Als ich neulich im Supermarkt einen Becher Rübensirup kaufen wollte, fand ich ihn nicht an der gewohnten Stelle. Bislang konnte man ihn bei den Marmeladen finden. Aber jetzt? „Ach“, dachte ich, „das haben sie wohl aussortiert“. Wo sollte ich suchen? Mir fiel keine sinnvolle Abteilung ein. Als ich schließlich eine Verkäuferin fragte, schickte sie mich zum Regal mit den Backzutaten. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, ihn hier zu suchen. Mir ist kein Backrezept bekannt, in das diese Zutat gehört. Für mich gehört Rübensirup auf die Frühstückssemmel.
An diesem einfachen Beispiel kann man sehen, dass die Zuordnung zu einer Kategorie zu Schwierigkeiten führt, wenn nämlich der, der die Sache einordnet, ein anderes Konzept verfolgt und im Kopf hat, als der, der die Sache sucht.
Doch wie ist das überhaupt mit den Kategorien? Das Kategorisieren ist ein sehr starker Neuromechanismus, dem wir unterliegen, denn Dinge in Kategorien einzuteilen macht das Denken und Erkennen leichter. Unser Gehirn vereinfacht die Dinge, denn das ist eine Strategie, um möglichst effizient funktionieren zu können. Wir kämen zu nichts mehr, müssten wir jede Sache und jedes Ding einzeln betrachten und darüber nachdenken. Dinge in Kategorien einzuteilen vereinfacht also unser Leben und das hat folgende Gründe:
- Es gibt Neuronen, in denen speziell bei der Verarbeitung von Kategorien Aktivität gemessen wurde. In Versuchen mit Affen konnte dies nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass das Gehirn wesentliche Merkmale der wahrgenommenen Inhalte herausfiltert und sie als allgemeine und wichtige Information präsentiert. Dadurch wird eine kategoriale Präsentation von Reizen möglich, die die für das Gehirn aufwendige Arbeit, ständig Einzelheiten betrachten zu müssen, minimiert.
- Außerdem verarbeitet unser Gehirn verschiedene Reize in verschiedenen Arealen. Bestimmte Gruppen von Neuronen verarbeiten senkrechte Kanten, andere Gruppen waagerechte, wieder andere Bewegung, noch andere Farbe etc. Das bedeutet nichts anderes, als dass Gruppen von Zellen jeweils eine bestimmte Kategorie von Reizen verarbeitet. Kategorien von Reizen treffen auf Kategorien von Neuronen.
So, wie es in unserem Gehirn ausschaut und zugeht, so haben wir unsere Umwelt aufgebaut und organisiert:
- Unsere Welt besteht aus Kategorien: Wir leben in einem Land, darin in einer Stadt, darin in einer Straße, hier in einem Haus, in einer Wohnung, die verschiedene Kategorien von Zimmern besitzt usw.
- Kategorien können eingebettet sein in Überkategorien oder sich in weitere Unterkategorien aufteilen. Die Beziehungen, die zwischen dem Geflecht von Kategorien entstehen, geben Orientierung und stellen Information zur Verfügung wo sich eine Sache in Bezug auf andere Sachen befindet. Welche Wege zurückgelegt werden müssen, um diese Sache zu finden. Das ist oft eine Art der räumlichen Orientierung – die wir als mentale Leistung ständig erbringen. Wenn ich einen Teelöffel brauche, dann suche ich ihn im Haus, in der Küche und dort in einer Schublade und nicht in der Garage.
- Der Computer mit all seinen Anwendungen fordert vom Benutzer räumliche Orientierung im virtuellen Raum. Hier ist die gleiche Orientierungsleistung zu vollbringen, wie in realen 3D-Welt. Die hier verwaltete Information liegt hauptsächlich in Kategorien vor, denn irgendwie muss man seine Daten wieder finden. Ob diese hierarchisch organisiert oder mit Tags versehen werden, ist dabei egal. Zum Wiederfinden benötigen wir ein Schlagwort, d.h. eine Kategorie.
Kategorienbildung bei Computerspielen
Wir Menschen teilen Dinge gerne in Kategorien ein. Das ist mit einem Lustgefühl verbunden. Spiele wie „Diamond Dash“ appellieren an unseren Mechanismus der Kategorienbildung und sprechen dieses Lustgefühl bei vielen Menschen mit einfachsten Mitteln an.
Die vom Spieler erforderliche Aktivität ist lediglich, dass eine Gruppe von mindestens drei gleichfarbigen „Juwelen“ angeklickt werden soll. Danach kommen neue Juwelen hinzu, wodurch sich die Anordnung der Juwelen ändert. Ist der Spieler nicht schnell genug, blinkt eine Gruppe auf, womit ihm signalisiert wird, darauf zu klicken.
Screenshot aus dem Spiel „Diamond Dash“. Dieses Spiel wird monatlich von
ca. 20 Mio. Spielern gespielt.
Während der Runden, die ich gespielt habe, ging es ausschließlich um die Kategorie „Farbe“. Ob auf einem höheren Level eine weitere Kategorie hinzukommt (die Spielsteine tragen Symbole), weiß ich nicht. Was im Spiel als Level bezeichnet wird, würde ich eine Spielrunde nennen, denn eine Steigerung des Schwierigkeitsgrades konnte ich nicht feststellen. Im Gegenteil: war ich längere Zeit nicht schnell genug, gab es irgendwann eine ultraleinfache Runde, bei der mir die passenden Gruppierungen quasi direkt vor den Mauszeiger fielen. Das Spiel macht eher den Anschein, den Spieler bei der Stange halten zu wollen; aber nicht mittels eines Schwierigkeitsgrades oder einer anderen nachvollziehbaren Logik, sondern algorithmisch berechneter Motivation.
Für alle, die den verschiedenen Social Games nichts abgewinnen können, hier ein Tipp: Schauen Sie doch einmal auf die ARTigo-Plattform. Dort gibt es bereits 5 Spiele, bei denen Sie etwas lernen und der Wissenschaft helfen können. Das ist doppelt sinnvoll genutzte Zeit.
Quelle: http://games.hypotheses.org/693