Gibt es sie, die “besseren” Computer-Spiele?

Die Begeisterung für das Spiel Angry Birds ist enorm, wie das SZ-Magazin beschreibt. Demnach gibt es Spieler, die nach 15 Stunden Dauerspielen den 283. Level erreichen. 1,2 Milliarden Stunden verbringen alle Spieler gemeinsam mit diesem Spiel pro Jahr. Da es bei mir keinen besonderen Eindruck hinterlassen hatte, habe ich das Spiel noch einmal, auf der Suche nach dem ultimativen Spielspaß, gespielt. Nach 13 Levels und 15 Highscores habe ich ihn immer noch nicht gefunden:

Angry Birds ist eines der typisch einfachen Games, die dem Spieler die Illusion des Spielens geben. Wenn er nicht weiter kommt, kann er den “Eagle” einsetzen, mit dessen Hilfe der Level auf jeden Fall gemeistert werden kann. Öfter als einmal bin ich denn auch nie an einem Level gescheitert, und beim zweiten Versuch gab es meist einen Highscore. Ob das wirklich an meiner Geschicklichkeit lag, bezweifele ich.

Ich bin kein Spieleprogrammierer, kann mir aber in dieser Hinsicht einiges vorstellen: Mich würde interessieren, zu wie viel Prozent ein Spieler wirklich selber spielt, d.h. wie hoch ist der Prozentsatz seiner Aktionen, die tatsächlich zu der entsprechenden Reaktion des Programms führen? Oder wie hoch ist der Prozentsatz der Aktionen, die der Spieler zwar auslöst, die vom Spiel aber entsprechend, sagen wir mal, “interpretiert” werden, so dass die Reaktion des Programms ein wenig geschönt wird, um den Spieler bei Laune zu halten? Mit anderen Worten: Wie viel Wahrheit und wie viel Schein verbergen sich hinter den besonders leicht zu spielenden Social Games, die jeden Spieler zu einem Gewinner machen? (Spätestens hier ist doch was faul, will ich meinen).

Ganz anders das Spiel Samorost 1 von Amanita Design, auf das ich durch den Artikel Künstlerische Pflanzen auf heise online aufmerksam wurde. Es gibt keinen Avatar, der den Spieler an die Hand nimmt und ihn durch die ersten Aktionen leitet. Der Spieler braucht, im Gegensatz zu den Social Games, ein wenig Zeit zum Nachdenken, die richtigen Aktionen zu finden und in der richtigen Reihenfolge auszulösen. Das Spiel fordert weder direkt zu Aktionen auf, noch gibt es Lösungen vor. Diese muss der Spieler selbst entdecken. Nichts ist offensichtlich. Nichts wird vorgesagt. Aber gerade das macht das Spiel interessant, wie ich finde.

Es gibt auch keine Punkte, keinen Highscore, keine Lobeshymnen auf die Geschicklichkeit und keine immer wieder kehrenden Aufforderungen, den Punktestand aller Welt mitzuteilen. Welche Wohltat! Stattdessen nimmt der Spieler an einer Geschichte teil, bzw. muss ein Rätsel lösen. Diese Mischung aus Geschichte und Rätsel wird deshalb als reizvoll empfunden, weil wir Menschen darauf besonders ansprechen.

Es gibt sie also, die “besseren” Spiele. Besser in dem Sinn, dass sie an die Phantasie des Spielers appellieren, Lösungen zu finden. Die nicht die immer gleichen stupiden Wiederholungen vom Spieler einfordern, minimal variiert durch verschiedene Levels. Und die sich außerdem grafisch vom knallbunten Bonbon-Design der Social Games abheben und das Spiel zu einem ästhetischen Genuss werden lassen. Probieren Sie es doch mal aus!

Quelle: http://games.hypotheses.org/211

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Heute schon online gespielt?

  Ich habe mir einige Online-Spiele, die auf Facebook angeboten werden, angesehen und ausprobiert. Interessant ist die Vermittlung der Spielregeln sowie die Spielführung. Bei analogen Spielen muss man zuerst die Anleitung, die meist in Papierform beigelegt ist, lesen und verstehen. Bei Computerspielen gibt es hierfür neue Möglichkeiten. Die Regeln der in Klammern genannten Spiele werden wie folgt vermittelt:
  • In der ersten Runde wird der Spieler mittels eines Pfeils, der auf dem Monitor erscheint, auf die Stelle hingewiesen, auf die er klicken soll (GnomeTown, Dorfleben).
  • Kleine, nicht animierte Illustrationen visualisieren die Aktivität, die mit der Maus ausgelöst werden soll (Angry Birds).
  • Ein Avatar führt durch das Spiel. Seinen Anleitungen und Hinweisen, die in Sprechblasen stehen, folgt der Spieler (Castle Ville, Candy Crush Saga).
Auf diese Weise muss man sich nicht viel merken, denn das, was man für die nächste Aktivität wissen muss, bekommt man in kleinen Häppchen serviert. Großartige Gedächtnisleistungen sind also nicht von Nöten. Daran ist zunächst mal nichts Schlechtes. Erklärung und Bedienung sind ineinander verflochten, was ich mir für manche Online-Hilfe von Anwender-Software gut vorstellen könnte. Die genannten Spiele sind einfach gestrickt. Die Art der Erleichterung der Bedienung nimmt dem Spieler fast das Spielen ab. Gerät der Spielfluss z.B. bei dem Spiel Candy Crush Saga ins Stocken, blinken die zu bewegenden Elemente auf. Der Spieler braucht also nur wenig Mühe zu investieren; alles wird so leicht wie möglich gemacht, weil das Spiel zur richtigen Zeit zur adäquaten Aktivität am richtigen Ort auffordert. Das heißt auch, dass der Spieler im Wesentlichen auf die Aufforderungen reagiert, weniger selbstständig agiert, dafür aber mit überschwänglichem Lob, Tausenden von Punkten und dem Erreichen des nächsten Levels belohnt wird. Die Frage ist, wie schnell solche Spiele an Reiz verlieren, wenn alles so leicht geht, es kaum Mühe kostet, einen Spielerfolg zu erzielen. Bei Caillois (Die Spiele und die Menschen) lesen wir, dass „Spiele weitgehend von den Kulturen, in denen sie betrieben werden, abhängig sind“. Wenn das so ist, könnte es einen Zusammenhang zwischen den leicht zu erreichenden Spielerfolgen der virtuellen Welt und den zum Teil sehr schwierigen Bedingungen der realen Arbeitswelt geben. Darüber kann man mal nachdenken.    

Quelle: http://games.hypotheses.org/177

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Eine GUI-Analyse von ARTigo

Neulich habe ich einige Runden ARTigo gespielt und mich über die Tippfehler gewundert, die ich gemacht habe, obwohl ich sehr sicher mit zehn Fingern auf der Tastatur schreiben kann. Ich dachte erst, das bin doch nicht ich? Aber da ich alleine am Schreibtisch saß, war ich’s wohl doch. Daraufhin habe ich mir die Benutzeroberfläche von ARTigo ein wenig genauer angesehen:

Die GUI (Graphical User Interface=Benutzeroberfläche) von ARTigo ist wohltuend minimalistisch gestaltet. Nichts lenkt vom zu beschreibenden Bild ab. Im linken Bereich des Fensters befinden sich weiterführende Links und der Fortschrittsbalken, der die verbleibende Zeit visualisiert, sowie die Liste der eingegebenen Tags und der Punktestand. Im rechten Bereich wird das Bild angezeigt. Als neuer Spieler möchte man zunächst einen Blick auf die Spielregeln werfen. Darüber erfährt man etwas, wenn man auf den Link Über ARTigo > ARTigo-Spiel klickt. Zum Glück bietet die GUI nicht so viele Links an, so dass man die Regeln nicht zu lange suchen muss. Prinzipiell sollte aber eine aufzurufende Funktion auch mit einem eindeutig auf diese Funktion hinweisenden Namen benannt werden. Diese Inkonsistenz ist eine Frage des Mappings, das die Beziehung zwischen der Absicht des Spielers und den benötigten Handlungen definiert. Der Link könnte also Über ARTigo > Spielregeln heißen.

Die Blicksprünge die ich mache, sind teilweise enorm. Die Pfeile geben nur einen schematisch-vereinfachten Eindruck davon wieder. Wollte man sie wirklich messen, bräuchte man dafür eine Eye-Tracking-Kamera. Aufgrund der Geometrie der Anordnung aller im Auge zu behaltenden Objekte, sollte diese schematische Darstellung jedoch nachvollziehbar sein.

Die Größe der Blicksprünge ist sowohl vom Format des Bildes – ob Hoch- oder Querformat – abhängig, als auch von der sich daraus ergebenden Platzierung des Eingabefeldes für die Tags und von der Länge der Tag-Liste.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Blicksprünge bei einem Bild im Hochformat mit einer eher kürzeren Tag-Liste

 Abbildung 2: Schematische Darstellung der Blicksprünge bei einem Bild im Querformat mit einer etwas längeren Tag-Liste

Wie gerade erwähnt, habe ich als Spieler mehrere Objekte im Blick:

  • Am wichtigsten ist zunächst das Bild, das ich mir genau ansehen muss, denn ich soll es ja beschreiben. Deshalb ist es sinnvoll, hierfür möglichst viel Spielzeit zur Verfügung zu haben.
  • Die Liste der Tags behalte ich ebenfalls im Auge, weil ich hier zum einen sehe, was ich schon eingegeben habe, und dann, welche Begriffe ich aufgrund eines Tippfehlers vielleicht noch einmal eingeben muss. Außerdem erscheinen dort nach einer Weile bei einigen Begriffen höhere Punktzahlen, wie die fettausgezeichnete Zahl „25“. Darauf bin ich natürlich neugierig, und schiele deshalb öfter auf die Liste.
    Irritierend ist, dass sie dynamisch ist. Ein neuer Begriff wird unten an die Liste angefügt. Deshalb ist jeder Kontrollblick auf einen neu eingegebenen Begriff mit einem zusätzlichen Suchvorgang verbunden.
  • Das Eingabefeld ist unter dem Bild platziert und damit stets am gleichen Platz, aber abhängig von der Bildgröße immer an einer anderen Position auf dem Monitor. Bei jeder Runde muss ich den Blick auf das Feld wieder neu einstellen.
  • Auf den Fortschrittsbalken, der die verbleibende Zeit angibt, schaue ich ebenfalls gelegentlich.

Das Fazit lautet: Ich behalte beim Spielen verschiedene Elemente im Auge. Dabei muss ich teilweise große Blicksprünge machen, wodurch ich aber weniger Netto-Zeit für die Betrachtung des Bildes, die ja wesentlich für das Spiel ist, habe. Außerdem ist ein Blick auf die dynamisch wachsende Tag-Liste zeitintensiv, weil ein neuer Begriff während einer Runde immer an einer anderen Stelle auf dem Monitor erscheint (jeder neue Begriff hat andere X/Y-Koordinaten).

Demzufolge wäre es wichtig, alle zu beachtenden Elemente der GUI so anzuordnen, dass möglichst viel Zeit für die Betrachtung des Bildes zur Verfügung bleibt.

Für mich ergeben sich daraus folgende Vorschläge für eine Umstrukturierung der GUI in ARTigo:

Wenn das Eingabefeld über der Tag-Liste platziert würde und der neueste Tag immer oben in der Liste erscheinen würde, also immer an derselben X/Y-Koordinate, ergäbe sich hieraus bereits eine Zeitersparnis. Der Punktestand ist in diesem Beispiel über dem Fortschrittsbalken angebracht worden, weil er meiner Einschätzung nach für das Spiel wichtiger ist und vom Spieler öfter angeschaut wird als der Punktestand. Aber das ist eine Vermutung, die zu evaluieren wäre.

Die Elemente Fortschrittsbalken, letzter eingegebener Tag und das Eingabefeld für die Tags sollten möglichst nah beieinander platziert werden. Damit würden die Blicksprünge zwischen diesen Elementen kleiner, was eine Zeitersparnis bedeutet. Wichtig wäre außerdem, dass diese Elemente ihre Position während eines Spiels und zwischen den Runden nicht verändern und sie immer an denselben Koordinaten des Monitors platziert wären. Hierdurch würde sich eine zusätzliche Zeitersparnis ergeben, so dass insgesamt mehr Zeit für die Betrachtung des Bildes verbliebe.

 Abbildung 3: Vorschlag zur Umstrukturierung der GUI von ARTigo unter kognitiv-ergonomischen Aspekten. Der Screenshot ist mit Hilfe einer Fotomontage umgestaltet worden.

Schließlich wäre zu ermitteln, ob die Anordnung wie in Abbildung 3, mit dem Bild im linken Bereich und den Begriffen rechts davon, sinnvoll wäre. Wir sind aus Illustrationen daran gewöhnt, bei einer Kombination von Text und Bild, den Text meist rechts neben dem Bild stehend zu sehen. Das hat auch was mit der Leserichtung und kognitiven Verarbeitung zu tun. Man müsste klären, ob sich dadurch ein weiterer Zeitvorteil für den Spieler ergeben könnte. Möglicherweise ist in der Spielsituation aber auch die bisherige Anordnung – Bild rechts, Tags und Eingabefeld links – besser, weil damit der Blick des Spielers zu Beginn des Spiels schneller auf das Eingabefeld gelenkt wird.

Eine ergonomischere Gestaltung der GUI könnte durch effizientere Blicksprünge zu einem Zeitgewinn führen. Eine weitere Auswirkung könnte eine geringere Anzahl von Tippfehlern sein, was zu einer ebenfalls effizienteren Eingabe der Tags führt und wiederum einen Zeitgewinn bedeutet, der sich insgesamt in einer quantitativen Erhöhung der Tags niederschlagen dürfte. Es bleibt festzustellen, ob der Effekt signifikant wäre.

Quelle: http://games.hypotheses.org/55

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