Spiritualität und Alltag: Eine Geschichte des zisterziensischen Frauenklosters Günterstal im 15. und 16. Jahrhundert

Gastbeitrag von Edmund Wareham (Jesus College, Oxford/Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.)

Im Mittelpunkt meiner Forschung steht ein Notizenbuch der Küsterin und zweier anderer unbekannter Nonnen aus dem fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert. Dieser Band (Karlsruhe, Generallandesarchiv Abt. 65/247) aus 54 Papierblättern berichtet von zahlreichen Ereignissen (von 1480 bis 1519), von Klosterbräuchen verschiedenster Art und schildert die Hauswirtschaft des Klosters einschließlich Kochrezepten, Schnittmustern, einer Almosenordnung und Neujahrsgeschenken. Ein Bücherverzeichnis aus dem Jahre 1457 ist auch in der Handschrift erhalten. In Verbindung mit anderen Quellen aus dem Kloster einschließlich der erhaltenen Handschriften und Inkunabeln, Bildmaterial, Gerichtsprotokollen, Besitzurkunden und Visitationsberichten aus dem sechzehnten Jahrhundert, habe ich vor, die Entwicklung der Spiritualität der Nonnen in einem Zeitalter der monastischen Reform und der Reformation zu untersuchen. Ich interessiere mich dafür, wie der Körper, die Sinne, materielle Kultur und Raum sich gegenseitig beeinflussen, um diese Spiritualität zu entwickeln und wie sie sich im Alltagsleben manifestierte.

Die Gliederung meiner Doktorarbeit basiert auf einem Zitat aus einem Abschnitt des Notizenbuchs, in dem zwei Priester einer sterbenden Nonne die Sterbesakramente austeilen. Einer der Priester segnet die Nonne „an die ougen, an die oren, an die naßen, an den mund, an die hend, an dz herz und an die füß“. Jedes Kapitel der Arbeit wird auf einem Körperteil basieren. Das Kapitel „die ougen“ wird die visuelle Umgebung des Frauenklosters untersuchen. Die im Freiburger Augustinermuseum aufbewahrten Günterstaler Altartafeln, die illustrierten Handschriften und Büchern und die Hinweise in dem Notizenbuch auf die Architektur und die Verzierung des Konvents werden dabei unter die Lupe genommen. In dem Kapitel „an die oren“ wird die akustische Umgebung diskutiert. Im Mittelpunkt des Interesses steht in diesem Abschnitt die Bedeutung der Glocken, des Singens und Schweigens im alltäglichen Leben der Nonnen. In dem Kapitel „an den naßen“ wird der Geruchssinn der Nonnen untersucht. Der Weihrauch spielte eine wichtige Rolle im Gottesdienst und die Kochrezepte enthalten etliche Hinweise auf Gewürze. Dies führt zum Kapitel „an den mund“, in dem die Kochrezepte und Beschreibungen von Festmählern beim Besuch wichtiger Personen wie beispielsweise des Weihbischofs, des Abts von Salem oder des päpstlichen Kommissars im Mittelpunkt stehen werden. Im fünften Kapitel „an den hend“, werde ich mich mit den Listen von Neujahrgeschenken (inklusive Handschuhe!), der Almosenordnung und den Spenden für das Kloster befassen. Dies führt zu der Frage, wie die Nonnen das Konzept von Klausur verstanden haben. Das Kapitel „an das herz“, wird sich mit dem Hauptproblem der Arbeit, Spiritualität, befassen und die erhaltene andächtige Literatur des Klosters in Betracht ziehen. Das abschließende Kapitel, „an die füß“ wird Umzüge und geistliche Pilgerfahrten innerhalb der Klostermauern und die Einflüsse der Bundschuh-Bewegung und des Bauernkriegs auf das Kloster betrachten.

In der Forschung wurde viel über die Texte der sogenannten Frauenmystik, wie Viten und dominikanische Schwesternbücher, geschrieben. Dank der Arbeit von Forscherinnen wie Eva Schlotheuber1 sowie Anne Winston-Allen2 und Charlotte Woodford3 aus dem angelsächsischen Raum gibt es aber ein zunehmendes Interesse an von Frauen selbst geschriebenen, konventsinternen Dokumenten. Das Günterstaler Notizenbuch ist ein naheliegendes Beispiel dafür. Quellen wie Tagesbücher, Chroniken und Rechnungsbücher sind genauso wichtig, wenn nicht gar wichtiger, als mystische Texte für unser Verständnis von Erziehung, Alltagsleben und Spiritualität von Nonnen in dieser Epoche.

  1. Klostereintritt und Bildung. Die Lebenswelt der Nonnen im späten Mittelalter. Mit einer Edition des ‚Konventstagebuchs‘ einer Zisterzienserin von Heilig-Kreuz bei Braunschweig (1484-1507) (Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe 24), Tübingen 2004.
  2. Convent Chronicles: Women Writing about Women and Reform in the Late Middle Ages, University Park, Pennsylvania 2004.
  3. Nuns as Historians in Early Modern Germany, Oxford 2002.

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/499

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Gaben aus dem Kloster – die Briefe der Lüner Benediktinerinnen (1460-1550)

Abstract zum gleichnamigen Vortrag bei “What is a Letter? An interdisciplinary approach”  (Symposion 2-4 Juli 2014, Oxford) Gegenstand der Präsentation ist das bisher nicht edierte Briefbuch des Benediktinerinnenkonvents Lüne (bei Lüneburg), das einen Großteil der schriftlichen Kommunikation der Schwestern aus der Zeit zwischen 1460 und 1550 abbildet. In drei Handschriften finden sich ca. 1800 Abschriften von Briefen oder Brieffragmenten, teilweise in lateinischer, teilweise in niederdeutscher Sprache verfasst. Diese umfangreiche Sammlung weist im Vergleich zu Briefbüchern ähnlicher Provenienz einige Besonderheiten auf: Zum einen lassen sich […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7332

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Die Margareta Ebner-Handschrift aus Maria Medingen

Margareta Ebner (1291-1351) lebte als Dominikanerin im schwäbischen Kloster Maria Medingen (amtlich: Kloster-Mödingen, Gde. Mödingen, Lkr. Dillingen) und war eine Vertreterin der Frauenmystik des 14. Jahrhunderts. Ihre mystischen Erfahrungen zeichnete sie ab 1344 auf Anregung des Priesters Heinrich von Nördlingen auf. Im Kloster Maria Medingen wird eine um 1353 entstandene Handschrift aufbewahrt, die die älteste Überlieferung von Ebners Texten enthält. Diese Handschrift wurde vor kurzem durch das Münchener Digitalisierungszentrum gescannt und wird seit heute im Rahmen der Bayerischen Landesbibliothek Online präsentiert. Eine ausführliche Beschreibung [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/4761

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