Das Zika Virus und die Macht der Bischöfe

Schwere rhetorische Geschütze werden aufgefahren in der Diskussion um das Zika Virus, der Eindämmung seiner rasanten Ausbreitung in Südamerika und der Bewältigung deren möglicher Konsequenzen, namentlich der sogenannten Mikrozephalie bei Neugeborenen: Schwangere sollen ihre Reiseaktivitäten einschränken, Regierungen empfehlen die Verschiebung von Schwangerschaften, weltweit, vor allem in tropischen Regionen des Erdballs, sind Gesundheitsbehörden alarmiert, von panischen, vom Schicksal geschlagenen Müttern und einer rasanten Zunahme präventiver illegaler, oftmals auch für die Mütter tödlichen Abtreibungen, wird berichtet. Am 01. Februar hat die WHO schließlich den globalen Notstand ausgerufen und am 05. Februar empfahl der UN-Menschenrechtskommissar darüber hinaus den betreffenden katholischen Ländern, neben anderen Maßnahmen zur Wahrung der Rechte von Frauen, auch Schwangerschaftsabbrüche, die bisher illegal sind, zuzulassen.1

Bis zu dieser Forderung auf UN-Ebene und Aktionen von Frauenrechtler*innen, die in die gleiche Richtung weisen, schwiegen die katholischen Autoritäten in Südamerika weitgehend, obwohl eine Stellungnahme von ihnen auf verschiedenen Seiten bereits zuvor als notwendig erachtet wurde.2

Bis dahin hatten sich bereits einzelne Priester von der Empfehlung der salvadorianischen Regierung, wegen des Zika Virus bis 2018 keine Kinder mehr zu zeugen, distanziert: Das Kinderkriegen sei schließlich wenn nicht Gottes dann doch mindestens Privatsache, aber auf keinen Fall die des Staates.3 Anderer Meinung scheinen die katholischen Autoritäten dann zu sein, wenn die staatlich erlassenen Gesetze den religiösen Vorstellungen entsprechen.

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Quelle: https://marginalie.hypotheses.org/265

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Call for Papers der Sektion Professionssoziologie: Therapiekulturen

Am 23./24. Januar 2015 veranstaltet die Sektion Professionssoziologie unter der Leitung von Dr. Sabine Flick (Goethe-Universität Frankfurt) und Prof. Dr. Rainer Schützeichel (Universität Bielefeld) eine Tagung an der Universität Bielefeld zum Thema “Therapiekulturen” und richten an alle Interessierte einen beigefügten call … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/7239

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Mögliche Forschungsziele einer reaktivierten Nachkriegskinderstudie

Im letzten Blogartikel wurden die Ziele der ursprünglichen Nachkriegskinder-Studie dargestellt. Durch eine  Reaktivierung bzw. Revitalisierung, also eine erneute Untersuchung der gleichen Stichprobe, lassen sich Forschungsfragen aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen untersuchen. Das übergreifende Forschungsziel einer neuen Studie könnte die Identifikation von Langzeiteffekten der Kriegs- und Nachkriegskindheit auf gesundheitliche und psychologische Aspekte im höheren Alter sein. Folgende Themenbereiche und Forschungsfragen könnten für eine Nachfolgestudie von Interesse sein:

1. Seelische Gesundheit im Alter und klinische Störungen

Insbesondere die Genese, Ätiologie und (neurobiologischen) Folgen von post-traumatischen Belastungsstörungen, Angststörungen und Depressionen, deren Auftretenswahrscheinlichkeit durch traumatischer Ereignisse stark erhöht sind, lassen sich in der Stichprobe der Nachkriegskinder untersuchen.

  • Welche protektiven Faktoren, Bewältigungsformen und Risiken liegen vor?
  • Gibt es Langzeitwirkungen auf Hirnstrukturen, Hirnfunktionen und neuropsychologische Leistungen?

2. Körperliche Gesundheit, Gesundheits- und Ernährungsverhalten

Gerade für die Gesundheitsforschung gibt es interessante Fragen, die mit einer revitalisierten Studie beantwortet werden könnten:

  • Welche Zusammenhänge bestehen zwischen traumatischen Erfahrungen und Belastungen (in der Kindheit) und Herzkrankheiten im Alter?
  • Wie entwickeln sich frühe Krankheiten aus der Kindheit auf die Gesundheit im Alter aus?
  • Wirkt sich die Kriegserfahrung langfristig auf das Ernährungsverhalten aus?
  • Wie ist das Gesundheitsverhalten der Nachkriegskinder durch die Kriegserfahrung im Bezug auf die Selbstfürsorge geprägt?

3. Resilienz, Plastizität und Hardiness

Sowohl für die seelische als auch für die körperliche Gesundheit werden in der Forschung verschiedene Resilienzfaktoren diskutiert, die einen Schutz vor aversiven Reizen bieten können. Diese können sowohl in der Person selber liegen, wie Persönlichkeitseigenschaften oder körperliche Merkmale, oder in ihrer Umwelt vorhanden sein, wie z. B. vertrauensvolle Beziehungen und Unterstützung.

Durch die Plastizität des menschlichen Körpers und Gehirns, kann der Mensch sich unterschiedliche Bedingungen anpassen. Hardiness beschreibt einen Persönlichkeitsfaktor, der den Umgang mit Stressoren beschreibt. Verschiedene Menschen unterscheiden sich in der Ausprägung ihrer verfügbaren Resilienzfaktoren, Plastizität und Ausprägung im Bezug auf Hardiness.

Die Untersuchung dieser drei Forschungsthemen im Kontext der Lebensspanne erlaubt die Korrelation von Resilienz- und Risikofaktoren in der Jugend mit dem seelischen und körperlichen Gesundheitsstatus im Alter. Auch den Zusammenhang mit erfolgreichen Altern, wie z.B. der Ausbildung von sozialen Beziehungen und Freundschaften, lässt sich untersuchen.

4. Gen-Umwelt-Interaktionen, genetische Marker und Epigenetik

Aus biologischer und psychologischer Sicht können Interaktionen von Genen und Umwelt bei den Nachkriegskindern untersucht werden.

  • Lassen sich genetische Marker für Erkrankungen oder Vulnerabilitäten im Alter finden?
  • Führt die kindliche Erfahrung von Krieg zu epigenetischen Veränderungen?

5. Transgenerationale Übertragung

Auch die transgenerationale Weitergabe von Traumata durch bestimmte Beziehungsmuster zwischen Eltern und Kind können untersucht werden.

  • Liegen die Gründe hierfür in der bewussten Erziehung oder eher in unbewusst vorgelebten Normen, Bewältigungsmuster und Verhaltensweisen?

Gerade unter Aspekten von Generationalität und Generativität ist die Untersuchung von transgenerationalen Phänomenen interessant.

6. Bildungserwerb und berufliche Entwicklung

Eine Vielzahl von Fragen zum Bildungserwerbung und zur beruflichen Entwicklung lassen sich mit einer Nachfolgestudie untersuchen und Thesen anhand von Originaldaten belegt werden.

  • Wie wirken sich frühe Erfahrungen auf die Gestaltung der Karriere aus?
  • Welche Faktoren bestimmen Schulerfolg?
  • Wie wirkt sich Schulerfolg auf den Berufserfolg aus?
  • Wie wurde der Berufsbeginn gestaltet?
  • Welcher Beruf wurde ausgewählt und wie wurde die Wahl begründet?
  • Wie waren die beruflichen Erwartungen und Aussichten? Wie wird die Berufslaufbahn rückblickend bewertet?
  • Wie ist der Zusammenhang zwischen schulischer Laufbahn, späterer (Aus-)Bildungsbiografie und der Entwicklung bildungsbezogener Aktivitäten (Bildungsstil) im späten Erwachsenenalter?
  • Wie werden diese Stile an nachfolgende Generationen weitergegeben?
  • Welche Rolle spielt der sozioökomische Status beim Berufserfolg als Startbedingung?
  • Welche Rolle spielt der sozioökomische Status für erfolgreiches Altern?
  • Gibt es Existenz- ängste bei den gealterten Kriegskindern?

7. Persönlichkeitsmerkmale & Einstellungen

Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen können wichtige Resilienz- oder Risikofaktoren bei der Entwicklung über die Lebensspanne sein. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach Kontrollüberzeugungen bei Kriegskindern und Nachkriegskindern von Bedeutung. Ich-syntone Verhaltensweisen werden diesen Kohorten vermehrt zugesprochen. Darunter fallen Sparsamkeit, Suche nach Wärme und Geborgenheit, Autonomie und Unabhängigkeit, fehlende Rücksichtnahme auf sich selbst und die eigene Gesundheit, Aufbruchsbereitschaft und Emotionsunterdrückung.
Fragen der persönlichen Emotionsverarbeitung und der Entwicklung von emotionaler Intelligenz könnten untersucht werden. Auch persönliche Einstellungen, insbesondere politische Einstellungen und ihre Entwicklung, sind von Forschungsinteresse.

8. Kognitive Leistungsfähigkeit und Intelligenz

Wie entwickelt sich intellektuelle Leistungsfähigkeit über die Lebensspanne und in welchem Zusammenhang stehen frühe kognitive Leistungen und kognitive Alterungsprozesse, wie Demenzen?

9. Lebenszufriedenheit

Im Kontext des Forschungsgebiets des erfolgreichen Alterns lautet eine Frage:

  • Wie ist der Zusammenhang zwischen damaligen Belastungen und der heutigen Lebenszufriedenheit?
  • Wie bewerten die damaligen Probanden heute ihre Lebenszufriedenheit?

10. Individuelle Lebensverläufe & Einzelfallanalysen

Bei diesem Thema sind Forschungsfragen von Interesse, die am einzelnen Individuum untersucht werden können, wie beispielsweise Fragen zur Zielbildung und Sinnstiftung oder Familienforschung.

  • Welche Rolle spielte Vaterlosigkeit für die Entwicklung der Nachkriegskinder?
  • Wie konnten „überforderte“ Mütter mit der Situation umgehen und wie wirkt sich dies auf die Kinder aus?

Auch explorative Fragen oder Fragen der Entwicklung über die Lebensspanne gehören hierzu.

Insgesamt wird deutlich, dass eine Vielzahl von Forschungsfragen anhand einer revitalisierten Studie beantwortet oder zumindest bestehende Thesen belegt werden können. Die hier vorgenommen Auswahl ist dabei nicht vollständig, da  beispielsweise geisteswissenschaftliche Aspekte, wie z. B. die medizinhistorischen Untersuchung von Forschungsmethoden in den 50er Jahren, noch nicht erwähnt wurden.

Quelle: http://zakunibonn.hypotheses.org/94

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