„Wollte E: Churfr: Dht: Jch zur vnnderthenigisten gehorsambisten berichtlichen antworth vnangefieget nit lassen, vnnd thue deroselben dabenebens von Gott dem Allmechtigen zue disem eingedrettenen, vnd noch vill volgender glickhselligen Freydt: vnnd Friedenreichen Jahren, zue stether erwünschter Leibsfristung, propagierung deroselben hochlöblichen hauses, vnd dempffung Jrer widrigen vnnd feindttselligen, auß inniglichen Herzensgrundt allen heilwerthen Seegen anwünschen.“
Mit diesen Worten schloß Tilly, der Generalleutnant der Armee der Katholischen Liga, einen ausführlichen Bericht an Kurfürst Maximilian von Bayern, in dem er vor allem die schwierige Situation der ihm unterstellten Truppen erläuterte. Er sprach dabei die üblichen Probleme an, die deswegen aber nicht weniger dringlich waren: Konkret ging es um den sich verschärfenden Mangel an Proviant und die daraus resultierenden Übergriffe seiner Soldaten in ihren Winterquartieren – dies alles vor dem Hintergrund der befürchteten Aktionen seiner Gegner (BayHStA Kurbayern Äußeres Archiv 2353 fol. 1-8‘ Ausf., stark chiffriert, fol. 9-10 noch ein Postskriptum).
Zu dem Zeitpunkt herrschte zwar Waffenruhe; die Regimenter der Liga und die neuaufgestellte kaiserliche Armee unter Wallenstein standen jedoch bereit, den Waffengang gegen den dänischen König Christian von Dänemark und Mansfeld zu beginnen. Gleichzeitig gab es in Braunschweig noch Verhandlungen, die den offenen Ausbruch der Feindseligkeiten abzuwenden versuchten. Auf diesem sog. Interpositionstag wurde noch bis März 1626 nach Lösungen sondiert. Ungeachtet dieser Bemühungen zeigt Tillys Brief aber, welch gespannte Unruhe sich längst der Akteure bemächtigt hatte und wie sehr die Zeichen auf Krieg standen. Ob dies auch ein Grund für Tilly war, die Neujahrsgrüße an seinen Prinzipal in diesem Jahr besonders emphatisch zu formulieren? Einen konkreten Anlaß für diese insgesamt sehr ausführlich gehaltenen Wünsche kann ich sonst nicht ausmachen. Doch ob man sie als Indiz für eine bestimmte Gemütslage des Feldherrn interpretieren möchte, sei einmal dahingestellt.
Auffällig ist noch etwas anderes am Ende des Briefs, wo wie üblich Ort und Datierung genannt sind: „Datum Bockhenem am 2. January ao 1625“, heißt es dort. Tatsächlich logierte Tilly damals in Bockenem, einem Ort im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, und koordinierte von dort aus die Planungen für den Feldzug im neuen Jahr. Die Jahresangabe „1625“ ist jedoch falsch, denn der Brief ist eindeutig dem Januar 1626 zuzuordnen. Hier war es also dem (unbekannten) Sekretär schwergefallen, im alltäglichen Kanzleibetrieb sofort auf das neue Jahr umzustellen. Heutzutage muß man ja nicht mehr selbst mitdenken und kann sich auf den Datumswechsel verlassen, wie er in allen technischen Arbeitsgeräten automatisiert vollzogen wird …
Der Brief ist auch in der Edition Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618-1651. 2. Teil, 3. Band: 1626, 1627, bearb. v. Walter Goetz (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, Neue Folge), Leipzig 1942, Nr. 1, S. 1-3, in Paraphrase mit einigen Zitaten wiedergegeben; der Herausgeber hat den Fehler bemerkt und führt das falsche Jahr 1625 als Zitat an, ohne dann aber explizit auf diese Verwirrung der Jahresangabe aufmerksam zu machen.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/368