Vorsicht, der Kaiser hört mit!

Athanasius Kircher war ein Jesuit, der im 17. Jahrhundert einen herausragenden Ruf als Gelehrter hatte. Seine Wirkungsstätte war das Collegium Romanum in Rom, und hier ging er verschiedensten Interessen nach und forschte, in vielem seiner Zeit voraus, in so unterschiedlichen Bereichen wie der Geologie und der Ägyptologie, genauso wie der Medizin, der Mathematik und der Theorie der Musik.

Was hat Kircher nun mit dem Dreißigjährigen Krieg zu tun? Als Gelehrter war er, zumal in Rom, weit weg von dem Geschehen. Aber er hatte gute Verbindungen zum Kaiserhof, Ferdinand III. schätzte ihn offenbar sehr und ließ ihm regelmäßig Geld zukommen. Das war nicht einfach nur vormoderne Wissenschaftsförderung, vielmehr verband beide, den Kaiser und den Gelehrten, ein intensives Interesse an der Musik. Und hier gab es Überlegungen, die überhaupt nicht dem Typus einer weltabgewandten Gelehrtenexistenz entsprachen – was auch gar nicht zu Kirchers Naturell gepaßt hätte, der im Gegenteil sehr praxisorientiert forschte.

So beschäftigte sich der Jesuit auch mit der Ausbreitung von Tönen. Das war noch ganz generell angelegt, doch der Gelehrte spitzte es auf einen sehr konkreten Anwendungsbereich zu: Mit Hilfe dieses theoretischen Wissens ließen sich Schalltrichter konstruieren, über die Räume verbunden werden sollten. Und hier war es nur ein kleiner Schritt hin zu einer Abhöranlage, die etwa am Hof eingesetzt werden konnte, um vermeintlich diskrete Gespräche mitzuhören. Kirchers Ansatz blieb Ferdinand III. nicht verborgen. Offenbar direkt von diesen Gedanken beeinflußt, findet sich eine Skizze in den persönlichen Aufzeichnungen des Kaisers, die genau diese Anwendungsmöglichkeit aufgreift.

Ob Ferdinands Interesse so weit ging, daß er diese Idee tatsächlich in die Realität umsetzte, ist nicht bekannt. Aber allein der Gedanke macht ein weiteres Mal deutlich, wie sehr die Welt des Hofes nicht nur ein Ort inszenierter Feste und herrscherlicher Repräsentation war, sondern auch eine Nachrichtenbörse ersten Rangs – Informationen waren eine wichtige Währung in diesem politischen Geschäft, und man machte sich Gedanken, wie man sich diese brisanten Informationen verschaffte. Selbst wenn es nicht wirklich überraschend ist, daß auch zu dieser Zeit die Informationsbeschaffung und Spionage eine bedeutsame Rolle spielten, sind die Überlegungen Kirchers doch aufschlußreich: Der Kaiser wollte also mithören! – und der Whistleblower ist in dem Fall Mark Hengerer, der in seiner Ferdinand-Biographie darauf hingewiesen hat (S. 139).

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/374

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Luise F. Pusch 70

Die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch wird heute 70, der gestern dazu in der FAZ von Dietmar Dath verfasste Beitrag ist leider (noch?) nicht frei verfügbar, dafür gibt es in literaturkritik.de zwei Hinweise auf Neuerscheinungen:

Pusch, Luise F.: Gerecht und Geschlecht. Neue sprachkritische Glossen. Göttingen: Wallstein, 2014.
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=18781

Die Sprachwandlerin - Luise F. Pusch. Zurufe und Einwürfe von Freundinnen und Weggefährtinnen. Göttingen: Wallstein, 2014.
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=18782

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/603125209/

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18. Ich verstehe Eins nicht mehr

Wenn Sie sich entscheiden, nicht nur theoretisch zu arbeiten, sondern auch etwas Praktisches zu machen, dann lassen Sie sich eins sagen: Fassen Sie am Ende des Arbeitstages keinen Platon-Dialog mehr an. Der macht Ihnen ‘mal sowas von einen Strich durch die Rechnung, dass Sie bald daran zweifeln werden, ob oben oben oder unten unten ist. Ich habe den Fehler begangen und einen kurzen Blick in Platons Parmenides geworfen. Das Resultat ist, dass ich mir jetzt mein Erlebnis von der Seele schreibe, wie so viele andere Verrückte (μανία [mania] wäre das griechische Wort für diese Verrücktheit, die ich meine).

Wenn etwas widersprüchlich ist, dann zweifeln wir meist daran und versuchen durch einen Perspektiven- und Tiefenwechsel ein passendes Konstrukt zu liefern, das uns den vordergründigen Widerspruch aufklärt. – Nicht so im Parmenides. Dieser Dialog Platons hindert uns dadurch daran, dass er uns einen Gordischen Knoten ins Hirn treibt.

Sehen Sie mal um sich. Schön? Da sind jede Menge Dinge, oder? Ein Bildschirm, vielleicht ein Schreibtisch oder ein Fenster, eine Liane, Buchstaben, ein beunruhigender Fußabdruck, Zahlen, Menschen, 100000€, Gedanken. Viele Dinge sind das. Klar. Wenn wir aber viele Dinge haben, dann müssen wir annehmen, dass es auch jeweils ein Ding gibt. Die Vielheit ist eben aus Einheiten zusammengesetzt, ne? Wenn Sie jetzt versuchen, diese Einheit zu fassen, passiert Ihnen das, was mir passiert ist: “Knoten also blog ich”.

Wenn wir von einer Einheit reden, dann darf diese Einheit keine Teile haben. Denn dann wäre sie ja zusammengesetzt und eine Vielheit. Aber über die Vielheit sind wir ja schon hinweg. Wir suchen das, was die Einheit ist. Also Teile darf diese Einheit nicht haben. Deshalb kann eine Einheit weder Anfang, noch Mitte, noch Ende haben. Was aber kein Ende hat, hat keine Grenze und ist deshalb unbegrenzt also unendlich. Zur selben Zeit ist es aber natürlich nicht ausgedehnt, weil es eben keine Teile haben kann. Und jetzt einige Worte des Erzählers Kephalos:

„Es ist also nicht einmal in der Weise, daß es Eins ist, denn dann wäre es immer noch seiend und des Seins teilhaftig. Vielmehr ist das Eins weder noch ist es Eins, wenn anders man diesem Schlüsse trauen darf.

So scheint es.

Wenn aber etwas nicht ist, kann da wohl diesem Nichtseienden überhaupt etwas zukommen oder ihm angehören?

Wie wäre das möglich?

Dann aber kommt ihm auch gar kein Name zu und keine Aussage über dasselbe und keine Erkenntnis noch Wahrnehmung noch Vorstellung von ihm.

Offenbar.

Man kann es also weder benennen noch von ihm reden und etwas aussagen noch es sich vorstellen noch es erkennen noch auch etwas, was es an sich hätte, wahrnehmen.” (142 Aff. Übers von Franz Susemihl online unter: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Parmenides auffindbar)

Das habe ich jetzt davon. Ich kann das einfachste weder erkennen noch herleiten noch sagen, dass es sei, obwohl ich so vieles sehe, das aus Einheiten besteht. Platons Dialog zeigt so viele Probleme bezüglich der Einheit auf (die der alte Parmenides dem jungen Sokrates erzählt) wie ich jetzt schlaflose Stunden haben werde. Wenn wir Eins nicht erkennen können. Und wenn Eins nicht ist, was ist denn dann überhaupt noch? Thx Platon. Nehmen Sie sich den Dialog doch mal selbst zur Hand. Vielleicht sind Sie schlauer als ich. Wo ist Alexander, wenn man ihn braucht?

Quelle: http://philophiso.hypotheses.org/223

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Gemeinschaftsblog Geschichte Bayerns, geschichtswissenschaftliche Blogs, de.hypotheses.org … | Regensburg, 30.1.2014

Im Rahmen des Regensburger Oberseminars zur Landesgeschichte (Prof. Dr. Bernhard Löffler) stelle ich am 30. Januar 2014 das Gemeinschaftsblog  Geschichte Bayerns vor; gezeigt werden soll dabei – mit praktischen Übungen – auch, wie mit WordPress Blogartikel erstellt werden können.

Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.

 

Beschäftigen werden wir uns darüber hinaus zunächst mit:

  • (geschichts-)wissenschaftlichem Bloggen (Warum eigentlich? Was?),
  • verschiedenen geschichtswissenschaftlichen Blogs,
  • dem Blogportal für die Geisteswissenschaften de.hypotheses.org.

 


Wo? Universität Regensburg, P.T. 2.0.9 (Lageplan)

Wann? 30. Januar 2014, 16 Uhr c. t.

Veranstaltung: Oberseminar / Kolloquium zur Landesgeschichte, Prof. Dr. Bernhard Löffler (Lehrstuhl für Bayerische Landesgeschichte, Universität Regensburg)

 

 

(Geschichts-)wissenschaftliches Bloggen

Warum eigentlich bloggen?

Thematisiert wird dabei auch, wie mögliche Blogs und einzelne Blogbeiträge aussehen könnten.

 

deutschsprachige Geschichtsblogosphäre

Aktuelle Beiträge aus der deutschsprachigen Geschichtsblogosphäre können seit Kurzem auch über Michael Schmalenstroers BlogaggregatorPlanet History” (dort auch eine aktuelle Liste geschichtswissenschaftlicher Blogs) abonniert werden: RSS-FeedTwitterFacebookGoogle+.

 

Einige Literaturhinweise zu geschichtswissenschaftlichen Blogs schon vorab:

 

de.hypotheses.org – deutschsprachiges Blogportal für die Geisteswissenschaften

Bei de.hypotheses.org handelt es sich um ein deutschsprachiges Blogportal für die Geisteswissenschaften, das vom Deutschen Historischen Institut Paris und der Max Weber Stiftung betreut wird; es ist Teil der europäischen Plattform Hypotheses.org. Dort sind inzwischen insgesamt mehr als 800 Blogs registriert (Link zum Katalog von OpenEdition).

Das Angebot ist für die Bloggenden kostenlos. Die Beiträge werden auch von  de.hypotheses.org auf  Facebook Twitter und  Google+ beworben, von der  wissenschaftlichen Redaktion ausgewählte Beiträge auch auf der Startseite  http://de.hypotheses.org sowie der internationalen Startseite  http://hypotheses.org, was zu einer größeren Sichtbarkeit führt.

Eine Langzeitarchivierung der Beiträge ist gewährleistet. Die Deutsche Nationalbibliothek vergibt inzwischen ISSN für Blogs.

 

Gemeinschaftsblog “Geschichte Bayerns”

“Geschichte Bayerns” ist ein interdisziplinäres Gemeinschaftsblog, das alle interessierten Wissenschaftler/innen einlädt, sich zu beteiligen. Inzwischen wurden bereits 100 Beiträge veröffentlicht; mehr als 40 Autor/innen sind registriert.

Das Blog wird in verschiedenen Sozialen Netzwerken begleitet:

Hashtag: #HistBav
Facebook: https://www.facebook.com/HistBav (Gruppe: https://www.facebook.com/groups/1426956144186780/)
Twitter: @HistBav
Google+: http://gplus.to/HistBav
Academia.edu: http://independent.academia.edu/HistBav

RSS-Feed: http://histbav.hypotheses.org/feed

 

Eingeflossen sind dabei die Erfahrungen, die seit September 2012 mit dem Gemeinschaftsblog “Ordensgeschichte” gemacht werden konnten:  http://ordensgeschichte.hypotheses.org/5710  (aktuell 115 registrierte Autor/innen, mehr als 300 veröffentlichte Beiträge; Link zur Statistik: Zugriffe im Jahr 2013)

 

Anregungen sind jederzeit herzlich willkommen.

 

Einen eigenen Account?  – Gerne: http://histbav.hypotheses.org/1011 ;-)

 

… und die dazu benötigten Computerkenntnisse?

Wir werden dazu hinter die Kulissen – ins Dashboard – schauen und die Grundlagen erarbeiten, unter anderem: Wie erstellt man einen Blogartikel? Wie wird ein Beitrag formatiert? Wie werden z. B. PDF-Dateien, Bilder, Videos eingefügt? Worauf sollte man dabei achten? Wie werden Fußnoten eingefügt? Wie wird das Profil ausgefüllt?

Dashboard

Dashboard

 

Lektüretipps:

Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1365

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Blackadderisierung des Ersten Weltkriegs – Scharfe Debatten in Großbritannien

Während der Erste Weltkrieg in Deutschland auch zum 100sten seines Beginns kaum die Gemüter erregt, ist in Großbritannien ein heftiger Streit um die Deutung dieses Ereignisses entbrannt. Protagonisten sind derzeit Michael Gove, Tory Education Secretary, und Richard J. Evans, Regius Professor for History in Cambridge. Gove und Evans sowie eine Reihe anderer Historiker streiten sich schon seit dem letzten Frühjahr über die Vorstellungen des Schulministers über die Art und Weise, wie Geschichtsunterrricht betrieben werden soll, nämlich: patriotisch, frontal, einheitlich. Was er nicht will, ist auch klar: Diskussion, Komplexitäten, Kritik und Analyse. Gove wirft “linken Historikern” eine Banalisierung des Heldentums britischer Soldaten vor, im Stil der BBC-Serie “Blackadder”.

Hier zwei Artikel von Evans im New Statesman im März und Mai 2013 und einer im Guardian letzter Woche; außerdem Michael Gove in der Daily Mail im Januar 2014.

Northern Black Racer, Coluber constrictor constrictor, detail of head as snake was “periscoping” near a sidewalk. Location: Durham County, North Carolina, United States. Quelle: Wikimedia Commons; Foto: Patrick Coin. This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license.

Wenn in Deutschland ein solcher Schulminister auch nicht Not tut, eine Debatte über die Darstellung der Ersten Weltkriegs wäre sehr wohl hilfreich – bevor sich alle wieder auf die Geschichte der Kriegpolitik und der Diplomatie konzentrieren und die soziale Tiefenschärfe, auch in ihrer globalen Dimension (Spanische Grippe, Hungerkrisen in den afrikanischen Kriegsgebieten usw.), verloren geht.


Einsortiert unter:Ereignis, Erinnerung, Geschichte, Geschichtspolitik, Uncategorized

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/01/13/blackadderisierung-des-ersten-weltkriegs-scharfe-debatten-in-grosbritannien/

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Blackadderisierung des Ersten Weltkriegs – Scharfe Debatten in Großbritannien

Während der Erste Weltkrieg in Deutschland auch zum 100sten seines Beginns kaum die Gemüter erregt, ist in Großbritannien ein heftiger Streit um die Deutung dieses Ereignisses entbrannt. Protagonisten sind derzeit Michael Gove, Tory Education Secretary, und Richard J. Evans, Regius Professor for History in Cambridge. Gove und Evans sowie eine Reihe anderer Historiker streiten sich schon seit dem letzten Frühjahr über die Vorstellungen des Schulministers über die Art und Weise, wie Geschichtsunterrricht betrieben werden soll, nämlich: patriotisch, frontal, einheitlich. Was er nicht will, ist auch klar: Diskussion, Komplexitäten, Kritik und Analyse. Gove wirft “linken Historikern” eine Banalisierung des Heldentums britischer Soldaten vor, im Stil der BBC-Serie “Blackadder”.

Hier zwei Artikel von Evans im New Statesman im März und Mai 2013 und einer im Guardian letzter Woche; außerdem Michael Gove in der Daily Mail im Januar 2014.

Northern Black Racer, Coluber constrictor constrictor, detail of head as snake was “periscoping” near a sidewalk. Location: Durham County, North Carolina, United States. Quelle: Wikimedia Commons; Foto: Patrick Coin. This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license.

Wenn in Deutschland ein solcher Schulminister auch nicht Not tut, eine Debatte über die Darstellung der Ersten Weltkriegs wäre sehr wohl hilfreich – bevor sich alle wieder auf die Geschichte der Kriegpolitik und der Diplomatie konzentrieren und die soziale Tiefenschärfe, auch in ihrer globalen Dimension (Spanische Grippe, Hungerkrisen in den afrikanischen Kriegsgebieten usw.), verloren geht.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2014/01/13/blackadderisierung-des-ersten-weltkriegs-scharfe-debatten-in-grosbritannien/

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Der Erste Weltkrieg in bewegten Bildern: Europäisches Projekt macht Filme der Jahre 1914-1918 online zugänglich

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Das European Film Gateway bietet seit Februar 2013 Zugang zu einer stetig wachsenden Anzahl von Filmen mit Bezug zum Ersten Weltkrieg. Im Rahmen des Projekts EFG1914 haben europäische Filmarchive große Teile ihrer Sammlungen zum Ersten Weltkrieg digitalisiert. Rechtzeitig zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs werden alle in den Archiven digitalisierten Filme über das European Film Gateway verfügbar sein.

Zu den ausgewählten Filmen zählen Wochenschauen, Dokumentar- und Spielfilme sowie Propaganda. Das Material ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, da heute nur noch geschätzte 20 Prozent aller zur Stummfilmzeit entstandenen Filme erhalten sind. Vor diesem Hintergrund bilden die im Rahmen von EFG1914 digitalisierten Filme einen erheblichen Teil der in den Archiven noch vorhandenen Bestände dieser Zeit ab:

http://www.europeanfilmgateway.eu/de/content/efg1914-projekt

Quelle: http://1914lvr.hypotheses.org/922

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