Noch Polemik oder schon Demagogie?

Am 6. März berichtete Birte Förster auf der Wissenschaftsseite der FAZ von den Bemühungen der American Historical Review, sich zu „dekolonialisieren“ – ein Unterfangen, das ich nachvollziehen konnte. Daher habe ich das entsprechende Editorial gleich per Twitter angezeigt:

Experiment an lebender Zeitschrift: Amer. Hist. Rev. will sich dekolonialisieren. https://t.co/DrMrmYzYSe und https://t.co/DFJJzohjQc �



[...]

Quelle: https://geschichtsadmin.hypotheses.org/519

Weiterlesen

Die Dinge beim Namen nennen?

Nun hat auch das niederländische Parlament „den im Osmanischen Reich an Armeniern begangenen Massenmord als Völkermord anerkannt“ (http://bit.ly/2oraefa). Die Zahl der Staaten, die sich dazu öffentlich festgelegt haben, wächst damit weiter an. Zwei Wege lassen sich unterscheiden. Die Niederlande sind den bundesdeutschen Weg gegangen: Das Parlament anerkennt den Völkermord, indem es die Geschehnisse per Parlamentsentscheidung „Völkermord“ nennt. Die Regierung wahrt Zurückhaltung und freut sich, sich nicht selbst äußern zu müssen. Der zweite Weg wird in Frankreich seit langem diskutiert: Dort gab es schon zwei Versuche, die Leugnung des Völkermords unter Strafe zu stellen; beide Male ist dieses Unterfangen verfassungsrechtlich gescheitert. Die Schweiz musste in Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte lernen, dass es diese Leugnung nicht unter Strafe stellen darf, weil die Meinungsfreiheit höher steht.

 



[...]

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/507

Weiterlesen

Wiki-Beiträge statt Hausarbeiten?

Zugegeben: Die Reaktion ist ein bisschen spät. Aber in den Semesterferien war Einiges zu tun. Nun endlich eine Antwort auf den Vorschlag des evangelischen Religionspädagogen Christoph Tipker in SPIEGEL Online (16.02.2017; URL: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/uni-dozent-fordert-schafft-die-hausarbeiten-ab-a-1134566.html), Hausarbeiten abzuschaffen. Studierende würden sich quälen, Dozenten bei der Korrektur nicht weniger. Hausarbeiten hätten „nichts mehr mit der Sehnsucht nach neuen Erkenntnissen zu tun“.

[...]

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/459

Weiterlesen

Bedeutende Menschen der deutschen Geschichte …

Seit langer Zeit grüble ich, wie eine professionelle Geschichtswissenschaft sinnvollerweise auf die Forderungen der AfD reagieren sollte, die „positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte“ in eine „erweiterte[n] Geschichtsbetrachtung“ einzubeziehen, um so die „aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus“ (Grundsatzprogramm der AfD) zu überwinden. Was damit gemeint ist, ist ja eigentlich klar; und aus Sicht einer professionellen Geschichtswissenschaft hat dieses Anliegen mit Geschichte wenig, viel aber mit Geschichtspolitik zu tun. Denn tatsächlich lässt sich eine solche Verengung nirgends empirisch beobachten; sie wird nur von demjenigen so empfunden, dem dies subjektiv zu viel erscheint. Damit ist es aber per se kein Anliegen, zu dem man sich wissenschaftlich verhalten kann, sondern ein politisches Ansinnen.

Ich bin daher froh, dass Norbert Lammert nun – ohne die AfD zu erwähnen, und vielleicht auch, ohne dabei überhaupt nur an diese intellektuell recht dürftige Forderung zu denken – tatsächlich einen erinnerungspolitischen Schritt auf bedeutende Persönlichkeiten der deutschen Geschichte zugegangen ist, als er dem Ältestenrat des Bundestags vorschlug, zwei Abgeordnetengebäude nach Matthias Erzberger und Otto Wels zu benennen. Damit würde er nun zwei Personen ehren, deren Gedenken auch dem Parlament selbst zu Ehren gereichen würde. Otto Wels immerhin hat es bis ins Schulbuch geschafft; seine letzte freie Rede im Weimarer Reichstag dürfte die in deutschen Schulen meistgelesene Weimarer Parlamentsrede sein.

Bei Matthias Erzberger liegt die Sache sicher etwas schwieriger – und das nicht wegen seiner Unterzeichnung des Waffenstillstands von Compiègne.

[...]

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/447

Weiterlesen

Abschied von den Leistungspunkten?

Unter der Überschrift „Abschied von den Leistungspunkten“ zieht der Bielefelder Soziologe Stefan Kühl in der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/bologna-prozess-abschied-von-den-leistungspunkten-14346897.html) Schlussfolgerungen aus der jüngsten Erklärung von KMK und HRK. Mir scheint, da schleichen sich Missverständnisse ein. Insbesondere fällt ihm auf, dass die Grundlage der Anerkennung von Leistungen, die an anderen Universitäten erbracht wurden, nicht mehr die Leistungspunkte, sondern nun die dort erworbenen Kompetenzen sein sollten. Das Problem: „Die Studienpläne in den Bachelor- und Master-Studiengängen wurden so genau in ECTS-Punkten spezifiziert, dass es ein seltener Glücksfall war, wenn man für die Leistungen an einer ausländischen Hochschule genauso viele Punkte bekam wie für die entsprechenden Leistungen an der Heimatuniversität.“

Was Stefan Kühl aufdeckt, ist nichts anderes als die deutsche Umstzung von Bestimmungen der Lissabon-Konvention, die 1997 unterzeichnet wurde. Seit einigen Jahren sind die Universitäten angehalten, bei der Anerkennungen externer Studienleistungen großzügig zu verfahren.

[...]

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/412

Weiterlesen

Bloße Studentenschelte oder wichtiger Zwischenruf?

Die Überschrift hatte es mir gleich angetan: „Studienanfänger – leseschwach und verantwortungsscheu. Ein Professor lässt Frust ab: Warum sind Studenten so mutlos und verzweifelt, wenn es Widerstände gibt? Und wo sind Neugier und Abenteuerlust geblieben?“ stand in der Online-Ausgabe der FAZ am 24.02.2016. Großartig – die übliche Studentenschelte, turnusmäßig abgeliefert. Von der Lektüre hatte ich gar nicht viel erwartet.

Der evangelische Theologe Bernd Beuscher, Autor dieses Artikels, hat es aber doch geschafft, mich zu überraschen.

[...]

Quelle: https://geschichtsadmin.hypotheses.org/389

Weiterlesen

Bloße Studentenschelte oder wichtiger Zwischenruf?

Die Überschrift hatte es mir gleich angetan: „Studienanfänger – leseschwach und verantwortungsscheu. Ein Professor lässt Frust ab: Warum sind Studenten so mutlos und verzweifelt, wenn es Widerstände gibt? Und wo sind Neugier und Abenteuerlust geblieben?“ stand in der Online-Ausgabe der FAZ am 24.02.2016. Großartig – die übliche Studentenschelte, turnusmäßig abgeliefert. Von der Lektüre hatte ich gar nicht viel erwartet.

Der evangelische Theologe Bernd Beuscher, Autor dieses Artikels, hat es aber doch geschafft, mich zu überraschen.

[...]

Quelle: https://geschichtsadmin.hypotheses.org/389

Weiterlesen

Digitalität und Geschichtswissenschaft

Seit einigen Wochen diskutiert die Historikerzunft engagiert (aber allmählich auch wieder abflauend) über „Quellenkritik im digitalen Zeitalter: Die Historischen Grundwissenschaften als zentrale Kompetenz der Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter“ (so der Titel des Positionspapiers von Eva Schlotheuber und Frank Bösch (http://blog.historikerverband.de/2015/10/30/quellenkritik-im-digitalen-zeitalter-die-historischen-grundwissenschaften-als-zentrale-kompetenz-der-geschichtswissenschaft-und-benachbarter-faecher/; Forum dazu unter http://www.hsozkult.de/text/id/texte-2890?title=diskussionsforum-historische-grundwissenschaften-und-die-digitale-herausforderung). Zeit, die Debatte Revue passieren zu lassen – was naturgemäß nicht in allen Punkten geschehen kann. Den fachkundigen Anmerkungen der vielen an der Diskussion beteiligten Vertreter der Historischen Hilfswissenschaften (ich bevorzuge weiterhin den Begriff der „Historischen Hilfswissenschaften“) zu eben diesen und der Digitalen Geisteswissenschaftler zu eben jenen mag ich nichts hinzufügen; stattdessen möchte ich mich auf wenige grundsätzliche Bemerkungen beschränken.

Das zentrale Argument von Schlotheuber und Bösch lautet: Wir erleben eine massenhafte Digitalisierung von Quellenbeständen und müssen es schaffen, die entsprechende Quellenkritik zu vermitteln, auf dass Studierende kompetent mit diesen Quellenbeständen umgehen können.

[...]

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/384

Weiterlesen

Geschichtsdidaktische Herausforderungen der Flüchtlingsdiskussion

Dass die Zahl nach Deutschland gelangender Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen oder als Bürgerkriegsflüchtlinge Aufenthalt suchen, ist bekannt, dass dies die öffentlichen Diskussionen in Deutschland heftig emotionalisiert und dabei zunehmend zu latenter und manifester Aggressivität und Gewaltbereitschaft führt, auch.

Die Geschichtsdidaktik reagiert derweil, wenn ich es richtig sehe, auf zwei Ebenen: Zum einen verweist sie, inspiriert von der Historischen Migrationsforschung (und völlig zu Recht), auf die historische Normalität von Wanderung und Mobilität sowie auf die historischen Ursachen der gegenwärtigen Wanderungsbewegungen. Zum anderen (und ebenso zu Recht) betont sie die Notwendigkeit einer Geschichtsdidaktik, die sich dem interkulturellen historischen Lernen verpflichtet fühlt. Dafür gibt es bereits gute Vorarbeiten, die wohl noch nicht überall und ausreichend in die Ausbildung künftiger Lehrer/innen integriert ist, aber grundsätzlich schon jetzt viel zu bieten hat.

Beide Ansätze sind richtig, aber sie haben eines gemeinsam: Sie akzeptieren den Grundsatz der gegenwärtigen gesellschaftlichen Aufregung, die im starken Anwachsen der Flüchtlingszahlen des eigentliche Problem und die eigentliche Herausforderung sieht. Man kann die Situation aber auch einmal anders sehen: Das eigentliche Problem ist die Anfälligkeit so vieler Menschen für heftige Emotionalisierung angesichts einer Situation, die nach Vernunft ruft, und zu diesem Problem gehört die große Zahl an Menschen, die differenzierende, differenzierte und in diesem Sinne uneindeutige Berichterstattung als Ausdruck von Lügenpresse empfinden oder die in Politikerinnen und Politikern, die Politik auch als langwierigen Aushandlungsprozess kennengelernt haben und schnellen Lösungen daher erfahrungsbasiert nicht vertrauen, als Volksverräter beschimpfen. Mein Eindruckist, dass sich hier auch ein autoritäres Denken ausdrückt, das sich selbst als aufrichtig und klar wahrnimmt: Ich rede nicht mal so oder mal so, ich rede immer, wie mir der Schnabel gewachsen ist, und wenn man Leute wie mich mal lassen würde, wären die Probleme auch schnell gelöst, man muss es nur wollen und man muss eben mal Entscheidungen treffen und dann auch handeln.



[...]

Quelle: https://geschichtsadmin.hypotheses.org/371

Weiterlesen