Zweimal Freude, zweimal Leid: Im Buch “Klug recherchiert für Historiker” von Estella Kühmstedt geht es ab S. 52 um das Web 2.0 als Rechercheort((1)). Wir befinden uns im zweiten Kapitel mit dem Titel: “Wo beginne ich? Quellen”, im zweiten Unterkapitel “Die Form der Publikation”, Punkt 7 “Web 2.0″. In diesem Abschnitt werden auch Weblogs erwähnt, insbesondere Hypotheses. Auf S. 54 liest man:
So stellt das Blogportal Hypotheses für Geistes- und Sozialwissenschaftler kostenlos einen Server zur Verfügung mit der Möglichkeit, wissenschaftliche Blogs begleitend zu Forschungsprojekten oder Dissertationen, aber auch Blogs zu Tagungen und Seminaren etc. zu erstellen, die unter einem Dach versammelt und archiviert werden (http://de.hypotheses.org). Schauen Sie dort nach Blogs, die Sie interessieren, z.B. gibt es dort den Frühneuzeit-Blog der RWTH Aachen (http://fruehneuzeit.hypotheses.org), oder Sie gehen auf die Website Historik.de Geschichte im Blog (http://www.historik.de).
So weit, so erfreulich, sowohl für de.hypotheses als auch für das Frühneuzeit-Blog und für Historik.de, obwohl natürlich von Hypotheses streng genommen nicht “ein Server” zur Verfügung gestellt wird (es sind, glaube ich, an die 20), sondern “ein Service”. Aber das ist eine Kleinigkeit, und ich war wirklich positiv überrascht, dass Blogs und de.hypotheses in der Darstellung überhaupt auftauchen, deren Internetverzeichnis übrigens umfangreich ist und neben den “üblichen Verdächtigen” auch recensio.net und Archivalia listet.
Jetzt zum Leid: Es folgen auf S. 54/55 ein paar Linkadressen zu Blogs, u.a. erneut de.hypotheses (hier aber als de.hypothesis aufgeführt). Dazu sind noch zwei durch Kastenumrandung abgesetzte Hinweise aufgeführt. Auf S. 54 steht der vorsichtig-kritische “Tipp” zum Umgang mit Blogs:
Bleiben Sie bei der Auswertung von Blogbeiträgen kritisch und vergessen Sie nicht, dass es sich dabei oftmals um persönliche Meinungen, Absichten, Schnellschüsse oder unbestätigte Informationen handelt, also nicht unbedingt um Tatsachen. Eine Kontrolle durch die Blogger-Gemeinde ist zwar vorhanden, aber eben nur “mehr oder weniger”, je nach Blog. Und schließlich: Bei allen Vorteilen und nützlichen Eigenschaften von Blogs sollten Sie nicht unnötig lange in ihnen hängen bleiben, denn das kann ganz schnell sehr viel Zeit fressen.
Der Absatz enthält zumindest eine versteckte Andeutung auf Open Peer Review durch den Hinweis auf die “Kontrolle durch die Blogger-Gemeinde”. Bleibt ansonsten zu hoffen, dass sich die angehenden Historiker nicht allzu sehr abschrecken lassen und sich doch mal ausführlicher in der Wissenschaftsblogosphäre umsehen. Denn unnötig lange hängen bleiben, kann man natürlich auch in Druckwerken jedweder Art, die gerade im geisteswissenschaftlichen Bereich in der Regel ebenfalls ohne traditionelles Peer Reviewing erscheinen…
Und auf S. 55 steht in einem mit “Info” übertitelten Kasten der Hinweis:
So fundiert und interessant die Blog- oder Foren-Beiträge sein mögen, sie sind, was wissenschaftliches Arbeiten betrifft, nicht zitierfähig!
Hier wünscht man sich eine Kommentarfunktion im gedruckten Buch, denn Blogbeiträge sind durchaus zitierfähig. Schade, dass zum einen Blog- und Forenbeiträge in einen Topf geworfen werden und zum anderen an dieser Stelle nicht deutlich genug auf die Kompetenz zur Bewertung von Information im Internet hingewiesen wird, die sich die Studierenden aneignen müssen. Dem Thema “Literatur bewerten und verwalten” wird ja durchaus ein eigenes Kapitel am Ende der Darstellung gewidmet. Dorthin hätte man verweisen können.
Die rasanten Entwicklungen rund um geisteswissenschaftliche Blogs in den letzten beiden Jahren zeigen, dass Blogs eben doch wissenschaftliches Arbeiten und Zitieren ermöglichen. Auch in Deutschland bekommen Blogs mittlerweile eine ISSN verliehen. Diese Blogs werden archiviert, was de.hypotheses für “seine” Blogs ohnehin übernimmt. Nicht zuletzt zeigt die exponentiell wachsende Zahl von Blogs unserer Plattform, dass es in der wissenschaftlichen Community einen Bedarf an dieser Form der Kommunikation und Publikation gibt und dass man sich nicht länger davor verschließen kann, Blogs als wissenschaftliches Medium wahr- und ernstzunehmen und zu nutzen.
Estella Kühmstedt, Klug recherchiert: für Historiker, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013, ISBN 978-3-8252-3940-4, 201 S., 14,99 Euro http://www.v-r.de/de/title-0-0/klug_recherchiert_fuer_historiker-1008374/
Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1802