Reden hilft – #histocamp 2016

Von außen gleicht das Mainzer Rathaus einer Trutzburg, deren winzige Pforten den Bürger zu signalisieren scheinen, besser von einem Besuch abzusehen. Innen wurde dazu noch eine Art Labyrinth angelegt, das einen mitunter durch doch sehr schmal geratene Gänge leitet. Hat man allerdings den richtigen Gang erwischt, landet man im ehrwürdigen, holzvertäfelten Plenarsaal, der von der Stadt Mainz netterweise für zwei Tage an das #histocamp abgetreten wurde. Für diese Veranstaltungen habe ich mich letztes Jahr schon in die Vorstadt locken lassen, in diesem Jahr sogar noch etwas weiter den Rhein herunter. Und dieses Mal hatte ich sogar den festen Vorsatz, (einem Historiker|innenpublikum!) eine eigene Session anzubieten.

Bevor mich der Mut verlassen konnte, meldete ich meine Session direkt für den ersten Tag an und gab ihr den Namen #histoTools – Softwaretools für Historiker|innen. Statt #Fachfremd schrieb ich mir in diesem Jahr #DigitalHumanites auf die Fahne/Umhängekarte und war gespannt, ob mein Sessionvorschlag auf Interesse stoßen würde. Das tat er tatsächlich, ich bekam einen der größeren Räume („Haifa“) und der war auch noch gut gefüllt.

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Quelle: https://texperimentales.hypotheses.org/1887

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Folter im Europa des langen 19. Jahrhunderts, Buchprojekt von Sylvia Kesper-Biermann, Gießen

nuernberg_-_eiserne_jungfrauvon PD Dr. Sylvia Kesper-Biermann, Gießen

Ziel des Projektes ist es, das Folterverbot als zentrales Element europäischen Selbstverständnisses seit dem frühen 19. Jahrhundert zu historisieren. Anstatt zu untersuchen, wann und wo entsprechende Praktiken (vermeintlich) angewandt wurden, sollen Entstehung und Ausgestaltung eines zunehmend globalen, bis weit ins 20. Jahrhundert hinein unangefochtenen Anti-Folter-Narrativs analysiert werden. Da die Staaten Europas die Tortur als legales Element des Strafprozesses zwischen etwa 1740 und 1830 abschafften, erscheint das 19. Jahrhundert in der Forschung als eine Zeit, in der sie fast gänzlich verschwand, um danach in umso größe­rem Ausmaß zurückzukehren. Eine solche Betrachtungsweise übersieht jedoch, dass die Fol­ter zwischen 1780 und 1914 in den europäischen Gesellschaften überaus präsent war: Juristen machten sie zum Gegenstand rechtshistorischer Forschungen, populärwissenschaftliche Dar­stellungen erschienen, gothic literature und historische Romane schilderten Torturszenen; populäre Zeitschriften berichteten, Illustrationen und Drucke erschienen, Foltermuseen sowie Wanderausstellungen zogen Besucher an; das Thema war zudem immer wie­der Gegenstand politischer Debatten.



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Quelle: https://19jhdhip.hypotheses.org/2790

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Zurück zum Kerngeschäft

In der letzten Zeit habe ich hier eine Reihe aktueller Projekte und Projektideen vorgestellt, an denen ich beteiligt bin.1 Diese sind auf Kooperationen mit Historikern (autoChirp), Literaturwissenschaftlern (tiwoliJ) und Kunstgeschichtlerinnen (Cheiron) zurückzuführen, decken also einen relativ weiten Bereich des (zugegebenermaßen noch immer unüberschaubaren) Spielfelds der Digital Humanities ab. Einerseits bin ich sehr froh darum, die Gelegenheit zu haben, auf diesem Feld weit herumzukommen. Andererseits verliere ich darüber ungern mein Kerngeschäft als Computerlinguist aus den Augen und möchte es natürlich auch hier im Blog zumndest ab und an gewürdigt wissen. Da trifft es sich gut, dass just heute ein Beitrag erschienen ist, an dem ich mitgearbeitet habe und der genau dieses Kerngeschäft betrifft.

Natürlich haben auch die oben aufgeführten Projekte immer eine Schnittstelle zur Computerlinguistik, die einen eine größere (bei Cheiron geht es explizit um TextMining in einem kunstgeschichtlichen Korpus), die anderen eher eine am Rand (autoChirp hat auch eine Funktion, mit der Wikipedia-Artikel automatisch analysiert werden, allerdings nur in Hinsicht auf das Vorkommen von Zeitreferenzen). Die finanzielle Lage und das Zeitmanagement ist bei diesen kleinen Projekten immer etwas prekär, zwischendurch bekommt man mal eine Anschubfinanzierung, dann sind Gelder aus irgendwelchen Förderfonds oder Programmpauschalen übrig, schließlich ist es möglich, Studierende im Rahmen ihrer Studienleistungen an etwas arbeiten zu lassen, das sich nachher als etwas Nutzbares oder als Kristallisationspunkt für einen neuen Projektantrag herausstellt. Allerdings sind gute Leute eigentlich nur zu halten, wenn man sie auch einigermaßen anständig bezahlt.



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Quelle: http://texperimentales.hypotheses.org/1863

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Boten des Kolonialreichs. Opernhäuser als sozialer Raum in Algerien, 1830-1882

Am 12. November 1830 – knapp vier Monate nach der französischen Einnahme Algiers – ordnete der machthabende General Clauzel an, dass in der Stadt ein Theater gebaut und mit italienischen Opern bespielt werden möge. In der Folge entwickelte sich in der Kolonie eine lebhafte Theater- und vor allem Opernlandschaft: zunächst in Algier (etwa im 1853 eröffneten Théâtre Impérial), dann auch in anderen algerischen Städten .

Rund um den Opernbetrieb existierten verschiedene Netzwerke, die sich mit der fortschreitenden Landnahme Frankreichs auch nach Algerien ausweiteten. Die Einbindung der Kolonien in ein solches Netzwerk hatte für diese imperiale Peripherie weitreichende Folgen. Opernhäuser waren Teil einer Reorganisation des kolonialen Raumes und verdeutlichten die neue Ordnung. Gleichzeitig dienten sie als Mittel zur Rechtfertigung der Herrschaft und zur Rückbindung an die Metropole.

Die Théâtre Impérialgeplante Arbeit nimmt ihren Ausgangspunkt in der Annahme, dass es sich bei Opernhäusern nicht um rein funktionelle Gebäude zum Kulturkonsum handelt, die in einer separaten Sphäre losgelöst von ihrem Umfeld existieren.

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Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2780

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„…ein Fan-T-Shirt in Größe L…“ – das Historische Lexikon Bayerns feiert seinen zehnten Geburtstag

Das Geburtstagskind: Historisches Lexikon Bayernshttps://t.co/yYYH9OiH1a
Hashtag: #HistLexBay pic.twitter.com/SB2rIiZY1F

— Maria Rottler (@MariaRottler) June 23, 2016

10 Jahre Historisches Lexikon Bayerns: Historiker Stefan Hemler @Muenchen1968 begleitet jetzt die Jubiläumsfeier unter #HistLexBay. #Histbav

— Staatsbibliothek (@bsb_muenchen) June 23, 2016

#HistLexBay @Muenchen1968 wird bei uns im Blog einen Bericht über die heutige Veranstaltung veröffentlichen.



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Quelle: http://histbav.hypotheses.org/4816

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Anarchistische Weltanschauungen, c. 1870 – 1914

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Das späte neunzehnte Jahrhundert stellt eine Schlüsselphase in der Ideengeschichte des Anarchismus dar; erst in jener Zeit formierte er sich zu einer nennenswerten Bewegung. Nach dem Rauswurf Bakunins aus der Internationalen 1872 sahen sich seine „antiautoritären“ Anhänger gezwungen, klare Distinktionsmerkmale zum marxistischen Sozialismus aufzuzeigen. Es galt, die eigenen Theorien, zurückgehend auf unzusammenhängende „Vorläufer“ wie Godwin, Stirner und Proudhon, zu systematisieren und weiterzuentwickeln.

Betrachtet man die anarchistische Theoriebildung jener Generation wird jedoch ein weiteres Merkmal augenfällig: Viele der als federführend angesehen Theoretiker verband neben ihrem politischen Engagement auch eine Liebe zur Wissenschaft, insbesondere zur Geographie. Élisée Reclus (1830 – 1905) und Pëtr Kropotkin (1842 – 1921) stehen emblematisch für diese Tendenz. Sie waren zeitlebens professionelle Geographen und ihre – teils in Haft verfassten – wissenschaftlichen Arbeiten stießen in Fachkreisen auf Anerkennung. Um diese beiden berühmtesten anarchistischen Geographen gruppierte sich ein weitreichendes internationales Netzwerk von Revolutionären und Wissenschaftlern, die in regelmäßigem Austausch standen. Die Zusammensetzung ihres Korrespondentenkreises gibt Rückschlüsse darüber, wie die Schriften Reclus’ und Kropotkins durch eine Vielzahl überlappender Kontexte geprägt wurden.

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Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2553

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Urheberrecht Musik in Zeiten der Diktatur: Malte Zill Stipendiat der römischen Musikabteilung

Ihr Dissertationsprojekt befasst sich mit den deutsch-italienischen Musikbeziehungen während der Nazizeit. Im Blickpunkt steht die Vorläuferinstitution der heutigen GEMA.

Die Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungs-rechte (STAGMA) war bei ihrer Gründung auf Druck der NS-Diktatur im September 1933 die erste alleinige urheberrechtliche Verwertungsgesellschaft in Deutschland. Dieser Monopolstellung verdankt noch heute die Nachfolgegesellschaft GEMA ihre Relevanz für den Lebensunterhalt der in ihr zusammengeschlossenen Komponisten, Textdichter und Verleger. Mein Dissertationsvorhaben fragt nach dem Einfluss des deutschen Hegemoniestrebens auf die Struktur des europäischen Urheberrechts und nach ihrem Anteil an der finanziellen Isolation jüdischer Komponisten durch die Hitler-Diktatur – zwei Fragestellungen die sich nicht voneinander trennen lassen.

Auf der einen Seite ist die Benachteiligung „nichtarischer“ Künstler ohne internationale Kontextualisierung kaum entscheidend bewertbar: Jüdische Komponisten konnten in erster Linie durch Aufführungen im Ausland Tantiemen erwirtschaften, da deren Werke in Deutschland – von wenigen Ausnahmen wie den Konzerten des „Jüdischen Kulturbunds“ abgesehen – nicht mehr gespielt werden konnten. Um diese Gebühren einzuziehen musste die STAGMA umfassende Beziehungen mit ausländischen Gesellschaften unterhalten. Entsprechend nahm das Hitler-Regime am 21.

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Quelle: http://musicaroma.hypotheses.org/690

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Resilienz und jüdische Geschichte im späten Mittelalter


1000 Worte Forschung von Lukas Clemens und Christoph Cluse (Trier)

Im Rahmen einer DFG-Forschergruppe zum Thema »Resilienz: Gesellschaftliche Umbruchphasen im Dialog zwischen Mediävistik und Soziologie« werden wir am Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden ab Sommer 2016 ein neues Projekt bearbeiten, dass sich mit den Reaktionen aschkenasischer Juden auf Verfolgung, Entrechtung und Vertreibung seit der Mitte des 14. Jahrhunderts befasst.

Das Projekt untersucht Handlungsoptionen und Resilienzstrategien der jüdischen Minderheit in Aschkenas, d. h. im römisch-deutschen Reich und den daran angrenzenden Siedlungsgebieten deutschsprachiger Juden (Oberitalien, Ostmitteleuropa), angesichts vielfältiger und tiefgreifender Disruptionserfahrungen vom 14. bis frühen 16. Jahrhundert. Damals erwies sich die kollektive Praxis jüdischen Lebens in Familien, Haushalten und Gemeinden immer wieder akut in ihrem Bestand bedroht. Das Projekt fragt nach strukturellen Voraussetzungen, Akteurskonstellationen und konkreten Handlungen, die dazu geeignet waren, mittel- und langfristig akzeptable Rahmenbedingungen für den Fortbestand der jüdischen Religion als Lebensform in der christlichen Umgebung zu sichern.

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Quelle: https://judaica.hypotheses.org/20

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Verlust der Zeit in der Vielfalt der Zeiten und die Suche nach der ein(end)en Zeit

Trésor de Chronologie d'Histoire et de GéographieDas Archiv des Fin de Siècle als Ort nationalgesellschaftlicher Synchronisierung

Im Jahre 1889 veröffentlichte Louis Las Matrie einen über 1000 Seiten umfassenden Trésor de Chronologie d’Histoire et de Géographie pour l’étude et l’emploi des documents du moyen âge. Wenige Jahre zuvor hatte bereits sein deutscher Kollege Hermann Grotefend mit seinem Handbuch der historischen Chronologie des deutschen Mittelalters und der Neuzeit (1872) eine äquivalente Arbeit vorgelegt, die sich ebenfalls der Übersetzung vergangener Zeit(rechnung)en in die zeitgenössische Form nach Tag, Monat und Jahr widmete. Und ab 1906 schließlich publizierte der Astronom Friedrich Karl Ginzel sogar ein dreibändiges Werk, das – laut Untertitel – keinen geringeren Versuch unternahm, als das Zeitrechnungswesen der Völker aller Epochen und Kontinente umfassend zu analysieren. So unterschiedlich diese Publikationen im Einzelnen auch sein mögen, so verdeutlichen sie doch gemeinsam eine wissenschaftliche Herausforderung, die sich keineswegs nur Historikern stellte: die Standardisierung von Zeiten und ihren Angaben angesichts einer geradezu irritierenden Vielzahl unterschiedlicher Methoden der Rhythmisierung und Messung „der“ Zeit. Aus diachroner Perspektive galt es entsprechend, vergangene Zeitrechnungen für die Gegenwart anschlussfähig zu machen. Synchron betrachtet hingegen bestand das Bestreben in der präzisen Übertragung der Zeitkonzepte anderer Welt- und Kulturregionen.

Versteht man die genannten Publikationen entsprechend nicht lediglich als spezielle Studienwerke der historischen Hilfswissenschaften, sondern als Substrat eines weit greifenderen Prozesses des ausgehenden 19. und beginnenden 20.

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Quelle: https://19jhdhip.hypotheses.org/2479

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Schwangere und Gebärende unter Beobachtung 1750–1830

 

Der ärztliche Fallbericht im Kontext der französischen Geburtshilfe 1750–1830

A man-mid-wife, 1793, British Museum.1

Im Herbst des Jahres 1754 tritt die siebenunddreißigjährige Demoiselle Siccaud in den heiligen Stand der Ehe. Als sie kurz darauf ein Kind erwartet, wundert sich der hinzugezogene Arzt Monsieur Deydier über die fortdauernde Monatsblutung seiner Patientin. Und tatsächlich, im vierten Monat der Schwangerschaft erleidet die Demoiselle eine Fehlgeburt. Das Wesen, welches unter Schmerzen geboren wird, stellt den Arzt vor ein Rätsel.Statt eines Kindes kommt ein blutiges Etwas zum Vorschein, eine „flügellose Heuschrecke“, ausgestattet mit zwei Fühlern und einem verkümmerten Körper. Auf den Schrecken dieser unheilvollen Geburt folgt wenig Zeit später eine zweite Schwangerschaft. Erneut lässt das Unglück nicht lange auf sich warten: Die geplante Geburt bleibt einfach aus.

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Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2344

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