Einführung

Die 1950er Jahre bieten immer wieder einen faszinierenden Forschungsgegenstand – auch für die Musikwissenschaft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kommt es zu erheblichen Umbrüchen in politischer, gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht. 1949 erfolgt die doppelte Staatsgründung von BRD und DDR, die folgenden Jahre sind geprägt von Wiederaufbau und Kaltem Krieg. Im Musikleben der neuen Bundesrepublik gibt es erhebliche Veränderungen: Die von den Nationalsozialisten als „entartet“ gebrandmarkte Musik von Komponisten wie Arnold Schönberg, Igor Strawinsky oder Paul Hindemith wird wieder aufgeführt. Viele Werke aus den 1930er und 1940er Jahren werden nun erstmals rezipiert. Grundsätzlich stellt sich bei Komponisten, Musikkritikern und Musikredakteuren des Rundfunks die Frage, wie die zukünftige Musik – nach der humanitären Katastrophe und einschneidenden Zäsur der nationalsozialistischen Diktatur – aussehen wird. Viele junge Komponisten streben nach einem völligen Neuanfang, andere suchen nach neuen Anknüpfungsmöglichkeiten an die Tradition, wiederum andere führen Bisheriges ohne Bruch weiter. So ist die Musik der 1950er Jahre gleichermaßen durch Kontinuitäten und radikale Umbrüche gekennzeichnet.

Im Serialismus zeigt sich eine neue Richtung und Kompositionsweise, die in den 1950er Jahren insbesondere bei den jungen, experimentierenden Komponisten vorherrscht. Anknüpfend an die Organisation der Tonhöhen in einer Zwölftonreihe in der Zweiten Wiener Schule um Arnold Schönberg wird im seriellen Komponieren die Vor-Ordnung des musikalischen „Materials“ in Reihen auch auf andere musikalische Parameter wie Rhythmus, Dynamik und Klangfarbe übertragen. Die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik (erstmals 1946) werden zu einem Zentrum der zeitgenössischen Musik und zu einem Austauschforum von Komponisten, Interpreten und Musikschriftstellern. Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez, Luigi Nono und Bruno Maderna gehören zu den zentralen Figuren in Darmstadt: So unterschiedlich ihre jeweiligen kompositionstechnischen Verfahren und ästhetische Ideen sind – ihre Namen stehen für eine junge Komponistengeneration, die radikale Neuerungen umsetzt: Sie stehen für die musikalische „Avantgarde“. Darüber hinaus wird in der ersten Hälfte der 1950er Jahre eine Reihe von elektronischen Studios für Musik gegründet, etwa in Köln und München. Das Aufkommen der elektronischen Musik, die direkt vom Komponisten – ohne Vermittlung durch einen Interpreten – elektronisch generiert wird, entfacht zahlreiche Diskussionen über das Wesen der Musik.

Diese Neuerungen stehen meist im Fokus der Musikgeschichtsschreibung, da sie einen Wandel anzeigen und rezeptionsgeschichtlich relevant sind. Sie machen jedoch nur einen Teil der Musiklandschaft der 1950er Jahre aus. Hier seien nur einige weitere Aspekte umrissen: Das Werk vieler Komponisten zeichnet sich durch neoklassizistische, neobarocke und neoromantische Tendenzen aus, oft mit Rückgriff auf traditionelle Gattungen. Einige Komponisten knüpfen an Atonalität und Zwölftontechnik an, abseits des Serialismus. Die großen Komponisten der klassischen Moderne wie Arnold Schönberg (gest.1951), Igor Strawinsky (gest. 1971) und Paul Hindemith (gest. 1963) schaffen ihr Spätwerk. Daneben werden Laien- und Volksmusik im Kontext der Jugendmusik-bewegung gefördert.

Mit dem Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit, also um 1949, lässt sich im Musikschrifttum ein Bewusstsein dafür beobachten, dass man sich in einer Zeit des Umbruchs befinde. Während die einen die neuen Entwicklungen als Chance deuten, sehen andere eine Krise und prophezeien sogar den Untergang der Musikkultur. Eine äußerst spannende Zeit, insbesondere wenn man sich für den ästhetischen Diskurs interessiert, der mit der Produktion und Rezeption von Musik einhergeht!

 

Introduction

The 1950s present a consistently fascinating object of research – for musicologists, too. After the end of the Second World War there are extensive changes in political, social and cultural respects. In 1949 the simultaneous foundation of the Federal Republic of Germany and the German Democratic Republic takes place; the following years are shaped by reconstruction and the Cold War. In the musical life of the new Federal Republic there are considerable changes: Music by composers like Arnold Schönberg, Igor Stravinsky and Paul Hindemith, which was considered degenerated (“entartet“) by the National Socialists, is performed again. Many works from the 1930s and 1940s are presented publically for the very first time. For composers, music critics and broadcasting editors the question arises of what music – after the humanitarian catastrophe and incisive break of the National Socialist dictatorship – will look like in future. Many young composers strive for a total renewal, others search for new possibilities to tie in with tradition, and yet others continue their customary path without any disruption. Thus the music of the 1950s is marked by both continuity and upheaval.

Serialism presents itself as a new direction and method of composition which predominates in the 1950s, in particular among the young experimenting composers. Following up the organisation of pitches in a twelve-tone row within the Second Viennese School around Arnold Schönberg, in serial compositions the pre-ordering of the musical “material“ in series is transferred to other musical parameters such as rhythm, dynamics and timbre. The Darmstädter Summer Course for New Music (since 1946) becomes the centre of contemporary music and a forum for composers, interpreters and music writers. Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez, Luigi Nono und Bruno Maderna are among the central figures in Darmstadt: Though their composition techniques and aesthetic ideas might be different – their names stand for a young generation of composers who implement radical innovations: They represent the musical “avant-garde“. Furthermore a series of studios for electronic music is set up in the first half of the 1950s, e.g. in Cologne and Munich. The emergence of electronic music which is generated directly by the composer – without an interpreter – arouses many discussions about the essence of music.

These innovations are focussed on in music historiography, since they indicate a change and have relevance for the course of music history. However, they constitute only one part of the musical landscape of the 1950s. Here are only a few other aspects outlined: The work of many composers is characterized by neoclassical, neo-Baroque and neoromantic tendencies, often with recourse to traditional genres such as the symphony. Some composers base their compositions on atonality and dodecaphony, apart from serialism. The great composers of classical modernity such as Arnold Schönberg (d. 1951), Igor Strawinsky (d. 1971) und Paul Hindemith (d. 1963) create their late work. Besides, folk music and music for laymen are promoted in the context of the youth music movement (“Jugendmusikbewegung“).

With the end of the immediate post-war period, around 1949, an awareness of being in a time of radical change can be noticed in music literature. While some interpret these new developments as a chance, others see a crisis and even predict the decline of musical culture. An utmost exciting period, especially if you are interested in the aesthetic discourse which accompanies the production and reception of music!

Quelle: http://avantmusic.hypotheses.org/46

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Der Söldner Michael Burchardt

Der Werdegang von einfachen Söldnern hat von je her besondere Aufmerksamkeit erregt. Erhofft man sich hier doch konkreten Aufschluß darüber, wie die sog. kleinen Leute den Krieg erlebten. Der prominenteste einfache Söldner ist ohne Zweifel Peter Hagendorf, dessen Schicksal durch sein Tagebuch bekannt geworden ist. Von Michael Burchardt ist zwar kein Selbstzeugnis überliefert, doch aus Aufzeichnungen aus dem 18. Jahrhundert läßt sich sein Schicksal in Umrissen rekonstruieren.

Geboren im Jahr 1599 zog es ihn offenbar schon in den ersten Kriegsjahren zum Militär. Über seine Konfession erfahren wir explizit nichts, doch als Sohn des Stadtrichters von Jena hing er sicherlich der lutherischen Konfession an. Gleichwohl entschied er sich offenbar bewußt für den Kriegsdienst in der Armee der Katholischen Liga. Hier diente er im Leibregiment Tillys, wurde in einer der Kompagnien Quartiermeister. Er nahm an der Belagerung Magdeburgs teil, kurz darauf quittierte er den Dienst. Dies angeblich aus persönlichen Gründen, doch bald schon nahm er Kriegsdienste beim Herzog von Weimar für Gustav Adolf von Schweden an. Unter Banér kämpfte er dann bei Wittstock mit so großem Einsatz, daß man ihm anbot, Oberstleutnant zu werden. Aus nicht bekannten Gründen lehnte er ab, und im Jahr 1638 schied er endgültig aus dem Kriegsdienst aus.

Wir wissen zu wenig über ihn, um die Beweggründe für bestimmte Entscheidungen zu erkennen. Warum er überhaupt in den Krieg zog, ist nicht klar. Der Hinweis auf „in ihm steckendes Soldatenblut“ ist wohl eher dem Zeitgeist von 1939 geschuldet, als eine knappe biographische Skizze über Michael Burchardt erschien. Immerhin nahmen auch Michaels ältere Brüder Kriegsdienste an. Daß sein Bruder Samuel ihn zunächst in seiner Kompagnie unterbrachte, ist ein gutes Beispiel für die verwandtschaftlichen Verflechtungen im Militär – beileibe kein Einzelfall, wie es sich auch bei Jan von Werth nachvollziehen läßt, in dessen Windschatten und unter dessen Protektion einige seiner Brüder Kriegsdienste leisteten.

Ob Burchardt wirklich die Armee des Kaisers nur verließ, weil sein Vater auf den Tod erkrankt war, möchte ich mit einem Fragezeichen versehen. Denn er taucht doch sehr schnell wieder als Soldat auf, nur eben auf der Seite Gustav Adolfs: Ob er nicht doch der Faszination des „Löwen aus Mitternacht“ erlegen war und nun lieber für die protestantische Sache streiten wollte? Wenn ja, verflog diese Begeisterung in den Folgejahren. Denn einer militärischen Karriere verweigerte er sich, wurde eben nicht Oberstleutnant, sondern Bürger in Salzwedel, wo er eine Familie gründete und noch bis 1671 lebte. So besehen stellt Burchardt eine Instanz für die Söldner dar, die durch den Kriegsdienst keineswegs entwurzelt wurden; vielmehr stellten die Jahre im Militär nur eine Episode in seinem Leben dar und mündeten sehr bewußt in eine zivile Existenz.

Eine knappe Skizze zu Burchardt wurde von Ernst Otto Wentz in den Jahresberichten des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel, Bd. 53 (1939), S. 24-27, veröffentlicht. Die Jahresberichte übrigens hat der Verein dankenswerterweise komplett auf seiner Homepage als PDF frei zugänglich gemacht.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/430

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Praktikum im LWL-Archivamt- Praktikum der anderen Art

von Daniel Kemper

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Einen Praktikumsplatz in einem Archiv zu bekommen ist tatsächlich gar nicht einmal so einfach. Umso mehr hat es mich dann auch gefreut, als ich die Zusage des LWL – Archivamtes bekam.

Da Praktika in den Semesterferien rar gesät sind, griff ich natürlich, ohne groß darüber nachzudenken, sofort zu. Wie speziell außergewöhnlich, und wie groß die Unterschiede zwischen Archiv und Archivamt tatsächlich sind, wurde mir dann erst während meines Praktikums klar.

Schon Tag eins des Praktikums sollte für mich alles andere als normale Archivarbeit beinhalten. Es ging mit zwei Mitarbeitern des Archivamtes in eine größere Stadt im Westmünsterland, wo, wie man mir auf der Fahrt mitteilte, das hiesige Stadtarchiv notgedrungen in neue Räumlichkeiten ziehen müsste. Soweit so gut. Wovon ich mir allerdings bisher noch keine Vorstellungen gemacht hatte, ist die Fülle an Faktoren die bei der Suche  nach geeigneten Räumlichkeiten für ein Archiv zu beachten sind. Wie und wolang die Wasserleitungen innerhalb eines Gebäudes verlaufen ist da noch eines der kleineren Probleme. Neben den generellen statischen Anforderungen an Gebäude und Untergrund muss auch das Klima, in den für das Magazin vorgesehenen Räumen, immer in etwa gleichbleibend sein. Auch sollen gute Verkehrsanbindungen und Rettungswege für die Feuerwehr gewährleistet sein. Klingt alles sehr Vernünftig und einleuchtend, wenn man sich allerdings noch nie mit dem Bau oder Umzug eines Archivs geschäftigt hat, erschlagen einen die vielen Einzelheiten dann doch nahezu, die für ein Archiv gewährleistet werden müssen.

Es war im Endeffekt nicht ganz das, was ich mir von meinem ersten Tag erwartet hatte. Ich hatte mit der üblichen Einführung und dem ebenso üblichen Rundgang gerechnet, aber so war meine Zeit ja auch nicht vertan. Ich habe an einem Tag alles über die benötigten baulichen gegebenheiten eines Archives mehr gelernt, was in man an einem Tag eben lernen kann. In diesem Fall eine ganze Menge.

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Baupläne fanden sich u.a. im Bestand

Mal abgesehen vom ersten Tag, wurde ich in meinem Praktikum allerding sehr wenig mit den baulichen Faktoren eines Archivumzuges konfrontiert. Dafür standen nun andere Sachen an. Direkt in der ersten Woche gab es dann auch noch eine Einführung in die Restaurierung. Einen ganzen Tag verbrachte ich mit Akten aus dem mir zugewiesenen Bestand und brachte ihnen ein wenig Liebe, vor allem aber Spezialschwämme, entgegen. Etwas, was wohl lange niemand mehr getan hatte. Nachdem mir die Restauratoren auch noch einmal eindringlich zu verstehen gaben, was, außer Staub, noch so alles auf den Akten sein kann, durfte ich dann auch den mir zugewiesenen Bestand (Haus Ruhr, AB (Andere Besitzungen)  bearbeiten. Verzeichnet worden war dieser schon, das letzte fachmännisch begutachtet wurde er allerdings ca. 1950. Das war jetzt also meine Aufgabe für die Wochen vor mir: Inventur des Bestandes durchführen, zur Not Korrekturen am Verzeichnis vornehmen, und alles, was mit Schimmel oder ähnlichem zu tun hat, einmal gesondert verpacken. Nebenbei bekam der Teilbestand, den ich bearbeiten durfte, von mir dann auch mit neuen Kartons und Mappen das Rundum – Wohlfühl – Paket.

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Die Akten lagen unverpackt in den Kartons

 

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Der Bestand vorher hatte eine Umverpackung dringend nötig

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Doch neben umpacken, korrigieren und Kartons von vor 60 Jahren dem Altpapier zuzuführen, gab es auch noch andere Aspekte während des Praktikums. So war die Fahrt an Tag eins nicht das einzige Mal, das mich mit Mitarbeitern des Amtes in einem Auto saß, unterwegs zu den Schlössern und Burgen Westfalens. Aber nicht nur die Adelsarchive und deren sehr eigene Funktionsweise durfte ich mir anschauen. Während der Fahrten gab es für mich noch mehrere Möglichkeiten, Mitarbeitern bei der Beratung von Kommunalarchiven auf Schritt und Tritt zu folgen, und so einen sehr illustren Querschnitt der Archive Westfalens kennenzulernen.

Die spannendste Fahrt war fast eine Weltreise. Von Münster bis in die Gefilde hinter Paderborn. Kreis Höxter und Konsorten haben an diesem Tag mein Sitzfleisch auf eine Probe der etwas anderen Art gestellt. Nach einer Anfahrtszeit von gefühlt einem ganzen Tag, durch das beschauliche Münsterland rüber nach Ostwestfalen, ging es an die Arbeit. Zwei Adelsarchive wurden besucht. Eines in einem Schloss, das andere auf einem Gutshaus, in dem ein Teil der Familie noch wohnte. Zum Abschluss ging es dann noch in ein Kommunalarchiv, wieder zur Beratung. Allerdings wollte dieses Archiv nicht umziehen. Konnte also wieder nicht mitreden. Trotzdem hat es Spaß gemacht, grade der Querschnitt, der mir an diesem Tag geboten wurde, brachte mir einen weiteren Einblick in die vielfältige Welt der Archive.

Aber auch die Arbeit im hauseigenen Archiv stellte sich als alles andere als eintönig heraus. Als ich meinem Teilbestand endlich alle nötigen Sofortmaßnahmen angetan hatte und ihn, beruhigt das er diesmal hoffentlich länger als 50 Jahre  sicher ist, wieder zurück in das Magazin stellen konnte, ging die Arbeit für mich weiter. Diesmal war das Problem jedoch anders gelagert. Die Kisten die ich diesmal bekam, waren denen, die ich noch eigens zusammen bauen musste nicht unähnlich, und auch das Papier war offensichtlich schon einmal komplett durch die Restaurierung gegangen. Allerdings war nichts davon verzeichnet. Unverzeichnetes Material, was ich natürlich mit Tatendrang und Eifer direkt selbst verzeichnen konnte.

Damit war das Praktikum dann aber auch schon wieder beendet. Das Archivamt ist mich vorerst wieder los. Es wird vermutlich einige Zeit dauern, bis das Chaos beseitigt ist, welches ich angerichtet habe. Aber sollte der Tag kommen, an dem man meinen Namen dort vergessen hat, würde ich gerne noch einmal wieder kommen.

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Danach ist der Bestand in einem Topzustand, wie die neuen Kartons zeigen

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Quelle: http://archivamt.hypotheses.org/561

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XII. Konferenz Kultur und Informatik

mitgeteilt von Elisabeth Lindinger, Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin

Logo Konferenzreihe Kultur und Informatik (Konferenz) Einladung zur Konferenz “Kultur und Informatik” am 22. und 23. Mai im Pergamonmuseum Berlin.

Die 12. Veranstaltung der Reihe „Kultur und Informatik“ steht unter dem Titel “Reality and Virtuality” und stellt Best-Practice-Beispiele, Herausforderungen und Entwicklungstendenzen im Bereich von Modellierung, Visualisierung und Interaktion in den Mittelpunkt. Die Konferenz richtet sich einerseits an Kulturpolitiker, Mitarbeiter der Kultur- und Kreativwirtschaft, an Kommunikationswissenschaftler, Kultur- und Kunstakteure sowie andererseits an Informatiker und Techniker, die zu kulturellen Themen forschen und entwickeln.
Die folgenden zentrale Fragen stehen im Mittelpunkt der Vorträge und Präsentationen:

  •     kulturpolitische Rahmenbedingungen,
  •     die Verflechtung und gegenseitige Beeinflussung von Kultur und Informatik,
  •     Einfluss von Kunst und Kultur auf die Gestaltung der Zukunft,
  •     die mediengerechte Aufbereitung von Informationen sowie
  •     die intuitive Benutzung von Mediensystemen

Informationen zu den Vorträgen und die Möglichkeit zur Registrierung finden Sie unter http://inka.htw-berlin.de/kui/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3389

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Le plus grand musicien de France – Rameau-Jahr 2014

Jean-Philippe Rameau (1683-1764), Gemälde von Joseph Aved (1702-1766), um 1728 | Foto: Wikipedia

Wer sich für Musik aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges interessiert, kommt an diesem Gedenkjahr nicht vorbei: Vor genau 250 Jahren starb der große, französische Komponist Jean-Philippe Rameau in Paris. Klavierschülern ist er vielleicht durch seine pièces de clavecin bekannt. In Frankreich wird das Jubeljahr groß gefeiert. Fast jeden Tag werden Rameaus Werke über das ganze Land verteilt dargeboten. Auch in Berlin und Wien gab es bereits und wird es noch einige erwähnenswerte Aufführungen geben.

Rameau schuf bzw. überarbeitete eine Reihe von Werken während der Siebenjährige Krieg tobte:

  • 1757 Anacréon
  • 1757 Les surprises de l’amour (Überarbeitung des gleichnamigen Ballets von 1748)
  • 1760 Les Paladins

Wie bei vielen Werken Rameaus hat man auch hier das Glück, dass sehr gute Aufnahmen existieren, die dem interessierten Hörer den kulturellen Hintergrund der Zeitgenossen auf angenehme Art und Weise vermitteln. Leider ist Rameau derzeit in Deutschland noch relativ unbekannt, vielleicht ändert sich dies in Zukunft.

 

Quelle: http://dsk.hypotheses.org/44

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ISSN für Wissenschaftsblogs – mehr als nur Symbolik?

Eine achtstellige Nummer ziert seit September letzten Jahres manches Wissenschaftsblog und sorgt für Freude bei den Bloggenden. Die DNB hatte sich (endlich) entschlossen, ISSN auch an “wissenschaftliche Blogs und Blogs von allgemeinem Interesse” zu vergeben, die bisher von der Zuteilung ausgenommen waren((1)). Generell freut man sich immer, wenn gewährt wird, was einem zunächst verwehrt war. Und ISSN klingt wichtig und offiziell. Aber was bringt die achtstellige Zahl eigentlich konkret? “Ruhm? Ehre?”, wie @MschFr in einem Tweet fragt? Vermutlich nicht. Aber ist alles nur Symbolik? Dazu hier ein paar Gedanken.

1.) Eindeutige Identifizierung des Blogtitels

Um zu bestimmen, was die ISSN bringt, zunächst ein kurzer Blick darauf, was die ISSN eigentlich ist. Auf der Website der DNB liest man dazu:

“Die ISSN (International Standard Serial Number) ist eine international verbindliche Standardnummer und dient einzig – unabhängig von Sprache, Schrift, Zitierform, Erscheinungsweise, Verlag, Erscheinungsland u. a. – der kurzen unverwechselbaren Identifikation von fortlaufend erscheinenden Publikationen.”

Mit anderen Worten: Die ISSN dient der eindeutigen Identifizierung des Titels einer fortlaufenden Publikation, um beispielsweise Verwechslung zweier gleichlautender Titel auszuschließen. Die ISSN ist daher mit dem Titel einer Publikation verknüpft, nicht etwa mit der URL. Ändert sich der Titel bei gleichbleibender URL, muss eine neue ISSN beantragt werden.

Schön und gut, mag man einwerfen, aber die eindeutige Identifizierung des Titels meines Blogs, brauche ich die wirklich? Das kommt vermutlich (auch) auf den Titel des Blogs an, “Redaktionsblogs” mag es viele geben. Um eindeutig festzulegen, zu welchem Redaktionsblog ein bestimmter Artikel gehört, ist die Möglichkeit der eindeutigen Identifikation des Blogs wichtig. Zumal wenn das Blog irgendwann “umzieht” und sich die URL ändert.

2.) Zitierbarkeit von Blogbeiträgen

Wir befinden uns hier jedoch nicht nur in bibliothekarischen Gefilden, denn für das wissenschaftliche Zitat ist die Eindeutigkeit des Titels ebenfalls unerlässlich. Blogbeiträge lassen sich eindeutig einem Blogtitel zuordnen und werden auch so katalogisiert (siehe unten). Allerdings sagt die ISSN nichts über die Langzeitverfügbarkeit eines Beitrags aus, denn die Blogs mit ISSN werden von der DNB derzeit wohl nicht automatisch in die Langzeitarchivierung aufgenommen. Zumindest geht das aus der Website der DNB nicht hervor((2)).

3.) Formale Gleichstellung mit anderen fortlaufenden Publikationen

Mit der Entscheidung, ISSN auch an Wissenschaftsblogs zu vergeben, werden diese formal wie andere fortlaufende Publikationswerke behandelt. Das bedeutet die zumindest formale bibliothekarische Anerkennung von Weblogs als gleichwertiges Format für wissenschaftliche Publikationen. Die Betonung liegt hier auf “bibliothekarische” Anerkennung, aber immerhin!

4.) Erhöhte Sichtbarkeit durch Aufnahme in Kataloge und Verzeichnisse

Der Katalogeintrag des Blogs "Mittelalter" in der ZDB

Der Katalogeintrag des Blogs “Mittelalter” in der ZDB

Die formale Gleichstellung ist eine wichtiges Symbol. Sie hat außerdem praktische Auswirkungen auf die Sichtbarkeit der Blogs: Die Weblogs mit ISSN werden in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) verzeichnet und erhalten dort eine eigene Katalogaufnahme. Sie werden auch – irgendwann – in den Katalog der DNB eingespielt. Damit können Bibliotheken die Blogs über diese “offizielle” Aufnahme in ihrem Bestand nachweisen. Katalogisate von Blogbeiträgen können mit der Aufnahme des Blogtitels verknüpft werden und sind damit in Verbünden von allen teilnehmenden Bibliotheken nachnutzbar. Bibliothekarisch wird kein Unterschied gemacht, ob ein Beitrag in der HZ oder im Blog “Ordensgeschichte” erscheint.

Weblogs mit ISSN werden außerdem in andere Verzeichnisse aufgenommen wie beispielsweise ROAD – Directory of Open Access scholarly Resources((3)). Dieses Verzeichnis wird vom Internationalen ISSN Center erstellt und dient u.a. als zentraler Einstieg für Open Access Publikationen verschiedener Art im wissenschaftlichen Bereich. Hier geht’s beispielsweise zum Eintrag von Archivalia in ROAD.

 

5.) Ein bisschen inhaltliche Anerkennung

Die Vergabe der ISSN läuft nach rein formalen Kriterien((4)). Doch wird die Anerkennung von Wissenschaftsblogs dadurch befördert, dass die Vergabe der ISSN nur an Wissenschaftblogs und an “Blogs von allgemeinem Interesse” erfolgt((5)). Eine genaue Definition dazu gibt es (natürlich) nicht. Explizit werden private Websites und gewerbliche Angebote von der ISSN-Vergabe ausgeklammert((6)). “Privat” meint hier wohl nicht privat geführt, sondern “private Themen”, also Themen des Alltags. Die Unterscheidung ist natürlich schwierig und kann willkürlich ausfallen. Damit wird jedoch einem verbreiteten Vorurteil gegenüber Blogs begegnet: Oftmals heisst es, dass sich in Blogs ausschließlich Privatpersonen über ihren Alltag austauschen. Nein, sagt jetzt auch die DNB, es gibt auch Wissenschaftsblogs, und diese erhalten eben eine ISSN.

Mit anderen Worten…

Die formale bibliothekarische Anerkennung ist aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt zur allgemeinen Anerkennung und zur größeren Sichtbarkeit von Blogs als wissenschaftliche Publikationsorte. Über ihre inhaltliche Qualität ist mithin zwar nichts gesagt. Das trifft aber bei anderen fortlaufenden Publikationen genauso zu, denn generell wird bei der Vergabe der ISSN “keine Aussage über die inhaltliche Qualität einer Publikation getroffen”, wie es auf der Website der DNB heisst((7)). Das bedeutet, wie bei anderen Publikationen ist es an den Herausgeber/innen bzw. bei den Blogs an der Community, für die Qualität der Beiträge zu sorgen (z.B. über ein Open Peer Review oder über Kommentare). Es werden die üblichen Voraussetzungen geschaffen, um Aufsätze in Blogs genau wie Aufsätze in Zeitschriften zu katalogisieren. Bleibt zu hoffen, dass sich die universitären und wissenschaftlichen Einrichtungen dieser bibliothekarischen Anerkennung irgendwann anschließen. Die ISSN als Symbol könnte dabei behilflich sein.

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Siehe auch:

Mareike König, ISSN für Blogs bei de.hypotheses – praktische Hinweise, in: Bloghaus, 04.2014, Link.

Mareike König, Erste ISSN für Blogs von de.hypotheses vergeben, in: Redaktionsblog, 11.9.2013, http://redaktionsblog.hypotheses.org/1614.

  1. Sollte ein Blog schon früher eine ISSN bekommen haben, so weil die DNB es vermutlich nicht als Blog, sondern als Website oder andere Netzpublikation eingestuft hat
  2. Zum Thema Langzeitarchivierung von Blogs liest man auf der Website der DNB, dass es eine Kooperation mit der Firma Populis gebe, http://www.dnb.de/DE/Netzpublikationen/netzpublikationen_node.html#doc35134bodyText5. Information dazu bei blog.de
  3. Ich danke Klaus Graf für diesen Hinweis, http://archiv.twoday.net/stories/590625737/.
  4. Vgl. dazu Mareike König, ISSN für Blogs bei de.hypotheses – praktische Hinweise, in: Bloghaus, 08.04.2014, http://bloghaus.hypotheses.org/982
  5. Vgl. die Ankündigung der Vergabe von ISSN an Blogs im Newsletter “Standardisierung und Erschließung” der DNB vom Dezember 2013, S. 8.
  6. Vgl. Webiste DNB, FAQ ISSN, Werden ISSN auch für Netzpublikationen vergeben?, http://www.dnb.de/DE/Wir/Kooperation/ISSN/issnFAQ.html#doc32066bodyText4.
  7. Vgl. Nationales ISSN-Zentrum für Deutschland – häufig gestellte Fragen (FAQ), http://www.dnb.de/DE/Wir/Kooperation/ISSN/issnFAQ.html#doc32066bodyText19.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2220

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Neue Ausgabe des Soziologiemagazins zum Thema “Krisen und Umbrüche – Wie wandeln sich Gesellschaften?”

K R I S E N, liebe Leser_innen, sind scheinbar allgegenwärtig. So wird zumindest vielerorts getitelt: Von der Europa-, Finanz- und Schuldenkrise hin zur Krise der Demokratie und schlussendlich zum Subjekt selbst angelangt, ziehen sich diese und viele weitere Krisendiagnosen … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/6454

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50. Deutscher Historikertag in Göttingen: Programm online | #histag14

Das Programm des 50. Deutschen Historikertags, der vom 23. bis zum 26. September 2014 in Göttingen stattfinden wird, ist online.

Die Sektionen zur Digitalen Geschichtswissenschaft:
http://www.historikertag.de/Goettingen2014/digitale-geschichtswissenschaft

Neue Arbeitsformen in der Geschichtswissenschaft. Was gewinnt und was verliert die historische Forschung durch Science 2.0? (Sektionsleitung: Mareike König / Simone Lässig)

Digitalisierung der Geschichtswissenschaften. Gewinner und Verlierer? (Sektionsleitung: Rüdiger Hohls / Heiko Weber)

Wikipedia und Geschichtswissenschaft. Eine Zwischenbilanz (Sektionsleitung: Thomas Wozniak / Uwe Rohwedder)

Erster Weltkrieg digital. Perspektiven der transnationalen Forschung und Vernetzung in den Geschichtswissenschaften (Sektionsleitung: Oliver Janz / Gregor Horstkemper)

 

Blog: http://www.historikertag.de/Goettingen2014/category/blog

Facebook: https://www.facebook.com/historikertaggoettingen2014

Twitter: @historikertag

Hashtag: #histag14

 

(Tweetarchiv zu #histag12)

Quelle: http://digigw.hypotheses.org/719

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Die “Kanzlerakte”: eine offensichtliche Aktenfälschung

 

Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/Kanzlerakte.jpgQuelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/Kanzlerakte.jpg

Im letzten Eintrag habe ich die Dokumentenbände des BND vorgestellt. Das gibt mir den Anlass, eine groteske Aktenfälschung unter die Lupe zu nehmen, die vorgibt, ein BND-Schriftstück zu sein.

Im Internet ist eine regelrechte Mythologie um eine “Kanzlerakte” entstanden: ein hypothetisches Schriftstück, dass angeblich jeder deutsche Bundeskanzler vor seinem Amtsantritt unterzeichnen musste. Es gibt einen guten Wikipedia-Artikel zu diesem Unfug.

Der “Beweis” soll ein Schreiben des BND sein, in dem der Verlust eines Exemplars jenes “geheimen Staatsvertrags” berichtet wird. Der verlinkte Wikipedia-Artikel enthält bereits einige gute Argumente, die zum Teil aktenkundlicher Art sind, zum Teil allgemein auf die Plausibilität abstellen, an der es eklatant mangelt. Ich beschränke mich im Folgenden auf das Instrumentarium der Aktenkunde mit ihren Hilfswissenschaften Paläographie und Verwaltungsgeschichte. Außerdem halte ich mich an die Fehler und vermeide Hinweise, wie man es besser machen könnte :-)

1. Analyse der inneren Merkmale

Briefkopf: Wie die Wikipedia richtig ausführt, passt die maschinenschriftliche Behördenfirma nicht zu einem externen Schreiben einer Oberen Bundesbehörde (nicht: “Ministerium”!). Außerdem sind wir nicht in Frankreich, wo in der Behördenfirma von oben nach unten alle Instanzen aufgeführt werden, vom Ministerium bis zum bearbeitenden Büro. Eine “Kontroll-Abteilung” ist dem Namen und der Sache nach der deutschen Verwaltungstradition fremd.

Innenadresse: fehlt, wäre bei einem externen Schreiben aber nötig.

Geheimhaltungsvermerk: “VS-Verschlußsache Nur für den Dienstgebrauch” entspricht nicht den Formvorschriften, die zum angeblichen Datum des Dokuments bereits galten (wenn ich den Vermerk unten rechts richtig lese: 1992). Den zusätzliche Vermerk “Strengste Vertraulichkeit” gibt es nicht. Die Beschränkung eines gedachten Routineverteilers auf den “Minister” ist dagegen noch passabel.

Betreff: wird nicht mit “Vorgang” eingeleitet.

Unterschrift: Die Amtsbezeichnung “Staatsminister” ist hier fehl am Platz.

Blattaufteilung: Auch der unterwürfigste Bericht wird heute nicht mehr halbbrüchig (= breiter linker Rand) geschrieben.

2. Systematische Einordnung

Der Fälscher hatte einen externen Bericht des Bundesnachrichtendienstes an eine übergeordnete Instanz im Sinn. Dafür spricht die Nachahmung des Kopfbogens, wobei die fehlende Innenadresse ein Fehler ist. Die Höflichkeitsformeln zu Anfang und Ende würden daraus einen Bericht in der Form eines Privatdienstschreibens machen.
Aber nicht nur, dass es nie einen Staatsminister Rickermann gab, wie die Wikipedia richtig anmerkt: Dem Fälscher war nicht klar, dass es beim BND überhaupt keine Staatsminister gibt. “Staatsminister” ist die Amtsbezeichnung der Parlamentarischen Staatssekretäre bei der Bundeskanzlerin und beim Bundesminister des Auswärtigen (zu den Gründen Wischnewski 1989: 177 f.). Ein StM oder PStS ist kein Beamter mit Verwaltungsaufgaben, sondern steht in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis und ist für die Unterstützung bei politischen Aufgaben einem Mitglied der Bundesregierung beigegeben. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes ist aber natürlich ein Berufsbeamter.
Oder meint der Fälscher, der Geheimdienst selbst würde von einem Minister geleitet werden, wie einst die Stasi? Das könnte ein Hinweis auf Herkunft, Sozialisation und Vorstellungswelt sein. (Ein interner Bericht gehört aber nicht auf Kopfbogen.)

3. Genetische Einordnung

Merkmale:
- Imitat eines Kopfbogens
- Nachgemachte Unterschrift
- Aufgesetzte Vermerke und Verfügungen des vermeintlichen Empfängers
also: Fälschung einer behändigten Ausfertigung.

Nach der klassischen aktenkundlichen Lehre sind die Vermerke und Verfügungen des Empfängers ja nicht Gegenstand der Analytik, sondern der genetischen Betrachtung, weil sie nicht zum Formenapparat des ausgefertigten Schreibens gehören. Mir hat diese methodologische Differenzierung unter praktischen Gesichtspunkten nie recht eingeleuchtet. Hier haben wir aber einmal einen Fall, in dem sie Erkenntnis bringt: Der Geschäftsgangsvermerk unten rechts wurde vom Fälscher offenbar als Vordruck verstanden, den der Absender vorbereitet hat; der Empfänger hätte nur noch die Daten eingetragen. Dann wäre dieser Vermerk als inneres Merkmal des Schreibens zu verstehen.

Das widerspricht der Verwaltungspraxis: Eingangsvermerk oder zdA- und Wiedervorlage-Verfügungen (hier auch noch falsch abgekürzt) werden vom Empfänger aufgesetzt und machen wesentlich die Behändigung des eingegangenen Schreibens aus. Vorgedruckt wird so etwas nur auf Formularen, insbesondere Fragebögen für Antragsteller in der nachgeordneten Leistungsverwaltung. So ein Stück könnte dem Fälscher als Vorlage gedient haben.

Die beiden Verfügungen am Rand sollen den numinosen Charakter der Fälschung unterstreichen: Es wurde Vernichtung des allergeheimsten Skandalons angeordnet, aber irgendjemand gab es doch ins Archiv (= Registratur des Bundeskanzleramtes), und das alles in dieser lustigen alten Schrift aus Omas Poesiealbum.

Da lacht der Paläograph. Während Archiv-Neulinge deutsche Kurrent-Aktenschriften meistens falsch als Sütterlin bezeichnen, sehen wir hier das schlechte Imitat echten Sütterlins, also der von Ludwig Sütterlin entworfenen und 1915 an den preußischen Schulen eingeführten Normalschrift, deren Hauptkennzeichen der Verzicht auf die Neigung der Buchstaben in Schreibrichtung war (Beck/Beck 2007: 87 f.). Die hier gemalten Buchstaben sind zwar ungelenk und latinisiert, aber eindeutig eine Steilschrift. Selbst wenn 1992 im Bundeskanzleramt noch zwei Urgesteine deutsche Schreibschrift angewandt hätten, dann bestimmt nicht so, wie in der Grundschule im Hausaufgabenheft, sondern als Aktenschrift mit deutlicher Kursivierung.

Alle anderen Vermerke und Verfügungen einschließlich das Datums sind bewusst unleserlich gehalten, wenn nicht sogar Trugschrift.

4. Einschätzung

Das Stück ist eine grobe Fälschung. Die Liste der in der Wikipedia aufgeführten formalen Mängel lässt sich um einige Punkte verlängern, deren kumulierter Beweis erdrückend ist. Von der historischen Plausibilität ganz zu schweigen. Der Fälscher ist mit beträchtlichem Fleiß, aber geringem Wissen ans Werk gegangen, wobei manche Elemente auf eine ziemlich piefige Vorstellungswelt hinweisen.

Literatur:

Beck, Friedrich und Lorenz Friedrich Beck 2007. Die lateinische Schrift: Schriftzeugnisse aus dem deutschen Sprachgebiet vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Köln.

Wischnewski, Hans-Jürgen 1989. Mit Leidenschaft und Augenmaß. In Mogadischu und anderswo. München.

 

 

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/163

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Von Köln über Barcelona zur DDR-Geschichte

Weinert

Es ist die quälende Ungewissheit, die der Film “Die Familie” von Stefan Weinert so plastisch darstellt. Weinert erzählt die Geschichte der Familien von Mauertoten. Bis heute wissen manche von ihnen nicht, was ihren Söhnen, Ehemännern oder Brüdern tatsächlich zugestoßen ist.

Auf der 7. Geschichtsmesse in Suhl präsentierte Weinert seinen Film “Die Familie”. Im “MONTAGSRADIO – Vor Ort” spricht er mit Miriam Menzel und Patrick Stegemann über seinen Weg vom Schauspieler zum Filmemacher und erklärt, warum er erst von seiner Heimatstadt Köln nach Barcelona gehen musste, um sich intensiver mit der DDR auseinanderzusetzen.

Der Film “Die Familie” wurde mittlerweile mit dem “Cinema for Peace”-Award ausgezeichnet, hier ein visueller Vorgeschmack.

Die Reihe “MONTAGSRADIO – Vor Ort in Suhl” wurde gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

 

Für einen schnellen Überblick: die Timeline zum Gespräch mit Stefan Weinert

0:35 Worum geht’s im Film “Die Familie”?

1:34 Wie kamst du zu den Protagonisten?

2:45 Vom Schauspiel zur Zeitgeschichte

7:00 Probleme als Westdeutscher und “Aufarbeitungsneuling”

12:00 Klassische Dokumentarfilme sind alle gleich – mit diesen Rezeptionsgewohnheiten möchte Weinert brechen.

13:00 Weinert vertraut der Kraft der Zeitzeugen.

15.20 Wie hält man als Filmemacher das Leid der Zeitzeugen aus, das im Film ja so eine große Rolle spielt?

17.45 Was ist die Grenze der Brutalität, die im Film gezeigt werden kann?

19.10 Was leistet der Film eigentlich?

22:00 “Cinema for Peace”-Award, aber kein Sendeplatz im deutschen Fernsehen!?

23:20 Wie kommt Film international an?

27:20 Der Film funktioniert in Spanien besser als in Westdeutschland – entscheidend ist die Diktaturerfahrung, nicht die regionale Nähe.

34:00 Montagsradio Fragebogen

35:00 Stefan Weinerts Filmempfehlung: “Die Wohnung”.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2014/04/14/von-koeln-ueber-barcelona-zur-ddr-geschichte/

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