Research Seminar on the History and Theory of Photography 2015: Photographic Appearances

Foto: © Peter Piller, VG Bild-Kunst/Design: 1 sans serif, Berlin (http://www.peterpiller.de)
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Call for Papers

Photographs appear in an abundance of forms – as negatives, copies, project, in exhibitions, in magazines and photo books. What distinguishes these manifold forms of materialisation and mediatisation of photography from one another? What are their core specifics, to what extent do they interlock? Who are the decisive actors in the actualisation of these individual forms? What precisely are the areas of change, and in what ways has change taken place? What are the innovations digitalisation brought to the mostly complex constellations of image producers and recipients? And what are the consequences of the recent interest in photo books for exhibitions of the same images?

In 2015, the Research Seminar on the History and Theory of Photography will be dedicated to studying the materialisations and mediatisations of photography in all of its contexts of production and reception. The five-day event will provide 15 PhD candidates and Post-Docs with an opportunity to present their research, seminars, discussion panels, visits to eminent collections, exchange with curators and artists.

We welcome applications by any PhD candidates and Post-Docs working on this subject. Applications should include a research summary (up to 3,000 characters) as well as a CV and should be submitted to berg@fotomarburg.de by April 7, 2015.

The conference languages are German and English. The grant will cover preparatory material, accommodation, and a travel allowance.

 

With Elizabeth Edwards (Photographic History Research Centre, De Montfort University, Leicester),

Martin Hochleitner (Kunstuniversität Linz/Salzburg Museum),

Susanne Holschbach (Universität der Künste Berlin),

Hubert Locher (Philipps-Universität Marburg/German Documentation Center for Art History – Bildarchiv Foto Marburg),

Angela Matyssek (Philipps-Universität Marburg),

Alexander Streitberger (Université catholique de Louvain/Lieven Gevaert Research Centre for Photography)

and Peter Piller.

 

Further information

In collaboration with the German Photographic Association (DGPh).
Supported by the Department of Art History at Philipps-Universität Marburg, Art Collection Deutsche Börse, Frankfurt/Eschborn, Fotografie Forum Frankfurt, as well as the MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt.
Financed by the Volkswagen Foundation.

Corinna Berg
Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto
Marburg
Biegenstr. 11, 35037 Marburg

0049 6421/28 23676
0049 06421/28 28931
berg@fotomarburg.de

Studientage für Fotografie – Erscheinungen der Fotografie
http://www.fotomarburg.de/aktuelles/events/studientage2015

 

 Bildarchiv

Quelle: http://www.visual-history.de/2015/03/05/research-seminar-on-the-history-and-theory-of-photography-2015-photographic-appearances/

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DH Summit 2015: Tagung über zukünftige Entwicklung von digitalen Forschungsinfrastrukturen

Pressemitteilung der Georg August Universität Göttingen (Nr. 53/2015 – 05.03.2015)

Digitale Geisteswissenschaften oder auch „Digital Humanities“ (DH) – dieser Begriff umfasst den systematischen Ausbau digitaler Sammlungen und Objekte sowie die Entwicklung computergestützter Auswertungs- und Nutzungsverfahren für die geistes- und kulturwissenschaftliche Forschung und Lehre. Zentrales Thema des DH Summit 2015 am 3. und 4. März 2015 in Berlin war die zukünftige Entwicklung von digitalen Forschungsinfrastrukturen für die Geistes- und Kulturwissenschaften. Rund 300 Experten aus Wissenschaft und Politik waren der Einladung der beiden Forschungsinfrastrukturprojekte „Digital Research Infrastructures for the Arts and Humanities“ (DARIAH-DE) und „TextGrid – Virtuelle Forschungsumgebung für die Geisteswissenschaften“ gefolgt. Die von der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) koordinierten Projekte werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt rund 20 Millionen Euro gefördert.

c367ca1274ca61b9778ad43df13c1435Im Mittelpunkt der von der SUB Göttingen und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin organisierten Tagung stand die Frage, wie die digitalen Geistes- und Kulturwissenschaften sich künftig ausrichten und wie digitale Forschungsinfrastrukturen sie dabei umfassend unterstützen können. „Digitale Forschungsinfrastrukturen tragen maßgeblich dazu bei, die Kooperation der Fachwissenschaftler über Länder- und Disziplingrenzen hinweg zu unterstützen“, betonte BMBF-Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen in ihrer Eröffnungsansprache. „So entstehen ganz neue Forschungsfragen, und die digitalen Geisteswissenschaften finden schnell Anschluss an die Entwicklungen der digitalen Transformation von Wissenschaft und Gesellschaft.“

Als groß angelegte Verbundprojekte zum Aufbau von digitalen geistes- und kulturwissenschaftlichen Forschungsinfrastrukturen unterstützen DARIAH-DE und TextGrid Forscherinnen und Forscher mithilfe neuer IT-gestützter Methoden und Verfahren. Dazu zählt zum Beispiel die Entwicklung neuer, digitaler Werkzeuge für Kooperationen unterschiedlichster Art. „Dies erst ermöglicht den standortunabhängigen und disziplinübergreifenden Austausch sowie die gemeinsame Auswertung, Bearbeitung und Publikation von Erkenntnissen und Forschungsdaten und trägt zu einer lebendigen Diskurs-Kultur auch in den Geisteswissenschaften bei“, so Dr. Heike Neuroth, Leiterin der SUB-Abteilung Forschung und Entwicklung und Projektleiterin von DARIAH-DE und TextGrid.

Die Präsentationen der Tagung sind im Internet unter www.dhsummit2015.de zu finden, weitere Informationen zu DARIAH-DE und TextGrid unter de.dariah.eu und www.textgrid.de.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4781

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Ehen vor Gericht: Bilanz und Ausblick eines Forschungsprojekts

Vortrag im Rahmen der Reihe Geschichte am Mittwoch und des Jour fixe des Instituts für die Erforschung der Frühen Neuzeit
Ort: Universität Wien – Institut für Geschichte, HS 45

Zeit: Mittwoch, 11. März 2015, 18.30 s.t. – 20.00 Uhr

Abstract
Im Rahmen des FWF-Forschungsprojekts „Ehen vor Gericht” (P20157-G08) haben wir uns in den letzten drei Jahren intensiv mit der Ehegerichtsbarkeit des Erzherzogtums Österreich unter der Enns vom ausgehenden 16. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Unsere Aufmerksamkeit galt insbesondere jenen Gerichtsprozessen, welche die Beendigung (Verfahren in puncto Scheidung von Tisch und Bett sowie in puncto Nichtigkeit der Ehe) beziehungsweise die Fortführung des ehelichen Zusammenlebens unter bestimmten Bedingungen (Cohabitierungsverfahren) zum Inhalt hatten. Neben der Vielfalt an Konfliktfeldern, welche die Eheleute beziehungsweise deren Anwälte vor Gericht zum Thema machten, interessierten wir uns vor allem für die den Streitparteien zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten und die Frage, welche Faktoren und Kategorien diese erweiterten oder beschränkten. In den Fokus gerieten damit auch die regional und zeitlich sehr unterschiedlichen Bestimmung des Ehegüter- und des Erbrechts. In den in Kernuntersuchungsabschnitte unterteilten drei Jahrhunderten konnten die Ehekonflikte von über 2.100 Ehepaaren eruiert werden. Die primäre Quellenbasis bildeten die Protokollbücher der bis 1783 zuständigen Kirchengerichte sowie die Gerichtsakten der nach 1783 für Ehescheidungen zuständigen weltlichen Gerichte.
Der Vortrag gibt einen Einblick in die Arbeitsweise des Forschungsteams und zieht eine (Zwischen-)Bilanz über die gewonnenen Erkenntnisse.


Quelle: https://ehenvorgericht.wordpress.com/2015/03/05/ehen-vor-gericht-bilanz-und-ausblick-eines-forschungsprojekts/

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Ö1-Hörbilder zur Geschichte des Frauenstudiums an der Uni Wien

Andreas Kloner hat ein Radio-Feature zur Geschichte des Frauenstudiums an der Uni Wien gestaltet; ausgestrahlt wird es am Samstag, 7.3.2015, 9:05-10:00 auf Ö1:

Fräulein Doktor, oder: 120 Jahre Besserwisserin. 1365 wurde die Alma Mater Rudolphina gegründet, ein halbes Jahrtausend später kamen die ersten Frauen an die Universität Wien.

Der Tageszeitung "Illustrirtes Wiener Extrablatt" war es Anfang April 1897 ein Titelbild wert: Mehrere Personen mit ihren Promotionsurkunden in Händen lauschen der feierlichen Rede des Universitätsrektors. Alle frisch gebackenen Doktoren tragen Frack, bis auf eine kleine, zierliche, beinahe unscheinbare Person, die ebenfalls in der Reihe der Geehrten Aufstellung genommen hat: Es ist die 37 Jahre alte österreichische Ärztin Dr. Gabriele Possanner von Ehrenthal, die den Abschluss ihres Medizinstudiums an der Universität Wien wiederholen musste. Ein bereits abgeschlossenes Studium an der Universität in Zürich war in ihrer Heimat nicht anerkannt worden. 1897 schaffte sie es als erste Frau überhaupt an einer österreichischen Universität zu promovieren - etwa ein halbes Jahrtausend nach Gründung der Wiener Alma Mater im Jahr 1365.

Warum Frauen immer mehr darauf drängten, ebenso wie Männer ein Studium zu absolvieren und in typische Männerberufe vorzudringen, wie die damalige Gesellschaft darauf reagierte und vor allem wie kreativ Männer ihr Gehirnschmalz einzusetzen wussten, um weibliche Konkurrenz zu verhindern, davon erzählt dieses Feature.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022403832/

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Back to the future? Public history and the new academic citizen

Public history is a tricky thing to define, its very elusiveness serving as a reason for historians to regard it with suspicion. The act of definition is problematic, however, for more important reasons than semantics. …

English

Public history is a tricky thing to define, its very elusiveness serving as a reason for historians to regard it with suspicion. The act of definition is problematic, however, for more important reasons than semantics. It sets ‘public history’ apart from ‘history’ in way that has never applied to other specialisations, such as social, economic, Black or women’s history.  One important reason for this is that definitions of public history tend to rely on making distinctions between what happens – and belongs – inside these places called universities and the world beyond their walls. Creatively adapting the concept of ‘academic citizenship’ might offer us a way to think past this fundamental issue.

 

 

The possibilities of citizenship

‘Citizenship’ is a useful term as it’s capacious.  It implies belonging, and suggests an array of rights and responsibilities, some of which may be prominent and widely valued, while others hold varying levels of importance to different groups. As historians, we are connected and have responsibilities to many people: to our colleagues; to our students; to our networks and audiences, now increasingly global.  The idea of citizenship allows us to belong to a very broad and inclusive historical community, and yet commit our energies to different activities and conversations within it. What we focus on would change over time (as it does now).  Career development and institutional circumstances both have an influence, as do the particular professional relationships and collaborations that come about along the way. Rather than ‘public history’ being what happens outside the university, it can become an expression of our citizenship – one way of practising as a historian, and one that many may experience over the course of a career. ‘Academic citizenship’ is not a new concept by any means, nor is it without its problems.  The term has generally captured the ethical conduct understood to be essential in models of collegial self-government.  Being a ‘good citizen’ involves, among other things, serving on internal boards and committees, supporting early-career staff and offering comments and advice on colleagues’ work. Educationalists, particularly in the USA, have been marking its decline in universities over the last twenty or so years – often connecting this to the emergence of a mass higher education system and a ‘managerialist’ culture inside institutions.[1] Public history and academic citizenship face similar sets of challenges but can, I think, help each other, to mutual benefit.

Third leg, third class?

One of the main problems for academic citizenship is that it involves functions that are ‘non-core': functions that are essential for intellectual vitality and procedural integrity, but don’t necessarily bring professional recognition and reward. This remains a problem if we extend our understanding of citizenship to embrace our work outside the academy. In many countries, ‘third leg’ funding has been incentivising/coercing universities (depending on your point of view) to add innovation and knowledge transfer to their foundational purposes of teaching and research. But, again, recognition is an issue. Some universities do have promotion routes for academics who excel in their engagement with wider worlds. We are still a way, however, from such appointments offering a passport to broader professional standing. Public history can all too easily become the ‘third leg’ of the discipline of history: probably important, even dynamic and pioneering, but ‘non-core’.  The complaint I once heard at a conference – to weary nods of the head from everyone else present – was that public history was expected to ‘carry’ community engagement and student employability in an academic department. The public historian can claim specialist status with some justification, but s/he is declaring ownership of territory at the periphery: largely uncontested, and often offering little in the way of prizes recognised beyond its own borders.  Even public history’s rather tenuous status as the latest trend – connected, at least in the UK, to a research assessment system that accords quality ratings for ‘impact’ – has not yet changed the basic power relations. The future of public history should be ambitious; being a ‘third leg’ or a territory on the periphery of the discipline has little to recommend it.  Similarly, academic citizenship has the potential to mean so much more than obligations, accepted reluctantly (where they cannot be avoided, or displaced onto others).  I’m not suggesting special pleading.  The declaration ‘we’re historians too!’ suggests a status anxiety we need not have.  Or it might imply a willingness to retreat from the some of the core values that made us interested in ‘history in public’ in the first place.

Public history and ‘public purpose’…

This could, now, be public history’s moment to show its worth – but not as yet another specialism (or a third leg).  Instead, it can offer a way of approaching not only historical practice, but also academic practice more broadly. This task requires some fresh thinking, but it can also draw on a reinvention of our own history.[2] Historians relish reminding others that things that appear new seldom are.  We might do well not only to heed that advice ourselves, but also pursue its implications (as indeed we expect politicians to do when we provide the long view on a current policy problem). We could look back to the late nineteenth and early twentieth centuries, when historians such as John Robert Seeley (1834-1895) in Britain and Benjamin Shambaugh (1871–1940) in the US were prominent advocates of history’s ‘public purpose’.[3]

…for a new academic citizenship?

What it means to be an academic is changing, as are the expectations that our students, our institutions and the wider world have of us.  Professional history’s rich heritage of ‘public purpose’ – which public historians are uncovering – is one of the important resources on which the discipline can draw in reimagining academic citizenship. Another is historians’ alertness to the problematic aspects of ‘citizenship’ in general. For example, we’ve queried the nation as the natural source of human belonging; we’ve challenged (and historicised) borders; we’ve explored, alongside others, the intensely political nexus of education and national identity. If we now take on the challenge of recasting academic citizenship, we won’t be coming intellectually empty-handed. A third, and vital, resource is the culture and ethos of public history, a more recent manifestation of the idea that the past has important uses in society.  Public history brings an openness to the value of different perspectives.  Its practitioners rarely work alone, but through collaboration and conversation: with other disciplines and professionals; with our partners, networks and audiences.  This inclination for cooperation is surely an asset in a world in which academic citizenship can no longer be delimited by campus boundaries. Now is the time for all those who practise and care about history to mobilise their resources to develop new models of academic citizenship: to make the past work for the future.

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Literature

  • Justin Champion, ‘What are historians for?’, in: Historical Research, vol. 81 Issue 211, pp. 167-188
  • Pamela Cox, ‘The future uses of history’, in: History Workshop Journal, vol. 75, issue 1, pp. 125-145
  • Graeme Davison, ‘Paradigms of public history’, in: Australian Historical Studies, vol. 24, issue 96, pp. 4-15

External links

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[1] ‘Managerialism’ is a complex and contested concept, but is broadly definable as an ideologically-conditioned approach to the running of public sector organisations using managerial techniques from business.  It is associated in a British context particularly with the Conservative governments of Margaret Thatcher (1979-1990) and the introduction of market systems to public services. See for example: Clark Kerr, ‘Higher Education cannot escape history: issues for the twenty-first century’, New York: State University of New York Press 1994; Paul Thompson, Phillipe Constantineau & George Fallis, ‘Academic citizenship: an academic colleagues’ working paper’, in: Journal of Academic Ethics (2005) 3, pp. 127-142; Bruce Macfarlane, ‘The Disengaged Academic: the Retreat from Citizenship’, in: Higher Education Quarterly, vol. 59, No. 4, (2005), pp 296-312.
[2] James M. Banner, ‘Being a historian’, Cambridge: Cambridge University Press 2012.
[3] John Tosh, ‘Public History, Civic Engagement and the Historical Profession in Britain’, in: History (2014), pp. 191-202; Rebecca Conard, ‘Benjamin Shambaugh and the intellectual foundations of public history’, Iowa City: University of Iowa Press 2002.

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Image Credits
© Gabriele Bauer  / pixelio.de.

Recommended Citation
Green, Alix: Back to the future? Public history and the new academic citizen. In: Public History Weekly 3 (2015) 7, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3590.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

Deutsch

Public History zu definieren ist ein heikles Unterfangen, ihre Undefinierbarkeit dient vielen HistorikerInnen als Grund, sie mit Argwohn zu betrachten. Der Akt der Definition ist schwierig, vor allem aus gewichtigeren als rein semantischen Gründen. ‘Public History’ wird in einer Weise von ‘Geschichte’ abgesetzt, die für andere Spezialisierungen wie Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Black History oder der Frauengeschichte nie angewendet wurde. Ein wichtiger Grund dafür ist der, dass die Definitionen von Public History dazu tendieren, Unterscheidungen zu machen: zwischem dem, was innerhalb jener Orte geschieht, die wir “Universitäten” nennen, und dem, was zu jener Welt ausserhalb ihrer Mauern zählt. Eine kreative Adaption des Konzepts  ‘academic citizenship‘ könnte einen Weg ebnen, um dieser grundlegenden Frage auf den Grund zu kommen.

 

 

Möglichkeiten der Citizenship

Citizenship‘ ist aufgrund seiner Weitläufigkeit ein nützlicher Begriff. Er impliziert Zugehörigkeit und suggeriert eine Reihe von Rechten und Pflichten, von denen einige herausragen und weithin geschätzt werden, andere dagegen werden von unterschiedlichen Gruppen her auf verschiedene Art geschätzt. Als HistorikerInnen stehen wir mit vielen Menschen in Beziehung und sind gegenüber verpflichtet sind: unseren KollegInnen, unseren Studentinnen, aber auch unseren Netzwerken und Zielgruppen, die heute zunehmend global ausgerichtet sind. Die Idee der Citizenship ermöglicht es uns, zu einer sehr breit angelegten und umfassenden historischen Gemeinschaft zu gehören; und dennoch verwenden wir unsere Energien auf ganz unterschiedliche Aktivitäten und Kommunikation innerhalb derselben. Womit wir uns beschäftigen, würde sich im Laufe der Zeit ändern (so wie das auch jetzt geschieht). Karriereentwicklung und institutionelle Umstände haben beide einen Einfluss, ebenso wie die speziellen beruflichen Beziehungen und Kooperationen, die sich ergeben. Anstatt dass Public History sich außerhalb der Universitäten ereignet, könnte es zum Ausdruck unserer Citizenship werden – Ausdruck unserer Tätigkeit als HistorikerInnen, aber auch etwas was viele von uns vielleicht im Laufe ihrer Laufbahn erleben. Eine Academic Citizenship ist keineswegs ein neues Konzept unter Verwendung von irgendwelchen Mitteln, noch ist sie völlig unproblematisch. Ganz allgemein umfasst der Begriff das ethische Verhalten, das als unerlässlich in Modellen der kollegialen Selbstverwaltung gilt. Ein ‘guter Bürger’ zu sein beinhaltet neben vielem anderen auch die Teilnahme an internen Gremien und Ausschüssen, die Nachwuchsförderung, sowie Kommentare und Ratschläge erteilen zur Arbeit unserer KollegInnen. BildungswissschaftlerInnen, besonders in den USA, stellen den Niedergang dieser Citizenship an den Universitäten seit den letzten zwanzig Jahren fest – und verbinden diesen oft mit der Bildungsexpansion und einer “managerialistischen” Kultur innerhalb der Institutionen.[1] Public History und die Academic Citizenship sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, aber sie können sich, so denke ich zumindest, gegenseitig helfen und beiderseitig unterstützen.

Drittmittel oder drittklassig?

Eines der Hauptprobleme der Academic Citizenship ist, dass sie Funktionen beinhaltet, die keinem “Kerngeschäft” zugeordnet werden können: Diese Funktionen sind essentiell für die intellektuelle Vitalität und für verfahrensmäßige Integrität, doch führen sie nicht zwangsläufig zu beruflicher Anerkennung und Status. Dies bleibt ein Problem, wenn wir unser Verständnis von Citizenship auf unsere Arbeit außerhalb der akademischen Kreise erweitern. In vielen Ländern wurden für die Universitäten durch sogenannte Drittmittelfinanzierung Anreize/Zwangssituationen (je nach Sichtweise) geschaffen, Innovation und Wissenstransfer zu den grundlegenden Zwecken der Forschung und Lehre hinzuzufügen. Aber, um es noch einmal zu betonen, Anerkennung ist ein Problem. Einige Universitäten haben mittlerweile Förderprogramme für AkademikerInnen geschaffen, die sich durch vorbildlichen Einsatz in der ‘Außenwelt’ auszeichnen. Public History kann so leicht zu einem “dritten Standbein” der Geschichtswissenschaft werden: vermutlich wichtig, auch dynamisch und zukunftsweisend, aber eben nicht ihr “Kerngeschäft”. Eine Beschwerde, die ich einmal auf einer Tagung zu hören bekam – ein müdes Kopfnicken allerseits war vernehmbar —, bestand aus der Erwartung an die Public History, einerseits für die Disziplin zu werben und zugleich eine zukünftige Kooperation mit lokalen historischen Gesellschaften sicherzustellen. Ein Public Historian kann zu Recht seinen/ihren Status der Spezialisierung behaupten, aber er/sie wird seinen Bereich an der Peripherie des historischen Feldes behaupten: dies ist weitestgehend unbestritten, bietet jedoch wenig Möglichkeiten, um Anerkennung jenseits der eigenen Grenzen zu bekommen. Eher dürftig ist dagegen der Status, der mit der Public History als neuestem Trend verbunden ist – nicht zuletzt herrscht innerhalb des Vereinigten Königreichs ein System der Zuordnung von Forschungsgüte, das gesellschaftliche Relevanz als Qualitätsmaßstab bewertet – und damit die herrschenden Machtverhältnisse unangetastet lässt. Die Zukunft der Public History sollte ehrgeizig sein; bloß ein “drittes Standbein” am Rand der Disziplin zu sein, hat damit nur wenig zu tun. Ebenso hat die Academic Citizenship das Potenzial als weit mehr zu gelten, als lediglich eine Reihe von Verpflichtungen, die bloß widerwillig akzeptiert werden (wo sie nicht vermieden bzw. an andere abgegeben werden können). Ich schlage kein besonderes Plädoyer vor. Die Erklärung, “dass wir auch Historiker sind!” unterstellt uns eine Statusangst, die wir nicht zu haben brauchen. Es ließe sich daraus nämlich auch die Bereitschaft zu einem Rückzug aus unserem Hauptinteresse ableiten, das sich in erster Linie der Ergründung der ‘Geschichte in der Öffentlichkeit’ widmet.

Public History und “öffentlicher Zweck”…

Dies könnte nun der Moment sein, in dem die Public History ihren Wert aufzeigt – jedoch nicht bloß als eine weitere Spezialisierung (oder als ein drittes Standbein). Vielmehr kann sie eine Herangehensweise anbieten, nicht nur an die historischer Praxis, sondern im weiteren Sinne an die akademische Praxis. Diese Aufgabe erfordert eine neue Denkweise, aber es kann auch auf eine neue Erfindung der eigenen Geschichte hinauslaufen.[2] HistorikerInnen stellen gerne klar, dass bereits alles zu einem Thema gesagt wurde, somit kein Bedarf an neueren Ansätzen besteht. Wir hingegen tun gut daran zu beachten, nicht nur unseren eigenen Rat zu folgen, sondern auch dessen langfristigen Auswirkungen zu verfolgen (wie wir es übrigens auch von der Politik erwarten, die mit Weitsicht aktuelle politische Probleme behandeln soll). Wir können uns dabei auf das späte 19. und das frühe 20. Jahrhundert berufen, als in Großbritannien Historiker wie John Robert Seeley (1834-1895) und in den Vereinigten Staaten Benjamin Shambaugh (1871-1940) zu prominenten Vertretern des ‘öffentlichen Zwecks’ von Geschichte wurden.[3]

… für eine neue Academic Citizenship?

Was es bedeutet, Akademiker zu sein, ist im Wandel begriffen, ebenso wie sich die Erwartungen unserer StudentInnen, unserer Institutionen und der ganzen Welt verändern. Das vielfältige Erbe des “öffentlichen Zwecks” von Geschichte – das die Public Historians aufdecken – ist eine der wichtigsten Ressourcen, auf denen die Disziplin eine Academic Citizenship aufbauen kann. Daneben gibt es noch die Wachsamkeit der Historiker gegenüber den problematischen Aspekten der ‘Citizenship‘ im Allgemeinen. Beispielsweise haben wir die Nation als natürlichen Quell menschlicher Zugehörigkeit infrage gestellt; wir haben Grenzen infrage gestellt (und historisiert); wir haben, wie auch andere, die ausgeprägte Verbindung von Bildung und nationaler Identität untersucht. Wenn wir nun die Herausforderung einer Neufassung der Academic Citizenship annehmen, werden wir keinesfalls mit leeren (intellektuellen) Händen dastehen. Eine dritte entscheidende Ressource ist die Kultur und das Ethos der Public History. Diese manifestiert die Idee, dass die Vergangenheit auf wichtige Arten und Weisen in der Gesellschaft zur Anwendung gelangt. Public History eröffnet auf diese Weise den Wert von verschiedenen Perspektiven. Jene, die Public History praktizieren, arbeiten selten allein, sondern stehen in enger Zusammenarbeit und im Austausch mit anderen Disziplinen und Fachleuten; mit unseren Partnern, Netzwerken und unserer Zielgruppen. Dieser Hang zur Zusammenarbeit ist gewiss ein Vorteil in einer Welt, in der Academic Citizenship nicht länger auf die Grenzen eines Campus begrenzt bleiben kann. Es ist jetzt die Zeit für all diejenigen angebrochen, die ihr Schaffen und Interesse auf Geschichte ausgerichtet haben, ihre Ressourcen zu mobilisieren, um neue Modelle der Academic Citizenship zu entwickeln: Es geht darum, die Vergangenheit für die Zukunft nutzbar zu machen.

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Literatur

  • Champion, Justin: What are historians for? In: Historical Research 81, Ausg. 211, S. 167-188
  • Cox, Pamela: The future uses of history. In: History Workshop Journal 75, Ausg. 1, S. 125-145
  • Davison, Graeme: Paradigms of public history. In: Australian Historical Studies 24, Ausg. 96, S. 4-15

Externe Links

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[1] ‘Managerialismus‘ ist ein komplexes und umstrittenes Konzept , aber im Großen und Ganzen definierbar als ideologischer Ansatz für die Organisation eines Staates mit Managementmethoden aus der Wirtschaft . Es ist im britischen Kontext vor allem mit den konservativen Regierungen von Margaret Thatcher (1979-1990) und der Einführung von marktwirtschaftlichen Prinzipien im öffentlichen Sektor verbunden. Vgl. Kerr, Clark: Higher Education cannot escape history: issues for the twenty-first century. New York 1994; Thompson, Paul / Constantineau, Philippe / Fallis, George: Academic citizenship: an academic colleagues’ working paper. In: Journal of Academic Ethics (2005) 3, S. 127-142; Macfarlane, Bruce: The Disengaged Academic: the Retreat from Citizenship. In: Higher Education Quarterly 59 (2005) 4, S. 296–312.
[2] Banner, James M.: Being a historian. Cambridge 2012.
[3] Tosh, John: Public History. Civic Engagement and the Historical Profession in Britain, in: History (2014), S. 191-202; Conard, Rebecca: Benjamin Shambaugh and the intellectual foundations of public history. Iowa City 2002.

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Abbildungsnachweis
© Gabriele Bauer  / pixelio.de.

Empfohlene Zitierweise
Green, Alix: Zurück in die Zukunft? Public History und der neue akademische Bürger. In: Public History Weekly 3 (2015) 7, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3590.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.


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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/3-2015-7/back-to-the-future-public-history-and-the-new-academic-citizen/

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arthistoricum.net: Caricature. Satirezeitschriften und Karikaturen

http://www.arthistoricum.net/themen/portale/caricature/ Die Karikatur spiegelt wie kaum ein anderes Medium menschliche, gesellschaftliche und politische Themen der Zeit und macht sich über diese lustig, amüsiert, belehrt, klagt an oder übt Kritik. Aufgrund der Vielseitigkeit ihrer Themen dient sie unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen als Quelle oder Forschungsgegenstand, dazu gehören unter anderem Kunst-, Geschichts-, Medien-, Politik- und Sozialwissenschaft. Das Themenportal CARICATURE […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2015/03/5707/

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Warum Archive alt sein müssen – Gedanken zum 2. Jahrestag unseres Universitätsarchivs

Was meinen Sie, geschätzter Leser, geschätzte Leserin, wenn Sie von „Ihrem Archiv“ sprechen? Meinen Sie damit vielleicht Ihre Fotoalben oder über die Jahre zusammengetragene Zeitungsausschnitte? Haben Sie vielleicht ein „Briefmarkenarchiv“, oder ist ein Archiv für Sie gar gleichbedeutend mit einer Sammlung? Dann meinen wir mit „Archiv“ etwas Grundverschiedenes. Archiv und Sammlung, das ist wie Tag und Nacht, wie Licht und Schatten. Beide gehören zwar irgendwie zusammen, unterscheiden sich aber in ganz wesentlichen Bereichen eklatant. Weisen Sammlungen eher in Richtung Museum, vielleicht als „Dokumentenmuseen“, bestehen legitim aus für sich selbständigen, quasi isolierten Einheiten, so richten Archive ihr Augenmerk auf die Bewahrung von Kontexten, von Information über Zusammenhänge, Vorgänge des Verwaltungshandelns, auf die Sicherung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Handlungen des Archivträgers. Sie sammeln nichts, sondern sie empfangen. Sie empfangen die kontinuierlichen Aussonderungen der Akteure ihres Trägers und bereiten sie für die öffentliche Nutzung vor. Ziel ist die Sicherung der Erforschbarkeit und die Rechtssicherung, die der Rechte des Trägers und der Rechte Dritter an den Träger. Dann, und nur dann, kann es sich um Archive im öffentlich-rechtlichen und im Sinn der Archivwissenschaft handeln. Dass diese Archivbestände zusätzlich durch Sammlungen ergänzt werden können, dient der weiteren Erhellung des Archivs und des Wirkens von dessen Träger. Diese Sammlungen müssen sich in eine sinnvolle Gesamtstruktur – Archivare sprechen hier von „Tektonik“ – einbauen lassen. Kurzum: Archive archivieren Kontexte. Dies sei dem Folgenden zum besseren Verständnis vorausgeschickt.

Das bayerische Archivgesetz legt eine so genannte „Schutzfrist“ von dreißig Jahren fest, die von der Entstehung eines Dokuments an vergangen sein müssen, damit es einem Archivbesucher vorgelegt werden darf. Ähnliche Fristenregelungen gibt es in den übrigen Bundesländern und beim Bund. Ursprünglich – und damit meine ich die Zeit des Aufkommens von Archivgesetzen in Deutschland, also die Jahre 1988 bis 1997 – wurde diese Zeitspanne mit dem Erfordernis zur Wahrung des Amtsgeheimnisses und der Unbefangenheit behördlichen Handelns gerechtfertigt. In der Begründung zum Bayerischen Archivgesetzt vom 18.zehn.1988 (Landtagsdrucksache 11/8185) heißt es dazu: „[…] Nach dreißig Jahren kann im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß eine Gefährdung öffentlicher und privater Belange weitgehend ausgeschlossen und eine Vorlage des Archivguts zur Benützung in der Regel unbedenklich ist. […]“. Mit dem Aufkommen der Informationsfreiheitsgesetze wurde (und wird) dem der Grundsatz der Öffentlichkeit von Verwaltungsinformation entgegengestellt. Sie treten in Konkurrenz mit den archivgesetzlichen Regelungen und scheinen dabei über kurz oder lang den Sieg davonzutragen und die Relevanz der so genannten „allgemeinen Schutzfrist“ aufzuheben. Immerhin enthalten einige Landesarchivgesetze längst nurmehr eine derartige Schutzfrist von zehn Jahren. Der Berliner Jurist Batholomäus Manegold forderte in seinem Vortrag über die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen öffentlicher Archive in Deutschland auf dem 81. Deutschen Archivtag 2011 in Bremen die Aufhebung dieser Schutzfrist. Sie sei verfassungsrechtlich problematisch und verletze als „prinzipielle Schranke und allgemeine Sperre ohne Ansehen des Archivgutes“ die Forschungsfreiheit. Wenn diese Fragen auch eher selten auf der hohen Ebene des Verfassungsrechts erörtert werden, so gibt die Konkurrenz mit den Informationsfreiheitsgesetzen den Archivträgern doch genügend Anlass, zumindest mittelfristig eine Anpassung an die zu beobachtende Rechtsentwicklung vorzunehmen.

Offen und spannend bleibt die Frage, im Rahmen welcher Nutzungsvorhaben und welcher Nutzungsarten in einer vielleicht nicht allzu fernen Zeit verminderter Zugangseinschränkungen auf die jüngsten archivalischen Unterlagen zugegriffen werden wird. Die Forderung nach Zugang und Unterstützung der Forschungsfreiheit sagt ja noch nichts darüber aus, mit welchen methodologischen Instrumentarien die Interpretation solch junger Quellen vorgenommen werden soll. Natürlich haben die Zeithistoriker ihre quellenkritischen Methoden, die der relativen Unabgeschlossenheit dokumentierter Prozesse gerecht werden können. Allerdings ist dieser Nutzerkreis und überhaupt die qualifizierte wissenschaftliche Nutzung in den meisten Archiven – von den Big Players abgesehen – eher in der Minderheit, der gegenüber die so genannten nicht wissenschaftlichen Nutzungsarten überwiegen. Die Möglichkeit, Quellen unzureichend kritisch zu interpretieren, eine Möglichkeit, die die Archivare als Gefahr ansehen, kann nun dadurch mitverursacht sein, dass die erforderliche Quellenkritik auf Grund der fehlenden zeitlichen Distanz nicht geübt werden kann. Was dann noch bleibt, sind Deutungsprognosen oder Faktenlistungen, wobei selbst die Auswahl der Fakten, die des Listens wert gehalten würden, objektiv fragwürdig bleiben dürfte. In der archivarischen Praxis gesellt sich diesem Problem das der fragmentarischen Überlieferung und das damit eng verbundene der oft eigenwilligen Aussonderungspraxis der Schriftgutbildner bei. Heute verhält es sich so, dass Entwicklungen, die noch nicht länger als dreißig bzw. zehn Jahre her sind, schon allein auf Grund der Quellenlage in den Archiven nur lückenhaft untersucht werden könnten, selbst wenn es keine Schutzfristen gäbe. Aus dieser jüngsten Zeit liegen vielfach zwar Ergänzungsüberlieferungen, etwa in Form von jüngst erworbenen Nachlässen, oder Dokumentationsbestände wie Pressedokumentationen vor. Das Herzstück der archivalischen Überlieferung aber, die Akten der Institutionen, für die das jeweilige Archiv als verantwortlich bestimmt ist, befinden sich noch in den Büros der Sachbearbeiter oder im günstigsten Fall in den Registraturen der Behörden. Warum? Weil die darin enthaltenen Vorgänge von den federführenden Stellen noch nicht als sicher abgeschlossen angesehen werden, oder weil zumindest ein Wiederaufgreifen eines Vorgangs noch nicht ausgeschlossen erscheint. Daraus folgt, dass ihrer historischen Interpretierbarkeit noch gewisse Grenzen gesetzt sind. Und das selbst dann, wenn mittels eines Informationsfreiheitsgesetzes dem Einsicht Begehrenden der Weg bis hinein in die Amtsregistraturen gebahnt wäre, wie es ja in einigen Bundesländern durchaus bereits der Fall ist.

Viel bedeutsamer als die Unterstützung der Forschungsfreiheit könnte das Informationsrecht als bürgerliches Recht zur Kontrolle des Exekutivhandelns sein, das in der – wenn auch im Laufe der Zeit unterschiedlich motivierten – Verpflichtung der öffentlichen Verwaltung zu Transparenz und Nachvollziehbarkeit ihres Handelns bereits seit dem 19. Jahrhundert eine befähigende Grundlage vorfindet. Dies hat aber nichts mit wissenschaftlicher Forschung, sondern mit Justitiabilität bei gleichzeitigem Bezug zur jeweils aktuellen Gegenwart zu tun.

Kürzlich machte mich ein wissenschaftlicher Assistent vom hiesigen Lehrstuhl für Neueste Geschichte auf eine Pressemitteilung vom November 1983 aufmerksam, auf die er bei Archivrecherchen gestoßen war. In ihr kündigt die Universität mit viel vorgeschossenem Lob und großer Freude den Historiker Ernst Nolte als Referent in Bayreuth an. Darin findet sich eine zeitgenössische Wertung der wissenschaftlichen Bedeutung dieses Mannes, die in der akademischen Community und in der Gesellschaft nur wenige Jahre später aus einem völlig veränderten Licht heraus ganz anders ausfiel. Sprechen wir heute von bedeutsamen Gründungen und Events der jüngsten Vergangenheit, so kann doch erst die Zukunft zeigen, was an ihnen bleibend nennenswert sein wird, und welche Bedeutung sie im Kontext tatsächlich erlangten. Zeitgeschichtsschreibung in diesem Sinne muss sich im Besonderen dessen bewusst sein, dass sie mit ihren Darstellungen selbst Quellen erschafft, die von nachfolgenden Generationen als Ausdruck historisch-zeitgenössischer Wahrnehmung der historischen Gegenwart interpretiert werden.

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(Pressemitteilung der Universität Bayreuth vom 25.11.1983; zum Vergrößern auf das Bild klicken!)

Geschichtsdeutung auf der Basis interpretierbarer Quellen verlangt Zeugnisse abgrenzbarer Prozesse. Sie verlangt Knoten und Bänder von Ereignissen, Handlungen und Beziehungen. Die Archivare sprechen vom inneren „archival bond“, das einen Vorgang zu Akte macht. Erst dann lassen sich Handlungen überblicken, Zusammenhänge verstehen und Wirkungen deuten, wenn eine Sichtweise auf etwas in zu definierendem Maße Abgeschlossenes aus hinreichender Distanz möglich ist. Wenn auch nicht jede Beschäftigung mit Geschehnissen aus der Zeit nach der großen Pest des 14. Jahrhunderts in klischeegenerierter Mediävistenmanier als journalistische bezeichnet werden muss, so ist dennoch mit dieser Distanz freilich zuallererst eine zeitliche gemeint. Archiv kommt von αρχειν, nicht von αρχαιος, wie oft vermutet wird. Dennoch ist es das Alter, das die Archivreife mit sich bringt. Alter wird gemeinhin heute als etwas Relatives empfunden, und es geht die Redensart um, man sei (nur) so alt, wie man sich fühle. Unter der Prämisse, den Begriff des Alters in Relation zum jeweiligen Forschungsthema dehnbar zu halten, lässt sich nach dem Gesagten die in der Überschrift formulierte These, erst „alte“ Archive seien zur vollen Auswertbarkeit ausgereift, wohl bestätigen.

In fast allen Beständen des Universitätsarchivs befinden sich Unterlagen, die jünger als dreißig Jahre sind, viele jünger als zehn Jahre. Das Herzstück, die Akten der zentralen Verwaltung, der größte und systematischste Bestand, endet derzeit 1989 und wird vereinbarungsgemäß künftig im Fünfjahresrhythmus ergänzt. Zur Bildung weiterer zentraler Bestände fehlt es noch an Aussonderungen. Aus dem Wissenschaftsbereich liegen Inselbestände vor, die die Tätigkeit einzelner Stellen auch über längere Zeiträume belegen (z.B. Institut für Sportwissenschaft oder BayCEER-Abteilung Mikrometeorologie oder auch der Lehrstuhl Musikwissenschaft im Forschungsinstitut für Musiktheater). Die Dichte der Überlieferung hat demnach noch weithin die Struktur eines Schweizer Käses, was nach erst zwei Betriebsjahren allerdings auch kaum anders zu erwarten ist. Nichtsdestoweniger soll uns das ein Ansporn sein, den betretenen Weg weiterzugehen und so auch unserem dritten Jahrestag mit unvermindertem Eifer entgegenzuschreiten.

Das Universitätsarchiv hat am 1. März 2013 seinen Betrieb aufgenommen.
Übersicht über die Bestände im Universitätsarchiv Bayreuth: http://findbuch.uni-bayreuth.de/Akzessionsverzeichnis/index.htm

Quelle: http://unibloggt.hypotheses.org/389

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Blog Befreiung 1945

Nach einiger Zeit der Ruhe beginnt hier vielleicht doch wieder neues Leben. Als erstes möchte ich auf einen neuen Blog hinweisen der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten. In einer Mitteilung heißt es:

"Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
 
zum 70. Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung haben niedersächsische Gedenkstätten, Vereine und Einzelpersonen unter der Adresse http://blog.befreiung1945.de eine Website erarbeitet, auf der seit dem 27. Februar täglich bis zum 8. Mai Ereignisse vorstellt werden, die sich vor 70 Jahren in Nordwestdeutschland ereignet haben. Die Beiträge werfen exemplarisch Schlaglichter auf Verbrechen, die Angehörige von SS, Gestapo, Polizei, Wehrmacht und Volkssturm, aber auch Zivilisten in den letzten Tagen des Krieges begangen haben.

[...]

Quelle: http://digireg.twoday.net/stories/1022403723/

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Celebrity Deathmatch: Erwartungshaltungen an zwei Bloggerreisen

In der linken Ecke des Kampfrings springt der französische Maler Gustave Courbet schon ungeduldig hin und her; in der rechten Ecke steht ihm sein Landsmann, der Künstler Paul Gauguin, angriffslustig gegenüber. Ihre wütenden Blicke treffen sich schon. Gleich ertönt die Ringglocke… Doch die beiden Zeitgenossen werden jetzt hier nicht wirklich aufeinander losgelassen. Anders als in der MTV-Show Celebrity Deathmatch werden wir also nicht mit ansehen, wie die beiden Künstler sich gegenseitig ihre Malutensilien um die Ohren hauen, sich wüst auf Französisch beschimpfen oder sich an ihren Bärten ziehen. … Celebrity Deathmatch: Erwartungshaltungen an zwei Bloggerreisen weiterlesen

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/2782

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