Zum Hofstaat Tillys, II: Versorgungsfragen

Noch einmal zum Hofstaat, also dem Gefolge und der engeren Umgebung Tillys. Zwar bin ich, was die Identifizierung der in dem „Verzeichnus“ von 1623 genannten Personen angeht, zuletzt doch sehr schnell an Grenzen gestoßen. Und doch lassen sich noch einige weitere Erkenntnisse aus den in diesem Dokument gemachten Angaben ableiten. Dies bezieht sich vor allem auf die Art und Weise, wie die Versorgung des Tillyschen Gefolges organisiert wurde.

Aufschlußreich sind in diesem Verzeichnis nämlich die Angaben zu den Leistungen, die die genannten Personen beziehen sollten. So sollte Kriegskommissar Lerchenfeld 20 Pfund Brot und 15 Pfund Fleisch erhalten, dazu 4 Maß Wein und 16 Maß Bier – wohlgemerkt „yedes tags“! Sein Kollege Leiningen mußte mit 10 Pfund Brot und 6 Pfund Fleisch auskommen sowie mit 6 Maß Wein und 10 Maß Bier. Nach diesen Angaben könnte man auf den Gedanken kommen, daß im Gefolge Tillys ausufernde Gelage an der Tagesordnung waren.

Das dem so war, erscheint mir aber nicht sehr plausibel. Denn man wird davon ausgehen müssen, daß hinter den Namen Lerchenfeld und Leiningen nicht nur die genannten, sondern noch deutlich mehr Personen standen: eine ganze Schar an Bediensteten, vom Leibdiener über den Pferdeknecht bis hin zu Schreibern. Einen Hinweis darauf findet sich bei Lerchenfeld, dem auch noch die Versorgung von 12 Pferden zugestanden wird; bei Leiningen sind es acht Pferde: Das muß nicht bedeuten, daß Lerchenfeld elf und Leiningen sieben Bedienstete hatte. Denn hier wird man auch einige Ersatz- und Lasttiere einrechnen müssen – aber eben doch auch weiteres Personal, das den Kriegskommissaren zugearbeitet hat. Und genauso wird man auch die anderen Angaben auflösen müssen, die für die übrigens Personen ähnlich großzügige Tagesportionen beigemessen haben.

Die Tagesrationen gingen übrigens noch weiter. Für Lerchenfeld – bzw. „Lerchenfeld“, insofern wir jetzt davon ausgehen, daß hinter dem Namen noch ein paar Personen mehr stehen – waren zudem noch zwei Hennen pro Tag vorgesehen sowie ein halbes Kalb oder Schaf. Ähnliche Angaben gab es nicht bei allen anderen, aber eben doch bei einigen: Hier wird man eine gewisse Differenzierung erkennen wollen, die auch standesgemäße Unterschiede reflektierte. So hatten offenbar die Kommissare einen Status, der ihnen diese weiteren Leistungen zugestand; der Apotheker und Feldscherer hingegen bekamen diese zusätzlichen Vergütungen nicht.

Am Ende noch einmal die Frage, ob dies tatsächlich realistische Rationen waren, die von den Empfängern tagaus, tagein vertilgt wurden. Ich vermag es offen gestanden nicht wirklich einzuschätzen. Zu bedenken ist aber, daß es sich hier womöglich um Leistungen handelte, die nicht unbedingt zur tatsächlichen Konsumtion angesetzt waren. Nicht unüblich war es, solche Verpflegungsleistungen in sog. Ordonnanzen pauschal festzusetzen, die dann aber entweder in bar abzugelten waren oder von den Militärs weiterverkauft oder getauscht wurden. Wie auch immer, für die Dörfer, die hier das einquartierte Tillysche Gefolge zu versorgen hatten, bedeuteten diese täglich anfallenden Versorgungsgüter eine nicht zu unterschätzende Last – gerade auch vor dem Hintergrund, daß diese Leistungen nicht nur ein paar Tage, sondern mitunter wochen- und monatelang aufzubringen waren.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/410

Weiterlesen

Zu den Blogawards 2014 – in eigener Sache

Es ist ja oft so: Kaum taucht man mal ab, passiert prompt etwas, was einen selbst betrifft, wovon man aber erst als letzter erfährt. Da hat das dk-blog in der Jurywertung also „sich victorios erzaiget vnndt gleichsamb das feldt erhallten“ – so hätte es wahrscheinlich eine Meldung in einer Zeitung (damals ein furchtbar neumodisches und oft kritisiertes Medium) in den Jahren des Dreißigjährigen Kriegs formuliert. Zurück in der Welt sah ich dann also die verschiedenen Nachrichten zu den Blogawards 2014, fühlte mich geehrt und freute mich sehr!

Nun tut Lob immer gut, und zu gewinnen ist auch immer schön. Aber ein paar Gedanken mache ich mir schon, hervorgerufen vor allem durch die Begründung der Jury. Nein, mir geht es jetzt gar nicht darum, meinerseits die Arbeit der Jury zu bewerten. Vielmehr ist aufschlußreich, was anderen am dk-blog auffällt. Es geht also um die mögliche Diskrepanz zwischen Fremd- und Eigenwahrnehmung.

Wenn nun von der Jury die „regelmäßige Frequenz“ als charakteristisch hervorgehoben wird, freut mich das. Das ist für mich selbst ein wichtiger Aspekt des Bloggens. Turnusmäßig einen Text zu verfertigen, ist ein zentraler Antrieb, weil er etwas wundervoll Disziplinierendes hat. Machen wir uns nichts vor: Wissenschaftliches Schreiben ist anstrengend. Immer wieder muß man den inneren Schweinehund überwinden, muß man sich auch zwingen, einen Text fertigzustellen, der dann so beschaffen sein soll, daß man ihn freischalten kann. Wenn also ein Dienstag naht, ein dk-blog-Tag also, gibt es kein Zurück mehr, dann muß ich liefern.

Weiterhin heißt es, daß im dk-blog die „Gattung der Quellenmiszelle […] auf überzeugende Weise wiederbelebt“ werde. Ja, auch darin kann ich mich sehr wohl wiederfinden. Ich frage mich ohnehin, ob nicht das Blog-Format – zumindest so, wie ich es verstehe – das in heutigen Zeiten angemessene Medium für eine Miszelle darstellt. In dem Fall hätte also dieses klassische wissenschaftliche Genre in der digitalen Welt seine neue Heimstatt gefunden. Wobei nicht alles so bleibt, wie es mal war. Denn für die Kleinform der Miszelle versage ich mir die Fußnote. Die paar anfallenden Nachweise setze ich lieber in Klammern oder arbeite mit hyperlinks; bei einem so überschaubaren Textumfang möchte ich jedenfalls die zweite Ebene eines Anmerkungsapparates vermeiden. Sollte dies doch nötig sein, dann rutscht der Text aus der Miszellen-Welt in die des Aufsatzes. So zumindest meine derzeitige Auffassung und Schreibpraxis.

Zeigt sich hierin die „Lust an neuen Vermittlungsformen“, wie sie dem Blog auch attestiert wurde? Da bin ich mir unsicher, wie ich mir ohnehin nicht wirklich klar darüber bin, was im dk-blog wirklich neu ist. In eigener Wahrnehmung bleibt viel Luft nach oben, wobei dies mitunter auch daran liegt, daß ich verschiedene Features nicht anwende, weil ich sie nicht benötige oder der Mehrwert mir (noch?) nicht so richtig einleuchtet. Insofern ist das Urteil, daß es sich um „das vielleicht originellste“ Blog handelt, für mich ein Hinweis, dass die Jury wohl auch andere Blogs hätte küren können, die hinsichtlich Arbeitsorganisation, angewandter Gadgets oder behandelter Themen wirklich sehr explorativ sind. Ich kann da nur staunen und mich selbst inspirieren lassen. Und die dicht gestaffelten weiteren Plätze verweisen darauf, daß die Qualität gerade an der Spitze wirklich hoch ist. Für mich übrigens ein wichtiger Befund, denn es ist schön zu wissen, daß man sich in einem wissenschaftlich gut aufgestellten Umfeld bewegt.

Am Ende zählt aber einfach, daß es gelingt, einen inhaltlich wie sprachlich überzeugenden Text zu verfertigen. Einmal pro Woche, das ist die Herausforderung. Um das weiterhin hinzubekommen, nehme ich die Schubkraft, die so ein Blogaward mit sich bringt, sehr gerne an! Schönen Dank also für die Auszeichnung!

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/418

Weiterlesen

Zum Hofstaat Tillys, I: Personalia

Tilly führte Krieg für den Kaiser und die Katholische Liga. Nur er allein? Oder hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich? Wir wissen es gar nicht so genau, wollen es ihm aber gerne gönnen. Wer das engere Umfeld des Generalleutnants bildete, dazu wird man Aufschluß aus einer Aufstellung des sog. „Hofstaats“ erwarten können, der im November 1623 im Gebiet um Fulda Quartier nahm.

Der Begriff des Hofstaats entstammt dem Brief, in dem der Generalleutnant dem Fuldaer Fürstabt die Notwendigkeit der Quartiernahme erläuterte. „Hofstaat“ mag insofern irritieren, als er die Vorstellung eines staatlichen, womöglich repräsentativen Gefolges befördert. Davon wird kaum die Rede sein können. Vielmehr handelte es sich hauptsächlich um Angehörige der Militärverwaltung, die dem Generalleutnant zuarbeiteten. Die Auflistung dieser Personen ist hier einfach nur als „Verzaichnus“ deklariert und stellt die Beilage zum obengenannten Brief dar (Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen A 10, Bd.2 Manuskripte II, Bd. 93: Fürstabtei Fulda fol. 184-185‘). Erläutert wird das Verzeichnis als eines „Der Jenigen Persohnen vnnd officiern, so von Fr. Fuldischen Dorffschafften sollen vnndterhalten werden.“ Im Weiteren werden dann die einzelnen Namen genannt sowie die Leistungen, die von den Dörfern täglich zu erbringen waren.

An erster Stelle steht „Commissar[i] von Lerchenfeldt“. Bei ihm handelt es sich um den Christoph von Lerchenfeld, der als Kriegskommissar im Heer der Katholischen Liga fungierte. Er war schon früh zum Generalkommissar aufgestiegen (wann genau, kann ich nicht festmachen) und zählte mit Hans Christoph von Ruepp zu den engsten Mitarbeitern Tillys. Seltsam, daß Ruepp hier gar nicht auftaucht. An seiner statt taucht vielmehr ein gewisser „Laininger“ auf. Auch er ist als Kriegskommissar Leiningen nachgewiesen, ist aber ein deutlich blasserer Name (siehe Briefe u.Akten, Bd. 2,2 [1625]: S. 16, Z.30; S. 64, Z. 20; S. 130, Z. 39). Vorher genannt ist noch der Generalprofoß, also der oberste Träger der Polizeigewalt in der Armee – allerdings ist hier nur das Amt angeführt ohne Namensnennung.

Weiter taucht ein Freiherr von Wolkenstein auf. Der Name läßt aufhorchen, denn die Familie spielte damals in Bayern eine wichtige Rolle. Bekannt ist vor allem Paul Andreas von Wolkenstein, der Geheimer Rat war. Ihn wird man aber nicht im Feldlager vermuten dürfen. Wahrscheinlich handelt es sich hier eher um Mathias Meinrad von Wolkenstein, der noch 1625 in ligistischen Diensten nachgewiesen ist (Briefe u.Akten, Bd. 2,2: S. 228 Anm. 1).

Als Gruppe zusammengefaßt werden dann folgende Namen genannt: Mons. Tserclaes, Champagne, La Ramé, Geraldin und Merzenich. Ersterer ist sicherlich nicht Tilly selbst, sondern muß ein Verwandter sein. Die anderen Namen kann ich derzeit nicht weiter identifizieren. Ebenso wenig einen „Mons. Tamison“. Ohne Namen angeführt sind wiederum der Apotheker und der Feldscherer. Am Ende taucht ein „Haubtman Eroltzhaimern“ auf, danach „dessen Leittenambt vnd Fendrich“. Erstmals sind hier militärische Chargen angesprochen – ob es sich um Soldaten von Tillys Leibkompagnie handelt? Einordnen kann ich all diese Namen leider nicht.

Und so bleibt an der Stelle ein deutlich unbefriedigender Eindruck: Man hat einen ersten, wenn auch nur schemenhaften Eindruck davon, wer zum engeren Umfeld des Feldherrn der Katholischen Liga gehört. Denn dieses eine Dokument wirft mehr Fragen auf, als daß es welche beantwortet: Funktionen und auch das jeweilige Verhältnis zum Generalleutnant bleiben ungenannt. Dies ist um so bedauerlicher, als zu Tillys Gefolge definitiv ein Beichtvater, vor allem aber auch Kanzlisten gehörten, denn der Feldherr führte eine intensive Korrespondenz mit allen möglichen Potentaten und Reichsständen, von Kurfürst Maximilian einmal ganz abgesehen. Von diesen Leuten ist hier niemand nachzuweisen. Sicher wird man in einigen Punkten weiterkommen, wenn man weitere Materialien dazu sondiert; allerdings wird dies eine ausgesprochen mühselige Recherche sein. Und so bleibt die oben gestellte Frage, wer Tilly eigentlich im Feld begleitete, deutlich schwieriger, als zunächst angenommen.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/408

Weiterlesen

Einquartierungen im Gebiet von Fulda (1623)

Tilly ließ nicht mit sich reden: Die Einquartierung mußte sein. In dem Tenor schrieb er im November an den Fürstabt von Fulda, der sich darüber beschwert hatte, daß einige fuldische Dörfer doch „zur Contribution adsignirt worden“ seien(Generalleutnant Tilly an den Fürstabt Johann Bernhard von Fulda, Hersfeld 8.11.1623, Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen A 10, Bd. 2 Manuskripte II, Bd. 93: Fürstabtei Fulda fol. 183-183, 186‘ Ausf.). Die Klage des Fürstabts war nicht unbegründet, denn der Generalleutnant sprach in seiner Antwort selbst von seinem „steiffen vorsaz“, das Stift Fulda nicht mit Militär der Katholischen Liga zu belegen. Der ursprüngliche Plan konnte jedoch nicht umgesetzt werden. Tilly stellte fest, daß die bislang ausgeschriebenen Gebiete zur Kontribution nicht ausreichten; also war man gezwungen, „in der nähe noch etliche dorffschafften zur assistenz ahnzuwenden“.

Der Vorgang an sich war nicht spektakulär, die gesamte Organisation des Kriegswesens beruhte ja darauf, die Unterhaltung der Truppen aus dem Land zu bestreiten. Deswegen ging es in einem Feldzug immer auch darum, gute Quartiere für die eigenen Regimenter zu erwerben. Aber auch unter Verbündeten kam es deswegen zum Streit; der Konflikt zwischen der Armee der Liga und der kaiserlichen unter Wallenstein in den 1620er Jahren spielte sich vielfach vor diesem Hintergrund ab. Die Einquartierung im Gebiet der Fürstabtei Fulda berührte hingegen noch ein anderes Problem.

Denn der Fürstabt von Fulda war Mitglied der Katholischen Liga. Dieser Bund verstand sich nun als Defensivorganisation, deren vornehmstes Ziel es war, den Krieg von den Gebieten der Ligastände fernzuhalten. Konkret hieß das, daß auch Einquartierungen auf ligistischen Territorien zu vermeiden waren. Wofür sollte man Truppen unterhalten, wenn diese auf eigenem Gebiet unterhalten werden mußten und dort weitere Kosten und womöglich immense Schäden verursachten? Dieses Kalkül war Tilly natürlich sehr wohl bewußt und wurde ihm von den Ligaständen auch immer wieder neu vorgehalten.

Dabei ging es Tilly hier gar nicht um Fulda; er hatte seine Truppen im hessischen Raum einlogiert, um den Landgrafen von Hessen-Kassel in Schach zu halten, einen calvinistischen Reichsfürsten, der aus kaiserlich-ligistischer Perspektive ein Unruhestifter war. Entsprechend war Tillys Hauptquartier in dieser Phase des Kriegs in Hersfeld, ein Stift, das zu Anfang des Jahrhunderts säkularisiert worden und an Hessen-Kassel gefallen war. Gleichwohl konnte der ligistische Generalleutnant Fulda nicht verschonen.

Doch er bemühte sich, daß diese Einquartierung so glimpflich wie möglich ablief. Es wurden nicht reguläre Truppen einquartiert, vielmehr ging es Tilly darum, seinen „Hofstaat“ unterzubringen: Auch der Feldherr der Liga hatte ein eigenes Gefolge, das versorgt werden mußte. Vor allem waren es Mitglieder der Militärverwaltung und einige weitere Offiziere samt ihrer Dienerschaft. Mochte auch deren Unterhaltung nicht ganz billig sein, war es eben doch nicht die wilde Soldateska, mit der man sonst klarkommen mußte. Und Tilly hatte noch einen Trost bereit: Er sagte dem Fürstabt zu, „vff andere begebenheiten“ das Stift „in ein vnd anderen nach möglichen dingen zuuerschonen“. Ob er selbst daran glaubte?

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/405

Weiterlesen

Trauttmansdorff – ein Desiderat

Es gibt Persönlichkeiten im Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs, die zwar einigermaßen bekannt sind, gleichwohl längst nicht die Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfahren haben, die ihnen zukommt. Einer von ihnen ist Maximilian von Trauttmansdorff, dessen herausragende Bedeutung für die kaiserliche Politik in verschiedenen Phasen des Kriegs immer wieder deutlich wird. Mit den Lebensdaten 1584-1650 gehört er zu den Vertretern der Generation, die den gesamten Krieg miterlebte, von seinem Beginn bis zu seinem Ende. Im Fall Trauttmansdorffs kommt hinzu, daß er nicht nur Zeitzeuge war, sondern die Geschehnisse vielfach mitgestaltete – genau das macht sein Leben so faszinierend. Am prominentesten ist sicherlich seine Tätigkeit auf dem Westfälischen Friedenskongreß in Münster als kaiserlicher Hauptbevollmächtigter, dokumentiert in vielen Bänden der APW.

Seine Karriere am Hof der Habsburger Herrscher setzte allerdings schon weit früher ein, er war bereits unter Kaiser Mathias Kämmerer und schaffte es, jeden Herrscherwechsel bis zu Ferdinand III. zu überstehen, ja er vergrößerte sogar noch seinen Einfluß. Dabei war er immer wieder auch in diplomatischen Missionen unterwegs und ebnete für die Wiener Politik den Weg – so bereits zu Beginn des Kriegs, als unter seiner Mithilfe die Wahl Ferdinands II. zum römischen König gelang. Er handelte den Frieden von Nikolsburg aus (Januar 1622), den der Kaiser mit Bethlen Gabor, Fürst von Siebenbürgen, schloß: An der ungarischen Front war damit vorerst für Ruhe gesorgt. Auch bei den Verhandlungen zum Prager Frieden 1635 war Trauttmansdorff stark involviert.

Doch er war nicht nur Architekt von kaiserlichen Friedensschlüssen, sondern hatte auch beim Sturz Wallensteins im Jahr 1634 seine Finger im Spiel. Mit dieser und anderen Aktionen hatte er sich nicht nur Freunde gemacht, doch dies änderte an seiner herausragenden Position am Wiener Hof nichts. „Maximilian Graf von Trauttmansdorff war eine Schlüsselfigur im Regierungssystem Ferdinands III.“, so Hengerer in seiner Ferdinand-Biographie (S. 154), der an dieser Stelle ein ausführliche Würdigung und Einschätzung Trauttmansdorffs bietet. Überhaupt finden sich über den Band verteilt immer wieder Hinweise auf dessen Agieren in diesen Jahren. Vielfach stützt sich Hengerer hierbei auf Brigitte Lernet, die im Jahr 2004 eine Arbeit dazu vorgelegt hat (Maximilian von Trauttmansdorff. Hofmann und Patron im 17. Jahrhundert). Doch ob mit dieser 264 S. starken Wiener Dissertation, die zudem ungedruckt geblieben ist, Trauttmansdorffs Leben und Wirken hinlänglich erforscht ist, bleibt fraglich.

Nach wie vor fehlt eine veritable Biographie. Immer wieder gibt es, wie schon erwähnt, in der Literatur Reflexe auf Trauttmansdorffs Wirken, und immer wieder finden sich auch lichtvolle Studien zu einzelnen Abschnitten seines Lebens. Zuletzt hat sich, wenn ich es richtig sehe, Konrad Repgen in der Festschrift Lanzinner noch einmal zu Trauttmansdorff als Unterhändler beim Prager und Westfälischen Frieden geäußert. Gleichwohl hat sich offenbar noch niemand dieser zentralen Persönlichkeit der kaiserlichen Politik dieser Epoche in einer erschöpfenden monographischen Arbeit angenommen. Ein Grund mag sicher die allzu üppige Aktenüberlieferung in verschiedenen, nicht nur Wiener Archiven sein – wer mag dies alles bewältigen? Sicher ist Trauttmansdorff kein dankbares Thema für eine Graduierungsarbeit. Aber ein Altmeister des Fachs dürfte sich sicher einmal daran versuchen. Die Forschung über den Dreißigjährigen Krieg kann hier nur gewinnen.

Nachtrag: Von der Arbeit Lernets, die zunächst in Wien einzusehen ist, gibt es praktischerweise auch ein Exemplar im Zentrum für Historische Friedensforschung der Uni Bonn.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/388

Weiterlesen

Trauttmansdorff – ein Desiderat

Es gibt Persönlichkeiten im Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs, die zwar einigermaßen bekannt sind, gleichwohl längst nicht die Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfahren haben, die ihnen zukommt. Einer von ihnen ist Maximilian von Trauttmansdorff, dessen herausragende Bedeutung für die kaiserliche Politik in verschiedenen Phasen des Kriegs immer wieder deutlich wird. Mit den Lebensdaten 1584-1650 gehört er zu den Vertretern der Generation, die den gesamten Krieg miterlebte, von seinem Beginn bis zu seinem Ende. Im Fall Trauttmansdorffs kommt hinzu, daß er nicht nur Zeitzeuge war, sondern die Geschehnisse vielfach mitgestaltete – genau das macht sein Leben so faszinierend. Am prominentesten ist sicherlich seine Tätigkeit auf dem Westfälischen Friedenskongreß in Münster als kaiserlicher Hauptbevollmächtigter, dokumentiert in vielen Bänden der APW.

Seine Karriere am Hof der Habsburger Herrscher setzte allerdings schon weit früher ein, er war bereits unter Kaiser Mathias Kämmerer und schaffte es, jeden Herrscherwechsel bis zu Ferdinand III. zu überstehen, ja er vergrößerte sogar noch seinen Einfluß. Dabei war er immer wieder auch in diplomatischen Missionen unterwegs und ebnete für die Wiener Politik den Weg – so bereits zu Beginn des Kriegs, als unter seiner Mithilfe die Wahl Ferdinands II. zum römischen König gelang. Er handelte den Frieden von Nikolsburg aus (Januar 1622), den der Kaiser mit Bethlen Gabor, Fürst von Siebenbürgen, schloß: An der ungarischen Front war damit vorerst für Ruhe gesorgt. Auch bei den Verhandlungen zum Prager Frieden 1635 war Trauttmansdorff stark involviert.

Doch er war nicht nur Architekt von kaiserlichen Friedensschlüssen, sondern hatte auch beim Sturz Wallensteins im Jahr 1634 seine Finger im Spiel. Mit dieser und anderen Aktionen hatte er sich nicht nur Freunde gemacht, doch dies änderte an seiner herausragenden Position am Wiener Hof nichts. „Maximilian Graf von Trauttmansdorff war eine Schlüsselfigur im Regierungssystem Ferdinands III.“, so Hengerer in seiner Ferdinand-Biographie (S. 154), der an dieser Stelle ein ausführliche Würdigung und Einschätzung Trauttmansdorffs bietet. Überhaupt finden sich über den Band verteilt immer wieder Hinweise auf dessen Agieren in diesen Jahren. Vielfach stützt sich Hengerer hierbei auf Brigitte Lernet, die im Jahr 2004 eine Arbeit dazu vorgelegt hat (Maximilian von Trauttmansdorff. Hofmann und Patron im 17. Jahrhundert). Doch ob mit dieser 264 S. starken Wiener Dissertation, die zudem ungedruckt geblieben ist, Trauttmansdorffs Leben und Wirken hinlänglich erforscht ist, bleibt fraglich.

Nach wie vor fehlt eine veritable Biographie. Immer wieder gibt es, wie schon erwähnt, in der Literatur Reflexe auf Trauttmansdorffs Wirken, und immer wieder finden sich auch lichtvolle Studien zu einzelnen Abschnitten seines Lebens. Zuletzt hat sich, wenn ich es richtig sehe, Konrad Repgen in der Festschrift Lanzinner noch einmal zu Trauttmansdorff als Unterhändler beim Prager und Westfälischen Frieden geäußert. Gleichwohl hat sich offenbar noch niemand dieser zentralen Persönlichkeit der kaiserlichen Politik dieser Epoche in einer erschöpfenden monographischen Arbeit angenommen. Ein Grund mag sicher die allzu üppige Aktenüberlieferung in verschiedenen, nicht nur Wiener Archiven sein – wer mag dies alles bewältigen? Sicher ist Trauttmansdorff kein dankbares Thema für eine Graduierungsarbeit. Aber ein Altmeister des Fachs dürfte sich sicher einmal daran versuchen. Die Forschung über den Dreißigjährigen Krieg kann hier nur gewinnen.

Nachtrag: Von der Arbeit Lernets, die zunächst in Wien einzusehen ist, gibt es praktischerweise auch ein Exemplar im Zentrum für Historische Friedensforschung der Uni Bonn.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/388

Weiterlesen

Eine Reise nach Königsberg

„Weill wir nicht woll gewust, wie wir der streufenden Partheyen halber sicher durchkommen möchten, sein wir diesen tagh daselbst still gelegen, vnnd vnnß ümb einer Convoy beworben, damit wir, weilen die Schwedischen auß holtstein vnd Stifft Bremen in der Marche begriffen, unbefahrt reisen möchtten.“ Dies ist ein kurzer Ausschnitt aus dem Bericht, mit dem Vertreter der klevischen Landstände über die Reise zu ihrem Landesherrn, dem Kurfürsten von Brandenburg, Rechenschaft ablegten. Der ganz überwiegende Teil dieser Dokumentation umfaßt die Verhandlungen, die die Ständevertreter mit ihrem Landesherrn führten – die üblichen Eingaben, Gravamina sowie Relationen und Resolutionen also, wie man sie auch von den Verhandlungen auf einem Landtag kennt. Zu Beginn und am Ende aber berichteten die Ständevertreter von ihrer Reise zum Kurfürsten, denn in dem Fall handelte es sich um eine außergewöhnliche Mission: Sie führte die klevische Delegation vom Niederrhein bis nach Königsberg.

Daß eine solche Reise zu dieser Zeit alles andere als eine kurzweilige Lustpartie war, erhellen viele zeitgenössische Berichte, die von schlechten Straßen und Unterkünften, aber vor allem auch von der Unsicherheit erzählen: Überfälle von Räuberbanden und genauso von umherstreifenden Söldnertrupps. Hinzu kam, daß ein solches Reiseunternehmen auch ins Geld ging: Die Kosten für die Transportmittel, den Unterhalt, auch Repräsentationskosten verschlangen Summen, die sich auch nicht jeder Reichsstand leisten konnte. Die Landstände von Kleve sahen hier offenbar keine Probleme: Sie deputierten fünf Vertreter aus ihrer Mitte, hinzu kam eine unbekannte Zahl von Bediensteten.

Der Gefahren war sich die klevische Gesandtschaft aber sehr wohl bewußt. Sie brach am 10. Oktober 1645 in Emmerich auf und wandte sich zunächst auf niederländisches Gebiet, offenbar eine sichere Route. Über Emden kamen die Klever wieder auf Reichsboden und versuchten von hier über Oldenburg, Bremen, Stade und Hamburg bis Lübeck zu kommen. Am 18. Oktober waren sie in Bremen, als sie von den obenerwähnten Streifparteien hörten. Diese Etappe bewältigten sie dann noch ohne Zwischenfall, doch auf der Etappe zwischen Hamburg und Lübeck wurden sie unweit Trittau von einigen schwedischen Reitern abgefangen. Sie hatten aber noch Glück im Unglück und kamen mit der Zahlung eines „Trinkpfennigs“, wie sie berichteten, davon. Von Lübeck aus ging es vor allem mit dem Schiff an der Ostseeküste entlang. Der Wind stand nicht immer günstig, doch am Ende langten die Klever am 27. November 1645 wohlbehalten in Königsberg an: Das eigentliche Geschäft, die Verhandlungen mit dem Kurfürsten, konnte beginnen.

Einige Materialien zu dieser Gesandtschaft sind bereits verfügbar in der klassischen Edition der Urkunden und Actenstücke, Bd. 5, aus dem Jahr 1869. Ich habe hier zurückgegriffen auf die Weseler Überlieferung: Stadtarchiv Wesel, A 1: Magistratsregistratur, Capsel 160, Nr. 1 (Acta wegen der nach Königsberg gesandten Deputation, 1645-1646, fol. 1-674). Dieses Archiv hält übrigens eine äußerst reichhaltige Überlieferung zu landständischen Geschichte des Herzogtums Kleve bereit, die zu benutzen allemal lohnt.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/385

Weiterlesen

Wallensteinische Werbungen in Köln

Im Dezember 1630 wurden dem Rat der Reichsstadt Köln Patente zur Werbung von Söldnern vorgelegt. Dies passierte durchaus häufig, und da es sich um Werbungen für die kaiserliche Armee handelte, hatte der Rat bei seinen Beratungen am 18. Dezember auch keine Bedenken, diese Werbungen zu erlauben. Allerdings ist diese Angelegenheit nur auf den ersten Blick klar; wenn man sich den Passus in den Ratsprotokollen anschaut, fallen doch Besonderheiten, vielleicht auch Ungereimtheiten auf.

Zunächst wird offenbar, daß es sich nicht um die Neuaufstellung einer Einheit handelte. Vielmehr ging es um die Zuwerbung zu einem bereits existierenden Regiment. Es war, wie das Protokoll vermerkt, das Regiment des Obersten Kaspar von Gramb. Dieser war nicht selbst in der Stadt, sondern hatte einen seiner Hauptmänner, Dietrich Grave, als einen Werbeoffizier geschickt. Auffällig ist jedoch, daß ausgerechnet so spät im Jahr, mitten im Winter, das Regiment verstärkt werden sollte. Normalerweise lagen die Einheiten in den Winterquartieren; eigentlich wurden erst im Frühjahr, im unmittelbaren Vorfeld eines neuen Feldzugs, die Einheiten durch Zuwerbungen ergänzt. Eine Erklärung für diesen Zeitpunkt ergibt sich aus den Umständen, in denen sich das Regiment des Obersten Gramb befand.

Der Oberst fungierte damals als Stadtkommandant in der Hansestadt Wismar; sein Regiment lag dort in Garnison. Die Situation im Herbst 1630 wurde zunehmend kritisch: Die Versorgung der Soldaten war miserabel, viele waren krank, angeblich starben täglich 10-15 Mann. Bedenklich war zudem die feindselige Haltung der Bewohner von Wismar, denen der Oberst nicht mehr traute. Er forderte daher dringende Verstärkungen an und drohte, falls diese nicht bewilligt würden, mit seiner Resignation (siehe die Angaben in den Documenta Bohemica Bellum Tricennale illustrantia, Bd. 5, hrsg. v. Miroslav Toegel, Prag 1977, S. 21 u. 30). Vor dem Hintergrund wird zumindest klar, warum Gramb mit Werbungen nicht mehr bis zum Frühjahr warten konnte.

Auffällig bleibt ein anderes Detail. Im Ratsprotokoll ist explizit von „patenten des Hertzogen zu Friedtlandt“ die Rede (Historisches Archiv der Stadt Köln, Ratsprotokolle Bd. 76, fol. 493‘). Abgesehen davon, daß Wallenstein selbst lieber als Herzog von Mecklenburg tituliert worden wäre, verwundert dies insofern, weil er seit seiner Entlassung im August des Jahres 1630 nicht mehr als Feldherr des Kaisers agierte. Auf welcher Rechtsgrundlage konnte er also noch Patente ausgeben, mit denen er Söldner anwerben ließ? Eine Erklärung wäre, daß dieses Patent noch vor August 1630 datiert war, doch selbst in dem Fall bliebe die Frage, ob es dann noch gültig wäre.

Über die Frage der Legitimität hinaus ist aber zu klären, welches Interesse Wallenstein überhaupt noch hatte, Werbepatente auszustellen, falls er doch zum Zeitpunkt der Ausstellung gar nicht mehr für die Armee zuständig war. Hier bleibt – zumindest sehe ich derzeit keine andere Erklärung – nur der Hinweis auf die Geographie: Die Hansestadt lag im Herzogtum Mecklenburg, und wenn Wallenstein auch das Amt als Feldherr verloren hatte, wollte er definitiv nicht auf das ihm übertragene Herzogtum verzichten. Wismar war ein Einfallstor nach Mecklenburg, das es zu schützen galt. Grund genug also, die kaiserlichen Truppen in der Stadt zu verstärken, unabhängig von der Rechtsgrundlage. Interessant ist allerdings zu sehen, dass diese Bemühungen sogar die Reichsstadt Köln erreichten, die ansonsten mit Wallenstein und dem Krieg im Nordosten des Reiches nicht viel zu tun hatte.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/377

Weiterlesen

Vorsicht, der Kaiser hört mit!

Athanasius Kircher war ein Jesuit, der im 17. Jahrhundert einen herausragenden Ruf als Gelehrter hatte. Seine Wirkungsstätte war das Collegium Romanum in Rom, und hier ging er verschiedensten Interessen nach und forschte, in vielem seiner Zeit voraus, in so unterschiedlichen Bereichen wie der Geologie und der Ägyptologie, genauso wie der Medizin, der Mathematik und der Theorie der Musik.

Was hat Kircher nun mit dem Dreißigjährigen Krieg zu tun? Als Gelehrter war er, zumal in Rom, weit weg von dem Geschehen. Aber er hatte gute Verbindungen zum Kaiserhof, Ferdinand III. schätzte ihn offenbar sehr und ließ ihm regelmäßig Geld zukommen. Das war nicht einfach nur vormoderne Wissenschaftsförderung, vielmehr verband beide, den Kaiser und den Gelehrten, ein intensives Interesse an der Musik. Und hier gab es Überlegungen, die überhaupt nicht dem Typus einer weltabgewandten Gelehrtenexistenz entsprachen – was auch gar nicht zu Kirchers Naturell gepaßt hätte, der im Gegenteil sehr praxisorientiert forschte.

So beschäftigte sich der Jesuit auch mit der Ausbreitung von Tönen. Das war noch ganz generell angelegt, doch der Gelehrte spitzte es auf einen sehr konkreten Anwendungsbereich zu: Mit Hilfe dieses theoretischen Wissens ließen sich Schalltrichter konstruieren, über die Räume verbunden werden sollten. Und hier war es nur ein kleiner Schritt hin zu einer Abhöranlage, die etwa am Hof eingesetzt werden konnte, um vermeintlich diskrete Gespräche mitzuhören. Kirchers Ansatz blieb Ferdinand III. nicht verborgen. Offenbar direkt von diesen Gedanken beeinflußt, findet sich eine Skizze in den persönlichen Aufzeichnungen des Kaisers, die genau diese Anwendungsmöglichkeit aufgreift.

Ob Ferdinands Interesse so weit ging, daß er diese Idee tatsächlich in die Realität umsetzte, ist nicht bekannt. Aber allein der Gedanke macht ein weiteres Mal deutlich, wie sehr die Welt des Hofes nicht nur ein Ort inszenierter Feste und herrscherlicher Repräsentation war, sondern auch eine Nachrichtenbörse ersten Rangs – Informationen waren eine wichtige Währung in diesem politischen Geschäft, und man machte sich Gedanken, wie man sich diese brisanten Informationen verschaffte. Selbst wenn es nicht wirklich überraschend ist, daß auch zu dieser Zeit die Informationsbeschaffung und Spionage eine bedeutsame Rolle spielten, sind die Überlegungen Kirchers doch aufschlußreich: Der Kaiser wollte also mithören! – und der Whistleblower ist in dem Fall Mark Hengerer, der in seiner Ferdinand-Biographie darauf hingewiesen hat (S. 139).

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/374

Weiterlesen

Neujahrswünsche für 1626

„Wollte E: Churfr: Dht: Jch zur vnnderthenigisten gehorsambisten berichtlichen antworth vnangefieget nit lassen, vnnd thue deroselben dabenebens von Gott dem Allmechtigen zue disem eingedrettenen, vnd noch vill volgender glickhselligen Freydt: vnnd Friedenreichen Jahren, zue stether erwünschter Leibsfristung, propagierung deroselben hochlöblichen hauses, vnd dempffung Jrer widrigen vnnd feindttselligen, auß inniglichen Herzensgrundt allen heilwerthen Seegen anwünschen.“

Mit diesen Worten schloß Tilly, der Generalleutnant der Armee der Katholischen Liga, einen ausführlichen Bericht an Kurfürst Maximilian von Bayern, in dem er vor allem die schwierige Situation der ihm unterstellten Truppen erläuterte. Er sprach dabei die üblichen Probleme an, die deswegen aber nicht weniger dringlich waren: Konkret ging es um den sich verschärfenden Mangel an Proviant und die daraus resultierenden Übergriffe seiner Soldaten in ihren Winterquartieren – dies alles vor dem Hintergrund der befürchteten Aktionen seiner Gegner (BayHStA Kurbayern Äußeres Archiv 2353 fol. 1-8‘ Ausf., stark chiffriert, fol. 9-10 noch ein Postskriptum).

Zu dem Zeitpunkt herrschte zwar Waffenruhe; die Regimenter der Liga und die neuaufgestellte kaiserliche Armee unter Wallenstein standen jedoch bereit, den Waffengang gegen den dänischen König Christian von Dänemark und Mansfeld zu beginnen. Gleichzeitig gab es in Braunschweig noch Verhandlungen, die den offenen Ausbruch der Feindseligkeiten abzuwenden versuchten. Auf diesem sog. Interpositionstag wurde noch bis März 1626 nach Lösungen sondiert. Ungeachtet dieser Bemühungen zeigt Tillys Brief aber, welch gespannte Unruhe sich längst der Akteure bemächtigt hatte und wie sehr die Zeichen auf Krieg standen. Ob dies auch ein Grund für Tilly war, die Neujahrsgrüße an seinen Prinzipal in diesem Jahr besonders emphatisch zu formulieren? Einen konkreten Anlaß für diese insgesamt sehr ausführlich gehaltenen Wünsche kann ich sonst nicht ausmachen. Doch ob man sie als Indiz für eine bestimmte Gemütslage des Feldherrn interpretieren möchte, sei einmal dahingestellt.

Auffällig ist noch etwas anderes am Ende des Briefs, wo wie üblich Ort und Datierung genannt sind: „Datum Bockhenem am 2. January ao 1625“, heißt es dort. Tatsächlich logierte Tilly damals in Bockenem, einem Ort im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, und koordinierte von dort aus die Planungen für den Feldzug im neuen Jahr. Die Jahresangabe „1625“ ist jedoch falsch, denn der Brief ist eindeutig dem Januar 1626 zuzuordnen. Hier war es also dem (unbekannten) Sekretär schwergefallen, im alltäglichen Kanzleibetrieb sofort auf das neue Jahr umzustellen. Heutzutage muß man ja nicht mehr selbst mitdenken und kann sich auf den Datumswechsel verlassen, wie er in allen technischen Arbeitsgeräten automatisiert vollzogen wird …

Der Brief ist auch in der Edition Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618-1651. 2. Teil, 3. Band: 1626, 1627, bearb. v. Walter Goetz (Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, Neue Folge), Leipzig 1942, Nr. 1, S. 1-3, in Paraphrase mit einigen Zitaten wiedergegeben; der Herausgeber hat den Fehler bemerkt und führt das falsche Jahr 1625 als Zitat an, ohne dann aber explizit auf diese Verwirrung der Jahresangabe aufmerksam zu machen.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/368

Weiterlesen