Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit

Verboten, diffamiert und verfolgt: Ernst Krenek, 1938 ausgewandert in die USA

Verboten, diffamiert und verfolgt: Ernst Krenek, 1938 ausgewandert in die USA

Das “Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit” (LexM) ist ein DFG-gefördertes Projekt am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg, in dessen Mittelpunkt biographische Forschung steht. Der Fokus liegt auf Lebenswegen von Musikern, die in den Jahren 1933-1945 der Verfolgung durch den NS-Staat ausgesetzt waren. Die rassistisch, kulturell oder politisch motivierte Verfolgung von Musikern bewirkte eine grundlegende Veränderung des deutschen Musiklebens. In den versammelten Biographien des LexM zeigt sich die kulturgeschichtliche Relevanz dieses Forschungsfeldes: Berufskarrieren wurden durch Entlassungen und Ausübungsverbote unterbunden; Vertreibung, Deportation, Inhaftierung, Folter und Mord waren weitere Maßnahmen des NS-Staates. Einige Musiker konnten ihre Tätigkeit im Ausland oder nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch in Deutschland wieder aufnehmen, jedoch veränderte die Verfolgung stets Schaffensprozess und Wirkungsbereich.

Die Brüche in der Lebensgeschichte wirkten sich aber zwangläufig auch auf die Rezeptions- und Forschungsgeschichte aus, was sich bis heute in einer lückenhaften Musikgeschichtsschreibung bemerkbar macht. Das LexM hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Lücken im kulturellen Bewusstsein zu schließen. Der Forschungsschwerpunkt “Exilmusik” besteht an der Universität Hamburg bereits seit über 25 Jahren; seit 2005 wird hier das LexM von Claudia Maurer-Zenck und Peter Petersen unter Mitarbeit von Sophie Fetthauer herausgegeben.

Die Methodik des LexM zeigt, dass die Entscheidung für ein online publiziertes Lexikon längst nicht mehr nur aufgrund ökonomischer Kriterien fallen muss. Denn durch die Veröffentlichung der Ergebnisse in elektronischer Form sind die unumgänglichen Beschränkungskriterien gedruckter biographischer Lexika aufgehoben. Ob eine Person in das LexM aufgenommen werden kann, muss hier nicht anhand einer Mutmaßung über ihre Prominenz oder ihren Einflussreichtum entschieden werden. Ausschlaggebend ist lediglich, ob eine Person nachweislich der Verfolgung ausgesetzt war, ob sie mit einer musikorientierten Tätigkeit ihren Lebensunterhalt verdiente, und ob zumindest Name und Geburtsdatum überliefert sind. Somit können auch Berufsgruppen außerhalb der Kernbereiche von Komposition, Musikinterpretation und Musiklehre miteinbezogen werden: etwa auch aus Wissenschaft, Rundfunk, Management, Regie und Tanz, um nur eine Auswahl zu nennen. Ebenso ist keine Beschränkung auf bestimmte Musikgenres nötig: Film-, Opern- Unterhaltungs-, Kirchen- oder Tanzmusik können gleichermaßen repräsentiert werden.

Das LexM ist zudem eine Publikation in progress: Die Daten werden laufend aktualisiert, so dass der laufende Wissensaustausch mit den Nutzern und mit anderen Online-Quellen möglich ist. Beachtlich ist bereits die Interaktion zwischen dem LexM und der Wikipedia. Dies ist insbesondere langfristig zu begrüßen, denn durch eine direkte Verbindung mit anderen Quellen ergibt sich perspektivisch auch eine Verbindung zu Identifikationssystemen wie die Personennormdatei (PND). Letztere wurde bei der Entwicklung des LexM nicht implementiert, was dadurch begründbar ist, dass es zu den meisten Personen noch überhaupt keine Normdatei gibt. Insofern bleibt die Aufnahme von Identifikatoren zunächst noch ein Desiderat.

Dem Projekt sind derzeit etwa 5.000 verfolgte Musiker aus dem Bereich Deutschland/Österreich bekannt, es ist aber davon auszugehen, dass es doppelt so viele Musiker gab, die von Verfolgung durch den NS-Staat betroffen waren. Insgesamt sind derzeit 400 ausführliche Biographien und 2.000 Kurzeinträge im LexM vorhanden. Zu jeder Person sind eine Biographie in klassischer Textform und mehrere biographische Datenblätter zu Person, Beruf, Verfolgung, Werken und Quellen verfügbar; sofern vorhanden, sind auch Fotos, Noten und (in wenigen Fällen) Musik eingebunden. Über die Volltextsuche lässt sich der gesamte Datenbestand erfassen; eine systematische Erschließung ist über die Detailsuche möglich, wo übersichtliche Auswahllisten und Eingabefelder für sämtliche Datenfelder bereitstehen. Die Hybrid-Strategie, den Zugang zu den Biographien sowohl über einen wissenschaftlichen Text als auch über strukturierte Informationen zu eröffnen, könnte sich für Wissensrepräsentation im Netz als durchaus zukunftsfähig erweisen.

Die Präsentation wurde übersichtlich, einfach und unaufdringlich umgesetzt, wie man es sich für die wissenschaftliche Verwendung wünscht. Präzise Quellenangaben, darunter auch Internetquellen, machen das LexM zu einem ausgezeichneten Forschungsinstrument. Die Texte dürfen unter Beachtung der dort genannten wissenschaftlichen Regeln zitiert werden; eine zitierfähige URL ist unter jedem Artikel angegeben. Die sogenannte Gesamtansicht eines Personeneintrags, in der Biographie, Personendaten und Quellen gemeinsam auf einer Seite angezeigt werden, verhilft den Artikeln außerdem zu einer printnahen Darstellung. Mithin ist das LexM eine Integration von Ansätzen aus klassischer Biografik und klassischer EDV.

Als System wird die Repositoriensoftware MyCoRe eingesetzt, welche seit 2004 entwickelt wird und deren Geschäftsstelle heute am Regionalen Rechenzentrum der Universität Hamburg sitzt. Trotz starker internationaler Konkurrenz (DSpace, ePrints) behauptet sich MyCoRe in der deutschen Repositorienlandschaft inzwischen neben dem im Bibliotheksbereich stark verbreiteten OPUS vor allem als Framework für themenbezogene Forschungsauftritte. Das LexM ist als MyCoRe-Modul konzipiert und steht ähnlich gelagerten Projekten zur Nachnutzung zur Verfügung. Für den Datenaustausch stellt MyCoRe eine OAI-Schnittstelle bereit.

Quelle: http://digiversity.net/2009/lexm/

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DFG-Projekt „Personendaten-Repositorium“

pdr_125x125Das „Personendaten-Repositorium“ ist ein im Juli 2009 begonnenes DFG-Projekt, welches anhand von Personeninformationen des „langen 19. Jahrhunderts“ (1789–1914) der Frage nachgeht, wie sich heterogene Datenbestände miteinander verbinden und präsentieren lassen. Ziel des Projektes ist die Bereitstellung eines dezentralen Softwaresystems, welches Lehr- und Forschungseinrichtungen sowie Archiven und Bibliotheken ermöglicht, biographische Informationen aus verschiedenen Beständen über einen gemeinsamen Zugang zu nutzen.

Das Projekt wird von der DFG gefördert und ist an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) angesiedelt. Antragstellerin ist TELOTA, eine Initiative für akademisch angewandte Informationstechnologie, die im Jahr 2002 von der BBAW ins Leben gerufen wurde. TELOTA unterstützt Akademievorhaben mit der Entwicklung informationstechnischer Lösungen für Forschungsarbeit und digitale Publikation. Mit dem Projekt „Aufbau eines Repositoriums für biografische Daten historischer Personen des 19. Jahrhunderts“ so der volle Titel werden bisherige Ansätze der Datenvernetzung und der elektronischen Biografik weiterentwickelt.

Die Arbeit untergliedert sich in drei Bereiche: 1) Der Entwurf eines geeigneten Datenmodells, welches unterschiedlichen Perspektiven und Forschungsmethoden gerecht wird, 2) der Datenaustausch mit Kooperationspartnern im In- und Ausland, und 3) die Entwicklung einer Software-Lösung auf der Basis eines zu evaluierenden Framework. Ein Workshop, zu dem ähnliche Projekte, Kooperationspartner und interessiertes Fachpublikum eingeladen werden, ist für Herbst 2010 geplant.

Zur Strukturierung heterogener biographischer Daten verfolgt das Projekt einen neuartigen Ansatz, der bereits in einem Vortrag auf dem Workshop „Personendateien – Elektronisches Publizieren“ im September 2009 in Leipzig vorgestellt wurde. Eine Person wird darin nicht als einzelner Datensatz definiert, sondern vielmehr als die Menge aller Aussagen, die zu ihr getroffen werden. Damit ist es möglich, sowohl sich ergänzende als auch sich widersprechende Aussagen nebeneinander abzubilden, was grundlegenden Problemen biografischen Arbeitens Rechnung trägt.

Da das Personendaten-Repositorium die Daten über seine Partner bezieht und sich selbst auf die Organisation der Daten konzentriert, anstatt eigene Datenbestände zu erarbeiten, sind Kooperationen ein essenzieller Bestandteil des Projektes. Von richtungweisender Bedeutung sind dabei die Ziele der Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities, die auch von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften unterzeichnet wurde und welche den wissenschaftlichen Austausch durch digitale Technik unter Gewährleistung von Quellen- und Autorentransparenz befördert.

Weitere Informationen, auch in englischer Sprache, finden sich auf der Projekt-Homepage http://pdr.bbaw.de.

Quelle: http://digiversity.net/2009/personendaten-repositorium/

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Nachtrag zum überarbeiteten Google Book Settlement

Wie bereits in einem früheren Eintrag berichtet wurde, reichten am 13. November Google und die US-amerikanischen Autoren- und Verlagsverbände eine überarbeitet Fassung des so genannten Google Book Settlement bei einem Gericht in New York ein, das in der Zwischenzeit vom zuständigen Richter vorläufig auch angenommen wurde. Die entsprechende Anhörung wird für den 18. Februar 2010 festgesetzt.

Quelle: http://www.infoclio.ch/de/node/13109

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