Meine eigenen Erfahrungen mit Crowdsourcing: Achtung, Crowdsourcing kann gefährlich sein!

artikelbildWie teils in den vorangegangenen Artikeln dieser Serie beschrieben, gibt es vielfältige Anwendungen für Crowdsourcing:

  • Lösung von naturwissenschaftlichen Problemen (z.B. foldit),
  • Verschlagwortung kunstgeschichtlicher Bilder (z.B. ARTigo),
  • Erfindungen neuer Produkte (z.B. Tchibo),
  • Design von T-Shirts (z.B. Spreadshirt)
  • Die crowdbasierte Kunst von Aaron Koblin
  • Etc.

Das crowdgesourcte Design in der Titelzeile

In der wechselnden Titelzeile dieser Seite können Sie sehen, dass es vier verschiedene, von Kindern gestaltete Schriften gibt, die den Namen meines Blogs „Computerspiel und Ästhetik“ darstellen. Ich hatte an der Aktiven Schule Petershausen, an der ich als Lernbegleiterin für das Fach Kunst tätig bin, zu einem kleinen Crowdsourcing-Design „contest“ aufgerufen. Vier Kinder haben sich beteiligt, Janika, 9 Jahre, Lili, 11 Jahre, Antonia, 10 Jahre und Jamie, 10 Jahre. Nun ja, ich habe zu dieser Crowd Zugang und meine Designer sind halt 9 bis 11 Jahre alt. Also – Crowdsourcing kann man auch mit Kindern machen :-) .

Crowdsourcing-Verfahren zur individuellen Leistungssteigerung

Weitere Projekte, die ich im Crowdsourcing-Bereich initiiert habe, hatten folgende Intentionen:

Insgesamt habe ich drei solcher Projekte angestoßen:

  • Mit Kühlschrankmagneten konnten Worte und Sätze gelegt werden. Material: Magnetwörter (Zeitraum: August bis Dezember 2009).
    durch-mein-sein-sei-licht

 

 

 

  • Modellieren. Material: Modelliermasse, weißes Holzbrett, Kamera. (Zeitraum: Juli bis November 2011)
    modell1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich stellte jeweils die Materialien zur Verfügung. Beim ersten Projekt (Worte und Sätze legen) habe ich noch selbst fotografiert. Später habe ich eine Kamera bereitgestellt und die Teilnehmer haben die Fotos selbst gemacht.

Fazit:

Diese Art von Crowdsourcing ist ein Wagnis; das Resultat oder Ergebnis kann man allenfalls erahnen. Das ganze entwickelt eine Dynamik, die man nicht vorhersagen kann.

  • Macht jemand mit und wie ist die Resonanz?
  • Wie wird das Projekt aufgefasst/verstanden?
  • Welche Ideen entstehen?
  • Welche Wirkung hat es?

Insgesamt war die Resonanz positiv und solche Projekte haben zudem das Potential, Gemeinschaften zu stärken. Es kann auch sein, dass Probleme aufgedeckt werden.

Dabei ist zu beachten, dass diese Projekte nur sinnvoll sind, wenn Kreativität wirklich angefacht werden soll, und dies von Seiten des Arbeitgebers auch erwünscht ist. Nicht jeder Arbeitgeber möchte kreative Arbeitnehmer. Diese bergen schließlich auch Gefahren, weil sie dann dazu angeregt werden, z.B. auf eigene, neue Lösungen zu kommen. Man befürchtet in dem Fall, dass die Kosten steigen; und diese Sorge ist nicht unberechtigt:

Neulich wurde eine Lieferung Zucker feucht. Die Pakete lagen in der Küche der Firma zum Trocknen zunächst nebeneinander auf der Arbeitsfläche. Irgend jemand hat sie dann zu kunstvollen Türmen verbaut. Die Kollegin, die sie zum Trocknen hingelegt hatte, zerstörte die Bauten mehrfach, um den Trocknungsprozess zu beschleunigen, aber immer wieder wurde mit den Zuckerpaketen etwas konstruiert.

Diese Transferleistung im analogen Bereich ist harmlos. Fühlen sich Mitarbeiter aber ermutigt, Transferleistungen auf ihre Arbeit an realen Arbeitsprojekten zu beziehen, dann geraten Vorgesetzte, die Kreativität grundsätzlich mit Argwohn betrachten, in für sie unkalkulierbare Situationen.

Zur Wissenschaftlichkeit kreativitätsfördernder Crowdsourcing-Maßnahmen

Förderung der Kreativität heißt: dazu anregen, etwas zu tun, was man bisher noch nicht getan hat, was neu ist, was unüblich ist, was auch in einer bestimmten Arbeitsumgebung nicht alltäglich ist. Denn: Neue, aufmerksamkeitsgesteuerte Erfahrungen in positiver Atmosphäre führen zu einer neuroplastischen Reaktion unseres Gehirns, d.h. in den Bereichen, die das neue Tun steuern, entstehen neuronale Verbindungen, die jetzt „benutzt“ werden können [1].

Ich bin daher überzeugt, dass Kreativität auch mit Crowdsourcing-Verfahren angeregt werden kann. Diese Überzeugung beruht auf Beobachtungen und auch Gesprächen, die ich mit den Beteiligten geführt habe. Für eine wissenschaftliche Betrachtungsweise solcher Projekte müsste der kreativitätsfördernde Effekt gemessen werden. Ich würde das gerne machen, bin aber derzeit mit meiner Diss ausgefüllt. Wer die Wirksamkeit feststellen möchte, der darf sich bei den o.g. Ideen gerne bedienen.

Weitere Artikel dieser Serie:

  1. Auftakt zur Artikelreihe: Was macht Crowdsourcing erfolgreich?
  2. Crowdsourcing: Definition und Prozessbeschreibung
  3. Die Auswirkung von Kontrolle und Orientierung auf Crowdsourcing
  4. Die Auswirkung von Gemeinschaft auf Crowdsourcing
  5. Die Auswirkung von Selbstwerterhöhung auf Crowdsourcing
  6. Die Auswirkung von Lustgewinn und Unlustvermeidung auf Crowdsourcing
  7. Crowdsourcing – ein Prinzip mit eingebauter Erfolgsgarantie
  8. Meine eigenen Erfahrungen mit Crowdsourcing

Literatur

[1] Spitzer, Manfred: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg 2006

Quelle: http://games.hypotheses.org/1590

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Nur noch eine Woche: Unser Call4Papers zum Thema “Kriminalität und soziale Normen. Wer weicht hier eigentlich wovon ab?” läuft am 01.06.2013 ab!

Kriminalität setzt soziale Normierung voraus, denn ohne eine gesetzte Norm gibt es keine Möglichkeit, von ihr abzuweichen und in der Folge als „kriminell“ zu gelten. Unser Call fragt also nach mehreren Aspekten: Wir wollen wissen, was abweichendes Verhalten eigentlich ist, … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/4835

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Crowdsourcing – Was ist das und was macht das?

crowdsourcing
Der Begriff „Crowdsourcing“ wurde 2006 von Jeff Howe geprägt und ist ein Kunstwort aus den Begriffen „Crowd“ und „Outsourcing“.

Was ist Crowdsourcing?

Beim Crowdsourcing werden Aufgaben ausgelagert und von externen Personen bearbeitet. Heute geschieht das meist über das Internet, weil man hier viele Menschen erreichen kann, so dass die Wahrscheinlichkeit, eine gute Lösung zu finden, steigt. Häufig werden Einzelproblemlösungen für verschiedenste Aufgaben gesucht (z.B. Programmierung, Medizin, Produktgestaltung, etc.), aber auch sich wiederholende Tätigkeiten (wie beim Mechanical Turk von Amazon) sind möglich.

Dabei gibt es die Idee des Crowdsourcings schon lange, wie die in der Literatur häufig zitierten Beispiele des Gordischen Knotens und der Bestimmung der geographischen Länge zeigen.

Kriterien von Crowdsourcing sind:

  • Definition einer Fragestellung, die es zu beantworten bzw. eine Aufgabe, die es zu lösen gilt.
  • Die Frage/Aufgabe wird an mehrere Menschen adressiert.
  • Diese Menschen müssen nicht unbedingt über ein Fachwissen in dem adressierten Bereich verfügen.
  • Auswahl der besten Idee z.B. durch eine Jury / die Projektverantwortlichen / die Crowd selbst.
  • Durchführung des besten Lösungsansatzes.
  • Vergabe einer Prämie / Nennung des Namens des Gewinners.
  • Heute ist für die erfolgreiche Durchführung von Crowdsourcing-Projekten die Bildung einer Community wichtig.

Folgende Crowdsourcing-Konzepte gibt es:

Und auch bei folgenden Maßnahmen handelt es sich letztlich um Crowdsourcing:

  • Meinungsumfragen
  • Bewertungen, wie Sternchenvergabe
  • Posten eines Tweets zu einem Hashtag, der auch von anderen Twitter-Usern verwendet wird (z.B. #Vatican, #Jobs, etc.).

Die Nennung der Plattformen und Firmen ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den existierenden Websites zu diesem Thema. Wer mehr wissen möchte, kann das bei

Oliver Gassmann: Crowdsourcing. Innovationsmanagement mit Schwarmintelligenz, München 2013, nachlesen.

Dieses Buch bietet einen umfassenden Überblick über das Thema, zugehörige Prozessschritte und die Anwendung in der Praxis. Ich hätte nicht gedacht, dass schon so viele bekannte Unternehmen bereits auf diesen Zug aufgesprungen sind und ich von der Crowd erfundene und gestaltete Produkte im Supermarkt kaufen kann (und auch schon gekauft habe) und nicht nur immer davon in Büchern lese.

Aber ein Crowdsourcing-Projekt beinhaltet auch Risiken:

  • So müssen – abhängig von der zu lösenden Aufgabe – Geheimhaltungsvereinbarungen von den Teilnehmern unterzeichnet werden, weil das betreffende Unternehmen Einsicht in seine Betriebsgeheimnisse gewähren muss, damit die Aufgabe gelöst werden kann.
  • Die Frage der Rechteübertragung ist ein wichtiger Punkt, der bereits im Vorfeld geregelt werden sollte. So muss klar sein, dass beispielsweise der Ideengeber seine Rechte an das ausschreibende Unternehmen abtritt, damit dieses seine Lösung verwerten kann. Ebenfalls sollte geklärt sein, wie der Vorschlag abgegolten wird: ob per Fixprämie, späterer Umsatzbeteiligung und/oder Nennung des Namens des Gewinners.
  • Die Crowd muss mit entsprechender Sensibilität betreut werden, sonst schlägt die Stimmung leicht um und wendet sich gegen das Unternehmen (z.B. Vegemite, sh. Abschnitt „Vegemite Cheesybite“).

Trotz einiger Wagnisse gehen Unternehmen diesen lohnenswerten Weg, sich an die Crowd zu wenden. Denn schließlich haben sie damit Zugriff auf eine weltweite Masse von talentierten Teilnehmern.

Insgesamt zeigt Crowdsourcing, dass sich unsere Arbeitswelt wandelt. Waren Angestellte früher Einzelkämpfer und wurden im Wettbewerb quasi gegeneinander aufgehetzt, so kann sich ein erfolgreiches Unternehmen das heute nicht mehr leisten. Aufgaben sind so komplex geworden, dass sie immer weniger von Einzelnen gelöst werden können. Viele Köpfe haben viele Ideen, so dass beim Crowdsourcing die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass die richtige dabei ist. Außerdem ist vermehrt Teamwork angesagt, denn hier kann jeder sein spezielles Wissen zur Lösung beitragen.

Wie man bei Gassmann nachlesen kann: “Wenig innovative Unternehmen schmoren weiterhin im eigenen Saft und erfinden das Rad, im übertragenen Sinne, eher zweimal.“ Man kann sich leicht ausrechnen, welche Unternehmen mit welchen Konzepten in Zukunft erfolgreich sein werden.

Quelle: http://games.hypotheses.org/973

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