Das in Reiseführern und populären Darstellungen meist in verkürzter Form als “Erdaltar” bezeichnete Opfergelände der Erde (Ditan 地壇) in Beijing wurde 1530 – im neunten Jahr der Ära Jiajing 嘉靖 – angelegt.[1] Dieses Opfergelände lag knapp außerhalb des nördlichen Teils der um die Innere Stadt (neicheng 内城) errichteten Stadtmauer (in der Nähe des Anding-Tores (Andingmen 安定門).
Die gesamte Anlage ist als “Gegenstück” des in der Südlichen bzw. “Äußeren Stadt” (waicheng 外城) gelegenen Opfergeländes des Himmels zu sehen. Im Unterschied zu letzterem basiert die Gestaltung des Opfergeländes der Erde auf geraden Zahlen und rechteckigen Formen. Es dominiert die Zahl sechs. So befinden sich an der Nordseite des eigentlichen “Altars” sechs Marmortore (dagegen nur je eines im Osten, Süden und Westen). Die quadratische Altarterrasse (fangze tan 方澤壇) ist von einer quadratischen Einfassung umgeben. Die Terrasse selbst ist in zwei Ebenen gegliedert und ist über vier – je achtstufige – Treppen zu erreichen.[2]
Im konfuzianischen Staatskult war der Ditan 地壇 fixer Bestandteil der “Großen Opfer”. Alljährlich zur Sommersonnenwende (xiazhi 夏至) vollzog der Kaiser hier die Opferzeremonien.[3]
Etwas mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des Kaiserreichs wurde das ehemals für den nun obsolet gewordenen konfuzianischen “Staatskult” in einen Park umgewandelt und der Öffentlichkeit erstmals zugänglich gemacht.[4] 1933/34 gab es Bemühungen, die Opfergelände wieder “rückzubauen”, 1938 wurde der Park geschlossen und erst einige Jahre nach Gründung der Volksrepublik China erneut der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.[5]
Lesen Sie auch:
- Das Opfergelände des Himmels und der konfuzianische Staatskult
- Das Opfergelände für die Götter des Bodens und der Feldfrüchte (Shejitan 社稷壇)
- Zur 1530 vom Kaiser vorgenommenen Veränderung und Vermehrung der Opfergelände vgl. Vgl. Lei Gao, Jan Woudstra: “From landscape of gods to landscape of man: Imperial altars in Beijing.” Studies in the History of Gardens & Designed Landscapes vol. 31, no. 4 (2011) 233. – doi: 10.1080/14601176.2011.587279.
- Vgl. Patricia Bjaaland Welch: Chinese Art. A Guide to Motifs and Visual Imagery (Singapore 2008) 227 (“Six”).
- Vgl. H.S. Brunnert / V. V. Hagelstrom: Present Day Political Organisation of China (Shanghai: Kelly and Walsh, 1912) 203 sowie J. J. M. de Groot: Universismus. Die Grundlage der Religion und Ethik, des Staatswesens und der Wissenschaften Chinas (Berlin 1918) 187-196, zum Termin für diese Opferzeremonie vgl. ebd., 192.
- Gao/Woudstra: “From landscape of gods to landscape of man”, 248.
- Gao/Woudstra: “From landscape of gods to landscape of man”, 252.