Stellenausschreibung „Corpus Musicae Ottomanicae“

Im Rahmen des 2015 beginnenden DFG-Langfristvorhabens „Corpus Musicae Ottomanicae“ (CMO). Kritische Editionen vorderorientalischer Musikhandschriften“, dessen wissenschaftliche Leitung bei Herrn Universitätsprofessor Dr. Ralf Martin Jäger von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster liegt, ist ab dem 1. Oktober 2015 beim Kooperationspartner Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (MWS) in Bonn folgende MitarbeiterInnenstelle befristet bis zum 30. Juni 2016 zu besetzen:

Wissenschaftliche Mitarbeiterin/ wissenschaftlicher Mitarbeiter für Digital Humanities (Entwicklung wissenschaftlicher Datenbanken und Online-Editionen).

Es handelt sich um eine Stelle nach Entgeltgruppe 13 TVöD mit 100 % der regelmäßigen Arbeitszeit (zurzeit 39 Stundenwöchentlich) . Alternativ zu den 9 Monaten in Vollzeit ist eine Beschäftigung mit 12 Monaten zu 75% möglich. Mit der Stelle sind keine Lehrverpflichtungen verbunden.

Die Stelle an der Max Weber Stiftung übernimmt innerhalb des CMO zentrale Aufgaben bei der Entwicklung und dem Aufbau der technischen Infrastruktur. Hierzu zählen die Umsetzung von Datenbankmodellen und die Entwicklung der Technik für die digitale Online-Edition der Kritischen Ausgabe.

Detailliertes Arbeitsprogramm der Stelle:

  • das System für die Metadateneingabe entsprechend den Anforderungen einrichten,
  • den bereits vorhandenen Datenbestand in das System einspeisen,
  • eine Ausgabemöglichkeit in Absprache mit der Max Weber Stiftung (perspectivia.net) einrichten, die eine reibungslose Einspeisung ins Quellenportal (und weiter in DDB und Europeana) ermöglicht, was insbesondere eine Unterstützung der Standard-Datenformate voraussetzt, also eine Übersetzung der vom Projekt verwendeten Konzepte in diese Formate,
  • SVG-Repräsentationen für die Musiknotation und die zugehörigen kritischen Berichte zu erarbeiten, um die Transkripte mitsamt kritischen Anmerkungen unmittelbar in HTML-Seiten einfügen, mit den zugehörigen Metadaten und Liedtexten verknüpfen und mit RDFa-Annotationen semantisch erschließen zu können,
  • Erarbeitung einer Erweiterung des Vokabulars von MEI, um eine überlieferungs- und inhaltsgetreue digitale Speicherung und Verarbeitung vorderorientalischer Musiknotation für das beantragte sowie für künftige Projekte zu ermöglichen,
  • Schulung der übrigen Projektmitarbeiter/innen in der Eingabeumgebung.

Voraussetzung für die Einstellung sind ein geistes- oder sozialwissenschaftlicher Hochschulabschluss (möglichst Promotion), Einschlägige Kenntnisse im Bereich der Digital Humanities und der Verarbeitung von XML, HTML5 und CSS3 sowie Kenntnisse in einer Scriptsprache (vorzugsweise Python, oder auch PHP, Ruby o.ä.) sowie einschlägige Projekterfahrung und Teamfähigkeit.

Stellenbesetzungen werden grundsätzlich auch in Teilzeit vorgenommen, sofern nicht im Einzelfall zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

Die WWU Münster und die Max Weber Stiftung treten für die Geschlechtergerechtigkeit ein und streben eine Erhöhung des Anteils von Frauen in Forschung und Lehre an. Bewerbungen von Frauen sind daher ausdrücklich erwünscht; Frauen werden bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt berücksichtigt, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen.

Schwerbehinderte werden bei gleicher Qualifikation und Eignung bevorzugt eingestellt.

Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen richten Sie bitte bis zum 15. Mai 2015 in einer pdf-Datei an:

Herrn Universitätsprofessor
Dr. Ralf Martin Jäger
c/o Max Weber Stiftung
bewerbung@maxweberstiftung.de

 

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4906

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Poster ‘Historical Source Criticism in the Digital Age’

Am Workshop: ‘Digital Humanities for European Global Studies’ durfte ich ein Poster zum Dissertationsprojekt vorstellen.

Poster - Historical Source Criticism - PF

Poster – Historical Source Criticism in the Digital Age Pascal Föhr, 27.03.2015

Ergänzung (04.04.2015):

Poster - Historische Quellenkritik - PF

Poster – Historische Quellenkritik im Digitalen Zeitalter Pascal Föhr, 27.03.2015

Aufgrund der Bitte von Mareike König (siehe Kommentar) erläutere ich das Poster und füge die deutsche Übersetzung hinzu.

Bisher wurde ein Objekt nach der historisch-kritischen Methode mit den Schritten Heuristik, Quellenkunde, Quellenkritik, Interpretation und Darstellung gesucht und gefunden, eingeordnet, kritisiert, interpretiert und als historische Ressource ‘verwendet’. Die Fragestellung meiner Dissertation dreht sich nun darum, ob die traditionelle historisch-kritische Methode auch auf digitale Objekte angewendet werden kann.

Verschiedene Einflüsse (nicht abschliessende Stichworte computational turn (Medientheorie), Digitalmedien (Social Media etc.), Virtualität (des Objekts, Cyberspace etc.), einem Alterungsprozess unterliegende Hard-/Software, algorithmisch generierte Daten etc. müssen bei der Quellenkritik (Kriterien wie Nachvollziehbarkeit, Persistenz, Echtheit, Authentizität etc.) berücksichtigt werden, die bei physischen Objekten bisher keine Rolle spielten. Digitale Objekte unterscheiden sich grundlegend von bisher bekannten, was eine kritische Auseinandersetzung mit der bisherigen Methode notwendig macht.

Weil digitale Objekte sich grundlegend von bisher bekannten unterscheiden und neuartige Rahmenbedingungen gelten, sind Kriterien der Quellenkritik in der bekannten Form nicht mehr anwendbar. Daraus leite ich für die Verwendung von digitalen Objekten als Forschungsressourcen meine Thesen ab: Es entstanden und entstehen neue, bisher nicht bekannte Quellentypen mit neuartigen Eigenschaften, der Prozess der Objektbeurteilung muss angepasst und neue Methoden der Quellenkritik müssen erarbeitet werden, was den Historiker zwingt auch neue Arbeitsmethoden im Umgang mit digitalen Objekten zu erlernen und anzuwenden.

Ausführlicher erklärt wird dies in meiner Arbeit… :-)

Quelle: http://hsc.hypotheses.org/328

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CODE 7: Paige Morgan about Visible Prices

What would 3 shillings buy in 1834? And what wouldn't 3 shillings buy? »Visible Prices« is a digital humanities database project. It provides contexts by highlighting the relationships between prices and therefore shows how price proportion between different goods changed over time and space. Paige Morgan is developing »Visible Prices« as a linked open data project using RDF (Resource Description Framework). It is a searchable collection of price information from literary and historical texts. In this interview we talk about the idea behind the project and the challenges in building a database.

Quelle: http://codinghistory.com/podcast/code7/

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Neues Webportal www.schotten.wien

Seit heute ist das neue Webportal www.schotten.wien online, das erstmals alle im Zusammenhang mit dem Schottenstift stehenden Webseiten – gegliedert in die Kategorien Kloster, Seelsorge, Bildung und Wirtschaft – unter einem Dach vereint. Damit verbunden ist auch ein einheitliches graphisches Konzept aller Einzelseiten.

Die bisherige Homepage des Schottenstifts wurde vollständig überarbeitet und enthält nun auch eine deutlich erweiterte Seite zum Archiv, die mit Benutzerinformationen (Download von Benutzungsordnung und -antrag), einer „Highlight“-Sektion sowie Hinweisen auf Literatur und Hilfsmittel aufwarten kann. Angedacht sind für die Zukunft noch weitere Ergänzungen wie Bestandsbeschreibungen und Ähnliches. Die Seite lässt sich auch direkt aufrufen unter www.schotten.wien/stift/stiftsarchiv.

Als Weiterleitung bleibt die Domain www.schottenstift.at übrigens weiterhin bestehen.

Quelle: http://schotten.hypotheses.org/842

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19. Tagung des Arbeitskreises „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“ (Wien, 10./11. März 2015)

Als fachliches Diskussionsforum und informelle Kontaktbörse für alle Fragen der digitalen Langzeitarchivierung hat sich der Arbeitskreis „Archivierung von Unterlagen aus digitalen Systemen“ seit fast zwei Jahrzehnten bewährt. Die diesjährige Tagung, zu der das Österreichische Staatsarchiv eingeladen hatte, fand am 10. und 11. März 2015 in Wien statt.

Die dabei gehaltenen Vorträge zeigten einerseits aktuelle Entwicklungen und Fortschritte auf, thematisierten andererseits aber ebenfalls noch offene Fragen und Probleme. Eindrucksvoll waren vor allen Dingen die Präsentationen einzelner Staats- und Landesarchive zu ihren jeweiligen fachlichen und technischen Lösungen in den  Bereichen Ingest (Übernahme), Preservation Planning (digitale Bestandserhaltung) und Access (Nutzung). Obwohl somit die ‚Big Player‘ über weite Strecken das Tagungsgeschehen dominierten, hielt die Veranstaltung auch interessante Aspekte für kleine und mittelgroße Archive bereit, die mit der digitalen Langzeitarchivierung oft erst am Anfang stehen. Herausgegriffen seien an dieser Stelle drei Vorträge, die für die Kommunalarchive in Westfalen durchaus Relevanz beanspruchen können.

Dr. Christian Keitel (Landesarchiv B-W) beim Vortrag (Foto: Österreichisches Staatsarchiv)

Dr. Christian Keitel (Landesarchiv B-W) beim Vortrag (Foto: Österreichisches Staatsarchiv)

In einem der ersten Tagungsbeiträge referierten Christian Keitel (Landesarchiv Baden-Württemberg), Miriam Eberlein (Stadtarchiv Heilbronn) und Manfred Waßner (Kreisarchiv Esslingen) über den Ausbau der vom Landesarchiv entwickelten Archivierungslösung DIMAG zu einem digitalen Langzeitarchiv für die baden-württembergischen Städte und Gemeinden. Auch diesen soll nun eine Nutzung der mandantenfähigen und browserbasierten Software ermöglicht werden. Der Betrieb des digitalen Magazins erfolge dabei über die regionalen Rechenzentren, mit denen einheitliche Hostinggebühren vereinbart werden. Auch für die Kosten, die von kommunaler Seite gegenüber dem Landesarchiv anfallen, existieren bereits erste Kostenmodelle. Als ‚Pilotarchive‘ fungieren in diesem Zusammenhang das Stadtarchiv Heilbronn sowie das Kreisarchiv Esslingen, das in Sachen digitaler Langzeitarchivierung künftig die Funktion einer Verbundzentrale für die kreisangehörigen Kommunalarchive übernehmen soll. Über die Lizenz des Kreisarchivs wird DIMAG somit auch kleinen Archiven zur Verfügung stehen. Diese werden allerdings nur einen Lesezugriff auf ‚ihre‘ digitalen Aufzeichnungen erhalten; alle anderen nötigen Prozesse wie den First-Level-Support, den Ingest, die Magazinführung inkl. Metadatenverwaltung sowie die Überwachung von Migrationszyklen übernimmt das Kreisarchiv. Eine solche Lösung hat zunächst einmal viel für sich, da vor allem die  „Einmann-/Einfrau-Archive“ so weit wie möglich von technischem Ballast und der damit verbundenen fachlichen wie personellen Überforderung befreit werden. Fürs erste ungeklärt bleibt, ob sich die anvisierten Finanzierungspläne als tragfähig erweisen (eine erste Evaluation ist 2018 beabsichtigt) und ebenso, in welcher Form sich die Kommunalarchive künftig am Echtbetrieb des digitalen Langzeitarchivs beteiligen. Man darf also gespannt sein, welche Resultate der jetzt anlaufende Produktivbetrieb bringen wird. Das LWL-Archivamt wird die Entwicklungen in Baden-Württemberg aufmerksam verfolgen, da wir den  Kommunalarchiven in Westfalen-Lippe eine ähnliche Unterstützungsleistung unter dem Dach des „Digitalen Archivs NRW“ anbieten möchten.

Am zweiten Tag problematisierte Claire Röthlisberger-Jourdan (KOST = Koordinationsstelle für die dauerhafte Archivierung elektronischer Unterlagen, Bern) anhand eines Preservation-Prozesses für eine TIFF-Datei die Verwendung geeigneter Dateiformate für eine sicheren Erhalt digitaler Informationen. Den meisten Kommunalarchiven dürfte wenig bekannt sein, dass die KOST auf ihrer Internetseite einen ständig aktualisierten Katalog archivischer Dateiformate (KaD) bereitstellt, der ca. 30 verschiedene Formate vorstellt und deren Eignung für die digitale Archivierung anhand eines Kriterienkatalogs beschreibt (vgl. http://kost-ceco.ch/wiki/whelp/KaD/index.php). Relevante Informationen dazu finden sich auch in den online verfügbaren Handreichungen des Archivamtes. Eine zumindest rudimentäre Kenntnis über aktuell empfohlene ‚haltbare‘ Dateiformate ist auch für Kommunalarchive wertvoll, die noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen sind. Wenn bereits jetzt im Archiv selber oder einzelnen Verwaltungszweigen darauf hingewirkt werden kann, nur noch in bestimmten Dateiformaten abzuspeichern (z.B. PDF/A für Word-Dokumente) erleichtert dies auch die spätere Überführung der Daten in ein produktives Langzeitarchiv.

Blick ins Plenum (Foto: Österreichisches Staatsarchiv)

Blick ins Plenum (Foto: Österreichisches Staatsarchiv)

In der abschließenden Sektion der Wiener Fachkonferenz standen mit Webseiten und E-Mail-Konten zwei besonders problembehaftete Kategorien digitaler Unterlagen im Mittelpunkt. Während es für die aus unterschiedlichen Informationsobjekten zusammengesetzten Webseiten bereits erste Lösungsansätze zu deren Archivierung gibt, steht die Diskussion zur Archivierung von E-Mails noch relativ am Anfang. Der Beitrag von Corinna Knobloch (Landesarchiv Baden-Württemberg) diente folglich in erster Linie dazu, um grundsätzliche Fragen zu diesem Themenkomplex zu konkretisieren. Abgesehen von der Entscheidung über die Archivwürdigkeit einzelner E-Mail-Konten, wäre in einem zweiten Schritt erst einmal zu klären, was davon mit welchem Kontext übernommen werden bzw. wie das entsprechende Informationsobjekt im Langzeitarchiv zusammengesetzt sein sollte. Theoretisch würde sich hier die Möglichkeit eröffnen, neben einzelnen E-Mails auch einzelne Ordner oder sogar den kompletten Account als ein Informationsobjekt zu übernehmen. Ein weiteres potenzielles Problem stellen die unterschiedlichen Dateiformate der E-Mail-Anhänge dar, denen hinsichtlich der digitalen Bestandserhaltung Rechnung getragen werden muss.

Ob kommunale Archivierungsverbünde, langzeitarchivfähige Dateiformate oder E-Mail-Archivierung – die Tagung in Wien hat erneut deutlich gemacht, wie sinnvoll der kollegiale Austausch auf theoretischer wie praktischer Ebene ist. Allerdings fehlt es gerade bei  kleineren und mittleren Archive oft noch an entsprechenden Praxiserfahrungen, an denen man sich zum Vergleich orientieren könnte. Vielleicht gibt es auf der nächsten Tagung des Arbeitskreises Anfang März 2016 in Potsdam auch neue Erkenntnisse aus kommunalen Archiven oder IT-Abteilungen zu berichten. Das Programm und alle Powerpoint-Präsentationen der diesjährigen Tagung sind für alle Interessierten bereits jetzt der Homepage des Staatsarchivs St. Gallen abrufbar: http://www.staatsarchiv.sg.ch/home/auds/19.html.

Darüber hinaus ist eine zeitnahe Publikation der Tagungsbeiträge fest eingeplant.

Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/2007

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Gefangen im modernen Krieg (1870/71)

Dissertationsprojekt: Multiple Wahrnehmungsstrukturen und Deutungsmuster von Kriegsgefangenschaft in Deutschland und Frankreich

Ob man nun morgens die Zeitung aufschlägt, allabendlich die Tagesschau einschaltet oder die diversen Online-Nachrichtendienste konsultiert – im Kontext von Berichten über gewaltsame Auseinandersetzungen kommt der Thematisierung von Gefangenen stets eine wesentliche Bedeutung zu. So scheinen Informationen über die Gefangenahme von Angehörigen kriegsführender Parteien und deren Behandlung zu einem ganz selbstverständlichen Bestandteil der Kriegsberichterstattung unserer Tage und damit nicht nur zu einem militärischen, sondern auch zu einem medial diskutierten, und öffentlich wirksamen Phänomen geworden zu sein.

In der geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex rücken primär die beiden Weltkriege in den Fokus, wobei jedoch die in diesem Zuge sichtbar werdende, der Thematik inhärente Multidimensionalität von Kriegsgefangenschaft und ihre Verflechtungen mit Militär, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nicht Alleinstellungsmerkmal der kriegerischen Auseinandersetzung der Gegenwart oder des 20. Jahrhunderts sind. In Mittel- und Westeuropa nahm die Kriegsgefangenschaft bereits während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 erstmals einen beachtenswerten Stellenwert ein. Ausschlaggebend hierfür ist in erster Linie die im Vergleich zu vorherigen Kriegen hohe Anzahl an Gefangenen – so befanden sich auf deutscher Seite bis Februar 1871 rund 383.000 Franzosen in Gefangenschaft, auf französischer Seite handelte es sich derweil allerdings nur um etwa 8.000 gefangene deutsche Soldaten – wodurch die Unterbringung, Versorgung und Beschäftigung der Gefangenen zu einer zentralen Herausforderung für die Verantwortlichen und das Thema Kriegsgefangenschaft aus dem reinen militärpolitischen Kontext herausgelöst wurde. Allein durch die Verteilung der französischen Gefangenen auf 195 sogenannte Depots im gesamten deutschen Reichsgebiet wurde die Kriegsgefangenenfrage zunehmend auch zu einer lokalen und regionalen Angelegenheit, während gleichzeitig die Gründung und das Engagement unterschiedlichster Vereinigungen – vor allem des Internationalen Komitees des Roten Kreuz und des sich für die Dauer des Krieges konstituierende Internationalen Hilfskomitees für Kriegsgefangene, Basel – im Rahmen der Kriegsgefangenenfürsorge quer zu den offiziellen Konfliktlinien verlief und die nationalen Grenzen überschritt.

Angesichts dessen kommt dem Phänomen der Kriegsgefangenschaft im Deutsch-Französischen Krieg eine hohe Bedeutung zu, die

1.       – synchron betrachtet – deutlich über eine rein militärische Dimension von Kriegsgefangenschaft hinausweist, und in deren Folge

2.       langfristige, den Abschluss des Friedensvertrages im Mai 1871 überdauernde strukturelle Elemente aufgenommen wurden, und vor diesem Hintergrund

3.       den Deutsch-Französischen Krieg als Knoten- und Kristallisationspunkt ‚traditioneller‘ und ‚moderner‘ Elemente von Kriegsgefangenschaft interpretieren lassen.

Dieser besonderen Vielschichtigkeit von Kriegsgefangenschaft im Deutsch-Französischen-Krieg widmet sich nun das bi-national ausgerichtete Forschungsprojekt, das an der Universität Mannheim entsteht. Dessen konkrete Ziele liegen in der Analyse

1.       der überindividuellen Wahrnehmungs- und Deutungsstrukturen von Kriegsgefangenschaft während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71, wobei der Fokus auf die militärische, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Dimensionen gelegt wird, und

2.      der Memoralisierung der Kriegsgefangenschaft in der Nachkriegszeit.

Auf diese Weise wird es gelingen, sowohl das Phänomen der Kriegsgefangenschaft in seiner komplexen und multidimensionalen Bedeutung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als auch mögliche Umdeutungs- und Veränderungsprozesse im Zeitlauf – das heißt während des Krieges selbst und im Kontrast zur Nachkriegszeit – sichtbar zu machen.

Auf Basis dieser Konzeption verfügt das Dissertationsprojekt in einem zweiten Schritt über das Potenzial

1.       vor dem Hintergrund der aktuellen geschichtswissenschaftlichen Einordnung – der Interpretation des Deutsch-Französischen-Krieges als Etappe zum Ersten Weltkrieg und der Totalisierungs- und Modernisierungsdebatte des Krieges im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert – einen Beitrag zu dessen punktueller Neuperspektivierung  zu leisten.

Zugleich erscheint angesichts der konstanten Bedeutung des Phänomens der Kriegsgefangenschaft von der Antike bis in die Gegenwart die Konzentration auf ein solches Ereignis wie den Deutsch-Französischen Krieg, an dem Veränderungsprozesse und möglicherweise sogar ‚Weichenstellungen‘ zu beobachten sind, für weitere Forschungen gewinnbringend zu sein. Dementsprechend verfolgt dieses Dissertationsprojekt das Ziel,

2.       inhaltlich und methodisch einen Beitrag zur systematischen, diachronen Erschließung der Kriegsgefangenschaft in der Neuesten Geschichte zu leisten, die Aufschluss über Veränderungen und Entwicklungen von Wahrnehmungsstrukturen, Bezugssystemen und Wertvorstellungen – auch grenzüberschreitend bzw. nationalvergleichend – bietet und an bereits bestehende Forschungen zum Ersten und Zweiten Weltkrieg anknüpfen kann.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2248

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Tagungsbericht: “Materielle Mediationen im deutsch-französischen Dialog / Médiations matérielles et dialogues franco-allemands” , 18. – 20. März 2015, IEA Paris

"Materielle Mediationen/Médiations matérielles": Eine deutsch-französische Tagung zu Materialitäten in Künsten, Literaturen und Kulturen. (Bild: Andrea von Hülsen-Esch und Alain Schnapp / © Miriam Leopold)

“Materielle Mediationen/Médiations matérielles”: Eine deutsch-französische Tagung zu Materialitäten in Künsten, Literaturen und Kulturen. (Bild: Andrea von Hülsen-Esch und Alain Schnapp / © Miriam Leopold)

1985 sorgte der französische Poststrukturalist Jean-François Lyotard mit der Ausstellung „Les Immatériaux“ im Centre Pompidou für ein Diskursereignis, das das Verständnis von Materialität grundlegend verändern sollte. Lyotards Ausstellung führte wortwörtlich vor, wie mit der Immaterialisierung der Wirklichkeit durch numerische Technologien zugleich die materielle Präsenz der Kommunikation gesteigert wird. Damit eröffnet sich aber zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen ein dynamischer Raum für verschiedenste Mediationen.

An das mediale Ereignis “Les Immatériaux” schloss die internationale Tagung “Materielle Mediationen im deutsch-französischen Dialog/Médiations matérielles et dialogues franco-allémands”, die das GRK1678 in Zusammenarbeit mit Alain Schnapp organisierte, in zweifacher Weise an: Erstens fand die Tagung exakt dreißig Jahre nach Lyotards Ausstellung statt. Zweitens ist Lyotards Materialitätskonzept ein wichtiger Referenzpunkt für das GRK1678, wie Andrea von Hülsen-Esch und Vittoria Borsò in ihren einleitenden Vorträgen ausführten.

Andrea von Hülsen-Esch/Vittoria Borsò (Düsseldorf): Einleitung

Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch  © Miriam Leopold

Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch
© Miriam Leopold

Die Interdependenz zwischen Materiellem und Immateriellem bricht mit dem Primat des Geistes und setzt die unmittelbare Erfahrung ins Recht, konstatierte Andrea von Hülsen-Esch in ihrem Teil der Einleitung. Von den angelsächsisch geprägten “material studies” unterscheide die französische und deutsche Philosophie, Kunst- und Literaturwissenschaft ihre Orientierung an der Prozessualität der materiellen Meditationen, die sich explizit auch der Agentialität der Dinge und ihrer Wirkung auf den Betrachter zuwende. Die Weichen für diesen methodischen Zugang zur Materialität stellt nach von Hülsen-Esch aber nicht erst Lyotard, sondern dieses Konzept von Materialität besitzt eine verzweigte Genealogie, die auf beide Seiten des Rheins führt. Vorreiter für die deutsche Kunstwissenschaft sei Aby Warburg, der mit seinem Mnemosyne-Atlas und der “Pathosformel” die Agentialität der Bilder fokussierte. Weiter zu nennen wären auch Philippe Dubois’ Konzept “image-act” sowie Horst Bredekamps energetische Bildakttheorie.

Prof. Dr. Vittoria Borsò © Miriam Leopold

Prof. Dr. Vittoria Borsò
© Miriam Leopold

Aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet  Vittoria Borsò Lyotards These. Materielles und Immaterielles bedingen sich nicht nur gegenseitig, so Borsò. Vielmehr gehören beide zum gleichen Produktionsprozess von Wirklichkeit. Diese dynamische Ontologie habe bereits Lyotards Ausstellung performativ umgesetzt, da sich dort die Materialität als Emergenz einer komplexen Interaktion zwischen Technik und Benutzer immer wieder neu einstellte. Für die Literaturwissenschaft schlägt dagegen die Romanistin den Begriff der écriture vor, der einen durchlässigen, multimedialen Raum der Sinngebung definiert. In dieser écriture offenbart sich nach Borsò immer auch das Fremde im Eigenen, ja das Fremde wird als eine Konstituente der Materialität sichtbar – so wie es auch Roland Barthes in L’empire des signes und Gilles Déleuze in Critique et clinique vorgeführt haben. Insofern verlangen die materiellen Meditationen eine ständige Kreuzung der Aspekte, ein Changieren zwischen Epistemologie und Ontologie und nicht zuletzt einen interkulturellen Austausch. (Autor: Sergej Rickenbacher)

Alain Schnapp (Paris): Monument/Mahnmal/Merkmal – Quelques aspects de la mémoire entre France et Allemagne

Prof. Alain Schnapp © Miriam Leopold

Prof. Alain Schnapp
© Miriam Leopold

Einen interkulturellen Dialog setzte der Pariser Archäologe Alain Schnapp in seinem Vortrag in Szene. Ausgehend von den Etymologien und Übersetzungen zentraler Begriffe historischer Wissenschaften reflektierte Schnapp über die Semantiken und Funktionen von Ruinen, Monumenten, Denk- und Mahnmälern in verschiedenen Kulturen zu wechselnden Zeiten. Als zentrale Konzepte der europäischen Erinnerungskultur definierte er trace und empreinte. Während trace die Richtung vorgebe und somit Orientierung schaffe, gebe empreinte als Abdruck dem Erinnerten eine Form. Letzteres könnte auf einer Erinnerungskultur bezogen werden, wie sie Denis Diderot lebte. Die Ruine habe für Diderot die Vergangenheit verkörpert, die durch Kontemplation vor Ort wieder zugänglich wurde. Eher dem Konzept der trace müsste Alois Riegls Funktionalisierung des Denkmals in Der moderne Denkmalkultus zugeordnet werden. Das Denkmal ist nach Riegl der Ort des ritualisierten Umgangs mit der Vergangenheit. Insofern besitzen nach Schnapp die deutschen Begriffe ‘Denkmal’, ‘Mahnmal’ und ‘Merkmal’ gegenüber dem französischen ‘monument’ einen entscheidenden Vorteil: Sie drängen die Frage nach den zukünftigen Funktionen der materialisierten Vergangenheiten auf. (Autor: Sergej Rickenbacher)

 

Section I: Critique génétique

Daniel Ferrer (Paris): Le matériel et le virtuel dans la critique génétique

Dr. Daniel Ferrer © Miriam Leopold

Dr. Daniel Ferrer
© Miriam Leopold

Ungeschriebene Bücher hinterlassen Spuren. Zu Unrecht interessierten die Critique génétique diese virtuellen Werke aber nur am Rande, wie der Joyce-Spezialist Daniel Ferrer vom ITEM bemängelte. Zwar sind diese Bücher nicht als Werke vorhanden, aber sie sind auch nicht vollständig verschwunden. Diese virtuellen Bücher sind als Korrekturen, Anmerkungen oder Flecken im Manuskript präsent, was auch wichtige Rückschlüsse auf den Schreibprozesse zulasse. Wie sich diese Virtualität am Material manifestiert, veranschaulichte Ferrer an Manu- und Typoskripten von Voltaire, Gustave Flaubert, Wladimir Nabokov oder James Joyce. Besonders bei Joyce wurde deutlich, dass die gemeinte Virtualität sich nicht nur in der Schrift konkretisiert. Vielmehr wird sie auch in der Materialität der Vorlage oder in Kontexten wie der Autorenbibliothek greifbar. Im Anschluss an den Vortrag wurde besonders Ferrers Begriff der ‘Virtualität’ kritisch diskutiert, da er große Überschneidungen mit der ‘Potentialität’ besitzt. (Autor: Sergej Rickenbacher)

Dirk van Hulle (Antwerpen): The Materiality of Textual Gaps – Beckett’s Blanks for when Words gone

Prof. Dr. Dirk van der Hulle © Miriam Leopold

Prof. Dr. Dirk van der Hulle
© Miriam Leopold

Unter dem Motto “Mind the Gap” besprach Dirk van Hulle die Rolle der Leerstelle in den Werken Samuel Becketts. Besonders ging es ihm dabei um das Verhältnis, dass die in den Manuskripten und Entwürfen zu findenden Leerstellen zu den in den Werken thematisierten Leerstellen haben. Aufbauend auf Modellen der kognitiven Narratologie zur Funktionsweise des menschlichen “minds” plädierte van Hulle dafür, diese nicht nur für die Ebenen der Erzählung und der Rezeption, sondern auch für die textgenetische Ebene fruchtbar zu machen. Manuskripte, Entwürfe und Überarbeitungen sollen als essentielle Bestandteile des Schreibprozesses betrachtet werden. Unter dieser Perspektive ließen sich die einzelnen Texte dann als Extensionen des “minds” von Autorinnen und Autoren sehen, die in ihrer spezifischen Materialität den Schreibprozess beeinflussen.

Anhand von drei Werken Becketts – “Malone Dies Alone”, “Rough for Radio II” und “Cascando” – stellte er auch die Verbindung zwischen den Leerstellen in den einzelnen Textvarianten und der Thematisierung von Gedächtnis und Schreibprozess vor. Becketts Werke, so die Argumentation van Hulles, liefen auf die Konstruktion des “Unerzählbaren” hinaus. Abschließend präsentierte van Hulle das von ihm mit-geleitete Beckett Digital Manuscript Project (BDMP) in dem die Schriften Becketts digital aufbereitet werden. (Autor: Gero Brümmer)

Roger Lüdeke (Düsseldorf): The Material Art of Abstraction in Virginia Woolf’s To The Lighthouse

Roger Lüdeke eröffnete seine Präsentation mit dem Hinweis, dass diese „rachsüchtig“ und “ungerecht” sein werde. Ein Ziel dieser Rache zeigte sich, als er aus Leslie Stephens “What is Materialism?” (1886) das darin enthaltene Plädoyer für eine Hinwendung zum Materialismus zitierte. Diese Einstellung kontrastierte er mit einem Text, der als Replik auf Stephens’ Text verstanden werden kann, geschrieben von Stephens’ Tochter, Virginia Woolf (“Modern Fiction”, 1919).

Prof. Dr. Roger Lüdeke © Miriam Leopold

Prof. Dr. Roger Lüdeke
© Miriam Leopold

Das Anliegen des Vortrags war es, für einen Eigensinn der Materialität von Literatur zu plädieren. Hierzu widmete Lüdeke sich einem close reading von Virgina Woolfs To the Lighthouse (1927). Indem er den Schreib- und Überarbeitungsprozess des Romans nachzeichnete, demonstrierte er, wie Woolfs Schreibweise als eine Art materieller Abstraktion verstanden werden kann, die eine besondere Form der Beschäftigung mit dem Text und der Schreibsituation Woolfs erlaubt. Hauptaugenmerk lag dabei auf dem zweiten Kapitel, “Time Passes”, das sich sowohl im Umfang als auch in der Ausrichtung immer weiter von der ursprünglich geplanten Form entfernte und weiter entwickelte. So machte Lüdeke deutlich, wie im Laufe des Romans die Thematisierung des künstlerischen Arbeits- und des Rezeptionsprozesses dafür sorgt, dass sich die Materialität der Welt, ihre Zeitlichkeit und ihre Bewegung in eine eigene Richtung entwickeln. Nach und nach entzieht sich der Text einer menschlichen Perspektive und die Welt gewinnt so ihren materiellen Eigensinn.

Er schloss den Vortrag mit einigen Anmerkungen zur Bedeutung dieser Abstraktion und der Berücksichtigung eines solchen materiellen Eigensinns, der, so Lüdeke, eine eigene ethische Haltung der Literatur evoziere. (Autor: Gero Brümmer)

 

Section II: Materialité et écriture

Ricarda Bauschke-Hartung (Düsseldorf): Die Materialisierung von Textsinn im Spannungsfeld handschriftlicher Varianz – Mehrfachüberlieferungen mittelhochdeutscher Lyrik.

Prof. Dr. Ricarda Bauschke-Hartung

Prof. Dr. Ricarda Bauschke-Hartung © Miriam Leopold

Handschriftliche Varianzen bringen selten Klarheit für das Verständnis von Texten. Oftmals verschleiern und vervielfachen weitere Handschriften durch Unterschiede, Schreibfehler, Lücken, Angleichungen und Anpassungen das Material mit dem sich Literaturwissenschaftler beschäftigen: Texte und Fiktion. In ihrem Vortrag behandelte Ricarda Bauschke-Hartung den Umgang mit dieser Vielheit. Dabei bezog sie eine Position zwischen Old Philology und New Philology und verwies darauf, dass beide konkurrierende Strömungen problematisch für ein adäquates Textverstehen sind. Während die erste eine Urtextform zu (re)konstruieren versuche, forciere die zweite den Pluralismus der Texte und begründe dies mit der Auftrittssituation im Mittelalter. Am Beispiel von Heinrich von Morungens Des Minnesangs Frühling wies Bauschke-Hartung darauf hin, wie komplex eine Textgenese ist und wie missverständlich die Pluralität der Texte sein kann. Dabei lautet ihr Vorschlag, die Vielheit bei gleichzeitiger Hierarchisierung historischer, sprachlicher und kultureller Fakten beizubehalten. Gerade der material turn diene dabei als produktiver Ausgangspunkt. Die Hinwendung zum Textmaterial zeige, wie immer schon Autorenbilder konstruiert, Textzuschreibungen inszeniert und die Potentialität des Textes poetisiert wird. In der Diskussion wurde kritisch beleuchtet, welchen Weg die Philologie zwischen den Ideologien von Urtext und Autor sowie von Vielheit und Gleichwertigkeit gehen kann. (Autor: Martin Bartelmus)

Martin Stingelin (Dortmund): Im Höhlenlabyrinth der Materialität von Christoph Martin Wieland und Friedrich Dürrenmatt

Prof. Dr. Martin Stingelin © Miriam Leopold

Prof. Dr. Martin Stingelin
© Miriam Leopold

Literatur befindet sich immer schon im Spannungsfeld zwischen dem Schreiben mit seinen Akteuren – wie Tinte, Schreiber, Stift, Maschine, Papier und Sekretärin – und der Fiktion –also all dem, was geschrieben, erzählt, inszeniert und produziert wird. Martin Stingelin verband in seiner Analyse die Materialität mit der Fiktionalität von Schreibszenen. Ausgangspunkt bildete Christoph Martin Wielands Sokrates Mainomemos, in dem Diogenes über das Schreiben reflektiert und gleichzeitig schreibt. Wie körperlich und materiell Schreiben sein kann, zeigte eine handschriftliche Notiz von Georg Christoph Lichtenberg, in der er mit Kaffee schreibt, und schreibt, dass er mit Blut schreiben würde, hätte er keinen Kaffee als Tintenersatz. Sichtbar wird, auf welch radikale Körperlichkeit der Akt des Schreibens immer schon verweist. Auch bei Friedrich Dürrenmatts Winterkrieg in Tibet zeichnet sich die ganze Bandbreite der Verschränkungen von Fiktion und Materialität ab. An Dürrenmatts Manu- und Typoskripten machte Stingelin deutlich, wie sich materiell-semiotische Knoten bilden – im Text sowie auf dem Blatt Papier. Die Fiktion kenne nicht nur eine Vielheit an menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren im Schreibprozess. Vielmehr zeige sich auch bei Dürrenmatt und Robert Walser, dessen Bleistifthandschriften auch ins Spiel gebracht wurden, dass nie nur der Autor die Fiktion entwirft, sondern das Schreiben ein Kollektiv versammelt: aus Schriftart, Bleistifte, Schreibmaschinen etc. Das Schreiben ist nicht nur eine Praxis zur Herstellung literarischer Texte, sondern auch eine Praxis des Zusammenbringens von Akteuren, mithin ein Spiel zwischen Mikropolitik und Ökonomie des Schreibens.(Autor: Martin Bartelmus)

 

Section III: Materialité et médialité

Reinhold Görling (Düsseldorf): Material und Abstraktion

Prof. Dr. Reinhold Görling © Miriam Leopold

Prof. Dr. Reinhold Görling
© Miriam Leopold

Anhand der Audiovertonung von James Joyce’ Anna Livia Plurabelle und der Video-Installation The Woolworth Choir 1979 von Elizabeth Price erkundete Reinhold Görling das Verhältnis von Abstraktion und Material.

Die 1929 entstandene Vertonung von Anna Livia Plurabelle, dem wohl bekanntesten Kapitel aus dem als unübersetzbar geltenden Finnegans Wake, beschrieb Görling als vielstimmigen Text über Zeit und Verben, Begehren und Körper. Hierin spiegele sich das Verhältnis von Materialität und Produktion, so man Produktion (als eine Tätigkeit der Formwandlung) als zeitliche Ausbreitung und Material als räumliche Ausbreitung fasse. Die an Musik grenzende Sprache arbeite gegen den Sinn im Text an, da der Text ständig selber Rhythmen und Gesten übersetze und somit mit Benjamin eine ‚reine Sprache’ genannt werden könnte. Görling schlug dagegen vor, mit Whitehead und Déleuze/Guattari Anna Livia Plurabelle und The Woolworth Choir 1979 anstatt als Produktionen als Abstraktionen verstehen, die zugleich Konkretionen sind. Sie gehen als Relationen den Relata voraus und gebärden sich ereignishaft, ohne jedoch in eine Zeitstruktur eingebunden zu sein. Das beschriebene Material entspräche in dieser methodischen Perspektive eher Bewegungen oder Rhythmen denn Substanzen. (Autorin: Maike Vollmer)

Beate Ochsner (Konstanz): Das Cochlea Implantat zwischen epistemischem und technischem Ding

Prof. Dr. Beate Ochsner © Miriam Leopold

Prof. Dr. Beate Ochsner
© Miriam Leopold

Beate Ochsner reflektiert in ihrem Vortrag das Cochlea Implantat (CI) zwischen epistemischem und technischem Ding. Das CI ist eine chirurgisch zu implantierende Neuroprothese, die gehörlosen und schwerhörigen Menschen eine Darstellung der Umgebungsgeräusche vermitteln kann und somit die Teilhabe an der hörenden Welt ermöglicht. Ochsner analysierte audiovisuelle Repräsentationsräume, die aus (Noch-)Nicht-Teilhabenden Teilhabende machen. Die Ereignishaftigkeit der Mediation (des Hörend-Werdens) könne selbst nur medial verständlich gemacht werden.

Ochsner zeigte, dass in sogenannten “First-Time-Activation”-Videos, die vorgeben, den Augenblick der ersten Aktivierung der Prothese festzuhalten, mit standardisierten Blickzurichtungen und akustischen Aufmerksamkeitsspots operiert wird, die das epistemische in ein technisches Ding verwandeln und gleichzeitig die Selbstreferentialität des Hörenden medial erzeugen. Die Konstruktion der Selbstreferentialität entspreche der Logik des Supplements und habe die Nicht-Wahrnehmung und Auslöschung einer gehörlosen Möglichkeit der Identität zur Folge. (Autorin: Maike Vollmer)

 

Conference du soir

Bernard Stiegler (Paris): L’appareillage noétique

Pour comprendre les Immatériaux, il faut penser au delà de J-F. Lyotard !

Ainsi commence la conférence de Bernard Stiegler sur l’appareillage noétique définissant le cerveau comme « appareil de production du savoir ».

Pour penser contre l’automatisation du savoir dans le web, et pour un usage noétique du numérique Stiegler se réfère au concept qu’il baptise rétention tertiaire, un concept à partir des deux types de rétentions forgés par Husserl.

Prof. Bernard Stiegler © Miriam Leopold

Prof. Bernard Stiegler
© Miriam Leopold

Stiegler prend l’exemple du discours. Un discours écrit est une rétention tertiaire. Quand le public l’écoute pour la première fois, il se produit des rétentions primaires. Si l’on avait la possibilité de fixer le discours par un procédé audio et de le réécouter, il se produirait des rétentions secondaires et de nouvelles rétentions primaires, les anciennes rétentions primaires étant par la réécoute transformées en rétentions secondaires. La prise de note participe de ce même processus, transformant le support transindividuel en « enrichisssement du texte » par l’attention individuelle à tel ou tel aspect du discours. Ces notes peuvent être le chemin d’une nouvelle transindiviuation.

La rétention tertiaire numérique, le web, ouvre de nouvelles possibilités herméneutiques ; le numérique comme objet spatiotemporel favorise un régime de la transindividuation ou autrement dit, un social networking. Les groupes qui consolident des rétentions secondaires collectives, définies par l’interprétation et la production des processus de catégorisation contribuent aux matériaux de savoir.

Le web comme ardoise magique collective ( nouveau wunderblock freudien) devient ainsi un circuit de transindividuation à travers des bifurcations qui se créent pendant le dialogue des groupes sur le web. (Auteur: Aleksandra Lendzinska)

 

 Section IV: Materialité et l’histoire d’art

Jean-Claude Schmitt (Paris): Les deux corps de la vierge

Prof. Jean-Claude Schmitt © Miriam Leopold

Prof. Jean-Claude Schmitt
© Miriam Leopold

Die letzte Sektion der Tagung eröffnete der französische Mediävist und Vertreter der anthropologie historique Jean-Claude Schmitt. Seinen Vortrag widmete Schmitt der Produktion von Sakralität in der Marien-Prozession Círio de Nazaré in Belem, die aktuell als eines der größten religiösen Feste weltweit gilt. Während der zweitägigen Prozession wird eine Marienstatue mit verschiedenen Transportmitteln bzw. –formen von der Nachbarstadt Ananindeua zur Basilika Sanctuário de Nazaré in Belém transportiert. Entscheidend seien die verschiedenen Vervielfachungen des Marienkörpers, die erst die Produktion von Sakralität in der Menschenmasse erlauben. Seit 1966 begeht die Prozession eine Kopie der originalen Statue, die während den Festlichkeiten in der Basilika bleibt. Diese Verdoppelung des Körpers bleibt nach Schmitt jedoch nicht die einzige Multiplikation. Vor der Prozession schenken sich Privatpersonen, Geschäfte und Firmen gegenseitig kleine Marienstatuen, ebenso wie digitale Fotos überzeitliche Nähe produzieren. (Autor: Sergej Rickenbacher)

Philipe Cordez (München): Esclaves d’ébène – À propos du mobilier du Andrea Brustolon pour Pietro Venier (Venise 1706)

Dr. Philippe Cordez © Miriam Leopold

Dr. Philippe Cordez
© Miriam Leopold

Der Frage, woher die Verbindung der Assoziation von schwarzer Haut und dem Material Ebenholz stammt, widmete sich Philipe Cordez in einer Betrachtung des Mobiliars Andrea Brustolons für Pietro Venier (Venedig, 1706). Basierend auf einem materialsemantischen Ausgangspunkt zeigte er in seinem auf Deutsch gehaltenen Vortrag, dass der materialisierenden Identifizierung des afrikanischen Körpers mit dem kostbaren Ebenholz und den Darstellungsmodi der Afrikaner im Mobiliar kulturell bedingte Handlungsmuster zugrunde liegen, indem er die komplexen semantischen Assoziationen des französischen Wortes “guéridon” sowie der Begriffe “Bois d’ébéne” und “ebony” über die Sprache historisch zurückverfolgte. (Autorin: Sabrina Pompe)

Hans Körner (Düsseldorf): Die Mauer – Zur Materialität der Erinnerung im französischen Denkmal des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts

Prof. Dr. Hans Körner © Miriam Leopold

Prof. Dr. Hans Körner
© Miriam Leopold

Reflektierte Alain Schnapp im Eröffnungsvortrag die kulturelle Produktion von Erinnerung mittels Denkmälern, so wendete sich der Düsseldorfer Kunsthistoriker Hans Körner ihrem entgegengesetzten Pol zu: ihrer Materialität. Körner bezog verschiedene Medien und historische Ereignisse um 1900 aufeinander und zeigte, dass die Mauer in den Denkmälern dieser Zeit bei weitem nicht nur Staffage ist. Vielmehr bildet sie nach Körner die Leerstelle der Denkmäler, in der sich die Ephemerität der Vergangenheit, die Imagination des Betrachters und die Materialität des Kunstwerks begegnen. Als Beispiele dienten u.a. das Ölbild “Der Tod des Marschalls Ney” (1867) sowie das erste Denkmalprojekt zu Neys Hinrichtung von François Rude (1848) und Paul Moreau-Vauthiers “Aux victimes des révolutions” (1907), das den letzten hingerichteten Pariser Kommunarden gewidmet ist. Körner führte eindrücklich vor, wie gerade an diesen Mauern die Spannung zwischen Absenz und Aktualisierung manifest wird. (Autor: Sergej Rickenbacher)

 

 

Quelle: http://grk1678.hypotheses.org/473

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Coding da Vinci 2015 – der Kultur-Hackathon startet in die nächste Runde

gemeldet von Barbara Fischer, Kuratorin für Kulturpartnerschaften

Bist du ein kulturinteressierter Tüftler? Verfliegt die Zeit, wenn du dich in die Tiefen der Kommandozeile gräbst, und leuchten deine Augen, wenn du dein neustes Raspberry-Pi-Projekt zum Leben erweckst? Bist du eine Macherin, die mit digitalen Werkzeugen Neues schafft?

Coding da Vinci ist Deutschlands erster Kultur-Hackathon und bietet dir die Gelegenheit, in einem kreativen Umfeld an Anwendungen, Visualisierungen, Apps oder anderen kulturbezogenen Geistesblitzen zu arbeiten. Dabei stehen dir Datensätze verschiedener Kulturinstitutionen zur Verfügung, die dank freier Lizenzen zum Hacken benutzt werden können (weitere folgen). Coding da Vinci 2014 war für alle Beteiligten eine spannende Erfahrung. Vom zzZwitscherwecker über Alt-Berlin bis hin zu Mnemosyne wurden großartige Ideen verwirklicht und gezeigt, welches Potenzial in digitalen Kulturdaten steckt.

Am 25./26. April findet die Auftaktveranstaltung statt, bei der die Daten vorgestellt und Projekt-Teams gebildet werden. Bis zur Preisverleihung am 5. Juli 2015 habt ihr 10 Wochen Zeit, um an eurem Projekt weiterzuarbeiten und dieses dann einem Publikum und der Jury vorzustellen. Die Preise werden demnächst veröffentlicht.

Um an Coding da Vinci teilnehmen zu können, müsst ihr:

Wir sorgen für leckere Verpflegung an allen Veranstaltungstagen. Schnellentschlossene können sich außerdem für Reisestipendien bewerben.

Weitere Infos auf: codingdavinci.de

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4901

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„… dann muss etwas an der Sache dran sein“

Harald Schmitt

 

 

Harald Schmitt

Harald Schmitt

Harald Schmitt ist einer der bekanntesten deutschen Fotografen des späten 20. Jahrhunderts. Nachdem er sich in den 1970er-Jahren vor allem für die Fotoagentur Sven Simon betätigte,[1] war er seit 1977 festangestellter Fotoreporter des Magazins „stern“, für das er bis 1983 in der DDR arbeitete. Danach fotografierte er weltweit für „stern“-Fotoreportagen. Während seiner Laufbahn erhielt er sechs „World Press Photo Awards“.[2]

In einem Interview mit zwei Studierenden des Public History-Masters der Freien Universität Berlin am 27. Mai 2014 sprach Harald Schmitt über seine Zeit in Ost-Berlin, seine prägendsten Erlebnisse und den Wandel der Fotografie. Das Interview führten Philipp Holt und Anna Schmidt.

 

 

Philipp Holt: Wir haben das Interview in mehrere Kategorien unterteilt. Uns als Geschichtsstudenten interessiert natürlich vor allem Ihre Zeit in der DDR. Wir haben aber auch ein paar Fragen zur Fotografie allgemein und ebenso zu Ihrer Karriere. Wir dachten, wir steigen am besten in der Zeit von 1977 bis 1983 ein, in der Sie für den „stern“ in Ost-Berlin waren. Uns ist aufgefallen, dass die meisten Bilder, die Sie gemacht haben, in Schwarz-Weiß waren. War das eine Entscheidung, die Sie getroffen haben, oder kam die Vorgabe vom „stern“?

 

Harald Schmitt: Eine Farbgeschichte musste vorher von der Chefredaktion angesagt werden. Farbe wurde extra produziert und brauchte auch Wochen Vorlauf. Man konnte nicht so schnell eine Farbgeschichte ins Blatt heben. Es wurde dann vorher gesagt: Wir wollen das aber in Farbe haben.

 

Anna Schmidt: Kann man sagen, welche Geschichten das waren? Was das Besondere an diesen Geschichten war?

 

H.S.: Ja. Das waren dann natürlich keine aktuellen Geschichten. Das war z.B. der Spreewald oder so, also elegische Geschichten, vor allem über die Landschaft.

 

P.H.: Wir haben im Deutschen Historischen Museum die Ausstellung „Farbe für die Republik“ besucht. Dort waren Farbfotos aus der DDR von den zwei Fotografen Martin Schmidt und Kurt Schwarzer ausgestellt. In dem Zusammenhang haben wir diskutiert, welchen anderen Effekt Farbfotografie hat.

 

H.S.: Farbe ist versöhnlicher, nicht? Farbe ist eigentlich angenehmer.

 

P.H.: Wir haben auch mit der Kuratorin Carola Jüllig gesprochen.[3] Sie meinte, dass unser Bild von der DDR schwarz-weiß sei.

 

H.S.: Ja, da hat sie recht.

 

A.S.: Aber würden Sie sagen, dass nicht spezifisch das Bild der DDR, sondern generell das Bild dieser Zeit schwarz-weiß war?

 

H.S.: Es war eigentlich alles Schwarz-Weiß. Es sei denn, man machte eine − es hieß dann immer −„große Farbe“. Dann hatte man auch mehr Zeit, um daran zu arbeiten. Man muss ja mehr auf das Licht achten.

 

P.H.: Wann hat sich das geändert? Ab wann war Farbfotografie die Norm?

 

H.S.: So ab 1983/84. Da gibt es ein gutes Beispiel. Ich habe den Zusammenbruch der Tschechoslowakei fotografiert. Die Bilder sind im „stern“ auch nicht erschienen, weil wir das in Schwarz-Weiß gemacht haben. Da hieß es in der Chefredaktion, es sehe dort ja aus wie in der DDR, weil das von der Anmutung genauso war. Also ist es einfach nicht erschienen, und die Redaktion hat Bilder in Farbe besorgt, die wir gar nicht hatten, weil Farbe nicht angesagt war. Eine Zeit lang haben wir beides gemacht: Wir hatten immer zwei Kameras umgehängt: eine für Farbe, eine für Schwarz-Weiß. Das hat sich aber nicht bewährt, weil man das Foto letztlich immer in der falschen Farbe macht. Also wenn man gerade Farbe fotografiert, denkt man, verdammt, das wäre in Schwarz-Weiß besser gewesen und umgekehrt. Irgendwann hieß es dann: entweder Farbe oder Schwarz-Weiß.

 

A.S.: Sie haben im Seminar[4] erwähnt, dass Sie nicht gerne mit Blitz fotografieren.

 

H.S.: Weil es die Stimmung kaputt macht. Es ist ja eine bestimmte Stimmung im Raum, eine Lichtstimmung. Und mit Blitz fährt man da rein, und dann sieht alles gleich aus. Ich finde es schöner, wenn man die Atmosphäre, die in einem Raum herrscht, noch mit rüberbringt. Das sagt ja auch viel aus. Mit Blitz ist es immer gleich.

 

A.S.: Hatten Sie denn Kontakt zu anderen Fotografen aus der DDR?

 

H.S.: Ja, viel. Zu eigentlich allen, die besser waren. Also zu den bekannteren Fotografen, die z.B. für die „Sibylle“[5] gearbeitet haben.

 

P.H.: Haben Sie große Unterschiede feststellen können, wie deren Arbeitsalltag aussah im Vergleich zu Ihrem?

 

H.S.: Die haben davon profitiert, dass wir uns kannten. Zum Beispiel wäre der Kalender für Interflug nie erschienen, wenn der Fotograf nicht mit mir befreundet gewesen wäre. Denn ich habe die Dias mit nach West-Berlin genommen. Sie wurden dort entwickelt und vergrößert. Anschließend habe ich sie wieder zurück gebracht, und es wurde ein schöner Interflugkalender daraus. Ich habe aber auch von den Fotografen profitiert, weil sie ein unglaubliches Fachwissen hatten, sehr viel wussten vom Background und der Technik aus Frankreich oder Amerika. Sie kannten sich aus, was so passiert in der Welt in ihrem Bereich.

 

A.S.: Gab es viele Journalisten aus dem Westen, die eine ständige Akkreditierung oder ein Visum wie Sie für die DDR hatten?

 

H.S.: Es gab zur gleichen Zeit vielleicht zehn. Und als Fotograf war ich der Einzige. Später kam noch einer dazu, Rudi Meisel.[6] Aber in den ersten Jahren war ich der Einzige, der als Fotograf akkreditiert war.

 

A.S.: Hatten Sie damals auch Anfragen von anderen Zeitschriften?

 

H.S.: Nein, das ging nicht, weil ich beim „stern“ angestellt war. Ich habe auch mal für das Kunstmagazin „art“ fotografiert, das gehörte ja zum gleichen Verlag. Das wurde aber irgendwann untersagt. Für „Geo“ habe ich auch mal etwas gemacht, das wurde mit der Begründung unterbunden, wenn der „stern“ schon das Gehalt bezahlt, kann man nicht für „Geo“ arbeiten, obwohl es im gleichen Haus erscheint.

 

P.H.: Woher haben andere Zeitschriften die Bilder aus der DDR bekommen?

 

H.S.: Wenn eine „stern“-Geschichte erschienen ist, dann wurde sie weltweit angeboten. „Time“, „Newsweek“, „Epoca“ und so weiter. Die haben dann oft die ganze Reportage gekauft. So gingen die Bilder weiter.

 

A.S.: Wie kamen die Fotos von Ost-Berlin nach Hamburg?

 

H.S.: Mit dem Flugzeug. Das war ja noch in der Zeit, als wir nicht digital fotografierten. Ich habe die Filme ins West-Berliner Büro gebracht. Dort hat sie ein Bote abgeholt und nach Hamburg geliefert, wo sie entwickelt wurden. Ich bekam immer einen Abzug zugeschickt. So konnte ich sagen, dass z.B. 79 2 37 Negativ 12 gut zu dem Thema wäre, dann wurde das vergrößert. Das hat auch den Vorteil, dass die Bilder, die ich gemacht habe, alle sehr gut beschriftet sind. Ich glaube, das ist das A und O, das macht kaum ein Fotograf. Manchmal habe ich über mich selbst lachen müssen.

Bei meiner ersten Geschichte war ich in Kreuzberg, das war meine erste Farbgeschichte. Ich habe einen alten Mann fotografiert, der in der Moschee betete. In Hamburg fragte mich Gill,[7] was der da mache. Ich sagte, das sei ein alter Mann, der in der Moschee betet. Er sagte: „Das sehe ich auch. Aber wer kommt denn eigentlich für seinen Unterhalt auf? Zahlt das die Bundesregierung, zahlt das Berlin, schleppen seine Kinder ihn durch? Wovon lebt er? Der wird doch nicht nur beten.“ „Das weiß ich nicht.“ Und er meinte: „Das verstehe ich nicht, dass Sie da nicht nachgefragt haben.“ Seitdem war mir klar, dass es nicht um Blende XY geht, sondern, dass man wissen muss, was man da macht, und nicht nur draufdrückt. Das ist der Unterschied zwischen Fotograf und Fotoreporter, wie wir uns nannten, dass wir Journalisten sind und mehr wissen müssen.

 

P.H.: 1983 wurde Ihr Visum in der DDR nicht mehr verlängert. Wissen Sie genau, warum?[8]

 

H.S.: Das ist eine lange Geschichte. Hauptsächlich ging es um die Hitler-Tagebücher, die im „stern“ erschienen sind. Die sollten aus der DDR kommen. Ich wurde nach Hamburg beordert. Dort hieß es, ich hätte bis nachmittags Zeit, um festzustellen, ob das, was er [Gerd Heidemann] sagt, der Wahrheit entspräche, und wie er an diese Tagebücher gekommen sei. Er hatte behauptet, dass der Leiter des kleinen Heimatmuseums in Börnersdorf[9] diese Tagebücher habe. Sein Bruder sei bei der Staatssicherheit, und wenn herauskäme, von wem er die Bücher bekommen habe, dann würde die Staatssicherheit seine Kinder umbringen. Ich bin von Hamburg mit dem Auto nach Börnersdorf gefahren. Es gab aber nur ein Arbeitermuseum dort, das am ersten Mittwoch des Monats von 16-17 Uhr geöffnet hatte. Irgendwie stimmte das alles nicht. Ich habe dann die Schwester von Konrad Kujau gefunden, der sich damals Fischer nannte, das war die Frau des Heizers aus diesem Museum. Ich habe beide unter Druck gesetzt und ihnen gesagt, dass der Fernseher, der dort stehe, doch vom „stern“ bezahlt worden sei und sie nicht ihren Bruder decken könne. Doch sie hat alles abgestritten und damit gedroht, die Polizei zu rufen. Ich habe ihr gesagt, dass sie es doch sei, die etwas verberge. Hinterher hat sie das der Staatssicherheit gemeldet, ebenso ihr Bruder, bei dem lief das ähnlich ab. Die haben natürlich in ihrer Aussage so getan, als ob sie von nichts wüssten. Aber sie wussten genau Bescheid, was ihr Bruder, also Kujau, gemacht hatte. Das war schließlich der Grund für meine Abberufung.

Dann hatten wir noch ein sogenanntes Attentat auf Erich Honecker.

 

P.H.: Durch Paul Eßling.[10]

 

H.S.: Genau. Und so etwas durfte es im Sozialismus nicht geben, dass man auf das Staatsoberhaupt schießt. Der schreibende Kollege Dieter Bub musste daraufhin das Land verlassen, innerhalb von 48 Stunden. Dies hätte die Schließung des Büros bedeutet, obwohl so etwas nach KSZE-Richtlinien eigentlich nicht möglich gewesen wäre. Dann gab es die Vereinbarung, dass, wenn ich abgezogen werde, zwei neue Leute in die DDR einreisen können. Also wurde ich von Hamburg abberufen. Dementsprechend stimmt es nicht, dass mein Visum nicht verlängert wurde, vielmehr wurde ich auf Druck abgezogen.

 

P.H.: Zu dem sogenannten Attentat selbst: Waren Sie dabei? Haben Sie es gesehen?

 

H.S.: Der schreibende Kollege hatte einen Hinweis bekommen, dass in Klosterfelde angeblich jemand auf Honecker geschossen habe. Die Staatssicherheit hätte denjenigen dann gleich erschossen, hieß es, einen Ofensetzer aus Berlin. Wir haben uns gedacht: Wenn man schon Ofensetzer angibt, dann muss etwas an der Sache dran sein, wenn schon eine Berufsbezeichnung fällt und auch ein genaues Datum. Ich glaube, es war der 31. Dezember. Also haben wir uns einen Mietwagen genommen. Unsere Autos hatten nämlich blaue Nummernschilder anstatt weiße. Jeder Polizist hätte sofort gesehen: Journalist, Westdeutschland − an der Nummernkonstellation QA für die Bundesrepublik und an der Zahl 57 für Journalist. Wir sind nach Klosterfelde gefahren und zum Friedhof gegangen, um zu gucken, wer da am 31. Dezember gestorben ist. Eine alte Frau sagte uns, dass hier einiges los gewesen sei. Der Mann wäre sofort verbrannt worden. Da war uns klar, dass an der Geschichte etwas dran ist. Wir sind in eine Kneipe. Dort haben auch alle erzählt, wie er tot auf der Straße gelegen habe, bis jemand sagte, man solle den Toten endlich abdecken, da die Kinder zeitnah aus der Schule kommen würden. Wir haben auch erfahren, wo die Familie lebte, und sie besucht, um dann die Geschichte zu schreiben. Der Sicherheitschef von Honecker hat 2014 ein Buch geschrieben, das habe ich vor zwei Wochen gelesen. Darin schreibt er, dass Paul Eßling sich selbst gerichtet habe. Wir haben geschrieben, dass die Staatssicherheit ihn erschossen hätte.[11]

 

A.S.: Nun zur Fotografie zurück. Als wir im DHM die Ausstellung „Farbe für die Republik“ besucht haben, kam eine Diskussion auf. Die Kuratorin behauptete, dass die Fotos, die da gezeigt werden, keine Kunst seien.

P.H.: Es gab die Aussage, dass die Fotografen ihre Bilder nicht als Kunstobjekte, sondern einfach als Handwerk verstanden hätten. Uns interessiert jetzt, wie Sie zu Ihrer Arbeit stehen.

 

H.S.: Ich habe das immer auch als Handwerk verstanden. Aber wenn ich sehe, was so alles unter dem Mantel Kunst ausgestellt wird, frage ich mich oft, was denn daran Kunst sein soll. Ich sage es mal so: Ein gutes Reportagefoto zu machen ist schon eine Kunst. Wenn man versucht, in drei Fotos oder fünf − je nachdem, wie viele Bilder veröffentlicht werden − ein komplexes Thema zusammenzufassen und in einem Bild möglichst viel zu erzählen, dann ist das schon sehr, sehr schwer. Und das ist, glaube ich, nicht nur Handwerk. Die meisten Reporter sagen: Das, was wir machen, ist Handwerk, das ist keine Kunst. Aber ich glaube und unterstelle mal, dass man das bewusst sagt, aber etwas anderes denkt.

Es gibt natürlich auch Kunstfotos, die große Klasse sind. Das ist schon eine andere Dimension. Es werden Bilder mit einem Wert von über einer Million Euro gehandelt. Aber die sind wirklich exzeptionell, das hat auch seine Berechtigung.

 

A.S.: Ich habe gelesen, dass Sie nur beim „World Press Photo Award“ teilgenommen haben und bei keinem anderen Fotowettbewerb. Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere daran?

 

H.S.: Das ist das Schwierigste. Man hat Konkurrenz aus mindestens 100 Ländern, es gibt ungefähr 100.000 eingeschickte Bilder. Und wenn man sich da durchsetzt und einen Preis bekommt, dann heißt das schon was. Man kann mit Glück vielleicht einmal gewinnen, man kann mit Glück zweimal gewinnen. Aber so viel Glück kann man dann nicht mehr haben. Es gibt, glaube ich, eine Fotografin, die sieben Preise hat. Mit sechs Preisen gibt es dann schon ein paar, ich weiß nicht, wie viele. Das ist schon sehr schwer. Früher gab es, wenn die Bilder in der Endauswahl gescheitert sind, wenn man sozusagen den vierten, fünften Platz erreicht hat, noch eine Urkunde. Das gibt es seit Jahren nicht mehr. Das freute einen natürlich auch. Dann wusste man, dass man nur knapp gescheitert war. Andere Wettbewerbe haben mich nie interessiert. „World Press“ ist so etwas wie der Oscar für Fotografen.

 

P.H.: Wir haben jetzt viel über die Vergangenheit geredet. Wie hat sich, Ihrer Einschätzung nach, die professionelle Fotografie durch die weite Verbreitung der privaten, technisch sehr versierten Fotografie verändert? Mittlerweile sind gute Kameras für jeden erschwinglich.

 

H.S.: Vor allen Dingen kann es heute jeder, es ist ja kein Beruf mehr. Früher war das ein Beruf, und heute ist es so leicht: Jeder macht seine Fotos mit einem Handy. Die Kameras sind so gut, selbst die billigen Kompaktkameras für 300 Euro machen tolle Bilder. Man drückt drauf und fertig. Aber ein Foto hat keinen Wert mehr. Ganz schrecklich sind diese Selfies, die jetzt jeder von sich selbst macht. Aber das ist halt Mode, dagegen kann man nichts machen. Mir tut das so weh, denn ein Foto zu machen, ist Arbeit. Da steckt richtig viel Arbeit drin, was man, wenn man sich nicht damit beschäftigt, gar nicht weiß. Dann denkt man, der fährt da irgendwo hin, knipst ein bisschen herum und hat dann halt Bildchen gemacht. Aber das ist schon viel mehr. Man ist froh, wenn man jeden Tag ein druckbares Bild macht, und man ist froh, wenn man am Jahresende zwei Bilder hat, die über den Tag hinaus Bestand haben. Alles andere fällt durch den Rost.

 

A.S.: Haben Sie denn ein besonderes Lieblingsbild? Oder mehrere?

 

Kokoschka küsst Zuckmayer (1976)

Alte Freunde: Oskar Kokoschka küsst Carl Zuckmayer – Abzug mit Kokoschkas Widmung (1976)
© Harald Schmitt, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung. Abdruck in: Harald Schmitt: Auf den Punkt – 33 Jahre als Fotoreporter für den „stern“, Addison-Wesley Verlag München 2011, S. 81

H.S.: Das von Kokoschka und Zuckmayer, das ist, glaube ich, mein Lieblingsbild. Weil das so eine Nähe hat: diese Begegnung der beiden alten Männer. Ich habe auch Carl Zuckmayer kurz vor seinem Tod noch einmal getroffen und ein Porträt von ihm gemacht. Als er es erhielt, schrieb er, dass dies das großartigste Altersporträt von ihm sei, das es gäbe. Ich habe ihn vor seinem Tod noch einmal besucht, und es war einfach bewegend.

 

P.H.: Gab es noch eine andere Persönlichkeit, die Sie besonders beeindruckt hat?

 

A.S.: …oder ein Thema?

 

H.S.: Am stärksten berührt haben mich die dioxinverseuchten Kinder in Vietnam.[12] Wir sind mit einer Gruppe aus Düsseldorf hingeflogen. Der Leiter der Organisation hat dort die Kinder ausgesucht, die mit nach Deutschland kommen durften. Und das war das Emotionale: das Aussuchen. Ich selbst habe keine Kinder. Er durfte nur zwölf mitnehmen, und da waren ungefähr hundert. Die Eltern wollten, dass ihre Kinder mitkamen, damit sie wieder gesund werden könnten. Und dann musste man sagen: „Nein, bei dem hat es gar keinen Sinn mehr, weil der sowieso bald stirbt!“ Das hat der Leiter entschieden, wir natürlich nicht. Aber wir standen daneben und redeten abends mit ihm. Manche Eltern nahmen ihn zur Seite und wollten ihm Geld geben. Obwohl der Leiter das Kind erst nicht mitnehmen wollte, nahm er es schließlich doch noch mit, weil es so schwer krank, aber noch zu retten war. Das Geld hat er nicht genommen.

 

Vietnamesisches Kind mit verkrüppelten Armen (1989)

Vietnamesisches Kind mit verkrüppelten Armen (1989)
© Harald Schmitt, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung. Abdruck in: Harald Schmitt: Auf den Punkt – 33 Jahre als Fotoreporter für den „stern“, Addison-Wesley Verlag München 2011, S. 203

Dann hat man plötzlich zehn Kinder und ist mit denen im Flugzeug unterwegs. Sie sitzen in Rollstühlen und können nicht laufen, man trägt sie hinein und heraus aus dem Flugzeug. Wir übernachteten in Bangkok, und die Kinder fuhren nachts Rennen auf dem Flur im Hotel. Das war wirklich sehr schön. Ich glaube, das war die Geschichte, die mich am meisten berührt hat.

 

A.S.: Wenn Sie die Menschen fotografieren, fragen Sie dann vorher um Erlaubnis?

 

H.S.: Nein. Ich fotografiere erst, und dann frage ich. Erst einmal das Foto haben! Früher habe ich das anders gemacht – und bereut: Einmal ging es um Sexualität in Indien. Das ist ein Thema, was nur sehr, sehr schwer zu bebildern ist. Ich habe dort junge Männer fotografiert. Die waren besonders schrecklich, weil sie die jungen Mädchen unter Druck setzten und sagten: „Wenn du nicht mit mir schläfst, dann trenne ich mich von dir!“ Und sobald sie das Mädchen haben, lassen sie es liegen. Für die ist das ein Spiel! Ich hatte diese Männer schon für ein Foto szenisch aufgebaut, da kam der schreibende Kollege. Wir waren am Strand. Er rief: „Da hinten küsst sich ein Paar im Wasser.“ Ich wollte es nicht glauben, das hatte noch keiner in Indien gesehen, dass man sich in der Öffentlichkeit küsst. Es war ein junges Paar, vielleicht so um die dreißig Jahre alt. Sie standen im Wasser, umarmten und küssten sich. Und ich Idiot bin da hin und habe gefragt. Der Mann hätte mich fast umgebracht. Ich vermute mal, er war nicht der Ehemann. Da habe ich mich wirklich geärgert, dass ich nicht erst drauf gedrückt und dann gefragt habe.

 

P.H.: Haben Sie die Rechte an Ihren Bildern?

 

H.S.: Ja, die liegen bei mir. Der „stern“ hat ein Druckrecht, die haben ja alles bezahlt. Aber die Negative liegen bei mir. Das ist ein altes, verbrieftes Recht.

 

A.S.: Herr Schmitt, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

 

[1] Sven Simon war das Synonym von Axel Springer junior.

[2] Der „World Press Photo“-Wettbewerb wird von der 1955 gegründeten „World Press Photo Foundation“ durchgeführt. Einmal im Jahr werden die besten Fotos in zehn Kategorien ausgezeichnet. Er gilt als der renommierteste Fotowettbewerb der Welt. http://www.archive.worldpressphoto.org (10.02.2015)

Ausgezeichnete Beiträge von Harald Schmitt:

1974: http://www.archive.worldpressphoto.org/search/layout/result/indeling/detailwpp/form/wpp/start/5/q/ishoofdafbeelding/true/trefwoord/photographer_formal/Schmitt%2C%20Harald

1976: http://www.archive.worldpressphoto.org/search/layout/result/indeling/detailwpp/form/wpp/start/4/q/ishoofdafbeelding/true/trefwoord/photographer_formal/Schmitt%2C%20Harald

1987: http://www.archive.worldpressphoto.org/search/layout/result/indeling/detailwpp/form/wpp/start/3/q/ishoofdafbeelding/true/trefwoord/photographer_formal/Schmitt%2C%20Harald

1997: http://www.archive.worldpressphoto.org/search/layout/result/indeling/detailwpp/form/wpp/start/2/q/ishoofdafbeelding/true/trefwoord/photographer_formal/Schmitt%2C%20Harald

1999: http://www.archive.worldpressphoto.org/search/layout/result/indeling/detailwpp/form/wpp/start/1/q/ishoofdafbeelding/true/trefwoord/photographer_formal/Schmitt%2C%20Harald

2001: http://www.archive.worldpressphoto.org/search/layout/result/indeling/detailwpp/form/wpp/q/ishoofdafbeelding/true/trefwoord/photographer_formal/Schmitt%2C%20Harald

[3]    Die Kunsthistorikerin Carola Jüllig kuratierte die Ausstellung „Farbe für die Republik. Auftragsfotografie vom Leben in der DDR“ für das Deutsche Historische Museum 2014, http://www.dhm.de/ausstellungen/farbe-fuer-die-republik.html (10.2.2015).

[4]    Harald Schmitt war vor dem Interview Gast in der Übung „Fotografie und Geschichte“ des 6. Jahrgangs des Masterstudiengangs Public History der Freien Universität Berlin.

[5]    „Sibylle“ war eine Modezeitschrift in der DDR, die von 1956 bis 1995 erschien. Besonders beliebt waren ihre Fotostrecken, die von namhaften Fotografen abgelichtet wurden.

[6]    Rudi Meisel arbeitete als Fotograf für viele Zeitungen und Zeitschriften, so etwa für den „Spiegel“ und „The Economist“. Zur Zeit der deutschen Teilung lag der Schwerpunkt seiner Fotografie auf dem Alltag in der Bundesrepublik und DDR. Heute ist er als Architektur-, Porträt- und Reportagefotograf tätig.

[7]    Rolf Gillhausen war Fotograf und Journalist. Er gründete das Magazin „Geo“ und war von 1980 bis 1984 Chefrdakteur des „stern“; siehe http://www.visual-history.de/2014/11/24/der-blattmacher-rolf-gillhausen (10.02.2015).

[8]    In der Seminarsitzung hatte Harald Schmitt bereits ausführlich von seiner Überwachung durch die Staatssicherheit berichtet. In der seit November 2013 eröffneten Ausstellung „Alltag in der DDR“ in der Kulturbrauerei Berlin sind Teile dieser Akte ausgestellt.

[9]    Börnersdorf ist ein Ortsteil der Stadt Bad Gottleuba-Berggießhübel im Bundesland Sachsen.

[10]  Paul Eßling geriet am 31. Dezember 1982 in Klosterfelde bei Wandlitz in eine Schießerei mit Polizisten aus Honeckers Wagenkolonne und kam selbst ums Leben, vermutlich durch Selbstmord. Die Geschichte wurde knapp zwei Wochen später im „stern“ veröffentlicht und als Anschlagsversuch auf Honecker gewertet (Magazin Nr. 3, 13.1.1983).

[11]  Bernd Brückner: An Honeckers Seite. Der Leibwächter des ersten Mannes, Berlin 2014. Bernd Brückner arbeitete ab 1976 als Leibwächter von Erich Honecker.

[12]  Die Geschichte erschien 1979 im „stern“.

 

Harald Schmitt (*1948)

1969 – 1972 Sportfotograf bei der Agentur Frinke in München

1972 – 1974 Politischer Fotograf bei der Agentur Sven Simon in Bonn

1974 – 1975 Star Agency in Paris und Nizza

1975 – 1977 Fotoagentur Sven Simon in Bonn

1977 – 2011 Festangestellter Fotoreporter des Magazins stern in  Hamburg

seit 2011 freischaffender Fotoreporter in Hamburg

Quelle: http://www.visual-history.de/2015/03/30/dann-muss-etwas-an-der-sache-dran-sein/

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CODE 6: Andrew Prescott about Big Data in the Arts and Humanities

The amount of data that is produced is growing exponentially. By now, Big Data is a buzz word in many fields and disciplines. Widely discussed not only in industry and academia, as well in the public sector. But what is Big Data? And are we witnessing a shift: Is there a »Big Data moment«? Andrew Prescott is a trained medieval historian and professor of Digital Humanities. In this interview we talk about the history of Big Data and some theoretical and methodical consequences for the Arts and Humanities.

Quelle: http://codinghistory.com/podcast/code6/

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