Buddhas Fußsohlen

An zahlreichen buddhistischen Stätten finden sich Darstellungen der Fußsohlen Buddhas (fozushi 佛足石1 beziehungsweise foji 佛跡, i.e. “Buddha-Spur”).2

Im indisch beeinflußten Kulturraum ist die Spur oder der Abdruck von Buddhas Fuß seit alter Zeit ein wichtiges Symbol, das stellvertretend für Buddha selbst steht. In seiner Fußspur bleibt Buddha den Gläubigen wie in einer Reliquie gegenwärtig, während er ansonsten in das Nirwana, in das “Erlöschen”, eingegangen ist. In diesem kann er nicht mehr angerufen werden. Eine ähnliche Ikonographie des zurückbleibenden Fußabdruckes findet sich auch in der mittelalterlichen, christlichen Kunst bei der Darstellung der Himmelfahrt Christi.3

Traditionellen Auffassungen zufolge gelten “kreisförmige Abbilder des ‘Rades der Lehre’” auf den Fußsohlen als eines der 32 Merkmale eines Buddha (sanshi’er (da ren) xiang 三十二(大人) 相).4 Genauer gesagt sind es “die beiden Räder unter den Fußsohlen” (fozu xia er lun 佛足下二輪).5

Buddhas Fußabdrücke - Schautafel im Fünf-Pagoden-Tempel, Beijing - Foto: Georg Lehner

Buddhas Fußabdrücke – Schautafel im Fünf-Pagoden-Tempel, Beijing – Foto: Georg Lehner

Beim Besuch des Pekinger Wuta Si 五塔寺 (d. i. “Fünf-Pagoden-Tempel”) – eigentlich Da Zhenjue Si 大真覺寺 (“Tempel des Großen Erwachens”) – fiel mein Blick im Ausstellungsraum ganz zufällig auf eine  Schautafel mit den Fußabdrücken des Buddha. Das entsprechende Relief an der Südseite der zentralen Pagode konnte ich allerdings nicht ausmachen …

Buddha's feet at Zhenjue Temple

Buddha’s feet at Zhenjue Temple. By Yongxinge (Own work) [CC-BY-SA-3.0 or GFDL)], via Wikimedia Commons

  1. Vgl. dazu den Artikel “Bussokuseki 佛足石” In:  Hôbôgirin. Dictionnaire encyclopédique du Bouddhisme d’après les sources chinoises et japonaises, 2. u. 3. Faszikel (1930, 1937) S. 187-190; zu Beispielen aus China vgl. S. 189. – Vgl. ferner Siegbert Hummel: “Die Fussspur des Gautama-Buddha auf dem Wu-t’ai-shan.” Asiatische Studien 25 (1971) 389-406. [Digitalisat bei retro.seals.ch.
  2. Vgl. dazu Heinrich Hackmann: Erklärendes Wörterbuch des chinesischen Buddhismus. Chinesisch-Sanskrit-Deutsch; aus dem handschriftlichen Nachlass überarbeitet von Johannes Nobel, Leiden, o. J., 4. Lieferung, S. 196, Art. "Fo chi": "'Fusspur [!] des Buddha. Wiedergabe von Skr. śripāda. Name der seit alter Zeit [...] verehrten Darstellung des Fussabdruckes des Buddha, die meistens in 108 Felder (mit allerlei buddhistischen Symbolen eingeteilt ist [...],”
  3. U. Wiesner/T. Nagel: Der Kosmos auf großem Fuß. Museen Köln: Bild der 16. Woche, 19. bis 25. April 2010. Vgl. auch The British Museum: Limestone panel depicting the Buddhapada.
  4. Vgl. Bernhard Scheid: Religion in Japan. Die 32 Merkmale eines Buddha.
  5. Franz Josef Meier: Die Mythologie des chinesischen Buddhismus. In: Egidius Schmalzriedt, Hans Wilhelm Haussig (Hg.): Götter und Mythen Ostasiens (Wörterbuch der Mythologie. 1. Abt., Bd. 6; Stuttgart 1994) 510 f. (Art. “Buddhas Fußsohlen”) und ebd., 611 (Art. “Merkmale, Die 32 (des Großen Menschen)”.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1341

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Ö1-Menschenbilder zu Klaus Wagenbach

Sonntag (31.8.2014, 14:05-14:55) auf Ö1:

"Ich habe meinen ganzen Lebenslauf immer als Privileg empfunden" - Klaus Wagenbach - Verleger.

Gestaltung: Petra Herczeg und Rainer Rosenberg

Eine Sendung zum 50. Jahrestag der Gründung des Wagenbach Verlages.

"Der Rebell mit dem Bundesverdienstkreuz" war in einem Artikel über ihn zu lesen und "Rebell" zu sein, trifft auf den stets streitbaren Verleger mehr als zu. Er hat dem deutschsprachigen Publikum Autoren wie Pier Paolo Pasolini, Erich Fried aber auch Franz Kafka näher gebracht. 1930 in Berlin geboren, arbeitete der gelernte Buchhändler und promovierte Geisteswissenschafter einige Jahre als Lektor, bis er zum Verleger und Sprachrohr der Studentenbewegung wurde.

Sein Vater schenkte ihm ein Grundstück, damit er seinen Verlag gründen konnte. Als dann die Auseinandersetzungen im Verlagskollektiv zum Bruch führten, gründete er den Verlag zum zweiten Mal: Die Veröffentlichung einiger Publikationen sorgte für politische Skandale und brachte ihn vor Gericht und ins Gefängnis. Dennoch schaffte es Klaus Wagenbach immer wieder, weiter Bücher zu verlegen.

Seine Autor/innen kamen und kommen aus West und Ost. Als er 1968 Wolf Biermann verlegt, darf er nicht mehr in die DDR einreisen und kann Berlin nur mehr mit dem Flugzeug verlassen, Meinung und sein Einsatz für Meinungsfreiheit schaffte ihm auf allen Seiten Feinde.

Klaus Wagenbach begründete das Interesse für italienische Literatur in Deutschland und Österreich. Der Unermüdliche erfindet und startet Reihen für die Literatur: mit Enzensberger wird das "Kursbuch" fortgeführt, der "Freibeuter" und die Reihe "Salto" erfunden.

2002 hat sich Wagenbach aus der Verlagsführung zurückgezogen und sie Susanne Schüssler übergeben, auf Lesereisen liest er gerne aus "Mein Italien" - schließlich liebt er das Land schon seit seiner ersten großen Italien-Tour - mit dem Fahrrad im Jahre 1951.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/967549065/

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Dinosaurier, Journalismus und Resilienz

In diesem Semester habe ich mit meinen Studenten einen Text von Eugenia Siapera und Andreas Veglis (2012) über die Zukunft des Online-Journalismus gelesen, der eine interessante Parallele zwischen Dinosauriern und Journalismus herstellt und uns an die Frage der Resilienz heranzuführen vermag.

In Anlehnung an die Evolutionstheorie folgt der Text folgender Argumentation: Wie die Dinosaurier mehr als 160 Millionen Jahre den Planeten bevölkerten, so dominierte der Print-Journalismus mehr als 300 Jahre unsere Welt. Beide Arten waren einer plötzlichen Bedrohung ausgesetzt. Im Falle der Dinosaurier führte ein Meteoriteneinschlag zum Aussterben der Spezies. Im Falle des Journalismus ist der Meteorit erst vor (vergleichsweise) kurzer Zeit eingeschlagen: Mit dem Aufkommen des Internets hat der Journalismus Schwierigkeiten, neue Funktionen zu entwickeln und sich an die veränderten Umweltbedingungen anzupassen. Er ist anhaltenden Belastungen unterworfen, die vor allem in der Medienkrise und der zunehmenden Kommerzialisierung begründet liegen. Demnach sind drei mögliche Zukunftsszenarien zu diskutieren: erstens das Aussterben der Art und die Entstehung einer vollkommen neuen Spezies, zweitens die Mutation bzw. die Entwicklung der Spezies in eine neue Richtung und drittens die Anpassung an die veränderte Umwelt. Für den Online-Journalismus sehen diese drei Optionen dann wie folgt aus:

a) Genese: Es entsteht eine neue Form des Journalismus mit eigenen Merkmalen, die sich sehr gut in die neue Umwelt einfügen. Neue Eigenschaften sind zum Beispiel Multimedialität, Hypertextualität und Interaktivität oder das Hinzukommen von User-generated Content.

b) Mutation: Der Journalismus mutiert und die Spezies entwickelt sich in eine neue Richtung, was auch mit Veränderungen der Umwelt einhergehen kann. Mutationen des Online-Journalismus sind zum Beispiel der Social-Media-Journalismus oder der Open-Source-Journalismus.

c) Resilienz: Durch eine Neuinterpretation journalistischer Eigenschaften und Werte passt sich der Journalismus an die neue Umwelt an. Da neue Technologien und neue Medien eine Fragmentierung des Publikums befördern, kann der Journalismus seine öffentliche Aufgabe nicht mehr wahrnehmen, sind die Bedürfnisse und Interessen des EINEN Publikums nicht mehr zu bestimmen und eine neue Definition der Funktionen und Strukturen des Journalismus ist vonnöten. Auch journalistische Werte und Eigenschaften wie Objektivität und Fairness, Glaubwürdigkeit und Autonomie sind einem Wandel unterworfen. Zudem durchdringen die zunehmende Unmittelbarkeit und Beschleunigung den Journalismus.

Siapera und Veglis (2012) benutzen nicht den Begriff der Resilienz. Es geht Ihnen auch weniger darum, diese drei Evolutionsmöglichkeiten eingehend zu diskutieren. Sie gebrauchen das Beispiel der Dinosaurier lediglich, um an die Thematik und die einzelnen Kapitel ihres Sammelbandes heranzuführen. Natürlich sind die oben genannten Autoren nicht die einzigen Sozialwissenschaftler, die sich von der Biologie inspirieren ließen. Auch Luhmann hat seinen System-Begriff aus der Biologie übernommen, wo es unter anderem darum geht, wie sich Systeme selbst erhalten.

Auch bei Resilienz geht es letztlich um genau diese Frage. Und wie der System-Begriff wird auch der Begriff der Resilienz von unterschiedlichen Disziplinen verwendet. Vor allem im Bereich der sozial-ökologischen Forschung ist in den letzten Jahren eine Fülle an wissenschaftlichen Beiträgen zum Thema Resilienz entstanden. Resilienz beschreibt die Fähigkeit eines Systems, Irritationen zu absorbieren und sich neu zu organisieren, während es einem Wandel unterworfen ist – mit dem Ziel, seine Identität zu wahren (Folke et al. 2010).

Für die Kommunikationswissenschaft bietet dieser Ansatz einen konzeptionellen Rahmen zur Untersuchung des medialen und kommunikativen Wandels und einen interessanten neuen Fokus für empirische Forschung. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf dem Aspekt der Stabilität, was die Betrachtung der Nachhaltigkeit eines solchen Systems ermöglicht (Alinovi et al. 2009). Im Grunde geht es in der Resilienz-Forschung um folgende Frage: Wie sehr können sich ein System, eine Organisation, ein Individuum verändern, ohne ihre Identität zu verlieren bzw. ihre Funktionen, ihre Strukturen und dazugehörige Rückkoppelungsprozesse soweit wie möglich beizubehalten (Walker et al. 2006).

Die Resilienz-Frage kann auf allen Stufen entlang des Kommunikationsprozesses Anschluss finden. So können beispielsweise das Mediensystem, Medienorganisationen, Journalisten oder Rezipienten im Zentrum der Betrachtung stehen. Zudem sind bei der Frage, was ein System (zum Beispiel Politik) resilient macht, stets auch die Medien mitzudenken. Resilienz stellt schließlich eine Eigenschaft dar, die die Anpassungsfähigkeit, Lernfähigkeit aber auch Widerstandsfähigkeit eines Systems oder besser einer Entität beschreibt. Das Resilienz-Konzept steht dabei nicht in Konkurrenz zu Konzepten wie Medialisierung oder Globalisierung, sondern kann die Forschung zum sozialen Wandel an dieser Stelle ergänzen. Darüber hinaus bietet es neue Möglichkeiten für praxisorientierte Studien. Auch ist diese Forschung nicht auf die Systemtheorie begrenzt. Disziplinübergreifend finden Konzepte wie das des Institutionalismus (Lebel et al. 2006, Dragos Aligica & Tarko 2014) vor diesem Hintergrund genauso Anwendung wie das des sozialen Kapitals (Sherrieb et al. 2010).

In der Kommunikationswissenschaft gibt es eine Reihe systemtheoretischer Entwürfe, die unterschiedliche Systemdefinitionen vorschlagen. Es herrscht nach wie vor Uneinigkeit, ob von einem System der Massenmedien (Luhmann 1996), dem Journalismus als sozialem System (Blöbaum 1994), der Öffentlichkeit als sozialem Funktionssystem (Gerhards 1994, Kohring 1997, Görke 2008) oder der politischen Kommunikation als System (Blumler & Gurevitch 1995) ausgegangen werden soll. Seit einiger Zeit versuchen Journalismusforscher vermehrt bestehende Theorien zusammenzuführen anstatt sich zunehmend voneinander abzugrenzen (vgl. Hanitzsch et al. 2007). Auf diese Weise hat neben Anthony Giddens’ Strukturationstheorie auch der Soziologe Uwe Schimank und sein Ansatz der Akteur-Struktur-Dynamiken im Fach an Bekanntheit gewonnen, der das „Schisma der Akteur-und Systemtheorien“ (Schimank 1988:619) zu lösen vermag. Schimanks Ansatz wertet den Akteur auf (Neuberger 2004) und ermöglicht eine Betrachtung auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen (Meyen et al. 2014).

Es sind vor allem die Mehrebenen-Ansätze, die die Betrachtung von Resilienz interessant machen: Dabei kann sich zum einen ein „shock“, zum anderem aber auch die Reaktion auf diesen Schock auf unterschiedlichen Ebenen abspielen. Anders formuliert: Veränderungen an einer Stelle des Kommunikationsprozesses können zu Resilienz an anderer Stelle führen. Es ist daher denkbar, Resilienz sowohl als unabhängige als auch als unabhängige Variable zu operationalisieren, und ratsam, Forschung auf unterschiedlichen Untersuchungsniveaus zu betreiben. Resilienz kann damit auch als Antwort auf „die Forderung nach einer methodischen Operationalisierung“ (Kohring 2004: 198) systemtheoretischer Journalismustheorien gelten und der Systemtheorie, aber auch anderen Theorien zu einer „unmittelbaren Praxistauglichkeit“ (Kohring 2004: 198) verhelfen.

 

Literatur

Alinovi, L., Mane, E. & Romano, D. (2009). Measuring Household Resilience to Food Insecurity: Application to Palestinian Households. Working Paper, January 2009, [online] URL: http://www.foodsec.org/fileadmin/user_upload/eufao-fsi4dm/docs/resilience_wp.pdf

Blöbaum, B. (1994). Journalismus als soziales System. Geschichte, Ausdifferenzierung und Verselbständigung. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Blumler, J. G., & Gurevitch, M. (1995). The crisis of public communication. London: Routledge.

Dragos Aligica, P. & Tarko, V. (2014). Institutional Resilience and Economic Systems: Lessons from Elinor Ostrom’s Work. Comparative Economic Studies, 56, (52–76).

Folke, C., Carpenter, S. R., Walker, B., Scheffer, M., Chapin, T. & Rockström, J. (2010). Resilience thinking: integrating resilience, adaptability and transformability. Ecology and Society 15(4): 20. [online] URL: http://www.ecologyandsociety.org/vol15/iss4/art20/

Gerhards, J. (1994). Politische Öffentlichkeit. Ein system- und akteurstheoretischer Bestimmungsversuch. In Neidhardt, F. (Hrsg.). Öffentlichkeit, öffentliche Meinung, soziale Bewegungen (Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 34). Opladen: Westdeutscher Verlag, 77-105.

Görke, A. (2008). Perspektiven einer Systemtheorie öffentlicher Kommunikation. In Winter, C., Hepp, A. & Krotz, F. (Hrsg.). Theorien der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Grundlegende Diskussionen, Forschungsfelder und Theorieentwicklungen. Wiesbaden: VS Verlag, 173-190.

Hanitzsch, T., Altmeppen, K.-D., Schlüter, C. (2007). Zur Einführung: Die Journalismustheorie und das Treffen der Generationen. In Altmeppen, K.-D., Hanitzsch, T. & Schlüter, C. (Hrsg.). Journalismustheorie: Next Generation. Soziologische Grundlegung und theoretische Innovation. Wiesbaden: VS Verlag, 7-23.

Kohring, M. (1997). Die Funktion des Wissenschaftsjournalismus. Ein systemtheoretischer Entwurf. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Kohring, M. (2004). Journalismus als System. Grundlagen einer systemtheoretischen Journalismustheorie. In Löffelholz, M. (Hrsg.). Theorien des Journalismus. Ein diskursives Handbuch. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag, 185-200.

Lebel, L., Anderies, J. M., Campbell, B., Folke, C., Hatfield-Dodds, S., Hughes, T. P. & Wilson, J. (2006). Governance and the Capacity to Manage Resilience in Regional Social-Ecological Systems. Marine Sciences Faculty Scholarship. Paper 52.

Luhmann, N. (1996). Die Realität der Massenmedien. 2., erweiterte Auflage. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Meyen, M., Thieroff, M. & Strenger, St. (2014). Mass Media Logic and The Mediatization of Politics. Journalism Studies, 15:3, 271-288.

Neuberger, C. (2004). Journalismus als systembezogene Akteurskonstellation. Grundlagen einer integrativen Journalismustheorie. In Löffelholz, M. (Hrsg.). Theorien des Journalismus. Ein diskursives Handbuch. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag, 287-303.

Schimank, U. (1988). Gesellschaftliche Teilsysteme als Akteurfiktionen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 40 (3), 619-639.

Sherrieb, K., Norris, F. H. & Galea, S. (2010). Measuring Capacities for Community Resilience. Soc Indic Res, 99, 227–247.

Siapera, E., & Veglis, A. (2012). Introduction: The Evolution of Online Journalism. In E. Siapera & A. Veglis (Eds.), The Handbook of Global Online Journalism. Oxford, UK: Wiley-Blackwell, 1-17.

Walker, B. H., Gunderson, L. H., Kinzig, A. P., Folke, C., Carpenter, S. R. & Schultz, L. (2006). A handful of heuristics and some propositions for understanding resilience in social-ecological systems. Ecology and Society, 11(1): 13. [online] URL: http://www.ecologyandsociety.org/vol11/iss1/art13/

Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/239

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Eine Siegesfeier in Den Haag

Der kurkölnische Agent Johann van der Veecken hatte sich im Jahr 1631 einige Zeit von seinen Amtsgeschäften zurückziehen müssen und war nach Spa gereist, um dort eine Trinkkur zu machen. Doch bei der Rückkehr wartete eine Überraschung auf ihn: Gerade als er wieder nach Den Haag zurückgekommen war – es war mittlerweile Mitte Oktober geworden –, traf er prompt auf den Gesandten der schwedischen Krone, der „facibus et ignibus triumphalibus“ den Sieg zelebrierte, den sein König über die Kaiserlichen errungen hatte.

Veecken war lange genug im Geschäft, um abschätzen zu können, wie man mit Neuigkeiten umzugehen hatte. Der Krieg im Reich war zwar weit entfernt, und viele einlaufende Nachrichten erwiesen sich oftmals als übertrieben oder einfach falsch. Aber in dem Fall bestand kein Zweifel, daß der schwedische König und der mit ihm verbündete Kurfürst von Sachsen am 17. September bei Breitenfeld eine große Schlacht gewonnen hatten. Das Heer der Kaiserlichen sei vernichtet, Tilly gefallen. Der schwedische Gesandte ließ keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Informationen. Und Veecken tat das, wofür er als Agent engagiert war: Er berichtete dies Kurfürst Ferdinand von Köln, seinem Auftraggeber.

Die Berichte Veeckens fielen durchweg lakonisch aus; Emotionen brachen sich bei ihm nur selten Bahn. Auch dieses Beispiel vom 15. Oktober 1631 (LA NRW, Abt. Rheinland, Kurköln VII 51/1 fol. 95 Ausf.) machte keine Ausnahme. Und doch war spürbar, daß diese Nachricht an sich und offenbar auch die Siegesfeier des schwedischen Diplomaten in Den Haag einen gewissen Eindruck auf den Agenten hinterlassen hatten. Schon ein paar Tage später kamen zwar Berichte ein, daß Tilly doch nicht tot sei. Doch diese Korrektur änderte nichts an der militärischen Katastrophe. Genau dies brachte Veecken auch schon in diesem Brief vom 15. Oktober auf den Punkt: Nun müsse man befürchten, daß sich die ganze Situation im Reich von Grund auf verändern würde; dem Kaiser und den katholischen Reichsfürsten drohe nun die allerhöchste Gefahr („Vnde verendum ne magna rerum vicissitudo in Jmperio oriatur, et Jmperatori Principibusque Catholicis maximum immeneat periculum.“).

Mit dieser Einschätzung lag Veecken vollkommen richtig – und auch das historische Urteil heutzutage wird kaum anders ausfallen. Dies mag man heute als nicht wirklich überraschend abtun, denn wenige Schlachten endeten mit einem so eindeutigen Ergebnis wie die bei Breitenfeld. Doch eine solche Betrachtung erfolgt zu sehr aus der sicheren Perspektive des Historikers. Vor dem Hintergrund der damals so häufig kursierenden und so unentwirrbar erscheinenden Mißinformationen mußten die Diplomaten schon ein Gespür für die wirklich wichtigen Entwicklungen haben. Beim Agenten in Den Haag war dies augenscheinlich der Fall. Veecken schloß seinen Bericht für Kurfürst Ferdinand mit einem Stoßgebet. Er sollte es in den folgenden Wochen und Monaten noch häufiger tun; die Ereignisse im Reich gaben ihm jedenfalls Anlaß genug dafür.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/518

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Bis zur Einberufung im November 1914

Am 21. August 1914 erreichten Freiburg frohe Neuigkeieiten von der Front: „Siegreiche Schlachten zwischen Metz und den Vogesen“, titelte die Freiburger Zeitung in einer Extraausgabe.

Titelbild der Freiburger Zeitung zum 21.8.1914.

Titelbild der Freiburger Zeitung zum 21.8.1914.

„Deo gratias. Requiem aeternam donna eis Domine, eis den Tapferen, die solchen Sieg mit ihrem Herzblut erkauft haben. Jetzt ins Münster, um Gott zu danken“, kommentierte Mayer die Nachrichten. Mit diesen Worten der Freude enden im späten August 1914 vorläufig seine Aufzeichnungen der damaligen Geschehnisse. Erst im Zuge seiner Einberufung als freiwilliger Feldgeistlicher wird er Ende November wieder regelmäßig zur Feder greifen.

Das liegt sicher nicht am Mangel an Ereignissen. Für Freiburg und seine Bürger bedeutete das Ende des Sommers nicht das Ende einer aufregenden Zeit, sondern im Grunde erst deren Anfang.

Auf den großen Sieg bei Metz folgten Niederlagen, die für die Stadt eine reale Gefahrensituation erzeugte. Freiburg wurde zur Fronstadt, in der der Krieg allgegenwärtig erfahrbar wurde1 : durch die Einquartierung von Soldaten, den Verwundeten, die schon bald die Lazarette der Stadt überfüllten, und die „dumpfen Schläge […] des Kanonendonner[s] über den Rhein herüber“2 .

Gleichzeitig trennten sich die Wege der Bevölkerung. Die Soldaten der in Freiburg stationierten 29. Division zog es an die Front. Noch Anfang August kam es zu ersten Gefechten in den Vogesen, gegen Ende des Jahres wurde die Division dann in Flandern eingesetzt. Auch die 28. Division, der Mayer angehören würde, marschierte über Freiburg in den Krieg. Beide waren teil des 14. Armee-Korps, welches die badischen Truppen des Heeres umfasste. Alois Maier, der Divisionspriester der 28. Division und Mayers späterer Vorgesetzter, notierte die Ereignisse dieser Zeit, die bis November 1914 durch den Bewegungskrieg gekennzeichnet waren.3

„Am 2.8.: Kam ich in meiner Garnison Mülhausen i. Els. an, wohin mich ein Telegramm zurückrief, da ich in Schlesien im Urlaub war.

Vom 2.-5.8: Berichten und Abschiedsgottesdienste in Mülhausen i.E.

Am 6.8.: Meldung bei der 28. Division in Karlsruhe.

Vom 8.-15.8: Abtransport nach Freiburg, Marsch über Breisach und Ensisheim nach Mülhausen i.E. wo ich mit der großen Bagage am 11.8. anlangte. In den Lazaretten sehr viele Verwundete aus der Schlacht bei Mülhausen besucht.

Am 15.8.: Abtransport nach Ahrweiler.

Vom 16.-19.8: in Pfalzburg, wo ich die Lazarette besuchte und Beerdigungen vornahm.

Vom 20.-28.8: Vormarsch durch Lothringen über Cirey nach Baccarat. Ich war meistens bei dem 2. Sanitätstrup, um auf dessen Hauptverbandsplatz mich der Verwundeten annehmen zu können. Ich arbeitete auf den Hauptverbandsplätzen von Gunzweiler, Forsthaus Glasematten (Truppenhauptverbandsplatz), dem Schlachtfeld Hochwalsch, in Harzweiler, bei Forsthaus Hess. Besonders groß und aufregend war die Arbeit in Bertrichamp in der Nacht vom 26. zum 27.

Vom 28.8 bis 11.9. in Baccarat. Hier waren zum 1. Male Feldgottesdienste, zu dem bisher bei dem unaufhörlichen Vorrücken bei Tage und bei Nacht keine Gelegenheit war. Auch in der Kampffront bei Ménil ward Gottesdienst gehalten. Anfangs gab es für uns Divisionspfarrer auch sehr viel Arbeit in den Lazaretten, bis endlich die Lazarettpfarrer ankamen. Wiederholt habe ich beerdigt; wurde auch nachts zu Sterbenden geholt und hielt täglich Gottesdienst in der Kapelle der Kristallfabrik.

Am 11.9. Rückwärts bis Altville in Lothringen.

Vom 17.9. bis 20.9. Marsch über Remilly, Boin a/S, Borny nach Pagny.

Vom 21.-25.9. pastorierte ich von Pagny aus das Feldlazaret 12 in Vandières, den Verbandsplatz in Vilcey, s. Trey und Fey en Haye.

Vom 25.-30.9. in Thiaucourt. Hier und in Viéville Feldgottesdienste auf dem Hauptverbandsplatz in Viéville, zu dem wie bisher immer die Kirche und einige größere Häuser (Schule) verwandt wurden. Abtransport nach Nordfrankreich

Vom 3.-5.10. Fahrt von Metz über Namur bis Mons.

5.-10.10. Marsch über Boudé St. Amand, Orchies, Mons en Pévèle, Le-forest, Ostricourt, Bourrières, Harnes bis Loison (bei Lens). Hier blieben wir bis zum 12.10. Ich hielt mehrere Feldgottesdienste bei der Bagage und begab mich zu Pferd nach Hulluch, wo ich den Hauptverbandsplatz vorfand.

Vom 12.10.-21.10. Mit der Bagage zuerst drei Tage in Vendin le Vieil und dann vom 15/10 ab in Pont à Vendin einquartiert besuchte ich täglich den Hauptverbandsplatz der zuerst in Huluch, dann in Vendin sich befand und hielt oft Begräbnisse. Vor allem konnte ich für alle Truppen wieder regelmäßig Gottesdienst halten und beichten ansetzen. Die Gottesdienste fanden statt in der noch erhaltenen Kirche oder im Freien, in Pont à Vendin, Veudin le Vieil (alle Tage), Hulluch, Wingles, je einmal in Bouvin und Meurdin. Am 29.10 bereitete ich einen Soldaten auf den Tod vor, der wegen Mordes erschossen wurde.

Vom 21.-30.11. Die Division wurde verlegt und ich in der neuen Stellung im D. St. Quartier in Billy Montigny untergebracht. Hier, in Sallaumines und Lens hielt ich Gottesdienst und besuchte den Hauptverbandsplatz und das Feldlazarett in Lens. Die vielen Verwundeten in Lens bewogen mich, bald mich vom Stabe zu trennen und nach Lens überzusiedeln.“

Für die Daheimgebliebenen begann vor allem eine Zeit der Ungewissheit, um die Angehörigen an der Front, aber auch um die eigene Zukunft. „[D]ie Menschen waren voll innerer Unruhe“, berichtet Schofer4, schlimme Gerüchte über eine Gefährdung der Stadt schürten diese Nervosität:

„Gestern im Laufe des Tages verbreitete sich das Gerücht: Belfort sei erstürmt. Von anderer Seite hieß es: vier Zeppeline seien zugrunde gerichtet worden. Beides war natürlich ganz aus der Luft gegriffen. Neulich hörte ich bei Schermers, ein Augenzeuge habe berichtet, die Brücke zwischen Alt- und Neu-Breisach sei gesprengt worden, ein Hauptmann und sieben Mann seien tot am Brückenkopf gelegen – demnach hätten die Franzosen also schon die Festung Neu-Breisach haben müssen. Hinter stellte sich heraus, daß es sich um eine kleine Brücke bei Mülhausen gehandelt hätte.“5

Mit den ersten Verwundeten kam auch das Elend des Krieges in die Stadt, „ein erschütternder Anblick“, wie Charlotte Herder ihrem Tagebuch anvertraute.6

Auch das Umfeld des Freiburger Ordinariats erlebte die erste Phase des Krieges. Zwar war der Großteil des Klerus vom Dienst an der Waffe ausgenommen, vor allem die Theologiestudenten des Konvikts hatten aber zu dienen. Außerdem waren die hauptamtlichen Militärgeistlichen bei Ihren Divisionen an der Front, so der oben zitierte Alois Maier. Diese Priester erlebten den Krieg als Angehörige des Militärs von Anfang an.7

Für die regulären Diözesanpriester wie Fridolin Mayer begann Ende August zunächst eine Zeit des Wartens. „Auf den Trubel der Mobilmachungstage folgte Ruhe“, notiert Josef Schofer in seinen Erinnerungen.8

Diese Ruhe führte aber keineswegs zur Untätigkeit. Gerade im Umfeld von Konvikt und Missionsinstitut hatten viele, vor allem junge Priester, ähnliche Gedanken wie Schofer: „Ich hatte nur einen Wunsch: Bald fort zu kommen und den Soldaten Seelsorger sein zu können.“9

Schnell zeichnete es sich ab, dass sich dieser Wunsch bald erfüllen würde. Da die Zahl der regulären Militärgeistlichen auf eine Pastoration in Friedenszeiten ausgelegt war, stellte sie sich für die Realität des Krieges als hoffnungslos zu klein heraus. Daher wurden freiwillige Feldgeistliche aus den Diözesen gesucht, was auf großen Zuspruch stieß: „Um zur dringlichen, von hoher Kirchenbehörde gewünschten Hebung der bisher mangelhaften Feldseelsorge nach Kräften mitzuwirken, hat der gehorsamst Unterzeichnete sich dem H. H. Armeebischof für die Dauer des Krieges zur Verfügung gestellt […].“10

Ende November – der Bewegungskrieg war mittlerweile zum Stellungskrieg erstarrt -, rückten etwa 20 Diözesanpriester, darunter Fridolin Mayer, zu den Divisionen des 14. AK ins Feld ein.

Die Ereignisse bis zu diesem Zeitpunkt sowie die Vorbereitungen dieser Geistlichen sind durch einen Bericht von Dr. Josef Schofer bezeugt, der in den kommenden Wochen in loser Folge zusammen mit kleineren Quellen publiziert wird. Ab dem 30. November erscheinen dann täglich Mayers größere Berichte aus seiner Tätigkeit in Frankreich.

 

  1. vgl. hierzu Roger Chickering: Freiburg im Ersten Weltkrieg. Totaler Krieg und städtischer Alltag 1914-1918. Paderborn 2009.
  2. Josef Schofer: Ein Friedenswerk im Völkerringen. In: St. Konradsblatt Jg. 14 (1930), Nr. 7, S. 81–82, hier S. 81.
  3. Bericht des Divisionspfarrers Alois Maier vom 7. April 1916 in Karlsruhe, GLA 546 F 11 Nr. 370
  4. Vgl. Anm. 2
  5. Charlotte Herder: Mein Kriegstagebuch. Freiburg 1955, S. 15.
  6. Ebd., S. 18
  7. Vgl. zur Kriegsseelsorge Hans-Josef Wollasch: Militärseelsorge im Ersten Weltkrieg: das Kriegstagebuch des katholischen Feldgeistlichen Benedict Kreutz. Mainz 1987.
  8. Vgl. Anm. 2
  9. Vgl. Josef Schofer: Ein Friedenswerk im Völkerringen. In: St. Konradsblatt Jg. 14 (1930), Nr. 10, S. 126.
  10. Mayers Schreiben vom 23. Oktober 1914 an das Erzbischöfliche Ordinariat EAF B2-35/5, Vorgang 12075.

Quelle: http://tagebuch.hypotheses.org/489

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Über 800 Jahre alte Bischofsurkunde zugunsten des Stifts Clarholz findet ihren Weg zurück ins Fürstliche Archiv Rheda

Als die alliierten Truppen Anfang April 1945 in Rheda einmarschierten, ließen sie sich vom damaligen Fürsten zu Bentheim-Tecklenburg die Schlüssel zum Archiv aushändigen. Dort waren zu dem Zeitpunkt neben dem Archivgut auch Unterlagen der sich zurück ziehenden Wehrmacht eingelagert worden, die für die Alliierten von großer Bedeutung waren. Als die amerikanischen Truppen Ende April – wenige Tage vor der deutschen Kapitulation – abzogen, hinterließen sie das Archiv in großer Unordnung. Bei  den anschließenden Aufräumarbeiten wurde festgestellt, dass „einzelne Kaiserurkunden und andere mit gut erhaltenen Siegeln versehene Stücke“ fehlten, die in der Folgezeit trotz entsprechender Eingaben bei der Militärverwaltung und militärpolizeilicher Untersuchung nicht aufgefunden werden konnten.

Seit 2008 sind die noch fehlenden Urkunden bei Lost Art gemeldet, einer Einrichtung des Bundes und der Länder der Bundesrepublik Deutschland für Kulturgutdokumentation und Kulturgutverluste. Auktionshäuser und Galerien sind gehalten, vor Verkäufen und Versteigerungen zu prüfen, ob die angebotenen Stücke hier verzeichnet sind und diese gegebenenfalls  den Eigentümern zurück zu erstatten. Im Mai diesen Jahres wurde Dr. Peter Worm vom  LWL-Archivamt für Westfalen, der das Fürstliche Archiv betreut und die Benutzung der wertvollen Bestände ermöglicht, von der Londoner Galerie Sam Fogg, die sich unter anderem auf mittelalterliche Kunstobjekte spezialisiert hat, erfreulicher Weise in einem solchen Fall angeschrieben. Das Stück selbst wurde dann wohl verpackt und versichert aus London übersandt, in der Werkstatt des LWL-Archivamts aufbereitet und archivgerecht verpackt.

Fürstliches Archiv Rheda, Bestand: Stift Clarholz, Urkunden Rha.C.Uk 5

Fürstliches Archiv Rheda,
Bestand: Stift Clarholz, Urkunden
Rha.C.Uk 5

Inhaltlich lässt sich die Urkunde in eine Reihe von Rechtsgeschäften einordnen, mit denen das junge Stift seinen Grundbesitz und  damit seine Einkünfte erweitert und abrundet: Bischof Hermann II. von Münster beurkundet den Verkauf eines Anwesens in Sandrup – heute eine Bauerschaft nördlich von Münster – durch seinen Lehnsmann Otto an den Propst Friedrich und den Konvent von Clarholz für die beträchtliche Summe von 90 Mark. Dass hierfür jeweils der Münstersche Bischof Hermann II. als Beurkundender gewonnen werden konnte, betont den hohen Stellenwert, der dem Clarholzer Stift zu dieser Zeit zukam. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass der genannte Bischof in der Nachbarschaft das Zisterzienser-Kloster Marienfeld mit begründet und ausgestattet hat, das durchaus mit den Prämonstratensern in Clarholz um fromme Stiftungen konkurrierte.

Die schön geschriebene und mit einem hellen Wachssiegel versehende Urkunde steht nun der historischen Forschung wieder zur Verfügung (Fürstliches Archiv Rheda, Bestand: Stift Clarholz, Urkunden, Nr. 5 = WUB I, Nr. 578 = OUB I, Nr. 440). Die Benutzung findet über das LWL-Archivamt für Westfalen (www.lwl-archivamt.de) statt.

Der Aussteller:

Fürstliches Archiv Rheda, Bestand: Stift Clarholz, Urkunden, Rha.C.Uk 5 (Siegel)Hermann II. von Katzenelnbogen (* 1130 oder 1140; † 9. Juni 1203) war von 1174 bis 1203 der 24. Bischof von Münster. Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestimmte Hermann II. zum Nachfolger des verstorbenen Bischofs Ludwig I von Wippra. Er stammt aus dem in Hessen ansässigen Adelsgeschlecht der Grafen von Katzenelnbogen.

Zur Vorbereitung des Dritten Kreuzzuges sandte Kaiser Friedrich I. Barbarossa eine Gesandtschaft unter der Führung Hermann II. zum Kaiser Isaak II. Angelos in Konstantinopel. 1189 bis 1192 nahm Hermann II. dann selbst am Kreuzzug teil und gehörte zum engeren Beraterkreis des Kaisers. Der Edelherr Widukind von Rheda, wie der Bischof selbst einer der Gründer Marienfelds, nahm auch an diesem Kreuzzug teil und fiel bei der Erstürmung von Akkon. Es ist nicht auszuschließen, dass es der Bischof Hermann II. war, der die sterblichen Überreste des Edelherrn nach Deutschland zurückbringen ließ.

Hermann der II. gab um die Jahrhundertwende seine vielfältigen Ämter und Tätigkeiten in Münster auf und zog sich nach Marienfeld zurück. 1203 starb er als einfacher Mönch und ließ sich in Marienfeld bestatten. Für den Konvent war dies eine große Geste und so liegt sein Leichnam im Chorraum, den Blick zum Hochaltar gewandt. Später wurde ein Grabmal hinzugefügt, das sich aber nicht mehr an dieser Stelle befindet.

Von Bischof Hermann II. gehen einige Stadtgründungen aus (etwa Coesfeld, Nienborg, Warendorf, Beckum, Ahlen und Dülmen). An seinem Bischofssitz Münster gründet er die Pfarreien St. Ludgeri, St. Martini, St. Aegidii und St. Servatii. Die Pfarreinteilung in Münster und der Bau der dortigen Befestigungsmauern gehen auf ihn zurück. An den Dom lässt er das westliche Querschiff anbauen.

 

Die Empfänger

Bei den Prämonstratensern handelt es sich um regulierter Chorherren, die nach der Augustinusregel leben. Das heisst, dass diese nicht Mönche im engeren Sinn des Worts sind, aber so wie diese die Gelübde der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit ablegen und in einer klosterähnlichen Gemeinschaft leben. Ein weiterer Unterschied zu den an der Benediktsregel orientierten Mönchsorden ist, dass die Prämonstratenser das kontemplative monastische Leben mit der nach außen gerichteten Seelsorge verbinden. Der Orden ist ein Zusammenschluss selbständiger Stifter (Kanonien) und wurde im Jahr 1120 von Norbert von Xanten mit dreizehn Gefährten in Prémontré bei Laon gegründet. Sie  werden nach ihrem Gründer „Norbertiner“ genannt. Der weibliche Zweig sind die Prämonstratenserinnen.

Eine Besonderheit – in dieser Zeit allerdings nicht einzigartig – der ersten prämonstratensischen Gemeinschaften war, dass es sich bei ihnen um Doppelklöster handelte, in denen also Frauen und Männer, wenn auch in zwei voneinander organisatorisch getrennten Konventen, lebten. So auch hier in Clarholz, wo das zugehörige Frauenkonvent im benachbarten Lette seinen Sitz hatte, jedoch sich nur bis ins 15. Jh. nachweisen lässt. Neben den Kanonikern (canonici) lebten in den Niederlassungen der Norbertiner auch Laienbrüder (conversi). Ähnlich wie auch die Zisterzienser trugen die Prämonstratenser in den ersten Jahrhunderten nach ihrer Entstehung zur Verbesserung der Landwirtschaft bei.

 

Der Gegenstand

Zum ersten Mal erwähnt wurde der 45 km von Clarholz entfernte Haupthof Sandrup schon im 11. Jahrhundert in einer abschriftlich überlieferten Urkunde aus dem Cappenberger Archiv. Damals legte der Münstersche Bischof Siegfried von Walbeck (1022–1032) fest, dass für die neugeweihte Kirche von Coerde unter anderem die Bauerschaft Sandondorp zur Zahlung eines Zehnten als wirtschaftliche Grundlage für die Kirche und ihre Geistlichen verpflichtet wurde. Der Bischof hatte kurz vor seinem Tode noch sieben neue Landkirchen geweiht, unter denen sich auch die Kirche von Coerde befand. Ihr Pfarrsprengel sollte aus Teilen der alten Dompfarrrei so zusammengestellt werden, dass sie mit dem zu zahlenden Zehnten die wirtschaftliche Grundlage für die Kirche und ihre Geistlichen bilden konnte. Doch die Pfarrei Coerde kam nie zustande. Die ursprünglich Coerde zugedachte Bauerschaft Sandrup fiel an die von Bischof Hermann I. (1032 – 1042) ab dem Jahre 1040 gebaute Liebfrauen-Überwasserkirche im nahen Münster, ist aber zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung als Lehen an  einen bischöflichen Ministerialen, namens Otto, vergeben.

Inhaltlich lässt sich die Urkunde in eine Reihe von Rechtsgeschäften einordnen, mit denen das junge Stift seinen Grundbesitz und  damit seine Einkünfte erweitert und abrundet: Bischof Hermann II. von Münster beurkundet den Verkauf eines Haupthofs in Sandrup – heute eine Bauerschaft nördlich von Münster – durch seinen Lehnsmann Otto an den Propst Friedrich und den Konvent von Clarholz für 90 Silbermark. Dieser Otto habe sich, wie es in der vorliegenden Urkunde heisst, spontan im Beisein von Klerikern und Laien zum Verkauf des Haupthofs Sandrup entschlossen. Aus der Zeugenliste der Urkunde erfahren wir, wer diese Personen sind: Es handelt sich um die Pröpste also geistlichen Vorstände der Münsterschen Dom- und Pfarrkirchen und viele Vertreter des örtlichen Adels. Wir können also von einem feierlichen Rahmen ausgehen!  Gegen einen allzu spontanen Entschluss spricht auch, dass die vom Verkauf mittelbar betroffenen Erben des Otto diesem Rechtsgeschäft zugestimmt haben.

Zu den 90 Mark: Hierbei handelt es sich um eine Rechengröße und nicht um geprägtes Geld, wobei eine Mark gut 233 gr. Silber entsprichen. 90 Mark sind also gut 20 kg Silber, im 14. Jh. entspricht das einem Gegenwert von 360 Schweinen. Jochen Ossenbrink hat in seiner Wirtschaftsgeschichte des Klosters ausgerechnet, dass Propst Friedrich in seiner Amtszeit insgesamt Güter für 462 Mark (fast 110 kg Silber) angekauft hat – Geld das als Stiftung vom landsässigen Adel oder als Eintrittsgeld von den Novizen in die Kasse gekommen sein muss.

Bemerkenswert ist, dass für die Beurkundungen jeweils der Münstersche Bischof Hermann II. gewonnen werden konnte, der auf diese Weise das Clarholzer Stift förderte.  Es erstaunt deshalb besonders, dass der genannte Bischof in der unmittelbaren Nachbarschaft das Zisterzienser-Kloster Marienfeld mit begründet und ausgestattet hat, das durchaus mit den Prämonstratensern in Clarholz um fromme Stiftungen konkurrierte. Der prominente Rahmen, in dem die Beurkundungen stattfanden, diente sicher einerseits der Rechtssicherung. Wer hätte dem Wort dieser versammelten Zeugen widersprechen wollen? Andererseits stellte es einen hohen Gunsterweis dar, dass der Bischof sein Siegel unter das Rechtsgeschäft setzte und dafür auch noch einen Großteil seines Münster’schen Beraterkreises einbestellte.

Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/1028

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Arbeit für BettlerInnen – Spendenaktion des Verein Goldenes Wiener Herz

Nur noch wenige Tage läuft die Spendenaktion des Verein Goldenes Wiener Herz, der kommenden September und Oktober in Wien Menschen anstellen möchte, die bislang aufs Betteln angewiesen waren und als PromoterInnen Aufklärungsarbeit leisten sowie gegen die Bettelverbote arbeiten. Ab 20 Euro ist man mit dabei, surfet also hin und spendet!

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/964898845/

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Sehr schön, Herbert Gnauer hat für die von Radio Orange gestern ausgestrahlte Folge von Radio Dispositiv ein Gespräch mit Richard Schuberth geführt:

Das neue Wörterbuch des Teufels – Sommerschluss mit Richard Schuberth

Neben Dramen, Drehbüchern und Prosa aller Art verfasst Richard Schuberth besonders gerne Aphorismen. Jüngst hat er in Nachfolge von Ambos Bierce Klassiker 'Das neue Wörterbuch des Teufels' herausgebracht. Auch in seinen '30 Anstiftungen zum Wiederentdecken von Karl Kraus' spielt der Aphorismus naturgemäß eine zentrale Rolle, hat Kraus doch wesentlich zu seiner Anerkennung als Kunstform beigetragen. Ausgehend von diesen beiden Büchern nimmt das Studiogespräch seinen Lauf.


Download: http://cba.fro.at/266760

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/963788161/

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Gegen Belgier, Engländer und Franzosen

(Von Werchter nach Brüssel, Assche und Berchem) Bisher haben wir von den ersten Erlebnissen unserer drei Bataillone auf dem belgischen Kriegsschauplatz gesondert berichtet, da jedes zunächst seinen Weg allein suchen mußte. Sehen wir jetzt, wie sie sich wieder zum Regimentsverbande zusammenfanden. Bald nachdem das II. Bataillon die belgischen Vortruppen durch seinen Angriff aus Werchter vertrieben hatte (am 26. August morg.), wurde von Radfahrern und Husarenpatrouillen der Anmarsch starker feindlicher Kolonnen aus zwei verschiedenen Richtungen gemeldet. Daraufhin beschloß Major Mansfeld, erst den Anschluß an das […]

Quelle: http://sdvigpress.hypotheses.org/150

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