Am Ende hatte es doch noch geklappt: Nach monatelangen Verhandlungen ließ Kaiser Ferdinand II. Geleitbriefe für Gesandte ausfertigen, die den Pfalzgrafen Friedrich auf dem anstehenden Kurfürstentag zu Regensburg vertreten sollten. Was eigentlich eine Routineangelegenheit darstellte, war hier durchaus heikel. Denn der Pfalzgraf hatte mit seiner Ächtung im Jahr 1621 alle Titel und Ansprüche verloren und befand sich seitdem im Exil in Den Haag. Immer noch reklamierte er den böhmischen Königstitel für sich, und immer noch bemühte er sich um die Restitution all seiner Herrschaftstitel, die er seit dem für ihn desaströsen Ausgang des böhmischen Kriegs verloren hatte.
Dazu war es wichtig, überhaupt wieder auf die politische Bühne zurückzukommen, und ein Kurfürstentag, wie er für den Sommer 1630 in Regensburg ausgeschrieben war, stellte ein zentrales Ereignis dar, wollten hier doch die Kurfürsten mit dem Kaiser darüber beraten, wie ein allgemeiner Friede wiederherzustellen sei. Aber nicht nur die Kurfürsten waren zugegen, auch viele andere Reichsstände und auswärtige Potentaten schickten Gesandte; der Kurfürstentag war so etwas wie ein Ersatz für den Reichstag.
Und der Pfalzgraf hatte es nun tatsächlich geschafft: Er deputierte Johann Joachim von Rusdorf, den führenden Kopf der pfälzischen Exilregierung, nach Regensburg. Rusdorf war ein erfahrener Diplomat, und er kam nicht allein. Vielmehr schloß er sich Sir Robert Anstruther, dem Gesandten der englischen Krone, an. Auch dies war schon ein politisches Zeichen, denn die Pfälzer setzten sehr auf die politische Unterstützung des englischen Königs, und dies sollte auch auf dem Kurfürstentag sinnfällig werden.
Die Verhandlungen in Regensburg standen oft schon im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses, und hier verdanken wir Dieter Albrecht eine mustergültige Edition im Rahmen der Briefe und Akten. Dort findet sich nun der Hinweis, daß Rusdorf seine Berichte aus Regensburg an Ludwig Camerarius, Theobald Moritz und einen gewissen „Monsieur Junius“ („Mr. Junius“) schickte (S. 699 und 706). Ersterer hatte lange Jahre die pfälzische Exilpolitik geleitet, stand allerdings seit 1626 in schwedischen Diensten; Moritz war pfälzischer Sekretär und Rat. Doch wer war Junius? Albrecht setzt in seiner Edition den Namen in Ab- u.Abführung, distanziert sich also von ihm, den er nicht recht einzuordnen vermag, und fügt im Register dann doch erläuternd hinzu: „pfälzischer Rat“ (S. 776).
Ich möchte hier einen anderen Vorschlag machen, nachdem mir im Zuge meiner Arbeit um den kurkölnischen Gesandten Johann van der Veecken ebenfalls ein Junius untergekommen ist – und zwar an prominenter Stelle: Veecken stand auch in Kontakt mit ihm, denn er war der Sekretär des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, der als Statthalter der Generalstaaten von zentraler politischer Bedeutung war. Wenn dieser Junius tatsächlich der Adressat der Rusdorfschen Berichte war, erscheinen die Korrespondenzen des pfälzischen Gesandten aus Regensburg in einem neuen Licht. Denn alle diese Briefe gingen nach Den Haag, adressierten aber jeweils verschiedene politische Kreise: Indem er an Moritz schrieb, bediente er einmal die eigenen Leute, also die Pfälzer; mit Camerarius bezog er nicht nur einen alten Bekannten mit ein, sondern den Repräsentanten der schwedischen Macht, und mit Junius wahrte er den Kontakt zum Statthalter Friedrich Heinrich, mithin also zu den Generalstaaten. (An die Engländer mußte er nicht schreiben, Anstruther war ja mit ihm in Regensburg.)
An der Stelle wird wieder einmal deutlich, wie sinnvoll online verfügbare Quelleneditionen sind. Anstatt hier weitläufig für das Blog zu schreiben, wäre es viel einfacher, eine Online-Ressource direkt zu ergänzen – und sei es nur ganz einfach und billig in einem Kommentarfeld zu einem PDF.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/557