Abstract zum Vortrag: Voix perdues? Ungültige, verstreute und andere „sinnlose“ Stimmen bei Wahlen im Jahr 1848 (Thomas Stockinger)

Im Rahmen der auf diesem Blog bereits angekündigten Tagung „Kultur und Praxis der Wahlen. Eine Geschichte der modernen Demokratie“ / „Culture and Practice of Elections. A History of Modern Democracy“ am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald (veranstaltet von Hubertus Buchstein und Hedwig Richter) wird Thomas Stockinger am 16. Mai 2014 vortragen. Vorab wird hier ein Abstract zu seiner Präsentation verfügbar gemacht.

Das vollständige Tagungsprogramm gibt es als PDF-Datei hier.

Voix perdues? Ungültige, verstreute und andere „sinnlose“ Stimmen bei Wahlen im Jahr 1848 (Frankreich und Österreich)

Zweckrationales Handeln, das die Chancen maximiert, erwünschte Kandidatinnen oder Kandidaten die zu vergebenden Mandate erringen zu sehen, zählt seit langem zu den landläufigen, dabei aber durchaus fragwürdigen Erwartungen an Wählerinnen und Wähler. Abweichungen davon sind in dieser Perspektive in erster Linie als Zeichen demokratischer Inkompetenz zu interpretieren, allenfalls noch als Geste des Protests. Die meisten aktuellen Wahlrechte geben vor, dass alles, was auf einem Stimmzettel vermerkt ist, aber nicht als eindeutige Willensäußerung zugunsten einer der registrierten Kandidaturen gedeutet werden kann, ungültig ist, sofern es nicht den Stimmzettel selbst ungültig macht. Der „Wählerwille“ hat sich entweder nach den vorgezeichneten Alternativen zu richten, oder er kann nicht zur Kenntnis genommen werden.

Die frühesten Anwendungen des Massenwahlrechts waren Situationen, in denen diese Kanalisierung weniger effizient funktionierte als später, und in denen deshalb etliche Aspekte der damit verbundenen Problematik besonders deutlich hervortraten. Die Veranstalter und die Ausführenden dieser Wahlen sahen sich mit beträchtlichen Zahlen von Voten (zumeist materialisiert als Stimmzettel) konfrontiert, die sich aus verschiedenen Gründen nicht leicht in ein eindeutiges, numerisch exaktes Wahlresultat einrechnen ließen. Stimmen verteilten sich auf sehr viele verschiedene Personen, darunter solche, die nicht als Kandidaten aufgetreten waren oder nach Meinung der Wahlveranstalter gar nicht als solche in Frage kamen. Kandidaten wurden nicht deutlich genug für eine sichere Identifizierung bezeichnet, oder es wurden Angaben über sie vermerkt, die für eine solche nicht nötig gewesen wären. Die nach späteren Maßstäben oft noch recht unpräzisen rechtlichen Normen boten für den Umgang damit nur eine unzureichende Handhabe, weshalb auch die Entscheidungen der Wahlkommissionen vielfach sehr uneinheitlich ausfielen.

Der Vortrag nähert sich diesen Erscheinungen ausgehend von Stimmzetteln und Wahlprotokollen als Primärquellen und in Anknüpfung insbesondere an die Arbeiten von Yves Déloye und Olivier Ihl. Anhand konkreter Beispiele aus den Parlamentswahlen des Revolutionsjahres 1848 in Frankreich und in der Habsburgermonarchie (speziell Niederösterreich) soll gezeigt werden, dass zur Deutung dieser Phänomene die Kategorien „Ignoranz“ und „Protest“, obwohl beide relevant sind, nicht ausreichen. Sowohl in von Wahlnormen und Erwartungen abweichendem Verhalten der Wähler als auch in den voneinander divergierenden Reaktionen darauf spiegelte sich nicht bloß blindes Herantasten an eine ungewohnte politische Praxis, sondern vielmehr konkurrierende Vorstellungen davon, was Wählen und Repräsentation überhaupt zu bedeuten hatten, wie sie funktionierten und wie sich das Verhältnis zwischen Wählenden und Gewählten zu konstituieren hatte, welche Eigenschaften einen geeigneten Kandidaten machten, sowie auf welche geographischen Räume und sozialen Gruppen sich Repräsentation, Kandidatur und Wahl bezogen. Das scheinbar „Sinnlose“ erweist sich dabei als Teil älterer oder alternativer Logiken des Wählens, die sich nicht durchsetzten, sondern im Laufe der weiteren Entwicklung hin zu einem für die europäisch-atlantischen Gesellschaften zunehmend einheitlichen Grundmodell des Wahlvorgangs bis zur Unsichtbarkeit marginalisiert wurden.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/575

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Neuerscheinung: Melk in der barocken Gelehrtenrepublik

Als zweiter Band in der von P. Gottfried Glaßner für das Stift Melk herausgegebenen Reihe „Thesaurus Mellicensis“, die der wissenschaftlichen Publikation von Quellen und Forschungsergebnissen aus den reichen Bibliotheks- und Archivbeständen des Klosters gewidmet ist, liegt nun vor: Melk in der barocken Gelehrtenrepublik. Die Brüder Bernhard und Hieronymus Pez, ihre Forschungen und Netzwerke, hg. von Cornelia FAUSTMANN–Gottfried GLASSNER–Thomas WALLNIG (Thesaurus Mellicensis 2, Melk 2014). Die MitarbeiterInnen des Wiener START-Projekts „Monastische Aufklärung und die benediktinische Gelehrtenrepublik“ sowie weitere ForscherInnen bieten hier in kurzen Beiträgen, von […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7072

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Handschriften aus dem Prämonstratenserinnenstift Pernegg in Niederösterreich

Heute steht das “Kloster Pernegg”, das sich im Eigentum des nahen Prämonstratenserstifts Geras befindet, für österreichweit geschätztes Heilfasten. Bis zum Tod der letzten Nonne 1585 war es ein im 12. Jahrhundert gegründetes Prämonstratenserinnenstift, dem Mutterkonvent Geras zugeordnet. Von 1585 bis zur Aufhebung 1783 lebten hier männliche Prämonstratenser (ab 1644 war das Stift von Geras unabhängig). Die (bedingt brauchbare) Wiener Diplomarbeit von Elke Federbar (2012) über das Stift Pernegg ist online (PDF). Bemerkenswert sind einige deutschsprachige Handschriften des 15. Jahrhunderts, die aus Pernegg stammen und […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7025

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Lob des Augustin / Fest der Znaimer Gurke

Der Augustin, die erste österreichische Boulevardzeitung, ist wirklich das erfreulichste Printmedium in Österreich, was durch die aktuelle Ausgabe wieder bestätigt wird. Und wie schön, es findet sich drinnen einen Beitrag über die Znojemská okurka, die Znaimer Gurke! Dies gibt mir übrigens - wohl exklusiv für den deutschen Sprachraum - die Gelegenheit, den Termin für das diesjährige Fest der Znaimer Gurke anzukündigen: Das Slavnosti okurek findet nämlich in Znjomo am 1. und 2.8.2014 statt!

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/752349206/

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Petition „Wissenschaft ist Zukunft“ (für öffentlich finanzierte Forschung in Österreich)

Im Zuge der Budgetverhandlungen für den Zeitraum 2016 bis 2018, die derzeit in Österreich zwischen dem Finanzministerium und den einzelnen Ressorts im Gange sind, steht für die öffentliche Forschungsförderung viel, wenn nicht alles auf dem Spiel. Alle größeren Institutionen in diesem Bereich sind bereits seit Jahren auf unzureichende Budgets gesetzt; beim FWF als größtem Förderer von Grundlagenforschung sind nunmehr die Rücklagen aufgebraucht, ohne eine Aufstockung des Grundetats müsste sehr bald eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit Platz greifen. Der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geht es […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6829

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Layout und Wissensvermittlung in zwei österreichischen Legendaren (Heiligenkreuz, Stiftsbibliothek, Csc. 11-14; Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. Zwetl. 13-15, 24)

Abstract zum Dissertationsprojekt Layout und Wissensvermittlung in zwei österreichischen Legendaren (Heiligenkreuz, Stiftsbibliothek, Csc. 11-14; Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. Zwetl. 13-15, 24) Mit dem Magnum Legendarium Austriacum ist ein Textcorpus aus dem späten 12. und beginnenden 13. Jh. überliefert, das vornehmlich in österreichischen Klöstern Verbreitung fand. Er stellt eine Kompilation von ungefähr 580 Viten dar. Das Kompendium ist in sechs Textzeugen überliefert, von denen jedoch keiner für sich vollständig ist. Der Fokus der Dissertation liegt zunächst auf den Exemplaren von Heiligenkreuz und Zwettl, die als Zeugnisse […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6760

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Die Fleischer gedenken der Schlächter

In diesen großen Zeiten gibt es dem fröhlichen Erinnern an den WK I kein Entkommen - "Moi, mon colon, cell' que j' préfère, C'est la guerr' de quatorz'-dix-huit !" singt Georges Brassens -, da kann auch das Adresscomptoir nicht abseits stehen, voilà ein Fundstück aus dem Eingangsbereich des Hauses Wien 1, Hegelgasse 8, in dem die Fleischer ökonomischer Weise auch gleich der Schlächter des folgenden Weltkriegs gedenken:

Fleischer_WienHegelg8

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/603124518/

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