Um Zeitparadoxien zu erleben, muss man nicht mit dem Raumschiff Voyager zu entfernten Galaxien fliegen, sondern es reicht aus, ein Blog zu betreiben: Ich blicke zurück und stelle fest, dass ich schon 6 Monate mit diesem Blog arbeite. Das halbe Jahr ist wenig Zeit, aber es fühlt sich irgendwie lange an. Ich bemerke einen Unterschied zwischen tatsächlich vergangener und gefühlter Zeit (so wie bei der Wettervorhersage mit den tatsächlichen und gefühlten Temperaturen).
Wie das kommt, habe ich in dem Buch „Gefühlte Zeit – Kleine Psychologie des Zeitempfindens“ von Marc Wittmann erfahren. Dabei gibt es zunächst einen Unterschied zwischen erlebter, wahrgenommener Zeit (dem Hier und Jetzt), und der Zeitspanne, die retrospektiv (also im Nachhinein) beurteilt wird. Also der Beurteilung des Hier und Jetzt, nachdem es vergangen ist.
Passiert um mich herum viel, dann vergeht die Zeit schnell und es ist kurzweilig. Im Nachhinein beurteilt wird diese Zeit als länger empfunden, weil viel Neues und Aufregendes durchlebt wurde.
Anders verhält es sich, wenn wenig passiert. Dann ist mir langweilig und die Zeit deeehnt sich; sie vergeht also langsam. Beurteile ich diese Dauer retrospektiv, scheint die Zeit aber schnell vergangen zu sein, weil nichts erlebt wurde.
Genau so geht es mir mit meinem Blog, für das ich einmal die Woche schreibe. Da bleibt man gedanklich bei der Sache. Die Beschäftigung mit der Materie – nah dran oder manchmal etwas entfernt davon – ist dabei ständig gegeben und hilft mir bei der Einkreisung des Themas, gerade in der Anfangsphase der Dissertation. Ohne Blog hätte ich mich kaum so intensiv damit beschäftigt.
Außerdem übt sich das Schreiben, was ich als sehr positiv empfinde. Und ich habe festgestellt, dass es mir Spaß macht! Ich kann nur empfehlen, sich an ein Blog zu wagen. Es macht zwar Arbeit, aber bereits nach einem halben Jahr kann ich für mich feststellen, dass sich dieser Einsatz lohnt.
Quelle: http://games.hypotheses.org/618