Über das geozentrische Weltbild des Mittelalters III – die Planeten und Ihre Bewegungen

Nachdem im letzten Beitrag der sublunare Bereich des Kosmos thematisiert wurde, nähert sich die Reihen heute der himmlischen Welt mit einigen Erklärungen zu den Planeten, die auf sieben Sphären die Erde umwandern. In den Ausführungen zur sublunaren Welt habe ich mich vor allem auf die Vorstellung von Aristoteles gestützt, der die vier Elemente unter der Sphäre des Mondes anordnet. Bis ins 12. Jahrhundert ging aber man davon aus, dass das Element des Feuers den Raum der Planeten einnehmen würde, den Äther. So schreibt Wilhelm von Conches in seinem Erstwerk, der Philososphia mundi:

„Also das Feuer: es ist die Erstreckung vom Mond nach oben hin, die auch Äther genannt wird. Seine Ausstattung aber ist all das, was oberhalb des Mondes erblickt wird, d.h. die Fixsterne und Wandelsterne.“[1]

Vor der Rezeption von Aristoteles naturphilosophischen Schriften, also vor dem 13. Jahrhundert, war das die gängige Beschreibung der himmlischen Sphären. Die himmlischen Sphären beherbergten zunächst die Planeten, die man von den Fixsternen am Firmament unterschied (dazu im nächsten Beitrag). Der angelsächsische Mönch Beda schreibt im frühen Mittelalter in seiner Enzyklopädie De natura rerum:

„The stars [gemeint sind die Fixsterne], borrowing their light from the sun, are said to turn with the world since they are fixed in one place, as opposed to being carried unfixed, with the world standing still. The exception is those that are called planets, that is, wanderers.”[2]

Bei Macrobius, einem im Mittelalter hoch geschätzten spätantiken Autor, lesen wir:

„The errant planets were thus named by the ancients because they are borne along in their own course, moving from west to east in a contrary direction to that of the greatest or celestial sphere; moreover, they all have similar movements and travel at the same rate of speed, and yet they do not all complete their orbits in the same amount of time.“[3]

Zunächst zu den Planeten selbst. Sieben kannte man an der Zahl, wobei man Sonne und Mond ebenfalls als Planeten ansah. Die Erde galt natürlich nicht als Planet und Pluto war noch nicht bekannt. Diese Planeten wandern auf einer eigenen Umlaufbahn oder Sphäre um die unbewegliche Erde, wie auf dieser Abbildung des Kosmos schön zu sehen ist.

 

Für ihren Erdumlauf brauchen die Planeten unterschiedlich lange, da ihre Kreisbahn bei zunehmender Entfernung zur Erde natürlich größer wird. Hieraus – und natürlich durch ihre unterschiedliche Sichtbarkeit – lässt sich dann auch eine Reihenfolge der Planeten ableiten, die in Antike und Mittelalter aber nicht unumstritten war. Im Kern war vor allem die Position der Sonne in diesem System umstritten.

Beda hat sich zum Beispiel für folgende Variante entschieden, der auch die Abbildung inhaltlich folgt (was aber nicht bedeutet, dass die Abbildung auf Beda basiert):

 „The highest of the planets is the star of Saturn, freezing cold by nature, completing a circuit of the zodiac in thirty years. Next is the star of Jupiter, temperate, completing its circuit in twelve years. Third is the star of Mars, blazing hot, completing its circuit in two years. In the middle is the sun, completing its circuit in 365 days and a quarter. Beneath the sun is Venus, which is also called Lucifer and Vesper, completing its circuit in 348 days. It never recedes further from the sun than 46 degrees. Next to it is the star of Mercury, with a circuit swifter by nine days. Sometimes it shines before the rising of the sun, sometimes after its setting. It is never remoter from the sun than 22 degrees. Last is the moon, accomplishing its course in 27 and 1/3 days, thereafter lingering in company with the sun for two days.”[4]

Wilhelm von Conches folgt eher Platon, der eine andere Reihenfolge vertritt und wählt dabei eine Argumentation, die recht typisch für das hohe Mittelalter ist:

 „Hierauf ist zu erörtern, warum die Chaldäer meinen, die Sonne sei der vierte, Platon und die Ägypter, sie sei der sechste Planet. Die Wahrheit ist, daß die Sonne unterhalb von Merkur und Venus in der Nähe des Mondes ist. Da nämlich der Mond kalt und feucht ist, war es nötig, daß ihm die Sonne, die warm und trocken ist, benachbart sei, auf daß durch die Sonnenwärme die Mondkälte, durch ihre Trockenheit seine Feuchtigkeit gemildert würde, damit die Sonne nicht, wenn sie in Erdnähe steht und dann über sie dominiert, übermächtig einherkäme und die Erde aus dem Gleichmaß bringe.“[5]

Im späten Mittelalter entscheidet man sich dann unter dem Einfluss von Aristoteles endgültig dafür, die Sonne an die vierte Stelle zusetzen.

So viel zur Reihenfolge der Planeten – zurück zu deren bereits angesprochene Bewegung, die den modernen Menschen im ersten Moment wohl etwas irritieren dürfte. Klar, wir wissen heute, dass sich die Planeten inklusive Erde um die Sonne drehen. Von der Erde aus gesehen lässt sich der Lauf der Planeten aber durchaus als Kreisbahn um die Erde beschreiben (Unregelmäßigkeiten in dieser Kreisbahn wurden durchaus registriert und durch verschiedene Theorien in das geozentrische Weltbild integriert). Es ist wichtig zu verstehen, dass sich im Grunde zwei Bewegungen der Himmelskörper beobachten lassen, eine „natürliche“ und eine „erzwungene“:

 „It was almost a general opinion of all the philosophers that the sun, the moon, and the other planets move by natural motion from west to east […]. But although their movement is contrary to the firmament’s, still the firmament [gemeint ist die Sphäre der Fixsterne] draws them back with it daily to the west and east.”[6]

Einmal am Tag werden also alle Planeten ohne eigenes Zutun von Ost nach West getragen. Am augenscheinlichsten natürlich die Sonne, die damit den Sonnentag erleuchtet. Diese Bewegung entspringt aber eigentlich nicht den Planeten (sie entspricht nicht deren natürlicher Bewegung), sondern wird durch die Sphäre der Fixsterne ausgelöst – wem das jetzt nicht ganz klar ist, der sollte einfach den Beitrag zum Firmament abwarten. Die Planeten selbst bewegen sich in ihrer natürlichen Bewegung eigentlich von West nach Ost (natürlich gibt es auch hier unterschiedliche Positionen antiker und mittelalterlicher Gelehrter), und zwar durch den sogenannten Zodiak, den Tierkreis.

 

Himmelskarte mit Tierkreiszeichen und Sternbildern in Deckfarben auf grünem Untergrund aus BSB CLM 210, fol. 113v

Dieser Tierkreis ist eigentlich nichts anderes als ein Hintergrund, ein Maßstab, vor dem man den Lauf der Planeten messen kann. Dazu muss man wissen, dass die damals bekannten Planeten des Sonnensystems sich auf einer Fläche um die Sonne bewegen.

Bahn der Planeten um die Sonne (Quelle: Wikimedia Commons)

Betrachtet man von der Erde aus den Nachthimmel, werden die Planeten also immer vor dem Hintergrund der selben, wenn auch wechselnden, Sternzeichen zu sehen sein, bis sie ihre Kreisbahn vollendet haben. Diesen Kreis durch die Sternzeichen nannte man den Tierkreis, den Zodiacus. Wer sich die obige Karte genauer ansieht, kann diesen Zodiacus am Rand des letzten Kreises erkennen.

Da die einzelnen Planeten unterschiedlich große Bahnen besitzen, umwandern sie nicht nur die Erde, sondern auch den Tierkreis in unterschiedlicher Zeit. Der Mond braucht dazu etwa einen Monat, die Sonne ein Jahr. Die Bahnen mit ihren Umlaufzeiten sind ebenfalls auf der obigen Karte abgebildet.

Die Sonne durchwandert also jedes Sternzeichen in etwa in einem Monat, und zwar von West nach Ost. Das bedeutet, dass sie etwa jeden Monat vor (im Sinne von vor dem Hintergrund eines) bzw. mit einem anderen Sternzeichen des Tierkreises aufgeht. Gleiches gilt in anderen Zeitabständen für alle Planeten. Gerade der Lauf der Sonne und des Mondes hatte große Auswirkungen auf das Leben auf der Erde, sie bedingten zum Beispiel die unterschiedlichen Jahreszeiten.

Der Umlauf der Planeten – vor allem von Sonne und Mond ­ war für die Menschen im Mittelalter daher extrem wichtig. Außerdem ließ sich darüber die Zeit bestimmen, vor allem das äußerst wichtigen Osterdatum (der Ostertermin war jeweils der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond). Durch ihre zyklischen Bewegungen erlaubten die Planeten nicht nur das bloße feststellen des Datums, man konnte diese Bewegungen sogar durch mathematische Prozesse vorhersagen und in ablesbare Tabellen umwandeln, so dass man die Sterne und Planeten selbst gar nicht mehr beobachten musste.

Thorney Computus, Oxford, Saint John’s College, MS 17, fol. 7v und 8r. Quelle: http://blog.metmuseum.org/

Die jeweilige Position der Planeten war aber auch aus anderen Gründen wichtig. Jedem Planeten schrieb man bestimmte Eigenschaften zu, die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus hatten. Die Planeten konnten etwa Krankheiten verstärken, oder die Laune vermiesen, aber auch angenehme Seiten des Lebens waren von ihnen betroffen. So schreibt Wilhelm von Conches:

„Der vierte [Planet] ist, nach Anordnung der Platoniker, die Venus, ein warmer und feuchter Stern; darum ist sie heilsam. Sie umläuft den Tierkreis in ungefähr einem Jahre. Man lastet ihr an, sie habe mit Mars Ehebruch getrieben, weil sie im oberen Abschnitt ihres Umlaufkreises, wenn sie in die Nähe des Mars gerat, weniger heilsam ist. Göttin der Wollust wird sie genannt, weil sie Warme und Feuchte zuteilt und da ja in denen, die warm sind und feucht, die Wollust stark ausgeprägt ist (dies, worüber wir im Kapitel über den Menschen ausführlicher sprechen werden, wollen wir nur kurz antönen, um Venus [der Göttin der Gefälligkeit] gefällig zu sein: die Warm Trockenen verlangen arg nach der Wollust wegen ihrer Hitzigkeit, doch wegen ihrer Trockenheit vertragen sie die Wirkung nicht; und wenn sie Wollust genießen, so schadet sie ihnen sehr. Die Kalt-Feuchten dagegen verlangen kaum nach ihr, doch vertragen sie ihre Wirkung gut. Doch die Kalt-Trockenen verlangen nicht nach der Wollust und vertragen ihre Wirkung nur selten. Die Warm-Feuchten dagegen verlangen nach ihr und genießen auch ihre Lust, und ihrem Körper ist der Genuß sehr zuträglich).“[7]

In einer Handschrift des 13. Jahrhunderts aus dem Zisterzienserkloster Altzella (UB Leipzig MS 1306) hat man übrigens genau diesen Abschnitt geschwärzt – wohl um die Novizen nicht von ihren eigentlichen Aufgaben im Kloster abzulenken.

Gefährlich konnte es werden, wenn sich bestimmte Planeten in einem Sternzeichen zu einer sogenannten Konjunktion versammelten. Eine solche Versammlung war aus der Sicht der Zeit durchaus in der Lage schlimme Katastrophen auszulösen. Zum Glück erlaubte die zyklische Bewegung der Himmelskörper eine Vorhersage solcher Ereignisse. Als sogenannte Toledobriefe (angeblich erstellt von einem Astronomen aus Toledo, dem damaligen Eldorado der Astronomie), zirkulierten Prophetien, in denen vor einer solchen Versammlung und schwerem Sturm und Erdbeben gewarnt wurde.[8]

Noch im 16. Jahrhundert formulierte der Tübinger Professor Johannes Stöffler eine ähnliche Warnung, die, befeuert durch den Druck, zu der so genannten Sintflut Debatte führte:

„Im Monat Februar ereignen sich 20 Konjunktionen, von denen 16 in einem wäßrigen Sternzeichen passieren, die zweifellos auf so ziemlich dem ganzen Erdkreis bezüglich Wetter, Königreiche, Provinzen, Verfassung, Würden, Vieh, Meerestiere und alle Landbewohner Veränderung, Wechsel und Bewegung bedeuten, wie sie sicherlich seit Jahrhunderten von Geschichtsschreibern oder von den Massen kaum wahrgenommen wurden. Erhebet daher eure Häupter, ihr Christen!“[9]

Der scheinbare Umlauf der Planeten beruht nach heutigem Kenntnisstand natürlich auf falschen Annahmen. Trotzdem konnte er im Rahmen des geozentrischen Weltbildes genutzt werden und ermöglichte relativ präzise astronomische und chronologische Vorhersagen, die sich sogar mathematisch automatisieren ließen. Dass diese Vorhersagen mitunter Befürchtungen auslösten, die wir heute als Aberglauben verlachen würden, mag uns heute befremdlich vorkommen. Im Grunde basierten sie aber auf den wissenschaftlichen Vorstellungen ihrer Zeit.

 

[1] Wilhelm von Conches: Philosophia mundi (ed. und üb. von Maurach, Gregor). Pretoria 1980, S. 138.

[2] Beda: On the Nature of Things and On Times (üb. von Kendall, Calvin und Wallis, Faith). Liverpool 2010, S. 80.

[3] Macrobius: Commentary on the dream of Scipio (üb. von Stahl, William Harris). New York 1990, S. 148.

[4] Beda: On the Nature of Things (wie Anm. 2), S. 81 (Hervorhebungen von mir).

[5] Wilhelm von Conches: Philosophia (Wie Anm. 1), S. 149.

[6] Wilhelm von Conches: A dialogue on natural philosophy (üb. von Ronca, Italo). Notre Dame 1997. S. 68.

[7] Wilhelm von Conches: A dialogue on natural philosophy, S. 147.

[8] Vgl. etwa Grauert, Hermann von: Meister Johann von Toledo. In: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse (1901) S. 111-325 (https://archive.org/stream/sitzungsberichte1901bayeuoft#page/110/mode/2up); aktueller: Mentgen, Gerd: Astrologie und Öffentlichkeit im Mittelalter. Stuttgart 2005.

[9] Stuhlhofer, Franz: Humanismus zwischen Hof und Universität. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts. Wien 1996, S. 136. Zur Sintflutdebatte im Allgemeinen vgl. Talkenberger, Heike: Sintflut. Prophetie und Zeitgeschehen in Texten und Holzschnitten astrologischer Flugschriften 1488–1528. Tübingen 1990; außerdem Mentgen (Wie Anm. 6).

Quelle: http://quadrivium.hypotheses.org/167

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Über das geozentrische Weltbild des Mittelalters II – die sublunare Welt

Bevor ich heute ein paar Worte zum Aufbau der sublunaren Welt verliere, vorneweg ein kurzer Disclaimer: Mir geht es hier vor allem darum, einen möglichst simplen Einstieg in das mittelalterliche Weltbild zu geben. Viele wichtige Autoren, Theorien und Forschungskontroversen des Mittelalters muss ich daher leider unter den Tisch fallen lassen. Wenn möglich, versuche ich, mittelalterliche Autoren zu Wort kommen zu lassen, auch wenn diese nicht die Urheber der vorgestellten Theorien sein sollten.

Der mittelalterliche Kosmos erinnert ein Stück weit an eine Zwiebeln, die aus verschiedenen, umeinander angeordneten „Schichten“ besteht. Im Zentrum dieser Zwiebel findet sich die Erde, begrenzt wird sie, quasi als Schale, durch die Ebene der Fixsterne. Dazwischen sind die Planeten inklusive Sonne und Mond.

Sphärenmodell am Freiburger Münster – Foto: privat

 

 Diese Schichten, oder richtiger Sphären, lassen sich untereinander Qualitativ unterscheiden: in einen sublunaren (also unterhalb der Sphäre des Mondes) und einen himmlischen Bereich. Während die himmlische Welt durch den Menschen nicht beeinflusst werden kann, stellt die sublunare Welt, also die Sphären unterhalb des Mondes im weitesten Sinne dessen Lebensbereich dar – und um diesen dreht sich der heutige Beitrag.

Die sublunare Welt besteht aus vier Elementen oder verschiedenen Mischtypen. Ideengeschichtlich lässt sich diese Vorstellung (wie auch die Einteilung in sublunar und himmlisch) auf Aristoteles zurückführen[1], ich möchte aber mit Wilhelm von Conches, den ich schon des Öfteren zu Wort kommen lassen habe, beginnen. Im Dragmaticon (nach der englischen Übersetzung von Italo Ronca[2]) schreibt dieser: „In his [hier ist Aristoteles gemeint] opinion, the four elements exist from the moon downward […]; all things below the moon are either elements or consist of them.“ (Buch III, cap. 5)

Die vier Elemente sind natürlich die Erde, das Wasser, die Luft und das Feuer. Sie haben verschiedene Eigenschaften und nehmen einen jeweils eigenen Ort im Weltgefüge ein: Über der Erde findet sich Wasser. Über dieser Schicht Luft, und als letztes Element vor den himmlischen Sphären, das Feuer.

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Die sublunaren Sphären nach Hartmann Schedel aus seiner Weltchronik (Druck Nürnberg 1943, Digitalisat UB Heidelberg: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/is00309000 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/)

Diese Anordnung ist nicht willkürlich, sondern lässt sich durch Logik und Beobachtung durch die Schwerkraft herleiten: Zum einen hat jedes Element sein ihm eigenes Gewicht (Am schwersten ist die Erde, am leichtesten das Feuer): „[T]here is no part of earth or water that, if raised for some cause, would not descent once that cause was removed; and the heavier earth is than water, the faster it is in this motion toward the center.“ (Buch II, cap. 6, 5) Umgekehrt sei es bei den Elementen Luft und Feuer: sie würden natürlicherweise nach oben streben.

For since every place except earth is higher than water, and it is contrary to the nature of water to ascend, and since the lowest place is occupied by a more solid element [nämlich die Erde], water cannot move by any kind of transfer.” (Buch II, cap. 6, 11) Gleiches gilt für Luft, die nicht aufsteigen kann, weil sie durch das leichtere Element des Feuers begrenzt wird. „In conclusion, the fabric of the world remains unshaken because of the great bodies, which are called elements by some, have no place to which to move by transfer.” (Buch II, cap. 6, 12)

In der Mitte dieser sublunaren Welt befindet sich also die Erde. Sie ist unbeweglich. „If you want a rational argument: from ist bulkiness, coldness, and dryness“, das sind Qualitäten dieses Elements, die Wilhelm an anderer Stelle ausführt, „the earth is insensible, heavy, and immovable.“ (Buch II, cap. 6, 7).

Sie hat aufgrund der Schwerkraft darüber hinaus die Form einer Kugel, weil “the stars that appear at one latitude do not appear at another: the star of Canopus, which is visible in Egypt, is not visible at our latitude. This would never happen if the earth were flat. Therefore, the earth is round and spherical.” (Buch VI, cap. 2, 6, einen anderen Beweis habe ich hier schon vorgestellt). Besonders schön ist dieser Aufbau der sublunaren Welt in Bruxelles, Bibliothèque Royale de Belgique, MS. 9231, fol. 281v zu finden.

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Bruxelles, Bibliothèque Royale de Belgique, MS. 9231, fol. 281v

Die Welt verstanden als geographischer Raum wurde im Mittelalter vor allem auf zwei Arten dargestellt[3],

  1. als TO-Karte
  2. als Zonenkarte

Eine TO-Karte ist oben abgebildet. Im Grunde zeigen diese Karten lediglich einen kleinen Ausschnitt der bekannten und als bewohnbar erachteten Welt: Mittelmeer, Nil und Don teilen diese bekannte Welt in drei Teile, von denen im Osten Asien 2/4, Europa und Afrika jeweils ¼ der Landmasse einnehmen. Aus kosmologischer Sicht viel interessanter sind aber die sogenannten Zonenkarten.

Martianus Capella, einer der fürs Mittelalter ganz wichtigen spätantiken Autoren, die entscheidend zum kosmologischen Wissen des Mittelalters beigetragen haben, schreibt hierzu (in der etwas manirierten Übersetzung von Hans Günter Zekl[4]):

Der Erdkreis wird geschieden in fünf Zonen […]. Drei davon haben die Unbilden des Wetters durch vieles Allzuviel von Gegensätzen für menschliche Besiedlung verbannt: Die zweie, die auf beiden Seiten an die Achse [das wären die Pole um die Erdachse] grenzen, die liegen unter ungeheurem Frost und Kälte und geben angesichts des Falls von Schnee und Eis den Anlaß, sie zu meiden; der mittlere dagegen [der Äquator], von heißem hauch der Flammen ausgedörrt, brennt allem, was da lebt, den Zugang fort, wenn es da nähertreten will. Die andern zwei (die jetzt noch dasind) haben mit Einzug wohlgemischten Lebensatems dem, was da atmet, die Besiedlung erlaubt.“ (Buch VI, 602)

Auf der gesamten Rundungskrümmung der Erde haben sie sich um die obere sowohl wie um die untere Halbkugel herumgelegt. Denn beiderseits trennt Erde die zwei an ihr in Halbkreisform gegebenen Teile mit allerlei Verschiedenheit ab, d.h., sie hat eine obere Hälfte – die bewohnen wir, und es umgibt uns der Okeanus; und eine andere, die untre eben.“ (ebd.)

Auf dieser Hälfte leben unsere Antipoden, also nach heutigem Verständnis etwa die Australier, die man sich im Mittelalter zum Beispiel so vorstellte:

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Antipoden. Aus einer Abschrift von De civitate Dei; Nantes, Bibliotheque Municipale, Ms. fr. 8, fol. 163.

Kartographisch lässt sich das etwa so darstellen, wie in der Arnsteinbibel (Achtung, die Karte ist geostet!): Umgeben von zwei sich schneidenden Ozeanen (der eine ist als Kreis um die Welt dargestellt, der andere als mittlerer Streifen) befindet sich die Welt, die man in fünf verschiedene Zonen teilen kann.

Zonenkarte aus British Library, Harley 2799, fol. 242v

Zonenkarte aus British Library, Harley 2799, fol. 242v

Von diesen Zonen sind jeweils zwei bewohnt, drei aber unbewohnt: die Zonen an den Polen starren vor Kälte, während die mittlere Zone, die sich auf der Karte mit dem mittleren Ozean deckt, völlig verbrannt und ausgedörrt ist (perusta). Tatsächlich ist diese Zone so heiß, dass man sie gar nicht überqueren kann. Von den bewohnbaren Zonen kennen wir daher nur eine, die nördliche, die unserer bekannten Welt entspricht, und die man ihrerseits als TO-Karte darstellen kann.

So viel zur sublunaren Welt, zu den himmlischen Regionen dann das nächste Mal.

[2] Italo Ronca, A dialogue on natural philosophy : translation of the new Latin critical text with a short introduction and explanatory noteses. Notre Dame 1997.

Quelle: http://quadrivium.hypotheses.org/150

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