Höhere Ordnung für die Tags in der Cloud

Rechts neben diesem Text unter der Twitter-Box sehen Sie die Tag-Cloud oder Tag-Wolke meines Blogs. Je größer ein Begriff dargestellt ist, desto häufiger wurde er verwendet. Die Häufigkeit über die Schriftgröße auszudrücken, ist eine Möglichkeit der Darstellung. Eine zweite Möglichkeit gruppiert die Tags nach ihrer semantischen Ähnlichkeit, d.h. dass Tags, die in der Wolke nahe beieinander stehen, kommen im selben Wortfeld vor.

Qin Gao wollte zeigen, wie die Tagging-Konsistenz von der Art der Darstellung von Tags beeinflusst wird. Hierzu wurden die Tags:

  • vergrößert dargestellt,
  • nach ihrer semantischen Ähnlichkeit gruppiert.

Wie bereits beschrieben, verwenden Anwender bereits benutzte Tags gern wieder, auch deshalb, um sich an ihre eigenen Tagging-Regeln, soweit sie sich daran erinnern, halten zu können (Wash & Rader, 2007). Außerdem steht fest, dass die Anzeige bereits verwendeter Tags als visuelle Hilfe die Tag-Auswahl des Anwenders beeinflusst (Binkowski, 2006).

Gao nahm an, dass

  1. die Visualisierung der Häufigkeit über unterschiedliche Schriftgrößen die Tagging-Konsistenz der Nutzer verbessert und
  2. dass die Visualisierung der semantischen Ähnlichkeit – hierzu werden zusammengehörige Tags gruppiert dargestellt – die Tagging-Konsistenz der Nutzer verbessert.

Zunächst sollte jeder Proband 60 Flickr-Fotos taggen (20 Stimuli und 40 Füllbilder). Anfangs war die Tag-Cloud leer und entwickelte sich mit jedem eingegebenen Tag.

Nach der ersten Tagging-Session füllten die Teilnehmer einen Fragebogen aus, bevor sie in einer zweiten Tagging-Session (Anzahl der Bilder wie zuvor) auf die zuvor entstandenen Tag-Wolken zurückgreifen konnten. Dann folgte zum Abschluss noch ein Interview.

Ergebnisse:

Bei der Häufigkeitsvisualisierung zeigte sich, dass die Größe der Tags in einer Tag-Wolke keinen Einfluss auf die Tag-Konsistenz hatte. Allerdings wurden dadurch die physischen Anforderungen signifikant verringert. Das kann mit dem Fitts‘schen Gesetz (Fitts, 1954) begründet werden, was im Resultat bedeutet, dass der Anwender weniger Zeit benötigt, wenn das Ziel, auf das er klicken soll, größer und / oder näher ist, weil die Schwierigkeit von Handbewegungen zum Zeigen und Auswählen größerer Ziele niedrig im Vergleich zu kleinen Zielen ist. Das steht in Übereinstimmung mit früheren Studien zu diesem Themenaspekt (Halvey / Keane, 2007), die zeigten, dass Tags, die mit einer großen Schrift dargestellt werden, schneller und leichter wiedererkannt werden.

Trotz des geringeren physischen Aufwandes führte die Darstellung der Tags in einer größeren Schriftgröße für häufig benutzte Tags zu einem höheren mentalen Aufwand, weil die visuelle Attraktivität von populären Tags andere nützliche Informationen verdecken kann, die weniger populär sind (Zeldman, 2005). D.h. auch klein dargestellte Tags können wichtig sein und es ist zusätzlicher mentaler Aufwand nötig, das zu erkennen.

Werden Tags zusätzlich semantisch gruppiert, erscheinen größer und kleiner dargestellte zusammengehörige Begriffe örtlich gruppiert. Die zusätzliche Visualisierung der semantischen Ähnlichkeit verbessert die Konsistenz von Tags signifikant, ohne die Arbeitsbelastung des Nutzers zu erhöhen. Ein möglicher Grund dafür ist, dass Nutzer dazu tendieren, ein Ziel mit mehreren Tags aus verschiedenen Perspektiven zu beschreiben, wobei diese Tags häufig von unterschiedlicher Popularität sind.

Anwender verwenden bereits benutzte Tags gerne wieder, um eine gewisse Konsistenz beim Taggen zu erzielen, scheitern aber in der Praxis häufig wegen der hohen Anzahl an Tags und Regeln daran. Deshalb ist es sinnvoll, die schwierige Aufgabe, sich an bereits verwendete Tags wieder zu erinnern, dadurch zu erleichtern, dass relevante Tags in Clustern dargestellt werden. Das ermöglicht dem Nutzer (logische) Rückschlüsse der Verbindungen der Tags untereinander.

Außerdem können Nutzer besonders hierfür ihr Ortsgedächtnis einsetzen, was zwei Teilnehmer ausdrücklich berichteten.

So, jetzt habe ich gelernt, dass mich die Tag-Wolke meines Blogs zwar physisch, nicht aber im Hinblick auf eine zu erreichende Konsistenz der Tags unterstützt. Da muss es mich nicht wundern, dass ich mit der Konsistenz der Kategorien und Schlagwörter, die ich vergeben kann, zu kämpfen habe und eigentlich nie richtig zufrieden bin. Vielleicht ist das ja eine zukünftige Perspektive für das Hypotheses-Team, eine semantisch geordnete Tag-Cloud zur Verfügung zu stellen :-)
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Weitere Artikel zu diesem Thema:

 

Literatur:

Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

Quelle: http://games.hypotheses.org/861

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Taggen zur Organisation persönlicher Daten birgt Frustrationspotential


In diesem Experiment von Qin Gao wurden 40 Probranden bezüglich ihrer Leistung, Arbeitsbelastung und Gedächtnisleistung untersucht. Hierzu sollten Sie ein Organisations-Schema aufbauen und 38 Texte (Artikel) in einer Kategorisierungs- oder Tagging-Aufgabe organisieren. Dabei wurde die Zeit gemessen, die sie dafür benötigten und mittels eines Fragebogens ihre Zufriedenheit. In einem späteren Interview wurden die Teilnehmer nach ihren Gewohnheiten zu ihrem persönlichen Informationsmanagement befragt.

Die Ergebnisse für die Organisation von Informationen sind wie folgt:

Die Tagging-Teilnehmer berichteten eine höhere Arbeitsbelastung und Frustration als die Kategorisierungs-Teilnehmer. Das dürfte daher rühren, dass die Nutzer verschiedene Ziele mit ihren Tags erreichen möchten (Selektion von Tags für diverse Gelegenheiten führt zu mehr Tags; unterschiedliche Ebenen der Spezifität werden mit Tags bezeichnet, Beschreibung von verschiedenen Perspektiven des Inhalts), dies aber nicht immer schaffen, da sie beim Taggen gegen eigene Regeln verstoßen und somit Konsistenz nicht immer erreichen können.

Die Ergebnisse in der Information-Retrieval-Aufgabe

In dieser Aufgabe geht es um das Wiederfinden von Information, die zuvor organisiert wurde. Es wurden keine großen Unterschiede zwischen beiden Gruppen (Tagging/Kategorisierung) in der Bearbeitungszeit gemessen, allerdings gab es einen signifikanten Unterschied in der Fehlerrate. Die Fehlerrate der Tagger war höher als die der Probanden, die die Informationen über eine Ordnerstruktur wiederfinden sollten. Dafür gibt es folgende Gründe:

  • Ein Ordnersystem erlaubt im Gegensatz zum Tagging-System eine systematische und erschöpfende Suche, da vom Allgemeinen zum Besonderen gesucht werden kann.
  • Der Mangel einer klaren Struktur und die Schwierigkeit, die Konsistenz eines Tagging-Systems bewahren zu wollen, trägt zur höheren Fehlerrate bei.

Idealerweise können Tagging-Nutzer jeden Artikel mit zwei Klicks erreichen (einen Klick für den Tag, einen für den Artikel), was häufig weniger Klicks erfordert, als die Information in einem hierarchischen Ordnersystem wiederzufinden. Allerdings zeigten die Ergebnisse, dass die Gesamtzahl der Klicks, die ein Tagging-Nutzer für die Retrieval-Aufgabe benötigte, ähnlich zu der der Ordner-Nutzer war. Dies ist mit der hohen Fehlerrate beim Taggen verbunden, die den Vorteil der flachen Struktur aufhebt. Deshalb zeigen die Ergebnisse, dass es beim Taggen keine signifikante Reduktion in der Anzahl der Klicks gibt.

Die Tagger empfanden einen höheren Zeitdruck, als die Teilnehmer, die Ordner verwendeten. Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass Retrieval-Aufgaben mehr kognitive Ressourcen von Tagging-Teilnehmern erfordern, als von Nutzern des hierarchischen Systems.

Der Vergleichstest für die Gedächtnisleistung zeigte, dass Tagger dazu tendierten, ein besseres Gedächtnis für das getaggte Material zu haben, als die Kategorisierungs-Teilnehmer, obwohl der Unterschied nicht signifikant war.

Sowohl in der Organistations- als auch in der Retrieval-Aufgabe wurden keine signifikanten Unterschiede in der Nutzerzufriedenheit zwischen beiden Gruppen festgestellt.

Obwohl die Tagger bei Organisationsaufgaben mehr Frustration zeigten, da ihnen klar war, dass sie Inkonsistenzen nicht vermeiden konnten, zeigten sie sich ähnlich zufrieden, wie die Ordner-Nutzer. Das könnte meiner Meinung nach mit dem sog. „Spreading-apart-Effekt“ begründet werden: Nach schwierigen Entscheidungen wird die gewählte Alternative aufgewertet und die nicht gewählte abgewertet (siehe hierzu auch Kognitive Dissonanz), so dass das zunächst empfundene Frustrationsgefühl dadurch verdrängt wird.

Fazit: Taggen ist kognitiv aufwändiger als Informationen in einem hierarchischen System zu verwalten. Vereinfacht kann man sagen, dass der Nutzer beim Taggen leicht den Überblick verliert; er kann letztlich seine Daten nicht „perfekt“ verwalten; seine Tags sind inkonsistent.

Meine Erklärung dafür ist, dass wir evolutiv bedingt stark in Kategorien denken und alles sofort darin einteilen. Das ist ein Mechanismus, der uns Menschen überlebensfähig macht. Tags überfordern uns in gewisser Weise. So schnell, wie sich die Technik ändert und neue Möglichkeiten schafft, können wir uns aber nicht anpassen. Gao stellt daher fest, dass die Frage nicht lauten darf: „Wird Tagging die Kategorisierung von Daten ersetzen?“, sondern lauten muss: “ Wie kann Tagging zusätzliche Informationen zur Kategorisierung bereitstellen?“

Die Vorteile, beide Systeme miteinander zu verbinden, dürfte die Lösung sein, damit der Nutzer seine kognitiven Leistungen zu einem höheren Grad ausnutzen kann.

Literatur:

Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

Quelle: http://games.hypotheses.org/843

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Den Taggingprozesses verstehen: Wie und warum taggen Nutzer persönliche Daten?

In der Tagging-Studie Qin Gaos [1] geht es um das Taggen von persönlicher Information. Im Zentrum dieser HCI-Studie steht der Mensch und die Auswirkungen des Tagging-Vorgangs auf dessen Leistung, Arbeitsbelastung, Gedächtnis und Konsistenz der Wortwahl.

Bezüglich des kognitiven Prozesses beim Taggen von Bildern habe ich bisher keine Studien gefunden. Deshalb schaue ich mir diese hier genauer an,

  • um den kognitiven Prozess und Vorgang des Taggens allgemein zu verstehen,
  • um festzustellen, welche kognitiven Leistungen Taggen erfordert und
  • ob es ggf. Punkte gibt, die zumindest teilweise Rückschlüsse auf das Taggen von Bildern in Bilddatenbanken zulassen.

Die mir interessant erscheinenden Aussagen habe ich grün ausgezeignet und gehe darauf im letzten Abschnitt ein.

Gao erstellte zuerst eine Pilot-Studie (S. 829-834), in der 6 Teilnehmer über ihre Erfahrungen introspektiv und in Interviews darüber berichteten, warum und wie sie Tags für Webseiten selektieren. Diese Pilot-Studie gibt einen detaillierten Einblick in den Vorgang des Taggens:

Warum taggen Nutzer persönliche Daten; was ist ihre Motivation?

Alle Teilnehmer berichteten, dass sie zu ihrem persönlichen Nutzen taggen würden. Vier Teilnehmer sagten aus, dass sie anders taggen würden, wenn sie berücksichtigen, dass sie die Tags mit anderen teilen. In diesem Fall würden sie allgemeinere Begriffe wählen und ad hoc –Definitionen vermeiden. Ein Teilnehmer, der regelmäßig taggt, erwähnte, dass er abschätzen würde, welche möglichen Schlagworte andere verwenden würden, wenn diese nach dem Inhalt suchen würden. Dieser Teilnehmer verwendete die meisten Tags von allen Teilnehmern und taggte jede Webseite mit vier bis sieben Schlagworten.

Bei den Teilnehmern erfüllte Taggen zwei Hauptfunktionen: das zukünftige Auffinden von Dateien sollte erleichtert und der Inhalt von Informationen annotiert werden. Die meisten Teilnehmer waren sich dieser beiden Funktionen bewusst: “Einige Tags sind für das Wiederfinden, andere zum Lesen (um eine Vorstellung davon zu bekommen, worum es geht). Zwei Teilnehmer gaben explizit an, dass sie Tags sowohl als Kategorie als auch als Schlagwort benutzten, wobei sie zugaben, dass diese Erkenntnis post hoc reflexiven Ursprungs ist und dass sie diese zwei Typen von Tags im täglichen Gebrauch nicht absichtlich unterschieden.

Taggen, um Information später wiederzufinden

Vier Teilnehmer befanden, dass die Verwendung von Tags, die Treffgenauigkeit des Auffindens von Informationen – im Vergleich zur Kategorisierung und allgemeiner Stichwortsuche – erhöhen kann. Es hängt davon ab, wie gut es dem Nutzer möglich ist, sich an die Tags die er/sie benutzt hat, wieder zu erinnern. Von den Teilnehmern wurden zwei Verfahren angewandt, um das spätere Wiederauffinden zu vereinfachten: die Erhöhung der Tag-Konsistenz und die Verringerung der Tag-Redundanz. Alle Teilnehmer stimmten überein, dass sie so weit wie möglich, bereits vorhandene Tags wiederverwenden würden, um die Konsistenz von Tags zu erhöhen. Dazu entwickelten sie eigene Regeln:

  • So wurde z.B. der Dateityp als Tag verwendet: “video“ für bewegte Bilddateien oder „media“ für Informationen in Schriftform.
  • Es wurden Tags wie „fun“ oder „interesting“ verwendet, wobei die Teilnehmer berichteten, dass ihnen klar sei, dass diese Tags für andere nicht verständlich sind und nur für sie selbst Bedeutung hätten.
  • Es wurden Tags erstellt, die verschiedene kategoriale Ebenen vermischten, wie „politics“ und „domestic politics“.

Regeln widersprachen sich und nur wenige Teilnehmer konnten sie konsistent anwenden. In allen introspektiven Berichten, in denen selbst erstellte Regeln erwähnt wurden, bemerkten die Teilnehmer, dass die Auswahl von Tags mit ihren persönlichen Regeln kollidierte.

Obwohl die Teilnehmer sich der Inkonsistenz ihrer Tags bewusst waren, waren sie nur widerstrebend dazu bereit, ihre Tags „aufzuräumen“. Nur eine Versuchsperson – ein Novize – änderte bei Konflikten seine Tags sofort. Alle fortgeschrittenen Nutzer betrachteten es als unmöglich, alle ihre Regeln konsistent anzuwenden und akzeptierten das als gegeben. Ein Teilnehmer berichtete, dass er größere Inkonsistenzen bereinigen würde, wenn er es für nötig befand; der Rest der Versuchspersonen erklärte, dass er oder sie nie oder sehr selten Änderungen an den verwendeten Tags vornehmen würde. Zwei der Teilnehmer würden es tun, gäbe es dafür geeignete Werkzeuge.

Taggen, um Inhalt zu annotieren

Taggen ist auch ein Weg, das Verständnis des Inhalts auszudrücken oder eine Zusammenfassung des Inhalts zu geben. Spezielle Tags wie „ChildMp3“ oder „ToyMp3“ beschreiben die Charakteristika des Inhalts einer Website und halfen einem Teilnehmer, schnell eine Vorstellung vom Inhalt einer Liste zu erhalten, ohne jeden Link anklicken zu müssen. Ein anderer Teilnehmer nannte solche Tags „Tags zum Lesen“. Zwei Teilnehmer fanden diese Art von Tags nützlich, um den Wert bzw. die Interessantheit des getaggten Inhalts zu verdeutlichen und eine persönliche Perspektive hinzuzufügen, wenn sie den Inhalt mit anderen teilen wollten. Die meisten Teilnehmer waren der Auffassung, dass sie solche Tags nicht für das Wiederfinden verwenden würden, weil sie sich nicht an die genauen Tags erinnern könnten.

Kriterien für die Auswahl von Tags:

  • Die Wahrscheinlichkeit, Tags zur späteren Organisation von Information wiederzuverwenden. „Wenn ich Tags vergebe, hoffe ich, dass ich sie später wiederverwenden kann. Wenn ich einen Tag, lange Zeit nachdem ich ihn nur einmal einem Inhalt hinzugefügt habe, sehe, denke ich, dass er unnütz ist und ich versuche ihn zu löschen oder ich kombiniere ihn mit Tags, die ich öfter verwendet habe. Aber ich habe nicht die Zeit, das [Aufräumen] regelmäßig zu machen.“
  • Die Wahrscheinlichkeit, eine Information später wiederzufinden. Alle Teilnehmer berichteten, dass sie bei der Auswahl von Tags daran dachten, wie die Information verwendet wird (temporäres Projekt, langfristiges Interesse, allgemeine Referenz). Bedenken bezüglich des Kontextes, in dem die Information gefunden wird, hatte direkten Einfluss auf die Tag-Auswahl. Ein Teilnehmer berichtete, dass er beim Taggen an die möglichen Begriffe dachte, die er bei der Suche nach der Information verwenden würde.
  • Zentralität und Beschreibbarkeit des Inhalts: Die meisten Teilnehmer fanden zentrale Tags, die den Inhalt gut beschreiben, so wichtig, dass sie diese verwendeten, auch wenn sie nicht in ihr organisatorisches Schema passten: „Ich habe „Athen“ vorher noch nicht verwendet, und ich denke, ich werde später auch keinen Inhalt hinzufügen. Aber es ist zu wichtig und beschreibt den Inhalt genau.“
  • Minimierung des Aufwands, Tags zu generieren oder sich daran zu erinnern:Einige Teilnehmer verwendeten verschiedene Verfahren, den kognitiven Aufwand zu minimieren, um Tags zu generieren oder sich an sie zu erinnern.
    • Zwei Teilnehmer kopierten und fügten Worte von der Website als Tags zur Tag-Liste hinzu,
    • drei Teilnehmer verwendeten Schlüsselwörter, die bereits vom Autor als Tag-Referenz vergeben wurden.
    • Einer der drei Teilnehmer berichtete, dass er, bevor er ein Tag vergibt, zunächst aktiv nach diesem Schlagwort suchen würde.
    • Teilnehmer minimierten den Aufwand, sich an Tags zu erinnern, indem sie vertraute Begriffe verwendeten. Lag die Thematik einer Webseite außerhalb ihres gewohnten Wortschatzes, verwendeten sie vertraute Ausdrücke, auch wenn dies zu einer unpräzisen Beschreibung führte. Vor unbekannten Begriffen hatten sie Bedenken: “Ich muss auf den ersten Blick erkennen können, was meine Tags bedeuten und was sie beinhalten.“
    • Konsistenz mit dem eigenen Tagging-Muster. Alle Teilnehmer waren bezüglich der Tagging-Konsistenz skeptisch und verwendeten verschiedene persönliche Heuristiken (z.B. Wiederverwendung von Tags, Ad hoc Tagging-Regeln, Einschränkung der Ebene der Spezifität), um ihre Tagging-Konsistenz zu verbessern.

Zwischen den Kriterien gab es häufig Konflikte. Z.B. wurden zentrale Worte nicht wiederverwendet. Während des Tagging-Prozesses wurden verschiedene Kriterien verwendet. Obwohl die Versuchspersonen in ihrem Tagging-Muster Konsistenz bewahren wollten, waren sie sich der Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit ihres Tagging-Schemas bewusst: “Auch wenn ich einige Erfahrung beim Taggen habe, ist mein Tagging-Prozess doch häufig willkürlich. Manche Schlagwörter fallen mir spontan ein, nachdem ich den Inhalt gelesen habe, und ich verwende einige von ihnen als Tags. Ich kann mir nicht einmal selbst erklären, warum ich einmal ein Wort als Tag selektiere und ein anderes Mal nicht.“ Doch sie zögerten, ihre Regeln zu verfeinern. Zwei Teilnehmer berichteten, dass sie ein paar „große“ (engl. original “big”) Tags verwenden würden, um die Konsistenz zu verbessern, aber sie fanden heraus, dass dies zu einer langen Liste unter jedem „großen“ Tag führte, was die Effizienz der Informationssuche reduzierte.

Dieser Pilot-Studie kann man entnehmen, dass Taggen Mühe macht. Es erfordert einen nicht unerheblichen kognitiven Aufwand, besonders wenn es darum geht, auf Konsistenz und Redundanz der Tags zu achten. Trotzdem führt es zu Konflikten. Folgende Aussagen, zu denen ich einige Bemerkungen hinzugefügt habe, sind mir aufgefallen:

  • ... dass sie anders taggen würden, wenn sie berücksichtigen, dass sie die Tags mit anderen teilen
    Es macht einen Unterschied, ob Nutzer für den eigenen Gebrauch oder für die Öffentlichkeit taggen.
    • Welchen Unterschied gibt es im Tagging-Verhalten beim Nutzer, der Tags über eine Spieloberfläche eingibt und einer Anwendung ohne Gamification?
    • Wie wirkt sich eine als Spiel konzipierte Tagging-Anwendung (z.B. Brooklyn Museum und ARTigo) auf die Generierung von Tags beim Spieler aus?
    • Falls es dabei Unterschiede gibt: Wie kommen sie zustande?
  • Ein Teilnehmer, der regelmäßig taggtverwendete die meisten Tags von allen Teilnehmern
    Es gibt Übungseffekte. Wo liegt ihr Nutzen?
  • … bereits vorhandene Tags wiederverwenden würden…,
  • Konsistenz mit dem eigenen Tagging-Muster.
    Anwender haben ihr Tagging-Muster (Patterns), die ihnen eigene Art zu taggen, Dinge zu benennen, Worte dafür zu wählen. Wenn Anwender über Patterns verfügen, dann müssten auch andere Objekte, wie Künstler, Bilder, Stilepochen etc. ihr Pattern haben.
  • Gibt es Unterschiede im kognitiven Aufwand beim Taggen von Bildern? Falls ja: welche Tags erfordern viel, welche weniger Aufwand? Da ein Aufwand immer eine Hürde bedeutet: Was muss man tun, damit der Anwender diese Hürde überspringen kann?

[1] Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

 

Quelle: http://games.hypotheses.org/810

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Die Organisation von persönlicher Information mittels Tagging

Taggen bedeutet, dass Anwender eine Datei mit Schlagworten versehen. Diese Schlagworte können als Suchbegriffe bei der Suche nach der Datei wiederverwendet werden.

Ein großer Unterschied bei der Organisation von persönlichen Dateien zwischen einer hierarchischen Kategorisierung und Tagging liegt in der Exklusivität bei der Kategorisierung und der Multiplizität beim Taggen (Civan et al., 2009). Jedes einzelne Tag bedeutet nämlich einen eigenen Zugang zur Datei, wodurch Anwender von der Multiplizität profitieren können, da ihnen mehrere Suchwege zur Verfügung stehen und dadurch die Wahrscheinlichkeit höher ist, die Datei wiederzufinden.

Das Hauptproblem beim Taggen ist die Inkonsistenz. Je umfangreicher eine Menge an Dateien in einem Tagging-System ist und je mehr Tags vergeben werden, desto inkonsistenter ist die Tagauswahl bei den Nutzern. Inkonsistenzen entstehen z.B. durch Schreibfehler, verschiedene Groß-/Kleinschreibung oder unterschiedlich verwendeter Numerus.

Wash und Rader (2008) ermittelten, dass Nutzer besonders zwei Heuristiken für die Auswahl von Tags anwendeten:

  • Die Wiederverwendung bereits verwendeter Tags sowie
  • das Befolgen von mentalen Regeln oder Definitionen. Diese bestehen in Form eines selbst definierten kontrollierten Vokabulars oder einer Reduzierung des Aufwands, indem die Anwender eine Auswahl aus vorgeschlagenen Tags trafen.

Bei der Wiederverwendung ist interessant, dass die zuletzt getroffenen Auswahl von Tags eines Nutzers einen großen Einfluss auf zukünftige Tagauswahlen hat, während die Tatsache, dass ein Tag auf einer Website vorher verwendet wurde wenig Einfluss hat. Zwar wurde dies bei der Auswahl von Tags in Bezug auf Bookmarks auf delicious.com festgestellt, ich kann mir aber vorstellen, dass sich dieser Effekt auch beim Taggen von Bildern messen lässt.

Weiterhin stellten Golder und Habermann (2006) fest, dass Benutzer Ausdrücke verwendeten, die mit ihnen selbst in Verbindung stehen (subjektive Tags, Selbstreferenz, Aufgabenorganisation) sowie kategoriale Ausdrücken. Das legt nahe, dass Tagger Informationseinheiten ausführlicher verarbeiten, während sie mehrere Verbindungen zwischen den Informationen und ihnen selbst herstellten.  Auch erinnerten sich Nutzer an mehr Einzelheiten unter Tagging-Bedingungen als unter Nicht-Tagging Bedingungen (Budiu, Pirolli und Hong, 2009).

Bei der Suche nach Dateien stellt die Exklusivität eines Kategorisierungs-Schemas sicher, dass sich eine Information an einem bestimmten Platz befindet. Das unterstützt eine systematische und erschöpfende Suche (Civan et al., 2009) und bedeutet folgendes: In einem hierarchischen System bedeutet Finden auch wirklich Finden und damit ist der Prozess der Suche beendet. In einem Nicht-hierarchischen System schließt sich dem Finden ein Verifikationsprozess an, der zusätzlichen kognitiven Aufwand bedeutet, weil der Nutzer sich bei der Suche in einem Nicht-hierarchischen System über die Identität der gefundenen Datei nicht sicher sein kann.

Civan et al. (2008) zogen den Schluss, dass beide Modelle – sowohl das der hierarchischen Organisation als auch das der nichthierarchischen durch Tags – jeweils ihre eigenen Vor- und Nachteile haben. Einem einzigen Modell können sie nicht den Vorzug geben, meinen aber, dass eine Kombination hilfreich sein könnte, weil ein Taggingsystem in Verbindung mit einer hierarchischen Organisationsstruktur Teil-Ganzes-Beziehungen oder Beziehungen vom Typ Spezialisierung – Generalisierung auszudrücken vermag. Abschließend bemerken sie: “The ultimate model of information organization may be neither “place this” nor “label this”, but instead, “this is how I see things””.

Ob sich wohl der letzte Teil der Aussage “…how I see things.” aus den Tags von Bilddatenbanken sichtbar machen lässt?

Literatur:

Qin Gao: An Empirical Study of Tagging for Personal Information Organization: Performance, Workload, Memory, and Consistency. In: International  Journal of Human-Computer Interaction, 27/7-9, 2011, S. 821-863

Aus der o.g. Studie habe ich insbesondere verwendet:

Andrea Civan, William Jones, Predrag Klasnja, Harry Bruce: Better to Organize Personal Information by Folders Or by Tags?: The Devil is in the Details. In: Proceedings of the American Society for Information Science and Technology, 45(1), 2008, S. 1-13
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/meet.2008.1450450214/abstract

Emilee Rader and Rick Wash: Influences on Tag Choices in del.icio.us. In: Proceedings of the 2008 ACM Conference on Computer Supported Cooperative Work, S. 239-248
http://dl.acm.org/citation.cfm?id=1460601
http://www.rickwash.com/papers/conference/influences-delicious-cscw.html

Quelle: http://games.hypotheses.org/765

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Was Bibliotheken von LibraryThing lernen können von Patrick Danowski

Patrick DanowskiWas Bibliotheken von LibraryThing lernen können

Was Bibliotheken von LibraryThing lernen können

In den letzten Jahren haben wir viel über den Nutzen von Web 2.0 Technology in Bibliotheken gesprochen, aber dies geht nur sehr langsam voran und Projekte, in den dies probiert wurde, stellten sich nicht als so erfolgreich heraus, wie sie geplant waren. Wenn Bibliotheken Möglichkeiten zum Tagging und für Reviews angeboten haben, wurde davon nur selten Gebrauch gemacht.

Zur selben Zeit entstanden Dienste wie Library Thing, die sehr erfolgreich wurden und eine große Community um sich versammelten. Aber wo sind die Unterschiede in diesen Projekten? Was machen sie anders? Und was können wir von diesen Diensten lernen?

In diesem Vortrag werden einige Schlüsselpunkte aufgezeigt, über die wir nachdenken sollten, bevor wir eine interaktive Infrastruktur in unsere Dienste integrieren.

Patrick Danoswki

Patrick Danowski ist Dipl. Informatiker und wissenschaftlicher Bibliothekar  Seit 2010 arbeitet er als Senior Expert Information Services am Insitute of Science and Technology Austria. Zuvor arbeitete er als Emerging Technologies Librarian am CERN im Bereich Scientific Information Service und in der Staatsbibliothek zu Berlin, wo er unter anderem in dem DFG Projekt “Funktionale Integration von ZDB und EZB zur Entwicklung gemeinsamer endnutzerorientierter Dienstleistungen” tätig war. Sein Referendariat hat er an der Zentral- und Landesbibliothek Berlin gemacht, während die theoretische Ausbildung an der Humboldt Universität am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaften stattfand. Dort hat er gleichzeitig den Master of Library and Information Science erworben. Seit September 2006 betreibt er das Weblog “Bibliothek 2.0 und mehr”(http://www.bibliothek2null.de). Seine Interessenschwerpunkte sind Open Access (insbesondere im Zusammenhang mit dem Kulturellen Erbe und bibliothekarischen Daten), Wikipedia und Bibliotheken, m-library (bibliothekarische Dienste fuer mobile Endgeräte) sowie das Semantic Web.

Links

Weblog “Bibliothek 2.0 und mehr” http://www.bibliothek2null.de

Intervention dans le cadre du colloque “Dans la toile des médias sociaux / Im Netz der sozialen Medien”, 27-28 juin 2011 : inscription et programme

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/175

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Collecting History Online as Web 1.5

One of the ways that digital technology is supposed to change the practice of history is through the collecting and preserving of historical content online. To be sure, millions upon millions of historical texts, images, and digitally reproduced artifacts have already been made available (and presumably preserved) on websites around the world. But what about the [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3600

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