Anzac Day und Centenary des Ersten Weltkriegs – Australien zelebriert seinen Gründungsmythos

Das Grab des Unbekannten Soldaten unter dem Arc de Triomphe, Photo Michael Reeve, 29. Januar 2004 2011 präsentierte die National Commission on the Commemoration of the Anzac Centenary das Ergebnis der dreijährigen Ausarbeitung eines Programms zum „Centenary“ des Ersten Weltkriegs, das hier einzusehen ist. Das Centenary ist zugleich  der hundertste Jahrestag des Anzac, des Australian and New Zealand Army Corps, welches in der politisch-historischen Erinnerungskultur Australiens einen zentralen Platz als Gründungsmythos der heutigen australischen Gesellschaft und als Quelle der „national values“ einnimmt. Dementsprechend finden beispielsweise alljährlich am Anzac-Day, dem 25. April, zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt, die besonders in den letzten Jahren von einer wachsenden Zahl von Teilnehmern besucht werden. Von daher kann es nicht überraschen, dass für die Jahre 2014-2018 ein umfangreiches Programm mit zahlreichen Veranstaltungen unterschiedlicher Reichweite geplant ist, für das die australische Bundesregierung ein Budget von 83 Mio. Dollar bereitstellt.   Der Erste Weltkrieg als nationaler Gründungsmythos …   Der erste Weltkrieg hat für das australische Selbstverständnis eine vergleichbare Bedeutung wie für die französische V. Republik: Es wurzelt im Ersten Weltkrieg – der moderne australische Gründungsmythos fußt auf dem Engagement des Anzac in Gallipoli und an der Westfront. Seine zwei Kernpunkte sind eng mit dem Anzac verbunden: Erstens – der offiziellen Lesart zufolge – trat hier Australien zum ersten Mal als geschlossene Nation und souveräner Faktor auf – und zwar von Anfang an an der Seite Neuseelands. Damit verbunden ist zweitens der „Anzac spirit“, die Gesamtheit der „national values“ Australiens, die sozusagen im Treibhaus des Krieges entstanden und für die australische Gesellschaft ein „ideal to strive for“ bilden. Das Erlebnis einer gesamtaustralischen Leidensgemeinschaft im Krieg trug  zur nationalen Integration bei. Im Centenary 2014-18 soll dieser Gründungsmythos beschworen werden. In dem vielseitigen Programm werden daher alle nationalen Akteure mobilisiert. Vor allem auf Bildungs- und Forschungsprogramme an Schulen und Universitäten wird ein Schwerpunkt gelegt. Ziel dabei ist es, nicht nur die Geschichte des Anzac und des Ersten Weltkriegs, sondern auch australische und Weltgeschichte zu thematisieren, im Sinne einer der Hauptaussagen des Reports: „It is antizipated that this will help australians understand who we are as a nation.“1 Das Programm sieht in diesem Sinne die Mobilisierung aller Bereiche des öffentlichen Lebens vor: Im Report findet sich ein breites Angebot nationaler geschichtspolitischer Symbole und Initiativen, die die Bevölkerung zur Teilnahme aufrufen – auf lokaler Ebene von der Benennung von Plätzen und Straßen nach Kriegshelden, kulturellen Veranstaltungen wie Tanz- und Theateraufführungen oder dem Prägen von Münzen bis hin zu Projekten auf bundesstaatlicher Ebene wie dem Renovieren und Zusammenstellen von Museen und Ausstellungen, Re-enactments und der besonderen Würdigung und Akzentuierung von „commemorative dates“ wie dem 4. August 2014 (Beginn des Krieges), 25. April 2015, dem Nationalfeiertag und Anzac-Day, dem Jahrestag der Gallipoli-Landung und dem 25. April 2018, Jahrestag der Schlacht von Villers-Bretonneux. Eine Spezifität der australischen Planung ist es, im Vorfeld die Bevölkerung weitestmöglich einzubeziehen. Durch einen veritablen “Call for Submissions” wurden bereits im Jahr 2010 die Australier aufgefordert, ihre Ideen zu den Gedenkfeierlichkeitend des Centenary einzusenden. Dass tatsächlich 1500 Vorschläge in 600 Einsendungen eingingen, zeigt, dass dieses Angebot auf reges Interesse stieß. Nicht zu Unrecht nennt der Rapport Zimet das australische Programm ein „ambitieux document“ und würdigt die Australischen Vorbereitungen ausdrücklich als am weitesten gediehen. … und internationales Integrationsangebot Die geografische Lage der für Australien relevanten Gedenkorte (Gallipoli, Nordfrankreich) bettet die australischen Initiativen zwangsläufig in die europa- beziehungsweise weltweit geplanten Gedenkfeierlichkeiten ein. Schon in den ersten Vorbereitungsphasen fanden daher internationale Treffen zwischen Botschaftern und Wissenschaftlern statt, um die Gedenkinitiativen international zu koordinieren. Es sind zahlreiche Forschungsprojekte und Kooperationen geplant. Obwohl das Gedenken an einen Weltkrieg kaum in einem nationalen Rahmen bleiben kann und eigentlich jedes bisher vorgestellte Programm großen Wert auf Internationalität und Vernetzung legt, gibt es eine „mémoire partagée“ der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts nur bedingt – wie besonders am Beispiel Frankreich-Deutschland deutlich wird, die dem Ersten Weltkrieg eine sehr unterschiedliche Bedeutung beimessen. Auch Australien richtet seine Identifikations- und Integrationsangebote viel eher nach innen, auf die eigene Nation und ihren Platz in der Welt. Trotzdem ist das Anzac-Centenary-Programm auch als internationales Integrationsangebot zu lesen, denn es legt – wenn auch vordergründig mit Blick auf das eigene Land – einen starken Fokus auf die Leidensgemeinschaft der Opfer und die aus dem Krieg zu ziehenden pazifistischen Lehren. In diesem Punkt gibt es einen weitgehenden Konsens, der den Weg zu gemeinsamen Gedenkinitiativen öffnen kann. Dem scheinen kaum Schranken zu stehen, verzichten doch alle Staaten auf die Thematisierung politisch sensibler Bereiche wie etwa der Kriegsschuldfrage. Außerdem kann aus einem der Kernelemente des Anzac-Mythos – die Schicksalsgemeinschaft mit einem anderen Land, Neuseeland – eine internationale Perspektive abgeleitet werden. Es wird interessant sein zu sehen, welche Teile des Programms umgesetzt werden und wie beziehungsweise ob durch den fortschreitenden internationalen Austausch die in nationalen Narrativen wurzelnden Denkinitiativen modifiziert werden. 1 Australian Government Department of Veterans’ Affairs (Hg.): How Australia may commemorate the Anzac Centenary. The National Commission on the Commemoration of the Anzac Centenary, 2011, vii.    

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/656

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Studientag in Sedan « Le Patrimoine de la Grande Guerre à Sedan et ailleurs. Quels enjeux? »

Denkmal auf dem Friedhof Saint-Charles in Sedan Im März 2012 gab die Stadt Sedan bekannt, das Deutsche Kriegerdenkmal in Sedan aufgrund seines schlechten Zustandes abreißen zu wollen. Daraufhin hatten mehrere französische und deutsche Historiker mit einem von Nicolas Offenstadt initiierten offenen Brief an die Stadtregierung gegen den Abriss protestiert.   In Anbetracht des bevorstehenden „Centenaires“ des Ersten Weltkrieges 2014 stellt sich die Frage, wie eine deutsch-französische Gedenkpolitik – die bislang weitgehend fehlt – zukünftig aussehen soll und wie Frankreich mit dem deutschen Kriegserbe umgehen will. Am 22. Juni werden daher mehrere französische und deutsche Historiker, darunter Antoine Prost, André Loez, Nicolas Offenstadt und Arndt Weinrich, in Sedan an einem Studientag zur Frage  « Le Patrimoine de la Grande Guerre à Sedan et ailleurs. Quels enjeux? » teilnehmen. Das Programm ist hier einzusehen: Sedan programme    

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/602

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Kollaborative Bibliographie zum Ersten Weltkrieg


Auf der Website der International Society of First World War Studies ist seit März 2012 eine kollaborative Bibliographie zum Ersten Weltkrieg einzusehen. Die Bibliographie wird unter Federführung von Franziska Heimburger (EHESS, Paris) von mehreren Forscher/innen als internationale Gruppenbibliographie unter Zotero erstellt. Sie enthält derzeit knapp 2200 Titel, die überwiegend englisch- und französischsprachig sind. Die inhaltliche Erschließung erfolgt über ein Kategoriensystem, das an die Sektionen der einführenden Studie “A Companion to World War I” von John Horne angelehnt ist. Damit ist die Datenbank geeignet, um  neu in das Thema einzusteigen wie auch um zu einem bestimmten Teilaspekt eine Übersicht über aktuelle Literatur zu erhalten.

Die Bibliographie ist außerdem komplett über die Zotero-Gruppenseite zugänglich.  Zotero-Nutzer können dort der Gruppe beitreten, die vorhandenen Titel in die eigene Bibliographie übernehmen und dort auch weiter bearbeiten, sowie weitere Titel zur Bibliographie hinzufügen. Diese werden in Echtzeit auf der Seite der Society of First World War Studies angezeigt. Über ein Formular auf der Website können auch Nicht-Zotero-Nutzer neue Titel anmelden. Aufgrund der hohen Zahl an Neuerscheinungen zum Thema ist gerade für den Ersten Weltkrieg eine kollaborative Bibligraphie sinnvoll.

Um auf dem Laufenden zu bleiben, können die neu hinzugefügten Titel über RSS-Feeds abonniert werden. Die Gruppe twittert unter dem Nutzernamen @FWWbib. Weitere Informationen zur Arbeit mit der Bibliographie in englischer Sprache finden sich hier.

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/580

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Tagebücher der französischen Truppeneinheiten 1914-1918 online

Das französische Militärarchiv in Vincennes hat die Tagebücher der französischen Truppeneinheiten im Ersten Weltkrieg digitalisiert. Über 18.000 Marsch- und Operationstagebücher der Landstreitkräfte mit über 1,5 Mio Seiten, 300.000 Seiten der Luftwaffe sowie weitere 1,5 Mio Seiten der Bordtagebücher der Marine sind so im Volltext erschlossen und stehen als Digitalisate auf der Website des Verteidigungsministeriums online zur Verfügung. Die Seiten können über einen Katalog abgefragt werden. Die Suche nach Namen, einer Einheit, einem Gebäude, einer Schlacht ist genauso möglich wie die Suche nach einem Ort, einer Region oder einem Ereignis. Die Abbildung ist aus dem Digitalisierungsprojekt entnommen und zeigt das Titelblatt einer französischen Einheit vor Verdun.

Durch die Digitalisierung sollen die Dokumente, die teilweise in schlechtem Zustand sind, langfristig archiviert werden. Sie werden damit gleichzeitig einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Projekt trägt damit zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in Frankreich bei.

Es ist die dritte Datenbank, die das Ministerium im Projekt “Mémoires des hommes” zum Ersten Weltkrieg veröffentlicht. Seit einiger Zeit existiert bereits die Datenbank Morts pour la France, die die Namen von über 1,3 Millionen im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten enthält, und die Datenbank  Personnels de l’aéronautique militaire, die 70.000 Personaldossiers von Soldaten, die zur Militärluftfahrt gehörten, verzeichnet.

 

Links

Website des Projekts Mémoires des hommes http://www.memoiredeshommes.sga.defense.gouv.fr/index.php

Katalog der Journaux des unités: http://www.memoiredeshommes.sga.defense.gouv.fr/jmo/search-form.html

Archive in Vincennes, Service historique de la Défense http://www.servicehistorique.sga.defense.gouv.fr/

Quelle: http://grandeguerre.hypotheses.org/110

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