Die private deutsche Kriegsfotografie ist als Bestandteil der gesamten privaten Fotografie während der NS-Herrschaft anzusehen. Im Zuge der andauernden Gleichschaltungsprozesse des Jahres 1933 bemühte sich somit das NS-Regime auch die bestehenden Strukturen der deutschen Amateurfotografie in systemtreue eigene Organisationen umzuwandeln oder zu übernehmen. Den jeweiligen internen oder nahestehenden Organisationen der verbotenen Parteien wie dem „Arbeiter-Lichtbild-Bund“ der SPD oder dem „Verband der Arbeiterfotografien Deutschlands“ der KPD wurden infolge der Parteienverbote die ökonomische Basis entzogen. Daher mussten diese faktisch auch nicht aufgelöst werden, sie stellten ihre Verbandsarbeit mangels Teilnehmern von selbst ein. Deshalb verzichtete das RMVP, bzw. das zuständige Referat Lichtbild, dann auch auf eine Übernahme jener Parteiorganisationen. Generell herrschte aber im Frühjahr 1933 eine gewisse Ratlosigkeit, wie nun die Zukunft der organisierten Amateurfotografie und damit auch die Zukunft seines größten Verbandes dem „Verband Deutscher Amateurfotografie” (VDAV) auszusehen habe, zumal die politische Zuverlässigkeit des VDAV keinesfalls gesichert schien.Folglich kam es zur Neugründung eines eigenen parteigebundenen Verbandes unter Leitung von Heiner Kurzbein, in Personalunion auch Leiter des Referat Lichtbild im RMVP, unter dem Namen „Reichsbund Deutscher Amateurfotografen (RDAF)“ trug. Heiner Kurzbein sorgte durch seine Doppelfunktion für eine enge Verflechtung von Berufs- und Amateurfotografieauf der obersten Organisationsebene. Der ADAV wurde darüber hinaus dem von staatlicher Seite als Dachverband verstandenen RDAF untergeordnet.
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Private Kriegsfotografie im Zweiten Weltkrieg: Dissertationsprojekt Armin Kille
Bei dem im Blog vorgestellten Forschungsprojekt handelt es sich um einen Ansatz der mehrdimensionalen Erfassung deutscher Kriegsfotografie. Innerhalb der Teilprojekte werden die Faktoren Akteure und Zeit unterschiedlich definiert und anschließend in einem Gemeinschaftsprojekt verglichen. Langfristig wird somit angestrebt, einen Beitrag zur Gesamterschließung der Kriegsfotografie im Zweiten Weltkrieg zu leisten. Der folgende Beitrag stellt eines der drei Teilprojekte vor, dessen Blick sich auf die Soldaten1 im direkten Kriegsgeschehen richtet, unter besonderer Betrachtung ihrer Kommunikation über Fotos und Briefe mit der Heimat.
Die auf Speichern, in Kellern, in Regalen und Archiven lagernden Bilder der privaten Fotografie stellen eine der umfangreichsten und gleichzeitig am wenigsten erforschten Quellengruppe des privaten Lebens dar; unter ihnen zahlreiche Aufnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg.2 Von den schätzungsweise 18,2 Millionen aktiven Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS3 besaßen ungefähr 10% eine Kamera, mit denen sie pro Film im Durchschnitt zwischen 24 und 36 Bilder machen konnten.4 Unter der Berücksichtigung, dass einige Apparate untereinander weiter gegeben wurden, kann also von nahezu zwei Millionen fotografierenden Soldaten und unzähligen Fotografien ausgegangen werden. Doch gerade weil der größte Teil dieser Bilder durch die unmittelbaren Einwirkungen des Krieges wie Gefangenschaft, Flucht und Bombenangriffe oder durch beabsichtigtes sowie unbeabsichtigtes Entsorgen nach dem Krieg auf immer zerstört wurde, muss es ein Anliegen der historischen Forschung sein, den noch existierenden Teil weiter systematisch zu untersuchen.
Das hier vorgestellte Dissertationsvorhaben wird sich der privaten Kriegsfotografie unter besonderer Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Bilder und ihrer zeitgeschichtlichen Bedeutung nähern. Im Zentrum der Untersuchung stehen Soldaten, die nicht nur ihren Einsatz mit der Kamera festhielten, sondern diesen zusätzlich über Fotografien mit ihrer Heimat, mit Kameraden oder auch mit sich selbst kommunizierten. Fotografien, die mit der Feldpost nach Hause geschickt wurden oder zur Illustration selbst verfasster Kriegstagebücher dienten, erzählen viel über die direkte Erfahrung, die der Krieg den Soldaten gebracht hat und welche Bedeutung sie ihm zuordneten. Neben der Frage nach den individuell konstruierten Bildergeschichten des Krieges soll durch die diskursive Vernetzung fotografischer Quellen mit schriftlichen Ego-Dokumenten (Feldpostbriefe, Tagebücher etc.) sowie zusätzlichen zeitgenössischen Unterlagen (weitere persönliche Dokumente, Tageszeitungen, militärische Akten etc.) die Rekonstruktion subjektiver Kriegswahrnehmungen der Beteiligten erleichtert werden. Dadurch kann deutlicher Aufschluss darüber erlangt werden, welchen Platz sich diese Personen innerhalb des Krieges zugeschrieben haben und welche Rolle der Krieg zu welchem Zeitpunkt in der Interaktion mit der Heimat und/oder Freunden spielte.
In den letzten Jahren wurde der Fokus der fotografiegeschichtlichen Erforschung des Nationalsozialismus durch einige wichtige Arbeiten mit rezeptionstheoretischen und erinnerungsgeschichtlichen Ansätzen auf die Nachwirkungen der Bilder gelenkt.5 Der hier vorgestellte eher mentalitätsgeschichtlich ausgerichtete Ansatz will den Schwerpunkt wieder auf die Frage lenken, warum diese Fotografien überhaupt existieren.6
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Bild: Bundesarchiv, Bild 101I-219-552-25A, Fotograf unbekannt.
- In diesem Zusammenhang werden die Soldaten der Propagandakompanien nicht miteinbezogen.
- Vgl. Paul, Gerhard, Visual History, Version 3.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 13.03.2014, http://docupedia.de/zg/Visual_History_Version_3.0_Gerhard_Paul, Stand: 20.07.2014.
- Vgl. Overmans, Rüdiger, Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg, München 1999, S. 215.
- Vgl. Boll, Bernd, Vom Album ins Archiv – Zur Überlieferung privater Fotografien aus dem Zweiten Weltkrieg, in: Holzer, Anton (Hrsg.), Mit der Kamera bewaffnet – Krieg und Fotografie, Marburg 2003, S. 167-178, S. 167.
- Vgl. u.a. Brink, Cornelia, Ikonen der Vernichtung. Öffentlicher Gebrauch von Fotografien aus nationalsozialistischen Konzentrationslagern nach 1945, Berlin 1998; Knoch, Habbo, Die Tat als Bild. Fotografien des Holocaust in der deutschen Erinnerungskultur, Hamburg 2001; Struk, Janina, Photographing the Holocaust. Interpretations of the Evidence, London 2004; zum Teil auch Bopp, Petra, Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg, Bielefeld 2009.
- Während Miriam Arani auf das Ungleichgewicht speziell innerhalb der Fotografieforschung des Nationalsozialismus hinweist, erkennt Nora Mathys dieses ebenfalls innerhalb des gesamten Forschungsfeldes der privaten Fotografie: Arani, Miriam, Fotografische Selbst- und Fremdbilder von Deutschen und Polen im Reichsgau Wartheland 1939-45. Unter Berücksichtigung der Region Wielkopolska, Hamburg 2008, S. 6; Mathys, Nora, Fotofreundschaften. Visualisierungen von Nähe und Gemeinschaft in privaten Fotoalben aus der Schweiz 1900-1950, Baden 2013, S. 38.