Studienabbruch steuern?

Seitdem das Land Hessen die finanzielle Unterstützung der eigenen Universitäten an die Reduktion der Studienabbruchquoten binden möchte, wird auch hierüber diskutiert. Nun kritisiert Jürgen Kaube in der FAZ die Politik, die auf diese Weise nur politisch gesteuerte Fehlentwicklungen der Bologna-Reformen überdecken wolle:

Heute aber verlässt, nach Zahlen des Deutschen Hochschulverbandes, jeder dritte Student vor dem ersten Abschluss die Universität, zwei von fünf, die für Mathematik oder Naturwissenschaften eingeschrieben sind, bleiben ebenfalls ohne Bachelor-Titel. In den Sozialwissenschaften, einschließlich Jura und Ökonomie, schließt jeder Vierte nicht ab. Was tun? Politik bedeutet, sich auf keinen Fall mit den eigenen Entscheidungen blamieren zu wollen. Also müssen die Hochschulen für das Scheitern von Bologna verantwortlich gemacht werden. Man habe, heißt es seit einiger Zeit, wenn die Mängel nicht mehr weggeredet werden können, vielerorts Bologna schlecht umgesetzt. Dass die völlig überflüssigen und noch dazu teuren Akkreditierungsagenturen überall all die Studiengänge offiziell für gut und „studierbar“ befunden haben, die jetzt von so vielen Studenten abgebrochen werden, passt dazu allerdings nicht. Eine nähere Betrachtung der Umstände, unter denen studiert oder abgebrochen wird, scheuen Wissenschafts- und Bildungsminister ohnehin.

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Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/318

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Akkreditierung heißt “Glauben schenken”

Das letzte Jahr im Studienbüro war von einem großen Thema beherrscht: der Reakkreditierung unserer Studiengänge. Ich hoffe sehr, dass ich nach (erfolgreichem?) Abschluss des Verfahrens auch hierüber schreiben werde. Aus der aktuellen Arbeit fallen mir vor allem Fehlbeobachtungen anderer auf – offenbar ein Leitmotiv dieses Blogs. Diesmal ist mir der Beitrag “Wie soll man anders Qualität sichern?” aus der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/akkreditierung-an-deutschen-unis-wie-soll-man-anders-qualitaet-sichern-12914892.html) aufgefallen.

Dort führt die Autorin Christiane Gaethgens zu Recht an, dass das Akkreditierungswesen in mancherlei Hinsicht als Ausdruck der modernen Hochschulautonomie gesehen werden kann. Das läuft der ubiquitären Kritik an den hochschul-fremden Kriterien, die Akkreditierungsagenturen mitunter anlegen, zuwider. Sie erkennt in dieser Kritik auch das Fremdeln der Hochschulen mit selbst geschaffenen neuen Qualitätssicherungsinstanzen:

“Diese Freiheit zur Selbstbestimmung haben die Hochschulen unter Berufung auf das Grundgesetz über Jahrzehnte zu Recht gefordert. Nun offenbart sich, dass Chance und Überforderung hier näher beieinanderliegen, als mancher erwartet haben mag. Autonomie zu fordern ist legitim, sie wahrzunehmen aber stellt erheblich Ansprüche, auch an die eigene Steuerungs- und Entscheidungsfähigkeit.”

Nun macht sie jedoch m.E. den Fehler, aus der Tatsache, dass die Universitäten im Zuge der Einführung der Akkreditierung von ministerialer Bevormundung teilweise befreit wurden, zu schließen, die Universitäten selbst hätten jene Kriterien mit entwickelt, unter deren Exekutierung sie nun leiden würden. Faktisch ist der Akkreditierungsrat – und damit auch alle Akkreditierungsagenturen wie auch die dank Systemakkreditierung etwas autonomeren Universitäten – weiterhin an Vorgaben der Kultusminister gebunden. Und diese Vorgaben sind fast durchweg audit-fähig – also zählbar und nicht wissenschaftsimmanent. Es geht nicht so sehr um Fragen der wissenschaftlichen Ausbildung im Fach, sondern um den Blick von außen, der vor allem Leistungspunkte pro Semester und Jahr, Prüfungszahlen pro Jahr, Semesterwochenstunden pro Leistungspunkt und Ähnliches zu zählen vermag. Beredter Ausdruck hiervon sind die Rahmenbedingungen, die die Kultusminister 2010/11 nach großen Studierendenstreiks eingeführt haben und die vorallem solche formalen Aspekte aufnehmen.

Man kann einwenden, dass es nicht Aufgabe der Kultusminister sein kann, fachinterne Kriterien festzulegen – das ist ja auch der Tenor dieses Blogs, dafür sind die Fachwissenschaften selbst zuständig. Fraglich ist aber, ob die Kultusministerien mit dieser Vielzahl an formalen Kriterien der Entwicklung fachwissenschaftlicher Lehre wirklich etwas Gutes tun – oder ob hier nicht (Achtung: Neoliberalismus!) mehr Freiheit denkbar und wünschenswert wäre. Akkreditierung kommt laut Wikipedia vom lateinischen Wort accredere – glauben, vertrauen. Trauen die Ministerien den Fachwissenschaften zu, dass sie wissen, was sie in der Lehre tun, und das auch weitgehend eigenständig entscheiden können? Zu Recht fordert Christiane Gaethgens übrigens “bessere, wissenschaftsgerechtere Verfahren” und beklagt zugleich “zu wenig [...] Vertrauen in die Eigenverantwortung, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Wissenschaft”. Ob dies im letzten verbliebenen Kernbereich der Landesgesetzgebungen (Bildung im weitesten Sinne) realistisch ist, vermag ich nicht zu sagen, aber nach einer längeren Gewöhnungsphase an die modularisierten Studiengänge könnte man den Hochschulen dies durchaus zutrauen.

Mit diesem Blogpost beginne ich übrigens, “Featured Images” in die Posts einzufügen. Beginnen möchte ich mit einem Flickr-Commons-Bild unserer Partnerhochschule in Glasgow, die ich vor anderthalb Jahren besuchen durfte – ein architektonischer Traum, an dem man gerne einmal Seminare geben möchte.

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/222

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Was braucht gute Lehre?

Gute Lehre braucht Innovationen, Zeit, Geld und Anerkennung – unter diesem Motto hat der Stifterverband die Ergebnisse der Arbeit mit Fellows der Baden-Württemberg Stiftung, der Joachim Herz Stiftung und des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft vorgestellt (http://www.stifterverband.info/wissenschaft_und_hochschule/lehre/fellowships/was_gute_lehre_braucht/index.html). Welche (Rahmen-) Bedingungen braucht gute Lehre? Welche Unterstützung wünschen sich engagierte Lehrende? Die Antworten sind überraschend – überraschend ermutigend.

Unter dem Stichwort “Innovation” werden die Hochschullehrenden selbst als Ressource angeführt. Es braucht Lehrende, “die sich neueren Lern- und Lehrprozessen öffnen und diese ausprobieren” – das ist noch ziemlich vage und daher sicher weithin konsensfähig. Aber: Sie “konzipieren eine fachbezogene Hochschuldidaktik für ihr Fachgebiet und entwickeln und implementieren Wechselwirkungen zwischen Hochschullehre, Forschung und Fachkompetenz bewusst” – das klingt spannend und geht weit über die in der Hochschuldidaktik seit Jahren munter betriebene fachunspezifische Aktivierungsrhetorik hinaus. Ja, es reicht nicht zu wissen, wie Studierende ihre intrinsische Motivation entwickeln (zumal wenn es unter dem Motto der Selbstkompetenz auch darum geht, sich dort aufzuraffen, wo die Motivation eben gerade fehlt). Es braucht auch eine fachspezifische und zugleich hochschulspezifische, d.h. wissenschaftsorientierte Didaktik. Die gibt es in den Fächern, die ich halbwegs überschaue (und das ist vor allem mein eigenes Fach) allenfalls in Ansätzen. Die Forderungen nach Lehrenden, die sich in einen didaktischen Diskurs begeben, ist daher ein guter Schritt in diese Richtung.

Unter dem Stichwort “Zeit” fordern die Fellows flexiblere Deputatsverordnungen, Wertschätzung für Lehrleistungen, Entscheidungsspielräume für mehr Lehre oder mehr Forschung, mehr personelle Unterstützung (z.B. Geld für Tutor/innen) und Ähnliches. Auch hier lassen Sie anklingen, dass es eine fachspezifische Hochschuldidaktik braucht. Clever.

Auch unter dem Stichwort “Geld” gehen sie auf den Bedarf an fachspezifischer Didaktik ein; sie werden aber noch viel konkreter. Sie fordern die “Kompetenz und Expertise einer fachbezogenen Hochschuldidaktik, die in den Studiengängen verankert ist (und nicht darüber)”, ein. Genau das ist die LÜcke im hochschuldidaktischen Diskurs, die die hochschuldidaktischen Zentren in aller Regel nicht antippen. Kein Wunder, das würde deutlich weniger “ressourceneffizient” zu realisieren sein. Mit fachunspezifischen Programmen lassen sich rasch Dutzende von Lehrenden bedienen (und was das dann mit ihrem Fach zu tun hat, müssen sie selbst herausfinden). Mit fachspezifischen Angeboten müssten die Didaktikzentren sich weit in die Fächerund Fachkulturen, in Wissenschaftsverständnisse usw. hineinbegeben. Das ist mühsam. Sie müssten wohl vor allem Lehrende anheuern, die in den Fächern selbst lehrend aktiv sind. “Bereichsdidaktiken” wie etwa”Aktivierende Seminare in den Geisteswissenschaften” treffen das Problem jedenfalls nicht (es sei denn, man geht davon aus, dass Historiker und Germanisten wirklich das Gleiche studieren – was Nonsens ist).

Soweit bin ich mit allem einverstanden. Ich denke aber, das Ganze fordert von den Fächern noch viel mehr als von den hochschuldidaktischen Zentren. Nur aus dem Fach heraus kann ein Verständnis für die Lernziele, die Kompetenzorientierung im Fach, die Studierendengruppen, eine fachangemessene Diagnostik und Ähnliches anspruchsvoll entwickelt werden. Gut wäre, wenn es hierfür “Zeit, Geld und Anerkennung” an den Hochschulen gäbe. Das entwickelt sich erst langsam. Hierfür braucht es auch einen innerfachlichen Konsens über das Wissenschaftsverständnis im Fach oder einen Basiskanon an anerkannten Methoden. In einer Geisteswissenschaft ist das nicht unbedingt selbstverständlich.

Ein abschließendes Wort zu den zwei Kommentaren, die sich schon auf der Homepage des Stifterverbandes finden:

Prof. Dr. Johannes Herrmann (Kaiserslautern) wendet ein, man müsse vor allem die Grundausstattung der Universitäten sichern, um gute Lehre zu generieren; Förderung auf Basis von Anträgen seien im Bereich der Forschung sinnvoll, nicht im Bereich der Lehre. Dass eine gute Grundausstattung wichtig ist, ist richtig (siehe auch http://geschichtsadmin.hypotheses.org/101). Aber das alles ergibt noch keine “gute” Lehre. Ich denke, man darf es ambitionierter denken.

Prof. Kai Beiderwellen (Mannheim) kritisiert den Wechsel von der Vermittlung von Bildung hin zur Vermittlung von Wissen. Das verstehe ich nun gar nicht, oder besser gesagt: Ich verstehe es als Variante des bologna-kritischen Habitus, den ich nicht teilen möchte. Es ist vor allem nicht ganz korrekt: Was genau wir in Studiengängen tun, wie wir lehren, wie wir Lernprozesse diagnostizieren, wie wir curricular und in Lehrformaten planen und moderieren, das ist immer noch unsere eigene Aufgabe. Ich bin da weniger pessimistisch. Die Reflexion, was die Orientierung an Bildung im Fach bedeutet, kann nur dort und muss dort stattfinden. Die “Zurichtung der Studierenden für die Bedarfe der Wirtschaft und zu einer Angleichung dr Lehre an ökonomische Prozesse” ist nicht vorgeschrieben, sie wird nur gerne laut gefordert oder kritisiert.

Und mit den Problemen und Chancen einer stärker fachspezifischen Hochschuldidaktik haben beide Kommentare in meinen Augen nicht viel gemeinsam.

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/199

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Master-Desaster – Follow-Up

Im vorhergehenden Artikel ging es schon um ein Problem des B.Ed./M.Ed.-Übergangs, nämlich die Tatsache, dass es nach dem B.Ed.-Abschluss weniger Exit-Optionen gibt als etwa nach einem B.A. Das ist ein ernsthaftes Problem. Ein anderes Problem ist die große Immobilität im Lehramtsstudium, gerade wenn man sich Lehrer/innen wünscht, die während ihres Studiums auch einmal einen Ortswechsel vollzogen haben.

So anerkennen die Kultusminister seit jeher wechselseitig das Staatsexamen – mit gewissen Einschränkungen in der Praxis, das ist bekannt, aber rein formal ist die Anerkennung des Staatsexamens nicht verweigerbar. Für M.Ed.-Abschlüsse war das lange durchaus schwierig; im Zuge der Verhandlungen um eine mögliche Bund-Länder-Exzellenzinitiative Lehramt sind die Kultusminister hier aber wohl einen Schritt weitergekommen. Die “Regelungen und Verfahren zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften” (KMK-Beschluss vom 07.03.2013) legen fest, dass die Länder “Zeugnisse über an Hochschulen erfolgreich abgelegte Prüfungen, die nach Maßgabe dee Bestimmungen dieser Vereinbarung erworben wurden, [...] als Zugangsvoraussetzungen für den Vorbereitungsdienst anerkennen”.

Nicht anerkannt wird also der Bachelorabschluss, denn hier differieren die landesspezifischen Lösungen stark. In NRW beispielsweise studiert man – soweit mir bekannt – zunächst einen fachwissenschaftlichen B.A., in RLP hingegen ist schon das Bachelorstudium als Lehramtsstudium angelegt. Hochschulwechsler aus NRW, die nach RLP wechseln möchten, kommen also ohne fachdidaktische Anteile an, die sie dann nachholen müssen. Damit stellt sich die Frage, ob das in RLP nur im Rahmen eines eingeschriebenen B.Ed.-Studiengang möglich ist – was ein gebührenpflichtiges Zweitstudium wäre. Umgekehrt: Wechselt ein B.Ed.-Studierender zum M.Ed. nach Berlin, muss er etwa im Fach Geschichte Fachanteile nachholen, also am besten noch in Mainz, Trier oder Koblenz zusätzliche Veranstaltungen besuchen, die strenggenommen nicht kreditierbar, weil außercurricular zu absolvieren sind.

Die Einführung modularisierter Lehramtsstudiengänge hätte hier eigentlich eine vorherige Abstimmung gebraucht; aber schon die grundsätzliche Philosophie der Lehramtsausbildung war offenbar zu uneinheitlich. Überwiegt im einen Land der Gedanke der Flexibilität (ausschließlich fachwissenschaftliche Bachelorstudiengänge, auf die man sowohl Wissenschaft als auch Lehramt oder Anwendungsmaster aufsatteln kann), so ist es im anderen Land der Gedanke der Berufsorientierung (daher eine frühe Ausrichtung auf das Lehramt, die im Sinne einer strukturierten, kontinuierlichen Ausbildung zum künftigen Lehrer sicher stärker ist).

Hier besteht offenkundig noch Diskussionsbedarf in der Kultusministerkonferenz. Man kann hoffen, dass die eventuell irgendwann einmal startende Exzellenzinitiative Lehramt dies thematisieren wird – und dass es den Fachdidaktiken und den Lehramtsexperten möglich sein wird, ihre Expertise in diesen Prozess einzubringen.

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/147

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Wie viele Akademiker braucht das Land … oder was ist eigentlich die richtige Frage …

Auf das erneute Aufflammen der Diskussion war ich zufällig durch einen Artikel von Jürgen Kaube in der FAZ (“Im Bildungsrausch. Ist akademisch auch hochwertig?“, 05.09.2013) aufmerksam geworden: Man spielt wieder das beliebte OECD-contra-Duales-System-Spiel. Zunächst hatte Julian Nida-Rümelin die hochwertige Qualität des deutschen differenzierten Bildungssystems und die Güte des dualen Systems gegen die reine Fixierung auf Akademiker-Quoten in Stellung gebracht. Zu Recht, denn OECD-Quoten, die nichts darüber sagen, welches Land in welcher Situation und in welcher Marktposition sich wie entwickeln kann (und das in differenzierter und vielseitiger Perspektive), sind offensichtlich Humbug. Dass Andreas Schleicher als OECD-Vizedirektor auf diesen Angriff reagieren musste und das dann auch im Deutschlandradio-Interview mit ziemlich oberflächlichen Argumenten tat, war zu erwarten; ich kann mich an keinen Auftritt von, kein Interview mit Schleicher erinnern, aus denen ich wirklich etwas gelernt hätte.

Ratlos macht mich aber der Einwurf Nida-Rümelins. Seine Forderungen an das deutsche Bildungssystem zielen auf Persönlichkeitsbildung durch Selbstdenken und Schulung in Abstraktion (wer wollte dem widersprechen?; schließlich war das ein Bildungsziel schon vor Bologna und ist durch die Kompetenzdebatte nicht überwunden, sondern anders und in vieler Hinsicht produktiv profiliert worden); auf einen Vorrang der Allgemeinbildung vor der Spezialbildung im Sinne einer Vorbereitung auf spezifische Berufsfertigkeiten (einverstanden; allzu kontrovers scheint mir auch das nicht zu sein); auf gleiche kulturelle Anerkennung unterschiedlicher Bildungswege, insbesondere des Bildungsweges zum Facharbeiter bzw. zum Akademiker; viertens Hochschätzung der mathematischen, technischen und handwerklichen Kompetenzen statt akademischem Bildungsdünkel (den niemand verteidigen würde, selbst die nicht, die ihn praktizieren).

Fraglich ist doch vor allem, wie man dem von Nida-Rümelin befürchteten Abdriften der potentiellen Facharbeiter in unproduktive Akademikerquoten begegnen kann. Er weist selbst zu Recht darauf hin, dass Akademiker durch einen Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt nicht akademisch ausgebildete Konkurrenten oft verdrängen; und die höhere Bildungsrendite spricht er nur am Rande an. Dass Meister, Fachwirt und Techniker im Deutschen Qualifikationsrahmen dem Bachelor auf der Niveaustufe 6 gleichgestellt sind, reicht sicher nicht, um ausreichend Nachfrage an Ausbildungsberufen zu generieren. Es gibt Akteure, die Interesse an hoch qualifizierten Arbeitnehmern haben (diese Arbeitgeber bedienen ja offenkundig den von Nida-Rümelin angesprochenen Verdrängungswettbewerb), und solche Akteure, die unter diesen Rahmenbedingungen sehr rational ihren eigenen Bildungsweg suchen. Mit OECD-Forderungen hat das nicht viel zu tun, mit staatlichen Steuerungsmöglichkeiten nur bedingt.

Lohnend wäre also, diese Debatte aus der Perspektive der Arbeitgebenden und der Arbeitsuchenden zu führen. Wie macht man Ausbildungsberufe so attraktiv, dass sie auch Abiturienten in hoher Zahl ansprechen? Welche Bildungsrenditen braucht es dafür? Wieso stellen Arbeitgeber in einer Bewerberkonkurrenz eher den Hochschulabsolventen (im Zweifelsfalle überqualifiziert) ein? Wie nehmen diese Arbeitgeber möglicherweise selbst das Anforderungsfeld wahr, in dem ein Hochschulabsolvent sich dauerhaft besser behaupten kann (billiger ist er ja sicher nicht)? Nur dann könnte man auch über das sicher sehr eingeschränkte staatliche Steuerungspotential sprechen können – ob Steuerung in diesem Feld überhaupt sinnvoll ist, ist dabei nicht die Frage, da der Staat durch die Finanzierung von Hochschulen, Universitäten und Berufsschulen sowieso und zwingend immer schon steuernd tätig ist.

Links zur Diskussion:

P.S.: Jürgen Kaube beklagt im oben verlinkten Artikel, dass nicht weiter genannte Akteure auch bei 90 Studierenden pro Professor noch von einer gleichbleibenden Qualität der Bildung ausgehen. In Mainz dürfte diese Relation um ein Mehrfaches höher sein; im Fach Geschichte kommen derzeit knapp 300 Studierende auf eine Professur. Diese Zahl ist mehr oder weniger öffentlich zugänglich, und an anderen Universitäten und in anderen Fächern (vor allem in den Geisteswissenschaten, die Nida-Rümelins Ideal am ehesten ensprechen) dürfte es ähnlich aussehen. Aber das hat mit der oben geführten Diskussion nur bedingt zu tun.

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/130

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Bologna am Ende?

Heute nur ein kurzer Eintrag – auch wenn es eine kleine Revolution anzuzeigen gilt. Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Novosti verkündet das Ende der Bologna-Studiengänge an den Militärhochschulen des Landes. Was ist passiert? Ist das die Wende, von der Bologna-Kritiker seit Jahren träumen; steht hier ein Land gegen die Zumutungen der Studienreformen auf?

Vielleicht lohnt ein kurzer Blick auf die Kernziele der Bologna-Reformen. Da ging es vorrangig um die internationale Mobilität der Studierenden, um die internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse (ausgedrückt unter anderem in Leistungspunkten, aber vor allem – ausgehend von den Dublin Descriptors – in Niveaustufen eines Qualifikationsrahmens, der erstmalig grenzüberschreitend Niveaubeschreibungen skizzierte) und um die employability der Studierenden (was nicht das Gleiche ist wie eine Orientierung an den kurzfristigen Beschäftigungsperspektiven von Unternehmen).

Vielleicht ist ja die Mobilität der russischen Kadetten nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit der russländischen Armee; vielleicht ist ihre employability auf einem internationalen Arbeitsmarkt auch nicht das Hauptausbildungsziel. Für die Studiengänge, die von manch einem Bologna-Kritiker bespielt werden, dürfte das anders aussehen.

(Kurze Apologie: Das mag so wirken, als sei ich mit allem, was sich unter dem Label “Bologna” verbirgt, glücklich; das wäre falsch verstanden. Ich habe aber meine Schwierigkeiten mit dem üblichen Bologna-Bashing, das auch in höheren Universitätskreisen betrieben wird; den Spieß wollte ich wenigstens einmal umdrehen.)

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/54

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Da waren’s plötzlich drei…

Einverstanden, ob man Veronica Sass dazuzählen soll, in diese Reihe von Politikern (Guttenberg) und Politikerinnen (Koch-Mehrin, siehe oben), die aufgrund von Plagiatshandlungen, die ihnen dummerweise nachgewiesen werden, zurücktreten müssen, darf man gerne in Frage stellen.1 Und doch sind alle drei Fälle aufgrund der Net-Community ins Rollen geraten – und haben einen politischen Hintergrund. Interessante Parallele: [...]

Quelle: http://weblog.hist.net/archives/5373

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Wie studiert die NetGeneration? Teilnehmende Beobachtung in der Unibib-Cafeteria

Die Cafeteria der Universitäts-Bibliothek ist ein interessanter Ort um Feldstudien zur aktuellen Studierenden-Generation (=Digital Natives!!) durchzuführen. Hier wird nicht nur Pause gemacht, getratscht und das leibliche Wohl durch Essen und Trinken befördert. Hier wird vor allem gearbeitet. Fast alle Tische sind belegt mit Arbeitsmaterialien, über die sich Studierenden zumeist in Gruppen zu Zweit, zu Dritt [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3409

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Hätten die den Präsenzunterricht ganz abgeschafft …

… dann wäre die Uni Wien heute vielleicht nicht besetzt worden. Die Studierenden protestieren gegen die neuen MA/BA-Studiengänge und den schleichenden Bildungsabbau. Angezettelt haben die Unruhen die Studis von der Akademie der Bildenden Künste (im Bild), die am Montag in einen Generalstreik getreten waren (welcher General bestreikt wurde, wissen wir leider nicht). Der Standard berichtet [...]

Quelle: http://weblog.histnet.ch/archives/3312

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