 auf eine von mir überlesene Passage einer Stralsunder Pressemitteilung konnte ich die Fachwelt im Herbst 2012 soweit mobilisieren, dass sich ein Sturm der Entrüstung erhob und nach einem Gutachten von Nigel Palmer und Jürgen Wolf die Hansestadt Stralsund sich veranlasst sah, die für 95.000 Euro an einen bayerischen Antiquar verscherbelte kostbare Gymnasialbibliothek mit über 6000 alten Drucken ab dem 16. Jahrhundert zurückzukaufen.

Im LISA-Portal hatte ich am 13. November 2012 zusammenfassend das Vorgehen der Stadt gegeißelt. Philipp Maaß, der Initiator der Stralsund-Petition, unterrichtete in einem Beitrag für die bibliothekarische Fachzeitschrift BuB, der hier nachgelesen werden kann über den Skandal, während der im Februar 2013 im Bibliotheksdienst erschienene Aufsatz des Speyerer Altbestands-Spezialisten Armin Schlechter erst jetzt kostenlos einsehbar ist. In LIBREAS stellte ich “Lehren aus der Causa Stralsund” vor.

Nun hat der NDR herausgefunden, dass der renommierte New Yorker Händler Jonathan Hill den Kepler-Druck aus der Gymnasialbibliothek für eine Viertelmillion Dollar anbietet. Wieso Margret Ott für diese bescheidene Recherche-Leistung (das Angebot ist online verfügbar) ein dickes Lob spendet, erschließt sich mir nicht. Im Nordmagazin des NDR-Fernsehens wird behauptet, es sei unklar, wie der Händler zu dem Druck gekommen sei. Wenig genauer auf der NDR-Website: “Bei einer ersten Auktion vor ein paar Monaten hatte das Werk 45.000 Euro erzielt.” Diese journalistische Fehlleistung fügt sich ins Bild: Die Journaille hatte sich in der Causa Stralsund nach meiner Einschätzung als unfähig und tölpelhaft erwiesen; meine Rechercheergebnisse als Blogger wurden entweder nicht zur Kenntnis genommen oder meist stillschweigend vereinnahmt.

Tatsache ist: In der Nacht vor der Bekanntgabe des Rückkaufs am Dienstag, dem 20. November 2012 hatte ich fieberhaft daran gearbeitet, einen umfangreichen Archivalia-Beitrag fertigzubekommen, nachdem ich am Sonntag zuvor einen anonymen Tipp von einem Käufer bekommen hatte, bei den Reiss-Herbstauktionen seien Bücher aus der Gymnasialbibliothek Stralsund versteigert worden. Ich ging den Reiss-Online-Katalog durch und kam zu dem Schluss: Die Einlieferungen der Reiss-Auktionen mit den Nummern 41, 95, 152, 177 und 169 setzen sich ausschließlich aus Stücken zusammen, die aus dem Stadtarchiv Stralsund stammen. Eine außerordentlich grobe Schätzung für den Gesamterlös ergab gut 140.000 Euro für etwa 190 Titel. Am 30. Oktober 2012 erbrachte der jetzt in New York angebotene Kepler-Druck von 1621 (mit Beibänden) als Nr. 4841 bei Reiss in Königstein 44.000 Euro.

Angesichts der Rückkauf-Meldung vom gleichen Tag verpuffte mein Scoop und wurde auch in der Folgezeit von der etablierten Presse nicht registriert. Vermutlich hat der New Yorker Händler den Kepler-Band und zwei weitere kostbare Werke aus Stralsund, die er für sehr viel weniger Geld anbietet, bei Reiss ersteigert oder über einen Zwischenhändler bezogen.

Die Stadt Stralsund mit ihrem Beauftragten Dr. Burkhard Kunkel hat nach der Rückkaufentscheidung vom November 2012 so gut wie nichts richtig gemacht, was die Rückführung weiterer Bestände angeht. 

Im Fernsehen sagt Kunkel, es fehlten 585 Bücher. Diese Zahl dürfte sich lediglich auf die Gymnasialbibliothek beziehen. Unklar ist, was der Antiquar Hassold vor dem Rückkauf bereits vertickt hatte. Eine nicht näher bezifferbare Anzahl von Büchern aus der Gymnasialbibliothek sind für immer verloren, da Hassold sie als unverkäuflich vernichtet hatte. Außer den Reiss-Auktionen kamen einige Stralsunder Werke  auch bei dem Münchner Auktionshaus Zisska und Schauer, dessen ehemaliger Geschäftsführer Schauer wegen seiner Verwicklung in die Causa Girolamini in Italien in Untersuchungshaft sitzt, unter den Hammer. Den dort erworbenen unikalen Türkendruck hat die Bayerische Staatsbibliothek immerhin zurückgegeben.

Absolut lächerlich ist, dass im Mai 2013 laut Meldung der Stadt Stralsund gerade einmal sieben (in Zahlen: 7) Titel zurückgegeben worden waren.

Dank einer Fehlentscheidung des BGH zum Hamburger Stadtsiegel-Fall sind auf öffentlicher Auktion verkaufte Bände rechtsgültig in das Eigentum des jeweiligen Erwerbers übergegangen. Für die anderen Bände kann man zumindest die Auffassung vertreten, dass sie nach wie vor Eigentum der Stadt Stralsund sind. Es ist ein Unding, dass die Stadt Stralsund weder einen öffentlichen Rückgabe-Aufruf (z.B. durch Anzeigen in Sammler-Organen wie “Aus dem Antiquariat”) gestartet hat noch eine mit der Kommunalaufsicht abgestimmte Stellungnahme zum Eigentums-Status des entfremdeten Bestands abgegeben hat. Nicht jeder Sammler verhält sich so abscheulich wie der Eigentümer des durch seine Einträge unersetzlichen Hevelius-Drucks, der ihn nicht zurückgeben will.

Wie in meinem Archivalia-Beitrag vom 20. November ausdrücklich angeregt, hätten durch rasches Handeln beim Auktionshaus Reiss wenigstens die unverkauften (also auch nicht rechtsgültig in anderes Eigentum übergegangenen) Stücke aus Stralsund gerettet werden können.  Geschehen ist aber: nichts.

Noch skandalöser als das denkbar unprofessionelle Vorgehen bei der Rückholung der Bestände der Gymnasialbibliothek ist die Untätigkeit, was die vor dem Sommer-Verkauf 2012 als angebliche Dubletten durch die damalige Archivleiterin Nehmzow und ihren nicht weniger abscheulichen Vorgänger rechtswidrig veräußerten Altbestände angeht. Nach wie vor können Hassold und seine Kumpane ungehindert seltene Pomeranica aus Stralsund verkaufen, von denen womöglich nicht wenige durch Besitzeinträge unikalen Charakter haben. In diesem Bereich hat die Stadt Stralsund offenkundig nichts unternommen, obwohl durch meine eingehenden Recherchen bewiesen wurde, dass auch unantastbare Bestände der Ratsbibliothek in die unfassbaren Verkäufe einbezogen waren.  Mindestens zwei Bücher wurden aus dem Barock-Ensemble der Löwen’schen Bibliothek von Hassold im Handel angeboten, eines davon noch am 30. November 2012! Ein weiteres Stück stammte aus der Kirchenbibliothek St. Nikolai.

Die perfide Strategie der Stadt Stralsund und ihres Dr. Kunkel besteht also darin, lauthals zu erklären, dass man die entfremdeten Teile der Gymnasialbibliothek zurückholen wolle. In Wirklichkeit agiert man aber völlig ineffizient und verschließt die Augen vor den nachgewiesenen Verkäufen wertvollen Buchguts vor dem Verkauf der Gymnasialbibliothek im Sommer 2012. Diese rechtswidrig veräußerten Bücher (durch Nehmzow, die Staatsanwaltschaft will sich im März 2014 zum Verfahrensstand äußern, und auch schon ihren Vorgänger Hacker) gehören nach meiner Rechtsauffassung ebenfalls nach wie vor der Stadt Stralsund und müssten mit aller Energie, zu der die Stadt und ihr Dr. Kunkel offenkundig nicht fähig sind, zurückgeführt werden!

 

 

 

 

 

 

Quelle: http://kulturgut.hypotheses.org/334

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Warum das Universitätsarchiv Bayreuth (dennoch) bloggt

Es ist ein gutes Zeichen für den Fortschritt der Social Media Nutzung und der Vertrautheit mit Web 2.0-Komponenten in den deutschen Archiven, wenn es möglich ist, eine Blogparade zu veranstalten, die sich nicht nur, aber explizit an Archivare als Autoren richtet, und mit der um Mitteilungen über den fachbezogenen Umgang der Archive mit Blogs gebeten wird. Setzt man da nicht zu viel Aktivität und Interesse seitens unserer Zunft voraus, ist der potentielle Teilnehmerkreis nicht arg klein, möchte man fast fragen? Die mit Spannung erwartete Zusammenfassung der veröffentlichten Beiträge am Ende der Parade wird hierüber Aufschluss geben.

Nun ist das Universitätsarchiv Bayreuth, das im März 2013 gegründet wurde, noch sehr jung. Nach dem Einzug der ersten Bestände in ein adaptiertes und nun gut ausgestattetes Magazingebäude steht der „Ansturm“ der ersten Nutzer unmittelbar bevor. Derzeit 96 Facebook-Fans und 97 Twitter-Followers sind insofern nicht die unbeachtlichsten Zahlen. Die ersten Blogbeiträge folgten kurz darauf im Juni in “Archivalia” und “Archive 2.0″. Der Aufbausituation des neuen Archivs entsprechend, waren die Themen in den Blogbeiträgen weniger mit tagesaktuellen Archivalien und dem andernorts üblichen Tagesgeschäft verwoben. Vielmehr stehen eher Grundsatzfragen und Methodisches auf dem Programm. Da ging es um Metadatenmodelle von Erschließungssoftware ebenso wie um den Provenienzbegriff bei der Bestandsdefinition. Unser Leitbild ist das Streben danach, dem Nutzer via Internet Teilhabe und Teilnahme zu ermöglichen, das, was man heute Partizipation nennt.

Archive 2.0 als Baukasten der Partizipation

Die Beiträge der Teilnehmer der ersten Tagung „Offene Archive? Archive 2.0 im deutschen Sprachraum (und im europäischen Kontext)“ im November 2012 in Speyer äußerten sich noch relativ verschieden hinsichtlich ihres Verständnisses, was der Terminus „Archive 2.0“ beinhalte. Einer der vorgetragenen Gedanken war, dass Archive 2.0 nicht zuletzt ein Baukasten von Methoden und Instrumenten aus dem Umfeld der Web 2.0-Technologien sei, um damit Dritte in die Kernarbeiten eines Archivs einzubinden und partizipieren zu lassen.

Archiv 2.0 ist das Archiv, das moderne Internettechnologie einsetzt, um Nutzer an der Erschließung zu beteiligen, um Foren zu Bewertungsfragen bereitzustellen, um Archivaliennutzung zu virtualisieren und mit Personen und Institutionen in kollaborative Projekte zu treten. Die dafür geeigneten Technologien erlauben auch projektbezogene Kooperationen von Archivaren, zum Beispiel in ortsversetzten gleichzeitigen Erschließungsarbeiten am selben Bestand auf der Grundlage digitalisierten Archivguts. Auch der Aufbau virtueller Bestände auf der Grundlage gemeinsamer Leitlinien, die über die sozialen Medien diskutiert und vereinbart werden, kann eine Form der Bestandsbildung im Archive 2.0-Verbund sein.

Zusammengefasst geht es darum, eine Community zu koordinieren, den Interessen ihrer Mitglieder zu entsprechen, eine virtuelle Arbeitsumgebung zu schaffen und das freigesetzte Potential für die Erreichung nutzer- und serviceorientierter Ziele einzusetzen. Hier ist noch viel zu tun, doch Ansätze dazu sind allenthalben zu erkennen. Man sehe auf das Digitale Historische Archiv der Stadt Köln, auf die Planungen zur Nutzerbeteiligung in Archivportalen wie EHRI und dem Archivportal Europa, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Hinzu kommt der Einsatz der Social Media für die Fachdiskussion und den fachlichen Austausch auf kurzen Wegen. Die geschlossene Facebook-Gruppe „Archivfragen“ beispielsweise hat sich dafür bereits gut qualifiziert und umfasst heute bereits 269 Mitglieder aus dem In- und Ausland.

Was Archive 2.0 nicht sein sollte, ist eine Fassade für eine zusätzliche Aufgabe mit dem Charakter allein einer weiteren Komponente der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit mit dem Angebot informeller Kurzkommunikation als propagablem Novum. Freilich soll der Nutzen für die Außendarstellung auch dann nicht verneint oder abgelehnt werden.

Der Blog und das „Prosumieren“

Die Blogbeiträge des Universitätsarchivs Bayreuth betrafen bisher die Themenfelder Dokumentationsprofil, Tagungsdokumentation, Software und Methode der Erschließung. Dahinter war immer die Absicht gestanden, die Leser zur Diskussion zu ermutigen und auf diese Weise Work in Process zu „prozessieren“. Denn das darf der Blog sein: Ein Publikationsforum für Work in Progress, für Ware, die erörtert, korrigiert, fortgeführt und praxistauglich gemacht werden will.

Am 25. Juni 2013 erschien der erste Beitrag: „Ein Dokumentationsprofil für ein Universitätsarchiv – Teil 1: Grundlegung“. Dem folgten zwei weitere Teile. Eine Diskussion ergab sich nicht. Bis heute folgten noch vier Artikel, die insgesamt vier Diskussionsbeiträge zeitigten. Wurde das ursprünglich mit dem Bloggen angestrebte Ziel der konstruktiven Kommunikation mit dem partizipierenden Internetuser demnach nicht erreicht? Innerhalb des Blogs wurde zwar kaum diskutiert, jedoch entspannte sich als Folge in mehreren Fällen ein konstruktiver E-Mail-Verkehr. Auch das Abtauchen in die Nichtöffentlichkeit kann ein Weg des Prosumierens sein, analog zur geschlossenen Facebook-Gruppe oder zum privaten Chat. So willkommen diese Form der Kommunikation auch ist, so darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die technischen Instrumente, die für den Blog typisch sind, auf diese Weise umgangen werden und deshalb zu hinterfragen sind. Ist der Blog demnach für unser Archiv weiterhin ein geeignetes Medium?

Blogs dienen als Publikationsforen, in denen Veröffentlichen und gegenseitiges Austauschen ohne monatelange Wartezeiten auf die nächsten Ausgaben eines Printmediums möglich ist, in denen Material zur Nachnutzung bereitgestellt und ohne sofort sichtbare Spuren ausgewertet, verlinkt und erneut kontextualisiert wird. Das dazu erforderliche Informationsangebot wollen wir unseren potentiellen Nutzern und den übrigen am Archiv interessierten Kreisen nicht entziehen. Immerhin gab es für die bisherigen Beiträge des Universitätsarchivs doch 144 Verlinkungen zu den Social Media Facebook, Twitter und Google+, so dass die Texte offenbar durchaus Leser gefunden haben. Fraglich bleibt dabei, ob das bloße Weiterkommunizieren via Links in die Social Media bereits als Prosumieren bezeichnet werden kann, oder ob die Grenze vom Web 1.0 zum Web 2.0 damit nutzerseits vielleicht noch gar nicht wirklich überschritten wurde.

Der Blog als öffentliche Partizipationsplattform

Wird das Universitätsarchiv Bayreuth also auch künftig in Weblogs auftreten? Es darf nicht übersehen werden, dass die wissenschaftliche Akzeptanz dieses Mediums und der darin erfolgten Veröffentlichungen als seriöse und zitable Beiträge erst zuzunehmen begonnen hat, und dass Strategien zu einer weithin gut wahrnehmbaren Verbreitung von Blogbeiträgen auch erst ansatzweise befriedigend funktionieren. Doch geradezu täglich lässt sich die Dynamik beobachten, mit der die Bedeutung des Bloggens in den aufstrebenden „Digital Humanities“ vorangetrieben und die erforderlichen virtuellen Infrastrukturen optimiert werden.

Deshalb, und weil es unser Anliegen bleibt, die Möglichkeit zur öffentlichen Partizipation zu geben, werden aus unserem Archiv auch künftig Texte in Blogs wie „Archive 2.0“ oder „Archivalia“ und Materialien auf Plattformen wie Slideshare veröffentlicht werden.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1231

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»Wiki und die Wissenschaft«

Wikipedia, das prominente Wiki, funktioniert, obwohl sich seine Autoren meist nicht kennen, sie in keiner gemeinsamen Kommunikationsstruktur und hierarchischen Beziehung zueinander stehen (was Entscheidungen nicht grundsätzlich einfacher macht), viele dort anonym unterwegs sind (was Destruktion Tür und Tor öffnet) und es kein (näher bestimmtes) gemeinsames und verbindendes inhaltliches Ziel gibt. Darüber kann man staunen, oder aber auf die Idee kommen, dass das einzige, was an dieser Aussage ganz falsch ist, das »obwohl« ist. Wikipedia funktioniert, »weil« … muss es wohl eher heißen.

Der potenzielle Einsatzbereich von Wikis hat eine enorme Spannbreite: als internes kollaboratives Werkzeug für kleine Arbeitsgruppen, fürs Projektmanagement, als Forschungsarchiv, als Redaktionssystem für die Publikation von Projektfortschritten und Forschungsergebnissen, als Plattform für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit … Wer aber ein Wiki einrichtet und dann, gefühlt oder tatsächlich, mit mangelnder und unausgewogener Beteiligung kämpft, muss sich fragen, ob eigentlich die Rahmenbedingungen stimmen. Stehen Hierarchien dagegen? (»Darf ich das so schreiben?«) – es ist eben nicht nur eine Frage der sachlichen Kompetenz, wer in einem gegebenen Umfeld »etwas zu sagen hat«. Steht das neue System in Kokurrenz mit längst im Projekt etablierten Verfahren? (»Das machen wir doch seit Jahren mit E-Mail – jetzt soll ich auch noch in einem Wiki arbeiten!«). Muss man die fortschreitende Kontrolle der individuellen Arbeitsleistung befürchten? – Wikis eignen sich ja (leider) auch dafür.

So gibt es in dieser Hinsicht wirklich Grund zur Reflexion, aber das war nur einer der vielen Aspekte, die ich aus der Konferenz »Wiki und die Wissenschaft« mitgenommen habe. Dass Wikis sich für eine Vielfalt von Zwecken eignen, dass ihr konkreter Einsatz solide erforscht und geplant gehört (und wird!), dass Wikis mit freien Inhalten nur so gut sein können, wie Wissenschaft, Kultur und Medien (die »Stakeholder«) ihnen das erlauben, dass man ihrem schier unendlichen Material mit Big-Data-Visualiserungen auf den Leib rücken kann, dass man weiter über Schnittstellen, Standards und Lizenzen reden muss, schließlich, dass »Listen to Wikipedia« nicht nur ein guter, sondern ebenso entspannender wie anregender Rat sein kann. Viel gelernt, was will man mehr !

Dem interessierten Publikum (und der Allgemeinheit) stand während der Konferenz das die Veranstaltungreihe begleitende Wiki zur Bearbeitung offen, und die Versorgung mit eduroam und weiterem WLAN war selbstverständlich – rundum gelungen.

Ein ganz subjektiver Eindruck der Berliner Gespräche zur Digitalen Kunstgeschichte IV. Wiki und die Wissenschaft, Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, 20. Feb. 2014.

Ach ja ! Was es auf sich hat mit »Listen to Wikipedia«, das verrät ein weiterer Klick …

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3095

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Noch einmal: Kritik der Verwaltungssprache um 1800

Zuletzt habe ich an dieser Stelle Klaus Margreiters HZ-Aufsatz zur Kritik der Aufklärung am Kanzleistil des Ancien Régime besprochen. Bei allem Lob habe ich angemerkt, dass die dort zitierte aktenkundliche Literatur nicht voll für dieses Thema ausgewertet wurde. Dazu jetzt mehr.

Beck (1997: 425-435) hat den Fall des neumärkischen Landrats v. Mülheim nachgezeichnet, der 1787 in seinen Berichten an die Kriegs- und Domänenkammer in Küstrin stillschweigend begann, die Kurialien fortzulassen, d. h. die auf den König gemünzte Anrede “Allerdurchlauchtigster großmächtiger König [...]” zu Beginn und
die Devotionsformel “Ich ersterbe [...]” zwischen Kontext und Unterschrift. Das wollte ihm die Kammer nicht durchgehen lassen, viel hatte sie aber nicht entgegenzusetzen, insbesondere nicht v. Mülheims Argument, wenn Friedrich der Große bei tatsächlich an ihn selbst gerichteten Immediatberichten auf die Kurialien verzichtet habe, könne eine Provinzialbehörde doch nicht darauf bestehen. Aber auch diese bestechende Logik half v. Mülheim nicht, weil die Sache durch eine Weisung des Generaldirektoriums zugunsten des Kurialienzwangs entschieden wurde.

Bemerkenswert sind die tieferen Überzeugungen hinter der beamtentypischen Formalargumentation des Landrats: Die altdeutschen Kurialien rühren an sein Stilempfinden. Sie seien pompös und geschmacklos. Ein Franzose schreibe seinen König einfach mit “Sire” an. Die aufgeklärte Verwaltungssprachkritik, die Margreiter behandelt, hat also bereits einen in der Lokalverwaltung tätigen märkischen Landadeligen erfasst. Dieser Landrat war entsprechend gebildet; gegenüber seinen Oberen in Küstrin führte er Homer, Melanchthon und hinduistische Gesetze ins Feld. Man müsste seine Sozialisation näher eruieren und als typisch oder atypisch für die Schicht kontextualisieren, aus der die untere Verwaltungsebene in Preußen zum Ende des 18. Jahrhunderts rekrutiert wurde. Dann könnten sich Aufschlüsse über die Breitenwirkung der Verwaltungssprachkritik ergeben.

Granier (1902) befasst sich mit dem 1800 trotz königlichen Wohlwollens gescheiterten Versuchung, die Kurialien in Preußen abzuschaffen oder wenigstens zu reduzieren. Die schroffe Ablehnung durch die Staatsminister (außer Hardenberg) ist in dem Kontext, in dem sie von Margreiter (2013: 678 f.) zitiert wird, nämlich hinsichtlich eines Glaubwürdigkeitsverlusts gegenüber den Untertanen, die gerade zu Staatsbürgern werden wollen, doch überzogen. Sie unterstricht aber, liest man die von Margreiter nur indirekt über Haß (1909) ausgewertete Miszelle ganz, eine andere Aussage (Margreiter 2013: 685): Das Kanzleizeremoniell wirkte sozialisierend und disziplinierend auf die Beamtenanwärter, gerade in revolutionärer Zeit:

Allerdings wird den schon gebildeten, fähigen, treuen Staatsdiener die Form des Styls, wenn sie heute verändert wird, nicht umwandeln [...]. Aber die Form wirkt in die ganze Zukunft hinein und trägt das ihrige bey zur Bildung künftiger Staatsdiener aller Classen.

Und da beim Beamtennachwuchs “ein ungewöhnlich starkes Maß von Selbstgefälligkeit, Eigendünkel, Anmaßungssucht und viele Keime zur Insubordination” festzustellen sein, müsse man zum einen diesen selbst Disziplin im Namen des Königs beibringen und sie zum anderen lehren, in dessen Namen zu sprechen, um “Würde und Ernst” zu gewinnen, so die Argumentation der Staatsminister (Granier 1902: 175) .

Wobei man hier allerdings auch einen aus konservativer Sicht vernünftigen Kern entdecken kann: Das umständliche Reskribieren im Namen des Landesherrn war im 17. Jahrhundert eine Innovation gewesen, um Verwaltungsakte zu legitimieren, die ohne dessen persönliche Beteiligung erlassen wurden – die “stellvertretenden Behördenverordnungen” waren entstanden (Haß 1909: 525; Meisner 1935: 35). Durch die Verwendung des Titels wurden die Beamten auf den Souverän verpflichtet und für ihre Handlungen in die Verantwortung genommen. Nur änderten sich die zugrunde liegenden politischen Vorstellungen in unserem Untersuchungszeitraum eben entscheidend.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass erwartungsgemäß auch Hardenberg den von Margreiter heraus präparierten Diskurs der Verwaltungssprachkritik verinnerlicht hatte: Wieder begegnet der Topos der “barbarische[n] Schreibart ungebildeter Zeiten”. Die Umgangssprache habe sich weiterentwickelt, der “stilus curiae” sei stehengeblieben.

Margreiters Befunde werden also von dieser Seite her eindeutig bestätigt, wenn auch der aufklärerische Impetus gemischt ist mit dem profanen Überdruss  von Verwaltungspraktikern an umständlichen Formalitäten.

Literatur

Beck, Lorenz Friedrich 1997. Geschäftsverteilung, Bearbeitungsgänge und Aktenstilformen in der Kurmärkischen und in der Neumärkischen Kriegs- und Domänenkammer vor der Reform (1786-1806/08). In: Beck, Friedrich und Neitmann, Klaus, Hg. 1997. Brandenburgische Landesgeschichte und Archivwissenschaft. Festschrift für Lieselott Enders zum 70. Geburtstag. Weimar, S. 417–438.

Granier, Hermann 1902. Ein Reformversuch des preußischen Kanzleistils im Jahre 1800. Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 15, S. 168–180. (Online)

Haß, Martin 1909. Über das Aktenwesen und den Kanzleistil im alten Preußen. Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 22, S. 521–575. (Online)

Margreiter, Klaus 2013. Das Kanzleizeremoniell und der gute Geschmack. Verwaltungssprachkritik 1749-1839. Historische Zeitschrift 297, S. 657-688.

Meisner, Heinrich Otto 1935. Aktenkunde. Ein Handbuch für Archivbenutzer mit besonderer Berücksichtigung Brandenburg-Preußens. Berlin.

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/151

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Offene Archive 2.1 – Social media im deutschsprachigen Archivwesen (und im internationalen Kontext)

Vom 3. bis 4. April 2014 findet in Stuttgart die Tagung “Offene Archive 2.1 – Social media im deutschsprachigen Archivwesen (und im internationalen Kontext)” statt.       Das vorläufige  Tagungsprogramm : http://archive20.hypotheses.org/1178 (mit weiteren Informationen zur Anmeldung)   Hashtag ist #archive20, getwittert wird unter @archive20.     Beiträge der Tagung “Offene Archive 2.0. Social media im deutschsprachigen Archivwesen (und im internationalen Kontext)” (Speyer, 22./23.11.2012) sind auf dem Blog  Archive 2.0 dokumentiert; auch ein Tagungsbericht ist online: Meinolf Woste, Offene Archive?, in: Archivar 2013/2, 197–201, http://archive20.hypotheses.org/689.    

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6718

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