Da wir unseren gesamten Auftritt im Print- und Webbereich derzeit optisch und konzeptionell überarbeiten, planen wir auch in der Bildredaktion neue Pfade zu beschreiten. Ab der Frühjahrsausgabe 2014 zum Thema “Krisen und Umbrüche: Wie wandeln sich Gesellschaften?” möchten wir Student_innen der … Continue reading
Guck mal, wer da bloggt 10! Blogs bei de.hypotheses.org
Wir starten in das neue Jahr mit einer alten Bekannten und stellen im Rahmen unserer Serie wieder Blogs aus dem de.hypotheses-Universum vor. Wer nach weiteren Beiträgen aus dieser Reihe sucht, der findet eine vollständige Linkliste am Ende des Textes.
Blogs, Blogs, Blogs
Hier die Kurzbeschreibungen einiger Blog-New-Comer des vergangenen Jahres in alphabetischer Reihenfolge. Eine Liste der deutschsprachigen Blogs, die bereits in den Katalog von hypotheses aufgenommen worden sind, findet sich hier (derzeit stolze 85!).
Archiv der Erzdiözese Salzburg
Die gut 20 Mitarbeiter des Archivs der Erzdiözese Salzburg und der Salzburger Diözesanbibliothek nutzen ihr Blog zur Präsentation ihrer Arbeit und wollen auf diese Weise auf kleinere und größere Erkenntnisse, die in Archiv und Bibliothek entstehen, hinweisen. Thematisch ist vieles dabei: Salzburger Landesgeschichte, Kirchengeschichte, Musikwissenschaft, Theologie, … Erreicht werden soll eine größere Aufmerksamkeit des fachlich interessierten Publikums für die umfassende Tätigkeit der beiden Institutionen. Außerdem sollen einzelne anstehende Forschungsfragen eine Plattform finden, auf der sie vorgestellt und diskutiert werden können. In Sachen Soziale Medien sind “die Salzburger” ebenfalls aktiv: Facebook und Twitter.
An dieser Stelle ist mit Maria Rottler ein “Blog-Profi” vertreten. Das wissenschaftliche Gemeinschaftsblog zur bayerischen Landesgeschichte geht auf ihre Initiative zurück und wird von ihr betreut. Mitmachen können aber auch viele andere: Historiker/innen, Kunsthistoriker/innen, Archäolog/innen, Sprachwissenschaftler/innen, Literaturwissenschaftler/innen,Theolog/innen, Archivar/innen, Bibliothekar/innen, Lehrer/innen usw. mit Beiträgen zu Veranstaltungen, Rezensionen, Abstracts uvm. Das Blog wird durch eine Facebook- und eine Google Plus-Seite sowie einen Twitter-Account in den Sozialen Medien begleitet. Das regionalgeschichtlich ausgerichtete Blog könnte Schule machen!
Historikerin Claudie Paye arbeitet über die napoleonische Zeit in den deutschen Territorien und betreibt hier – gemeinsam mit Nicola Todorov – ein “Quellenblog zur napoleonischen Ära in den deutschen Landen”. Ziel ist es, die auf zahlreiche Archive in verschiedenen deutschen Bundesländern und im Ausland verteilten Archivalien virtuell zusammenzuführen und einen Einblick in das für die Dissertationen zum Königreich Westfalen gesichtete Quellenmaterial bieten. “Unsere Initiative ist im Sinne des Open-Access von dem Gedanken getragen, dass Archivmaterialien, die zum Teil dank der Förderung durch öffentliche Gelder erschlossen werden konnten, nach der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse auch der Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellt werden sollten.”, so die beiden Wissenschaftlerinnen. Auch dieses Blog wird mit einer Facebook-Seite und einem Academia-Account abgerundet.
“Lettengrube, Reute, Brühl, Schinderwasen – Flurnamen sind ein spannender Zugang zur lokalen Sprach- und Kulturgeschichte: Sie geben Auskunft über die Gestalt der Kulturlandschaft vergangener Zeiten, über alte Wirtschaftsformen, vergessene Bauwerke und Ereignisse sowie frühere Besitzverhältnisse. In dieser Eigenschaft sind sie nicht nur für die regionale Geschichtsforschung von Interesse, sie können auch Gegenstand des Unterrichts in der Schule sein. Diese Seiten sollen aufzeigen, wie sich Flurnamenforschung im schulischen Kontext verwirklichen lässt und bietet hierzu Praxisbeispiele und Materialien für die Grundschule in Baden-Württemberg.” Nicht nur etwas für Grundschüler und Facebook-ler – dank Jiří Hönes’ Enthusiasmus bleibt man hier gerne hängen!
Schweden – Mitstand des Reiches
Dorothée Goetze vom neu geschaffenen Zentrum für Historische Friedensforschung in Bonn gibt hier Einblick in ihre wissenschaftliche Arbeit zur Politik Schwedens gegenüber Kaiser und Reich im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden. “Im Fokus steht Schwedens Doppelrolle als auswärtige Macht und Reichsstand des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und deren politische Gestaltung.” Neben der Präsentation von Gedanken und Ideen zu ihrer Habilitation will sie zur Diskussion einladen und weist zudem auf interessante Termine hin. Und ganz abgesehen davon gestaltet sie den Auftakt ihrer Beiträge so, dass man einfach weiterlesen muss, Beispiel: “Fünfter sein“.
Scriptorium – Digitale Rekonstruktionen mittelalterlicher Bibliotheken
Das Team um Michael Embach (Stadtbibliothek/Stadtarchiv Trier), Claudine Moulin (Universität Trier) und Andrea Rapp (Technische Universität Darmstadt) macht es uns mit seiner prägnanten Selbstpräsentation herrlich einfach: “Das Blog möchte eine Plattform für den Austausch zur digitalen Rekonstruktion und Erforschung historischer Bibliotheksbestände bieten. Einerseits soll ein wissenschaftlicher Austausch zwischen Projekten und Forschern in diesem Bereich angeregt, andererseits die Verständigung mit Vertretern der Informationswissenschaften und Anwendern aus den verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen vertieft werden.”
Siehe auch
Mareike König, Guck mal wer da bloggt! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 24.4.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/485
Mareike König, Guck mal wer da bloggt 2! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 11.6.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/527
Mareike König, Guck mal wer da bloggt 3! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 27.8.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/622
Inger Brandt, Guck mal wer da bloggt 4! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in Redaktionsblog, 22.10.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/732
Inger Brandt, Guck mal wer da bloggt 5! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 11.01.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/875
Inger Brandt, Guck mal wer da bloggt 6! Blogs bei de.hypotheses.org, in Redaktionsblog, 09.07.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1452
Inger Brandt, Guck mal wer da bloggt 7! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 01.08.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1528
Inger Brandt, Guck mal wer da bloggt 8! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 29.08.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1566
Sascha Förster, Look Who‘s Blogging! Special edition – Blogs at de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 09.09.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1628
Zum Blogportal: de.hypotheses.org
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Foto: Electric Bubbles by D. Sharon Pruitt, Lizenz CC BY
Furche-Beitrag zu Weblogs in der Wissenschaft
Digitale Wissenschaft Forscher entdecken Weblogs und Podcasts
Ein Wissenschaftler, der nicht bloggt, ist ein schlechter Wissenschaftler dieses provokante Diktum stammt vom Historiker Klaus Graf, dem very godfather of German history blogs, Hauptbeiträger des bereits 2003 gegründeten Weblogs Archivalia (archiv.twoday.net). In den letzten Jahren nehmen sich auch immer mehr österreichische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Grafs Statement zu Herzen und ermöglichen mittels Weblogs online geführten Tagebüchern Einblicke in ihre Forschungswerkstatt.
Mit der technischen Infrastruktur dafür sieht es in der Alpenrepublik allerdings eher traurig aus, seit die mit einem Weblogforum verbundene Internetplattform Kakanien Revisited mangels Finanzierung durch das Wissenschaftsministerium ihre Tätigkeit weitgehend einstellen musste; kein Wunder also, dass Forscher aus Österreich soferne sie die Weblogsoftware nicht selber installieren oder einen herkömmlichen Blogprovider wie Wordpress oder Twoday auswählen sich an Plattformen anschließen, die in anderen Ländern gegründet wurden, wie zum Beispiel an die von Frankreich ausgehende wissenschaftliche Weblogplattform Hypotheses. Diese ist auf Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften spezialisiert und pflegt im Gegensatz zur oft vorherrschenden englischen Monokultur die europäische Sprachenvielfalt. So werden von Hypotheses nicht nur französische, englische, spanische und portugiesische Blogs gehostet, sondern seit Frühjahr 2012 unter de.hypotheses.org auch ein deutschsprachiger Ableger; das dort zum Beispiel verfügbare Weblog zur Ordensgeschichte wird auch mit österreichischer Beteiligung bespielt.
Podcasts wiederum sind Audiodateien, die ein hervorragendes Mittel bieten, wissenschaftliche Inhalte einer interessierten Öffentlichkeit näher zu bringen; in den letzten vier Jahren haben sich hier insbesondere die von Daniel Meßner produzierten Stimmen der Kulturwissenschaften stimmen.univie.ac.at etabliert, die in mittlerweile mehr als 60 circa halbstündigen Interviews so disparate Themen wie Suizid in der Frühen Neuzeit, NS-Medizin oder Cyberpunk-Literatur behandeln.
Tantner, Anton: Forscher entdecken Weblogs und Podcasts, in: Die Furche, Nr. 1/2014, 2.1.2014, S. 5.
Sprachlos im Geschichtsunterricht?
„Das Beherrschen der deutschen Sprache ist der Königsweg zur Bildung.“ Schlagzeilen wie diese begleiten die Diskussion der hoffnungsvoll stimmenden aktuellen PISA-Ergebnisse. Durchgängige Sprachförderung und sprachsensibler Fachunterricht scheinen demnach Schlüssel zum Bildungserfolg. Ungeklärt ist jedoch das Verhältnis von Fachlernen und Sprachlernen. Welches Potential birgt eine Wende von der Sprache der Geschichte zum Sprachhandeln der Schülerinnen und Schüler?
Von Alltagssprache und Schulsprache
Ein Feuilletonist feierte kürzlich die Schulkomödie „Fack ju Göhte“ als „hundertprozentige Injektion […] deutscher Wirklichkeit“, weil sie durch eine „absolute Zeitgemäßheit und Gegenwärtigkeit“ der Sprache besteche. „Ein grobes, derbes, wunderbar falsches Deutsch, das auf Anhieb einleuchtet“, heißt es da. Die verfilmten „feinen Unterschiede“ zwischen Schulsprache und Alltagssprache locken derzeit ein Millionenpublikum ins Kino, vielleicht weil hier ein allseits bekanntes Problem schulischen Sprachgebrauchs karikiert wird.1
Spracherwartungen als „geheimes Curriculum“
Doch die in den letzten Jahren wiederholte Forderung nach durchgängiger Sprachförderung reagiert nicht nur auf altbekannte Differenzen. Vielmehr erfährt die Rolle schulischen Sprachlernens eine Neubewertung. Nachdrücklich wird Sprachlernen als spezifische Herausforderung der Einwanderungsgesellschaft anerkannt, und sprachliche Kompetenzen werden als kulturelles Kapital der Kommunikations- und Wissensgesellschaft aufgewertet. Daher gewinnen die Sprachbildung und das Sprachhandeln der Schülerinnen und Schüler an Bedeutung. In der Lesart der funktionalen Linguistik eröffnet erst das Wissen um die Funktion sprachlicher Mittel Schülerinnen und Schülern sprachliche Wahl- und damit auch alternative Denkmöglichkeiten, die im Unterricht durch aktives und domänenspezifisches Sprachhandeln gefördert werden müssen. Diese integrale Betrachtung von Sprache und Denken, von Sprachlernen und Fachlernen wirft die Frage nach den fachspezifischen sprachlichen Anforderungen auf, die jenseits der Fachbegriffe im Unterricht selten erläutert werden. Im Fachunterricht erwarten Lehrerinnen und Lehrer vielmehr selbstverständlich sprachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, und Lernende aus bildungsfernen Milieus treffen damit auf Sprachbarrieren und können die sprachlichen Lernchancen im Unterricht nicht hinreichend nutzen. Die sprachliche Erwartungshaltung der Schule bleibt so ein „geheimes Curriculum“, an dem viele Lernende durch Unkenntnis und mangelnde Förderung scheitern.
Von fachspezifischer Sprachpragmatik und fachsprachlichen Problemlagen
Aus geschichtsdidaktischer Sicht stellt der Zusammenhang von Sprache und Denken keine Neuentdeckung dar. Beim historischen Erzählen als Schlüsseloperation historischen Lernens fungiert Sprache als Erkenntnis- und Sinnbildungsstruktur, und narrative Kompetenz schließt die Reflexion über die sinnstiftende Funktion von Sprachhandlungen ein. Eigentlich hat gerade die Kompetenzdebatte für die Sprachgebundenheit historischen Lernens sensibilisiert: Als Beispiele seien Begriffslernen, Quelleninterpretation, Gattungskompetenz, Analyse von Darstellungstexten genannt – man könnte die Aufzählung beliebig fortsetzen. Doch, wie bereits Hilke Günther-Arndt anmerkte, steht eine Systematisierung des Verhältnisses von Sprache und historischem Lernen bislang aus.2 Zudem hat die geschichtsdidaktische Hinwendung zur Sprache im Fach zunächst wenig damit zu tun, dass Lernprobleme sprachlicher Natur sind. Sie ist vielmehr geschichtstheoretisch motiviert und vom Lerngegenstand her gedacht. Eine Analyse von Lehrer- und Schülersprache im Geschichtsunterricht, die Becher und Lucas bereits 1976 anmahnten, bleibt ein dringliches Desiderat. Eine fachspezifische Sprachpragmatik, eine Pragmatik des Lesens und Schreibens, steckt erst in den Anfängen.3 Was die sprachlichen Anforderungen des Geschichtsunterrichts betrifft, dann hinterlässt auch ein vergleichender Blick in die Curricula eher Ratlosigkeit.4 Dagegen erhärten empirische Befunde zum Schulbuchverständnis, zum Begriffsverstehen oder Untersuchungen von Abituraufsätzen die Einsicht, dass fachliche und sprachliche Problemlagen nicht zu trennen sind.
Von zweitem „linguistic turn“ und sprachlichen Normierungsprozessen
Braucht die Geschichtsdidaktik also einen zweiten „linguistic turn“? Die Frage scheint fast schon rhetorisch. Auf europäischer Ebene ist bereits ein Rahmen für die Sprachförderung in den einzelnen Fächern gezimmert.5 Daher ist das Fach Geschichte vielleicht bald PISA-reif und Sinnbildungsleistungen können entlang sprachlicher Marker endlich vermessen werden. Öffnet man so vielleicht unbewusst Raum für sprachliche Normierungsprozesse, wie ein Lehrer auf einer Kieler Fortbildung kritisierte? Wenn sprachliche Anforderungen zum Gradmesser fachlicher Leistungen werden – so sein Argument – dann werde die Ausgrenzung über Sprache zum bildungspolitischen Programm. Er verstünde auch ohne „Konjunktiv“ und relativierende Modalwörter, was seine Schüler meinten.
Dass mit dem Fall Jenninger der fehlende Konjunktiv bereits ein eigener Gegenstand historischen Lernens ist, steht auf einem anderen Blatt.6
Literatur
- Becker-Mrotzek, Michael u.a. (Hrsg.): Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen. Münster u.a. 2013.
- Schleppegrell, Mary J.: The Language of Schooling. A Functional Linguistics Perspective. Mahwah/NJ 2004.
- Schrader, Viola: Geschichte als narrative Konstruktion. Eine funktional-linguistische Analyse von Darstellungstexten in Geschichtsschulbüchern. Münster 2013.
Externer Link
Auswahlbibliographie “Sprache und Geschichtslernen” bei historicum.net, verfügbar unter der URL http://www.historicum.net/kgd/auswahlbibliographie/theorien-und-grundlagen/#jumpLink4 (abgerufen am 5.1.2014).
Abbildungsnachweis
Bild Sprache(n) historischen Lernens, © Saskia Handro 2013
Empfohlene Zitierweise
Handro, Saskia: Sprachlos im Geschichtsunterricht? In: Public History Weekly 2 (2014) 1, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2013-957.
Copyright (c) 2014 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.
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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/2-2014-1/sprachlos-im-geschichtsunterricht/
Bilingualer Geschichtsunterricht. Ein Puzzle, das nicht passt?
Bilingualer Geschichtsunterricht liegt im Trend. Eltern und ihre Kinder erhoffen sich eine gute Vorbereitung auf die zunehmend internationalisierte Berufswelt, während viele Schulen mit ihm um die Gunst leistungsstarker SchülerInnen buhlen. Von GeschichtsdidaktikerInnen wird sein Mehrwert für das historische Lernen dagegen oft kritisch beurteilt. Es ist deshalb an der Zeit, neu und anders über bilingualen Geschichtsunterricht nachzudenken.
Entdeckung der Sprachlichkeit
Als guter Ausgangspunkt erweist sich hier die zunehmende Beschäftigung mit dem allgemeinen Verhältnis von Geschichte und Sprache in der Geschichtsdidaktik, sowohl auf theoretischer als auch auf empirischer Ebene. Sie hat unter anderem zu einer verstärkten Wahrnehmung von Forschungsansätzen aus dem englischsprachigen Raum geführt, die z.B. mittels funktional-linguistischer Ansätze Schülertexte analysieren und daraus Folgerungen für eine fachspezifische Sprachförderung im Geschichtsunterricht ableiten.1 Bislang beziehen sich diese Beiträge jedoch weitgehend auf Geschichtsunterricht, der in der Muttersprache der SchülerInnen erteilt wird.2
Wirklich nichts Neues an der Bilingualität?
Die spezifische geschichtsdidaktische Diskussion über bilingualen Geschichtsunterricht hat dagegen andere Schwerpunkte gesetzt. Verstanden als „eine Form des Sachfachunterrichts, in der neben der Muttersprache eine Fremdsprache in methodisch reflektierter Form als Material und Arbeitssprache verwendet wird“,3 attestieren die AutorInnen ihm vielfach ein besonderes Maß an „Multiperspektivität“ und „Fremdverstehen“, das vermeintlich auch empirisch nachgewiesen werden konnte.4 Immer wieder betont wird in diesem Zusammenhang, dass bilingualer Geschichtsunterricht sich nicht als Sprachunterricht instrumentalisieren lassen dürfe, sondern in erster Linie als Geschichtsunterricht konzipiert sein müsse. Es drängt sich dabei jedoch der Verdacht auf, dass eine weitgehende Reduktion dieses Diskurses auf die Kategorie des „Fremdverstehens“ das didaktische Potential des bilingualen Geschichtsunterrichts erheblich unterschätzt.
Sprachsensibler Geschichtsunterricht
Sinnvoll wäre es vielmehr, sprachliches und historisches Lernen nicht als Gegensatzpaar, sondern als zusammengehörige Größe ein- und desselben Phänomens zu begreifen und die Diskurse über Sprachlichkeit und Bilingualität im Geschichtsunterricht zusammenzuführen. In methodischer Hinsicht könnte dies bedeuten, die Anregungen von Caroline Coffin (2006) für einen sprachsensiblen Geschichtsunterricht aufzugreifen und auf das historische Lernen in der Fremdsprache zu übertragen. Auch ein verstärkt interdisziplinärer Blick auf bilinguales historisches Lernen erscheint dabei hilfreich – dies kann anhand eines Blicks auf verschiedene Formen schriftlicher und mündlicher Kommunikation im Fremdsprachen- und im Geschichtsunterricht gezeigt werden.
So passt das Puzzle: Coffin (2006)
Wie wichtig Kenntnisse über Konventionen verschiedener Textgattungen für das historische Lernen sind, hat Coffin für den Bereich der Rezeption und Produktion schriftlicher Texte eindrucksvoll herausgearbeitet. Die Unterscheidung zwischen recording, explaining und arguing genres erlaubt es Coffin, nicht nur inhaltliche, sondern auch sprachliche Kriterien für die Beurteilung von Schülertexten zu identifizieren. Das bedeutet, dass SchülerInnen auch im Geschichtsunterricht lernen können, welche strukturellen, grammatischen und lexikalischen Aspekte beim Verfassen historischer Texte zu beachten sind – und sie kennen ein solches Vorgehen in der Regel schon aus ihrem Fremdsprachenunterricht. So enthalten z.B. viele Lehrmaterialien für den Englischunterricht umfangreiche Übungen, die SchülerInnen Schritt für Schritt an das Schreiben eines argumentative text heranführen, indem sie zunächst zur Identifizierung einer Textstruktur im Ganzen auffordern, um anschließend die Rolle von topic sentences und supporting sentences innerhalb eines einzelnen Absatzes erarbeiten zu lassen. Für den bilingualen Geschichtsunterricht bietet Coffins Buch zahlreiche Beispieltexte, die bei entsprechender Erarbeitung im Unterricht auch deutschen SchülerInnen einen bewussteren Umgang mit der (englischen) Sprache beim Verfassen von historischen Texten ermöglichen können. Die Entwicklung entsprechender Lehrmaterialien steht allerdings noch aus.
Sprechen!
Schwerpunktmäßig ist bilingual erteilter Geschichtsunterricht jedoch in der Sekundarstufe I als sog. mündliches Fach anzutreffen, sodass das schriftliche Verfassen historischer Texte in der Regel nicht im Zentrum des Unterrichtsalltags steht. Darum bietet im Bereich der mündlichen Kommunikation ein Blick auf aktuelle Entwicklungen im Fremdsprachenunterricht Anregungen für den Ausbau eines sprachsensiblen bilingualen Geschichtsunterrichts. Im Bemühen, Fremdsprachenlernen möglichst alltagsnah zu gestalten, steht das Bestreben im Mittelpunkt, vermehrt die mündliche Kommunikationsfähigkeit der Lernenden zu fördern. Um der Akzentverschiebung von schriftlichen auf mündliche Sprachleistungen Gewicht zu verleihen, werden bereits jetzt an vielen Schulen auf eigene Initiative (ab 2014/2015 dann von NRW-ministerieller Seite verordnet) mündliche Prüfungen als Klassenarbeitsersatz im Fremdsprachenunterricht durchgeführt. Nach vorherigen Übungsphasen zu diesem neuen Prüfungsformat werden häufig visuelle Materialien als Impulse für monologisches und dialogisches Sprechen als Partner- oder Kleingruppenaufgabe verwendet. Ein ähnliches methodisches Vorgehen könnte auch für den bilingualen Geschichtsunterricht in mehrfacher Hinsicht ertragreich sein, indem Verfahren der Bildinterpretation im bilingualen Geschichtsunterricht ritualisiert in mündlichen Unterrichtsphasen eingesetzt werden. Neben methodischen und narrativen Kompetenzen könnten so auch (fremd)sprachliche kommunikative Kompetenzen eine fachspezifische Ausrichtung erhalten.
Methodischer Realismus
Selbstverständlich sollte bilingualer Geschichtsunterricht weiterhin auch Angebote zur Förderung eines besseren Verständnisses fremder Kulturen bereithalten, was auch sonst? Realistisch erreichbar ist dieses Ziel aber nur durch einen sprachsensiblen Unterricht, der die hohen Hürden historischen Lernens in einer Fremdsprache ernst nimmt und den SchülerInnen unterrichtsmethodische Hilfestellungen für die schriftliche und mündliche Verständigung über Geschichte gibt.
Literatur
- Coffin, Caroline: Historical Discourse. The Language of Time, Cause and Evaluation, London/New York 2006.
- Handro, Saskia: Sprache und historisches Lernen. Dimensionen eines Schlüsselproblems des Geschichtsunterrichts. In: Becker-Mrotzek, Michael et al. (Hrsg.): Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster 2013, S. 317-333.
Externe Links
- Website der nordrhein-westfälischen Landesregierung – durchgängige Sprachbildung als bildungspolitisches Ziel: http://www.nrw.de/landesregierung/neue-projekte-fuer-eine-erfolgreiche-durchgaengige-sprachbildung-14964/ (zuletzt aufgerufen am 18.12.2013).
- Website des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Schule und Weiterbildung – Erläuterungen zu mündlichen Prüfungen im Fremdsprachenunterricht: http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/cms/muendliche-kompetenzen-entwickeln-und-pruefen/angebot-home/ (zuletzt aufgerufen am 18.12.2013).
Abbildungsnachweis
© Rainer Sturm / pixelio.de
Empfohlene Zitierweise
Schlutow, Martin: Bilingualer Geschichtsunterricht. Ein Puzzle, das nicht passt? In: Public History Weekly 2 (2014) 1, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-1035.
Copyright (c) 2014 by Oldenbourg Verlag and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.
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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/2-2014-1/bilingualer-geschichtsunterricht/
Auftakt zur Artikelreihe: Was macht Crowdsourcing erfolgreich?
In einer Reihe von Artikeln möchte ich der Frage nachgehen, welche Faktoren Crowdsourcing erfolgreich machen. Ich werde die Schlüsselaspekte erörtern und dann überlegen, wie die Schaltstellen, die Crowdsourcing-Anbietern zur Verfügung stehen, weiter optimiert werden können, um das Verfahren noch effektiver zu gestalten.
Dazu werde ich zunächst die Definition von Crowdsourcing beleuchten, anschließend die Bedürfnistheorie nach Klaus Grawe erläutern, sie auf Crowdsourcing anwenden und bestehende oder abgeschlossene Crowdsourcing-Projekte in Bezug auf Grawes Bedürfnistheorie prüfen.
Doch zunächst möchte ich in anhand eines Beispiels in einen wesentlichen Aspekt des Themas einleiten:
Im August vergangenen Jahres gingen mein Mann und ich am Ufer der Breitach bei Oberstdorf spazieren. Als sich der Blick auf einen Uferabschnitt weitete, staunten wir nicht schlecht, als sich uns dieses Bild bot:
Hunderte Steinmännchen standen dort, soweit und noch weiter das Auge reichte. Das Bild oben zeigt nur einen winzigen Ausschnitt. Die Menschen, die hier vorbeikamen, äußerten ihr Erstaunen, zückten Kameras, bauten spontan neue Steinmännchen oder richteten zusammengefallene wieder auf. Kurzum, alle waren sehr fasziniert von diesem Anblick.
Warum?
Wegen der Steinhaufen, die jeder aufeinanderschichten kann? Das ist doch nichts Besonderes.
Also warum wirklich?
Ich denke, dass es die Gemeinschaftsleistung war, die diese Faszination auslöste. Viele Menschen haben viele Steinmännchen gebaut. Und noch etwas: Es war eine Leistung, die etwas geschaffen hat. Ein kreativer hervorbringender Akt. Handeln in einem gemeinsamen Geist, mit einer gemeinsamen Absicht und einem gemeinsamen Ziel. Dabei hat dieses Ziel niemand vorgegeben, sondern es ergab sich aus der wachsenden Menge der Objekte von selbst. Eben ein gemeinsamer Geist, den die Teilnehmer akzeptierten und weiterverfolgten. Dieser schloss eine aktive Zerstörung seitens der Besucher aus und ermöglichte die große Masse von Steinmännchen. Und genau das war die Ursache der Faszination.
Damit sind wir mitten im Thema Crowdsourcing, und ich werde in einem gesonderten Artikel noch auf den Aspekt der Gemeinschaft eingehen, der meines Erachtens zentrale Bedeutung hat.
Quelle: http://games.hypotheses.org/1412
Job: 1 Wiss. Mitarb. “Digitales Archiv der Reformation” (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Magdeburg)
Neues Weblog: Wertheimer Vogteirechnungen
“Nach www.1628blog.de (6000 Klicks in 2013) betreibe ich in diesem Jahr ein weiteres Blog aus Archivalien: www.burgvogtei-wertheim.de. Dahinter steht eine Küchenrechnung aus dem Jahr 1614, die heute Jubiläum hat: vor 400 Jahren …
Die Stadt Wertheim unterstützt das Blog als Marketing für die Wertheimer Burg. Ich sehe das auch als Beispiel dafür, wie man Archive fürs Kulturmarketing in der digitalen Welt nutzen kann.”
Quelle: Robert Meier via Facebook
Neu erschienen: Masterarbeit zur Langzeitarchivierung von Daten in VFUs für die Digital Humanities
Auf dem e-doc-Server der Humboldt-Universität zu Berlin wurde am Montag in der Reihe Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft die Masterarbeit von Silke Baumann zur Frage der Langzeitarchivierung [von Forschungsdaten] innerhalb Virtueller Forschungsumgebungen im Bereich Digital Humanities publiziert. Der Volltext ist über urn:nbn:de:kobv:11-100214018 abrufbar.
Die Autorin befragte dafür GeisteswissenschafterInnen an der Mainzer Universität zu ihrem Datennutzungsverhalten und zu Einstellungen hinsichtlich der Langzeitarchivierung und Langzeitverfügbarhaltung von Forschungsdaten. (Einige der Ergebnisse finden sich auch im LIBREAS-Tumblr zusammengefasst.)
Silke Baumann ermittelt einen großen Bedarf an entsprechenden Lösungen, stellt aber zugleich fest,
“dass es noch nicht viele erfolgreiche Beispiele für Langzeitarchivierung innerhalb von Virtuellen Forschungsumgebungen im Bereich Digital Humanities gibt.” (S. 31)
Die Architektur des TextGrid Repositories wird jedoch immerhin bereits als sinnvolle und zweckmäßige Annäherung bewertet.
Für den Einsatz von Virtuellen Forschungsumgebungen in den Geisteswissenschaften zieht die Autorin den Schluss:
“[Es wäre] zweckmäßig, den WissenschaftlerInnen einen Rahmen anzubieten, innerhalb dessen sie, durch Werkzeuge und Infrastruktur einer Virtuellen Forschungsumgebung unterstützt, ihre Forschungsfragen kollaborativ, orts- und zeitungebunden, bearbeiten können. Durch eine solche Maßnahme könnten die WissenschaftlerInnen nachdrücklich in ihrem Arbeitsalltag entlastet werden. Dabei wäre es empfehlenswert, eine modulare Architektur zu wählen, die die Anpassung an verschiedenste Forschungsprojekte erlaubt. Die Forschungswerkzeuge müssen in enger Zusammenarbeit mit den WissenschafterInnen entwickelt werden, sodass deren Usability und Akzeptanz durch die Nutzenden sicher gestellt werden können.” (S. 58)
Abstract der Autorin:
In der vorliegenden Arbeit wird an einem konkreten Beispiel betrachtet werden, wie wissenschaftliche digitale Kooperation und die langfristige Speicherung der digitalen Daten im Bereich Digital Humanities aktuell umgesetzt werden bzw. welche Wünsche und Ansichten die ForscherInnen diesbezüglich haben. Zu diesem Zweck wurden WissenschaftlerInnen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zur Beantwortung eines Online-Fragebogens eingeladen. Einführend werden die schwer zu greifenden Begriffe Digital Humanities, Virtuelle Forschungsumgebung, Forschungsdaten und Langzeitarchivierung für den Kontext dieser Arbeit definiert. Es wird betrachtet, was prinzipiell die Anforderungen an Virtuelle Forschungsumgebungen, Forschungsdaten und Langzeitarchivierung im Bereich Geisteswissenschaften sind, wie der derzeitige Entwicklungsstand hier ist und welches Angebot eventuell schon existiert. Im Anschluss folgt ein Blick auf einige Vergleichsstudien, der den bisherigen Kenntnisstand zu Data Sharing und Langzeitarchivierung wiedergibt. Zusammen mit den wissenschaftlichen Hintergrundinformationen ist dieser auch Basis für die Hypothesen, die an den Ergebnissen der Befragung verifiziert werden. Nach Erläuterung der Methode und Methodologie der Datenerhebung folgen eine Beschreibung der erhobenen Daten und daraus resultierende Schlussfolgerungen.
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2864
DFG bietet neues Portal für Forschungsinfrastrukturen an
Das Portal RIsources (RI = Research Infrastructure) der DFG enthält Informationen rund um wissenschaftliche Forschungsinfrastrukturen, die Forschenden bei der Planung und Durchführung ihres Forschungsvorhabens unterstützen. Der Katalog befindet sich derzeit noch im Aufbau.
Durch das Portal soll der Zugang der WissenschaftlerInnen auf die vorhandenen Ressourcen verbessert werden. Des Weiteren kann so die Popularität der anbietenden akademischen Einrichtungen erhöht werden.
Forschungseinrichtungen, die sich bei der DFG registrieren lassen möchten, müssen folgende Kriterien erfüllen:
- Das Angebot muss wissenschaftlich und technologisch anerkannt und etabliert sein.
- Der Zugang zum Angebot muss frei sein oder über einen transparenten Auswahlprozess auf der Basis von wissenschaftlicher Qualität und Machbarkeit des Projekts geregelt sein.
- Das Management muss nachhaltig und das Angebot langfristig angelegt sein.
Nähere Informationen sind in der Mitteilung der DFG zu lesen.
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2837