Masterarbeit zu Rechtsfragen des Streaming v. Dipl.-Jur. Annika Dam, LL.M.

http://www.wbs-law.de/pressemeldungen-wilde-beuger-solmecke/masterarbeit-zu-rechtsfragen-des-streaming-dipl-jur-annika-dam-ll-m-49262/ Die Arbeit untersucht Rechtsfragen des Streaming sowohl aus Sicht der Werkverwerter, als auch aus Sicht der Nutzer. Zunächst wird das technische Verfahren erläutert, dem die Darstellung von Medieninhalten als Stream zugrunde liegt. Dabei werden auch die unterschiedlichen Arten des Streamings dargestellt. In einem zweiten Schritt wird das Streaming aus Sicht der Werkverwerter betrachtet. Es […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/08/5312/

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Tagungsankündigung: “Cut’n Paste – International Conference” an der LMU München

Am 24./25. Oktober 2014 veranstaltet die LMU München im Rahmen des DFG-Projekts “Das optimierte Geschlecht?” eine internationale Konferenz zum Thema “Cut’n Paste The Body – Körper und Geschlecht in Zeiten ihrer technologischen (Re)Produzierbarkeit”. Die Tagung wird organisiert von Paula-Irene Villa, Steffen … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/7246

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Wenn ein Fürst auf Brautschau geht. Teil II

Im letzten Teil ging es um die äußeren Faktoren, die bei einer Brautschau beachtet werden wollen. Karl Eusebius von Liechtenstein (1611-1684) rät seinem Sohn zunächst, sich bloß nicht zu spät zu verheiraten, um die Fortsetzung der Dynastie nicht zu gefährden. Bei der Wahl seiner Partnerin habe er ihren Stand und ihre Konfession unbedingt zu berücksichtigen. Niemals dürfe sich ein Liechtenstein mit Ketzern einlassen. In den Augen von Karl Eusebius lagen die vorteilhaftesten Verbindungen bei den altehrwürdigen Häusern aus dem hohen Reichsadel. Der Fürst von Liechtenstein konnte natürlich nicht ahnen, dass es vielen nachfolgenden Generationen seiner Familie nicht gelingen würde, in diesen exquisiten Heiratskreis aufgenommen zu werden. Nachdem der Vater seinem Sohn die Eckpfeiler standesgemäßer Brautschau auseinander gesetzt hat, wendet er sich den wünschenswerten, ja notwendigen persönlichen Eigenschaften der Braut zu:

„bey dergleich aber vornehmen Verwandtnus wil, und mus auch die Gesundheit und Complexion eüßerst beobachtet werden, das keine zur Gemahlin erwehlet, so an derselben ein Mangel hätte“ (pag. 126)

Auch müsse man darauf achten, dass Krankheiten wie Gicht (zeitgenössich Podagra genannt) oder Lungensucht im weiteren Familie nicht auftauchen „dann Krankheiten erben sich, und kommen in die Geshlechter“ (pag. 126). Das nötige Wissen habe man sich beständig zu beschaffen, nicht erst im Vorfeld der Vermählung. Die verbindungswürdigen Geschlechter mussten also jeder Zeit genau beobachtet werden, um die ‘dynastische Gesundheit’ einzuschätzen. Karl Eusebius rät seinem Sohn, sich zu diesem Zweck durchaus offen an Dritte zu wenden, die Dienerschaft oder den Hofarzt zu befragen (sprich: zu bestechen).

Das Geheimnis der Körpersäfte

Der Begriff der Complexion, den Liechtenstein verwendet, meint übrigens weitaus mehr als den körperlichen Zustand eines Menschen. Er stammt aus der Humoralpathologie (Säftelehre), die trotz oder wegen ihrer antiken Grundlagen auch noch in der Frühen Neuzeit zum medizinischen Standardwissen gehörte. Wenn man von der Complexion eines Menschen sprach, meinte man damit seine körperliche Verfassung und seinen Geisteszustand. Aus der Sicht vormoderner Mediziner bedingte sich beides gleichzeitig. Zwischen Körper und Geist vermittelten die Körpersäfte, von denen es vier gab: Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. In der Theorie befanden sich befanden sich die vier Säfte bei einem physisch und psychisch gesunden Menschen im perfekten Gleichgewicht. Unwohlsein oder gar Krankheit verrieten ein Ungleichgewicht der Säfte, das ein erfahrener Mediziner beheben konnte. Die am häufigsten gebrauchten Mittel waren der Aderlass oder spezielle Diäten, da man davon ausging, dass alles, was man dem Körper zu- oder abführte, die Konzentration der Säfte beeinflusste.

Der antike Arzt Galen (2. Jh. n. Chr.), dessen Werke im Mittelalter und der Renaissance das medizinische Wissen enorm beeinflusst hatten, hatte außerdem erkannt, dass die Menschen in der Realität niemals vollständig gesund an Geist und Körper waren. Insbesondere unterschieden sie sich in ihren Gemütslagen. Der eine lebte eher zurückgezogen und in sich gekehrt durch den Tag, die andere erging sich wegen jeder Kleinigkeit in Wutanfällen. Die Lösung, so vermutete Galen, lag auch hier im Gemisch der Körpersäfte. Jemand, der besonders schwerfällig und behäbig tat, besaß offenbar einen Überschuss an Schleim. Seinem Temperament nach war er Phlegmatiker. Sehr emotionale Menschen, Melancholiker, besaßen zu viel schwarze Galle. Jedem der vier Körpersäfte entsprach ein Temperament. Sie wirkten sich freilich nicht nur negativ auf die Complexion eines Menschen aus. Dem Choleriker zum Beispiel, dem man ein Zuviel an gelber Galle diagnostizierte, schrieb man gleichzeitig zu, besonders kühn und mutig zu sein.

Feldforschung

Karl Eusebius, so können wir folgern, war also in Grundzügen mit dem medizinischem State-of-the-art seiner Zeit vertraut. Er fordert von seinem Sohn:

„der Homur [= Humor] der künfftigen Gemahlin auch wohl zuerkündigen, zuerforshen und selbst zu penetriren ist, damit ein gutte gewünshte und glücksseelige in stäter Liebe stehende Ehe seye und erfolge, so durch eigene Persohn und Übung mus erfahren werden, also wohin man sich vermehlen wolte, und etliche Orth man in vorshlag haben thäte, man alldahin reyßen mus”  (pag. 127f)

Um den Humor, also die “Feuchtigkeit”, den Zustand der Säfte, richtig beurteilen zu können, müsse man die Kandidatin genau beobachten. Der Fürst rät deshalb, sich eine Woche Zeit für die Feldforschung am fremden Hof zu nehmen. Notfalls gelte es, Krankheit vorzuschützen, um die Abreise zu verzögern. Falls ihr Äußeres allerdings schon nach der ersten Begegnung nicht zu überzeugen weiß, könne man direkt wieder abreisen: „dann hessliche Gesichter zu Arthen und in das Geshlecht zu bringen und darmit die Menshengestadlt zuverderben, soll keines weeges jemahls seyn“ (pag. 129).

Schön und tugendsam soll sie sein

Die potentielle Braut müsse groß sein, bloß nicht klein, und auf gar keinen Fall bucklig, denn ein Buckel könnte vererbt und so zum Fluch des eigenen Geschlechts werden. Eine aufrechte, hochgewachsene Gestalt gebe der Person in ihrem Auftreten mehr Präsenz. Die Augen wiederum sollten groß und von schwarzer oder brauner Farbe sein, aber: „nicht die jenigen groß, so nur grosse Kugl und Poltzet seyn, weith aus den Kopf herauß stehend, an einen Ross oder anderen Thier seynd die Poltzeten shön, am Menshen aber nicht, sondern nur das geshlitzte zuachten und zu wählen ist“ (pag. 130f).

Während der Erkundung, so Liechtenstein, „soll man sich dernach nicht verliebt zu seyn erzeügen, sondern blos als thäte man täglich die Fürstinen besuchen aus Höfflichkeit, wie es in der Weldt der Gebrauch ist, das Frauzimmer zubesuch- und zubedienen“ (128) So könne man ohne Peinlichkeiten mehrere Kandidatinnen beobachten. Erst wenn die Braut ausgewählt sei, könne man ihr gegenüber Affektion zeigen. Man sieht, Karl Eusebius hatte einen eher pragmatischen Zugang zur Liebe. Jedoch macht er sehr deutlich, dass „kein Heürath soll gezwungen werden” (pag. 129). Eine erzwungene Ehe hat keine Zukunft.

Was den Charakter der Kandidatin betrifft, so bleibt der Fürst von Liechtenstein dem damals üblichen Rollenbild verhaftet. Eine Frau solle „nicht hochtragen-eigensinnig” sein “und besonders geshämig, so an einen Weibs Bild das beste, und aller vornehmste und ein Zeichen der Ehrbarkeit und Keishheit, in welchen die gröste Tugend der Weiber, so alle Leichtfertige ausshliesset, auch das eine demüttig-andächtig und gottfürchtig seye, welche Tugend im Menshen die aller vornehmste, dan sie versaget und fliehet das Laster”. Schamhaftigkeit und Keuschheit waren schon im Mittelalter weibliche Kardinaltugenden, daran änderte sich bis weit ins 18. Jahrhundert wenig. Im Übrigen, so Karl Eusebius “sol man also mehres die Tugenden als die Schönheit an einer erwählenden Gemahlin beobachten und erwählen“ (pag. 129).

Kinder sind segenreich

Der letzte Punkt, den der Vater seinem Sohn mit auf den Weg geben möchte, ist gleichzeitig der wichtigste: die Fruchtbarkeit der zukünftigen Braut. Sie hat oberste Priorität. Nichts sei mehr von Bedeutung als „das man in seiner Ehe viell Kinder zu Erhaltung des Nahmens und Stammes erzeigen möge, so ein Segen Gottes ist, und jeder glückseelig sich zushätzen hat“ (131). Die Gebärfreudigkeit einer Frau kann freilich nur auf indirektem Wege erkundet werden. Das liegt in der Natur der Sache. Mit Ausnahme von Witwen, die sich erneut auf den Heiratsmarkt begaben, waren die Kandidatinnen (jedenfalls offiziell) noch jungfräulich. Als verlässlicher Indikator gilt dem Fürsten von Liechtenstein die Fruchtbarkeit der Eltern und der vorrangegangenen Generationen. Als Faustregel empfiehlt er: Je mehr Geschwister eine Frau hat, desto besser die Chancen auf eine ‘fruchtbare’ Verbindung mit ihr.

Die Liechtenstein’sche Instruktion – eine einzigartige Quelle

Damit wären wir wieder zum Anfang dieser kleinen Reihe zurückgekehrt: die Erhaltung der Dynastie als Grundmotiv adeliger Heiratsstrategien. Auch die Liechtenstein’sche Instruktion wurde in diesem Geist verfasst. Karl Eusebius verdeutlicht seinem Sohn immer wieder, dass seine erste und wichtigste Aufgabe die leibliche Fortsetzung des Hauses ist. Es überrascht deshalb wohl kaum, wenn der Adel in Sachen Eheschließung langfristig plante. Die Instruktion von Karl Eusebius illustriert, wie das gesammelte Wissen darum, wie man eine erfolgsversprechenden Brautschau durchführt, an die nächste Generation weitergeben werden kann. Eine Textgattung wie die Instruktion verantwortet das natürlich nicht allein. Die Vermittlung von adeligen Kulturtechniken war Teil der Sozialisation. Von Kindesbeinen an lernten der adelige Mann und die adelige Frau, wie sie sich zu verhalten hatten und was von ihnen erwartet wurde. Die konkreten Inhalte sind nur insofern überliefert, als sie schriftlich fixiert wurden. Texte wie die Liechtenstein’sche Instruktion entwickelten mit der Zeit eine eigene Dynamik. Häufig wurden sie von kommenden Generationen als Blaupause genutzt für eigene Erziehungsschriften. Sie wirkten also traditionsbildend. Im Fall Liechtenstein wurde das Dokument sogar unverändert übernommen und im 18. Jahrhundert mehrmals abgeschrieben. Für den Historiker bedeutet diese Praxis einen Glücksfall, denn überliefert ist die Instruktion nicht im Original, sondern nur in den Abschriften. Hätte Karl Eusebius‘ Ratgeber innerhalb der Dynastie keine so große Bedeutung erlangt, wäre der Text für immer verloren gegangen.

Quelle

VA 5-2-2 Fürstlich Liechtensteinsches Domänenarchiv Wien. (Kopie des 18. Jahrhunderts): Die Instruktion des Fürsten Karl Eusebius von Liechtenstein.

Quelle: http://edelfrauen.hypotheses.org/122

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CfP: 2. IEEE Workshop zu Big Humanities Data

Die Abgabefrist für Beiträge für den zweiten IEEE Workshop zum Thema “Big Data in den Geisteswissenschaften” rückt näher: noch bis zum 30. August können Full Papers (bis 9 Seiten) und Short Papers (bis zu 4 Seiten) online über das Konferenzverwaltungssystem eingereicht werden.

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Der Workshop wird im Rahmen der internationalen IEEE Konferenz zu Big Data (IEEE BigData 2014) stattfinden, die dieses Jahr zwischen dem 27. und 30 Oktober in Washington, USA veranstaltet wird. Der Workshop wird sich mit Herausforderungen und Möglichkeiten von Big Data in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften beschäftigen. Die Liste von verschieden Aspekten die dabei berücksichtigt werden sollen / können ist lang:

  • Text- and data-mining of historical and archival material.
  • Social media analysis, including sentiment analysis
  • New research objects for humanities analysis such as digital music, film
  • Cultural analytics
  • Social analytics
  • Crowdsourcing and big data
  • Cyber-infrastructures for the humanities (for instance, cloud computing)
  • NoSQL databases and their applications in the humanities
  • Big data and the construction of memory and identity
  • Big data and archival practice
  • Corpora and collections of big data
  • Linked Data and Big Data
  • Constructing big data for research in the humanities

Mehr Infos gibt es auf der Workshop-Website http://bighumanities.net/events/ieee-bigdata-oct-2014/.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3934

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aussichten. Perspektivierung von Geschichte, August 23, 2014

Neueste Beiträge in ‘aussichten’ Osterer, Oren: Das Israelbild in Tageszeitungen der DDR. Phil. Diss. [online] München 2013 Web 4.0: Internet of Things. Wie Oracle eine Schlüsselrolle bei der Vernetzung der Welt spielen will Ausstellung “Kriegsansichten” des Staatsarchivs Bamberg Lektionen aus dem 17. Jahrhundert für die Internationalen Beziehungen Weitere Informationen finden Sie unter http://www.aussichten-online.net Digest powered […]

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/08/5308/

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Telegrafie – Aktenkunde – Diplomatie (Emser Depesche, Schluss)

Manchen Lesern mag die aktenkundliche Behandlung der Emser Depesche in den letzten vier Postings erschöpfend detailliert vorgekommen sein. Dabei habe ich vieles ausgelassen oder vereinfacht. Aber es ist völlig legitim, die Sinnfrage zu stellen. Wo und wie hilft die Aktenkunde als Hilfswissenschaft? Zurecht wird die Forderung gestellt, die Aktenkunde müsse sich (wie vor ihr die Urkundenlehre) auch Fragen der pragmatischen Schriftlichkeit zuwenden (Schäfer 2009: 98-101, 119). Für die Telegrafie im Dienst der Diplomatie ist dies besonders reizvoll, und die Emser Depesche ist ein gutes Beispiel – das am Ende auch zeigt, warum das solide handwerkliche Fundament unverzichtbar bleibt.

David Nickles’ “Under the Wire” (2003) ist eine faszinierende Lektüre, noch dazu hervorragend geschrieben. Der Mitarbeiter im Historischen Dienst des Departement of State hat sich damit befasst, wie der Telegraf die Arbeitsweise und den Charakter der Diplomatie verändert hat: Erstmals konnten die Außenminister der Mächte ihre Botschafter minutiös dirigieren und in Krisenzeiten annähernd in Echtzeit handeln. Damit stieg allerdings auch der Handlungsdruck, mit vielleicht fatalen Folgen, wenn die öffentliche Meinung aufgestachelt war. Jedenfalls konnte die Außenpolitik zentralisiert und bürokratisiert werden. Für einen Politiker wie Bismarck, der seine Diplomaten als Befehlsempfänger betrachtete und Weisungen exakt ausgeführt wissen wollte, war der Telegraf wie geschaffen. So konnte er selbst von Varzin aus in das Geschehen eingreifen (Nickles 2003: 47 f., 117).

Die Emser Depesche erwähnt Nickles (2003: 7) nur en passant: “The Franco-Prussian war was the first major conflict whose origins were popularly associated with a telegram.” Aber nicht nur im kollektiven Gedächtnis ist die Emser Depesche emblematisch für die Diplomatie im Zeitalter des Telegrafen: Nur mit der Geschwindigkeit dieser Technologie konnte Bismarck in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli eine verloren geglaubte diplomatische Operation mit wenigen geschäftstechnischen Handlungen um ihre eigene Achse drehen und in einen Sieg verwandeln.

Noch weiter treibt diesen Ansatz Tobias Nanz in seiner medienwissenschaftlichen Dissertation (2010). Für Historiker ist dieses Buch, in dem das System der europäischen Diplomatie anhand einer Dekonstruktion von Shakespeares “Der Sturm” beschrieben wird, vielleicht etwas ungewohnt. Auch muss man den assoziativen Sprachstil dulden, in dem Bismarck “wie ein optischer Telegraph agierte” (im Wortsinn angesichts der Statur des Fürsten Bismarck eine interessante Vorstellung) und “die komplexen Verflechtungen eines bevorstehenden Krieges in die fechttechnischen Codes Quartz [sic!] und Terz zu transformieren” imstande war (Nanz 2010: 180).

Dennoch bringt Nanz interessante Ansätze, etwa den Hinweis darauf, dass Bismarck mit Lothar Bucher einen Quereinsteiger ins Auswärtige Amt geholt hat, der als Redakteur des Wollfschen Telegrafenbüros große Erfahrung im Telegrammstil hatte, der maximalen sprachlichen Verkürzung von Nachrichten bis an den Rand der Verständlichkeit (Nanz 2010: 181-183). Was unmittelbar der Gebührenersparnis diente, kam Bismarcks Stil der Arbeit mit Drahterlassen zur Steuerung seines Apparats sehr entgegen.

Wenn Nanz (2010: 183 f.) in der Kürzung des Textes aber nur die konsequente Anwendung des Telegrammstils auf Abekens in der Tat umständlichen Bericht sehen will, geht das zu weit. Beim Telegrammstil geht es um die Verringerung der Wortzahl. Dazu werden alle irgendwie entbehrlichen Partikeln und Füllwörter gestrichen. “Ankomme Donnerstag” ist typischer Telegrammstil. Der Aktenbefund eines so redigierten Telegramms zeigt Streichungen und zwischen die Zeilen geschriebene Änderungen. Die Pfeilmarkierungen auf der Entzifferung von Abekens Telegramm zeigen aber keine redaktionelle, sondern eine inhaltliche Bearbeitung an. Bismarck wandte nicht den Telegrammstil an, denn die übernommenen Passagen zeigen unverändert Abekens Weitschweifigkeit. Vielmehr formulierte er durch Auslassung von Textblöcken eine Botschaft an die französische Führung. Letzteres sieht Nanz (2010: 186) auch selbst, löst den Widerspruch aber nicht auf.

In seinen Erinnerungen legt sich Bismarck (hg. v. Ritter/Stadelmann 1932: 310) Folgendes in den Mund: “Wenn ich diesen Text [...] sofort nicht nur an die Zeitungen, sondern auch telegraphisch an alle unsere Gesandtschaften mittheile, so wird er vor Mitternacht bekannt sein [...]“. Nun ist dieses Werk als Rechtfertigungsschrift bekanntlich mit großer Vorsicht zu rezipieren.

Daran fehlt es bei Nanz (2010: 188), der anhand des Aktenbefunds registriert, dass im Verteiler der “1. Expedition” zunächst auch das Wollfsche Telegraphenbüro stand, vor dem Abgang aber wieder gestrichen wurde: “Vielleicht hatte man im Auswärtigen Amt doch noch ein wenig Angst vor dem ‘gallischen Stier’. [...] Es bot sich offenbar eine weniger direkte Lösung an: Man verschickte die erste Expedition wie auch die zweite [...] im Gegensatz zur dritten um 2.30 Uhr morgens nicht in Ziffern, sondern en clair, wie man an der Korrektur am Kopf des Blattes bemerken kann. Jeder, der den Morse-Code beherrschte und Zugang zu einer Telegraphenleitung hatte, konnte den Text lesen. Damit dürfte für eine breite Öffentlichkeit gesorgt worden sein”.

Setzte Bismarck also auf ein “Ems-Leaks”? Nanz (2010: 186) weiß selbst, dass der Depeschentext schon um 21 Uhr als Extrablatt der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung vertrieben wurde. Gegen 23 Uhr, also zum Zeitpunkt der Absendung der 1. und 2. Expedition, war er in der Berliner Öffentlichkeit schon allgemein bekannt (Walder 1972: 19 Anm. 2, 73). Da brauchte es keine geschwätzigen Telegraphenbeamten mehr.

Nanz übersieht hier den eigentlichen Witz im Verteiler der 3. Expedition: die Vorgabe eines Leitwegs über England für den nach Madrid bestimmten Erlass (4. Folge). Damit wurde eine Durchleitung durch Frankreich vermieden.

Im Quai d’Orsay lag der Depeschentext anhand der Zeitungsmeldungen erst am Morgen des 14. Juli vor, der Originaltext der 3. Expedition über den französischen Ministerresidenten in München erst am Mittag (Brase 1912: 147 f.). Um 12.30 Uhr berichtete schließlich auch der französische Botschafter, der in Ems ebenfalls aus der Zeitung davon erfahren hatte, nach Paris (Benedetti 1871: 386).

Was war hier passiert? Gerade in Paris wurde der Text eben nicht schon “vor Mitternacht” bekannt. Der aktenkundliche Befund zu Punkt 9 des Verteilers auf der 3. Expedition macht evident, dass genau das, nämlich ein frühzeitiges Bekanntwerden in Frankreich, verhindert werden sollte. Die französische Regierung sollte die Nachricht aus der Zeitung erfahren, um die Demütigung zu vervollständigen, und eben nicht durch ein Leck.

Bismarck rechnete mit der Kompromittierung der Madrider Chiffre und wählte deshalb den Leitweg über London. Er wollte verhindern, dass Gramont es von seinem cabinet noir erfährt, bevor er es in der Zeitung lesen muss. In dieser Feststellung liegt der historische Erkenntniswert der unscheinbaren Verteiler-Verfügung.

Wir sehen in diesem aktenkundlichen Befund eine präzise aus der Ferne gelenkte Operation, deren Timing von wenigen Stunden abhing. Die Emser Depesche bestätigt  eindrucksvoll die Schlüsse, die Nickles für die pragmatische Schriftlichkeit Diplomatie im Zeitalter des Telegrafen gezogen hat. Sie baut Interpretationen historischer Quellen vor, die sich zu weit von der Basis entfernen. Und sie ermöglicht es, aus dem „Text“ des „Dokuments“ und den Bearbeitungsspuren auf dem physischen Schriftträger die vollständige Quellenbasis überhaupt erst herzustellen.

Handwerkliche Expertise ist nicht alles, aber ohne sie ist die historische Arbeit nichts.

- Fin -

Literatur

Benedetti, [Vincent] Comte 1871. Ma mission en Prusse. 2. Aufl. Paris 1871. (Online)

Bismarck, Otto von. Erinnerung und Gedanke. Ritter, Gerhard und Stadelmann, Rudolf Hg. 1932. Gesammelte Werke 15. Berlin.

Brase, Siegfried 1912. Emile Olliviers Memoiren und die Entstehung des Krieges von 1870. Historische Studien 98. Berlin.

Nanz, Tobias 2010. Grenzverkehr. Eine Mediengeschichte der Diplomatie. Zürich/Berlin.
Nickles, David Paull 2003. Under the Wire. How the Telegraph Changed Diplomacy. Harvard Historical Studies 144. Cambridge, MA 2003. (Vorschau bei Google Books)

Schäfer, Udo 2009. Amtliche Aktenkunde der Neuzeit: Records Management des 21. Jahrhunderts. Zur Schnittmenge zweier Disziplinen. In: Uhde, Karsten Hg. 2009. Quellenarbeit und Schriftgutverwaltung – Historische Hilfswissenschaften im Kontext archivischer Aufgaben. Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 48. Marburg. S. 89-128.

Walder, Ernst Hg. 1972. Die Emser Depesche. Quellen zur neueren Geschichte 27-29. 2. Aufl. Bern.

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/235

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Ein neuer Blog: „Archiv des Schottenstifts“

Es gibt einen neuen für die Ordensgeschichte relevanten Blog auf hypotheses.org: „Archiv des Schottenstifts“ (schotten.hypotheses.org).

Titel und Untertitel stellen es klar – und auch wieder nicht: Thema dieses neuen Blogs ist das Archiv der Benediktinerabtei Unserer Lieben Frau zu den Schotten in Wien (auch einfach Schottenstift genannt). Hierzu zählen das eigentliche Stiftsarchiv, das Musikarchiv sowie die Handschriften- und Inkunabelsammlung. Darüber hinaus werden vereinzelt aber auch andere Sammlungsbereiche des Klosters (u. a. Bibliothek, Museum) thematisiert werden. Angesprochen werden sollen hiermit eine wissenschaftliche und interessierte nicht-wissenschaftliche Öffentlichkeit. Ziel ist die Verbreitung wissenschaftlicher Informationen sowie allgemein der Anliegen eines solchen kleinen Archivs.

Einem interessierten Publikum sollen hier Objekte aus den genannten Bereichen präsentiert werden, ebenso soll ein Einblick in die Ordnung und den Alltag des Archivs gewährt werden. Durch Hinweise auf aktuelle Forschung, Literatur und Angebote soll der Blog schließlich aber auch als Ausgangspunkt und Anregung für weitere Forschungen dienen.

Diesem Blog geht die Facebook-Seite des Archivs voraus, die im Mai 2013 gestartet wurde. Vor allem Überlegungen hinsichtlich der möglichen Ausführlichkeit und der breiteren Zugänglichkeit waren ausschlaggebend für den nun getätigten Schritt der Verlagerung bzw. Erweiterung der dort begonnenen Aktivitäten.

Die Facebook-Seite wird auch weiterhin betrieben werden und hoffentlich eine sinnvolle Ergänzung des Blogs darstellen. Darüber hinaus werden viele der dort in der Vergangenheit präsentierten Informationen in den nächsten Tagen im Blog eine erneute Publikation erfahren, um so einen kleinen Grundstock an Artikeln zu bilden und zugleich allen Besuchern des Blogs zur Verfügung zu stehen. Solche Artikel werden mit einem Hinweis auf die Erstveröffentlichung gekennzeichnet werden.

 

Die ursprüngliche Version dieses Artikels erschien am 20. August 2014 auf schotten.hypotheses.org.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7926

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Einladung zum 1. Berliner DH-Rundgang

Der Interdisziplinäre Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (ifDHb) möchte Sie auf seine neue Veranstaltungsreihe– den Berliner DH-Rundgang – aufmerksam machen und Sie zum 1. DH-Rundgang einladen.

Termin: 01.09.2014, 16:00-17:30 Uhr
Ort: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin
Thema: Online-Dienste der BBAW

Der Berliner DH-Rundgang ermöglicht den Interessenten eine bessere Übersicht über die vielen DH-Initiativen in Berlin, ihre Arbeitsweisen und Produkte zu erhalten. Der Einblick in die Aktivitäten der anderen Akteure vor Ort vermittelt klarere Vorstellungen über die Kompetenzen und Pläne der Verbundpartner. Es können Kooperationschancen ausgelotet und geeignete Ansprechpartner ausfindig gemacht werden.
Während der Rundgänge werden die jeweiligen Gastgeber ihre Forschungen, Entwicklungen, Kompetenzen und Zukunftspläne vorstellen, wobei auch aktuelle Herausforderungen und Kooperationsbedarfe dargestellt und mit den Gästen aus dem Verbund besprochen werden.

Zum 1. DH-Rundgang lädt am Montag, den 1.9.2014, 16:00-17:30 Uhr die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften zum Thema Online-Dienste der BBAW ein. Dabei gibt sie einen Einblick in ihren Maschinenraum aus Datenschnittstellen, Such-Diensten und Analysewerkzeugen. Die Schnittstellen erlauben direkten Zugriff auf Forschungsdaten, darunter 1.320 deutschsprachige Werke des Deutschen Textarchivs in TEI/XML. Sie können Verzeichnisse verschiedener digitaler und gedruckter Briefeditionen nach Absender, Empfänger, Schreibort und Datum durchsuchen oder herausfinden an welchen Tag genau Aschermittwoch 1632 war. Die Schnittstellen bilden die Basis der Online-Präsenzen der diversen Forschungsvorhaben der BBAW, werden aber von Partnern wie u.a. der österreichischen und der Schweizer Akademie oder dem Leo-Wörterbuch auch direkt abgefragt, in deren Forschungsaktivitäten nachgenutzt und in ihren eigenen Online-Präsenzen dargestellt. Neben Daten-Schnittstellen entwickelt die BBAW in internationalen Kooperationen wie CLARIN Werkzeuge und stellt diese als Web Services und REST-Services zur Verfügung. Die statistischen und linguistischen Tools des DWDS bündeln jahrelange computerlinguistische Forschung und technisches Tuning. Der Rundgang gibt einen Überblick über die breite Palette an Schnittstellen und wie man sie selbst nutzen kann.

Zum ersten Rundgang anmelden: http://www.ifdhberlin.de/arbeitsfelder/dh-rundgang/dh-rundgang-14-09-01/

Direkt vor dem Rundgang wird von 15:00-16:00 Uhr Dr. Christoph Draxler vom Bayerischen Archiv für Sprachsignale München (BAS) einen Vortrag mit dem Thema „Sprachdatenbanken und Tools des BAS – Integration in die CLARIN-D Infrastruktur“ halten, zu dem Sie ebenfalls herzlich eingeladen sind.

Die nächsten DH-Rundgang-Termine:

  • 1. September 2014, 16:00-17:30 Uhr: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) „Webservices der BBAW“ (zur Anmeldung)
  • 23. Oktober 2014: TOPOI
  • 18. November 2014: Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB)
  • 9. Dezember 2014: Computerspielemuseum
  • 28. Januar 2015: Universitätsbibliothek und Mediathek des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Februar 2015: Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) / Fachbereich Gestaltung
  • März 2015: Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland
  • April 2015: Deutsches Archäologisches Institut (DAI)
  • Mai 2015: Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft  (HIIG)
  • Juni 2015: Freie Universität Berlin / Institut für Informatik / AG Netzbasierte Informationssysteme

Sie wollen auch zu einem Berliner DH-Rundgang einladen? Dann schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail an info@ifdhberlin.de oder nehmen Sie telefonisch Kontakt zu uns auf.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website: http://www.ifdhberlin.de/arbeitsfelder/dh-rundgang/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3925

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