RIDE – Review Journal for Digital Editions – issue 2 erschienen

Die zweite Ausgabe des vom Institut für Dokumentologie und Editorik (IDE) herausgegebenen Rezensionsjournals Review Journal for Digital Editions (RIDE) ist erschienen.

Diese Ausgabe von RIDE enthält 5 ausführliche Rezensionen (4 englisch, 1 deutsch), die öffentlich zugängliche digitale Editionen kritisch betrachten.

Enthalten sind:

  • 16th Century Chronicle to 21st Century Edition: A Review of The Diary of Henry Machyn, by Misha Broughton
  • Der Zürcher Sommer 1968: Die digitale Edition, by Friederike Wein
  • The Digital Edition of the Becerro Galicano de San Millán de la Cogolla, by Francisco Javier Álvarez Carbajal
  • The Fleischmann Diaries, by Merisa A. Martinez
  • The Shelley-Godwin Archive: The edition of Mary Shelley’s Frankenstein Notebooks, by Frederike Neuber

Alle Rezensionen stehen frei unter http://ride.i-d-e.de zur Verfügung. Alle Rezensionen sind auch als TEI Dokumente verfügbar. Übersichtliche Factsheets zur jeweils besprochenen digitalen Edition ergänzen die Rezensionen.

Mehr zu RIDE, unseren Zielen und unserer Vorgehensweise finden Sie im Editorial: http://ride.i-d-e.de/about/editorial/

Wir freuen uns außerdem über Beiträge für die nächsten Ausgaben. Alle Informationen finden Sie hier: http://ride.i-d-e.de/reviewers/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4483

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Chinabilder 2014: “Manche mögen Reis”

Chinabilder in der Belletristik (im weitesten Sinne) sind ein sehr weites Feld zwischen  Karl Mays Kong-Kheou, das Ehrenwort,  Sax Rohmers Dr. Fu Manchu,  Hergés Le lotus bleu, Romanen von Pearl S. Buck und Han Suyin, Robert van Guliks Richter Di-Reihe, Pixi-Büchern wie Petzi fährt nach China, Krimis von Christopher West und Peter May, Petra Häring-Kuans Chinesisch für Anfänger, Richard Masons Suzie Wong und Gene Luen Yangs Boxers & Saints – eine zufällige und willkürliche Auswahl, die die Bandbreite nur andeuten kann: Unterhaltungsliteratur, Kriminalromane und Thriller, ‘Chick-Lit’, Kinderbücher, Comics und Graphic Novels etc. etc. Eine (nicht mehr ganz) neue Facette eröffnet das “erzählende Sachbuch”[1] aus der ‘So sah ich China’-Perspektive: Ausländer berichten über ihre Zeit in China. Da sind zwar auch Journalisten, die sich nur für kurze Zeit in China aufhalten, in der Mehrzahl sind diese Berichte von Expats, die Jahre ihres Lebens in China zubringen.

Klassische Beispiele für Erfahrungsberichte aus China sind unter anderem Max Scipio von Brandt: 33 Jahre in Ostasien – Erinnerungen eines deutschen Diplomaten (1901), Egon Erwin Kisch: China geheim (1933), Hugo Portisch: So sah ich China (1965) und Augenzeuge in Rotchina (1965), Klaus Mehnert: China nach dem Sturm. Bericht und Kommentar (1971), Harrison Salisbury: To Peking and Beyond: A Report on the New Asia (1973), Lois Fischer-Ruge Alltag in Peking. Eine Frau aus dem Westen erlebt das heutige China (1981), Harrison Salisbury: Tiananmen Diary: Thirteen Days in June (1989) und Peter Scholl-Latour: Der Wahn vom Himmlischen Frieden. Chinas langes Erwachen (1990).

Jüngere Beispiele sind unter anderem: Tim Glissold:  Mr. China: A Memoir (2006), Peter Hessler: River Town: Two Years on the Yangtze (2006), Matthew Polly: American Shaolin (2007), Michael Levy: Kosher Chinese: Living, Teaching, and Eating with China’s Other Billion (2011), Dominic Stevenson: Monkey House Blues. A Shanghai Prison Memoir (2010), Peter Hessler: Country driving : a Chinese road trip (2010, dt. Über Land: Begegnungen im neuen China (2009)) Alan Paul, Big in China. My Unlikely Adventures Raising a Family, Playing the Blues, and Becoming a Star in Beijing (2011), Leanna Adams: Pretty Woman Spitting. An American’s Travels in China (2012).
Diese Berichte zeichnen naturgemäß höchst unterschiedliche Bilder von China zwischen Faszination und Frustration, zwischen Abscheu und Begeisterung. Allen gemeinsam ist das Sich-Einlassen auf China.

Ganz anders ist Manche mögen Reis. Skurriles aus dem Reich der Mitte. ((Susanne Vehlow: Manche mögen Reis. Skurriles aus dem Reich der Mitte (Berlin: Ullstein 2014).)) Fassungslosigkeit ist eine unzulängliche Beschreibung meiner Reaktion auf “eine umwerfende Erfahrung, mitten unter Chinesen zu leben!”[2] Die Autorin ist Sport- und Englischlehreren und lebte mit Mann und Kindern von 2009 bis 2014 in Shanghai, wo sie und ihr Mann an der Deutschen Schule unterrichteten.[3]

Vehlow: Manche mögen Reis

Vehlow: Manche mögen Reis (Quelle: Ullstein Verlag)

Das Cover zeigt drei ‘Chinesen’ in pyjamaartigen Gewändern, mit langem Zopf und Kegelhut. Sie bedienen sich aus einer überdimensionalen (und perspektivisch ziemlich eigenartig wirkenden) Schale mit weißem Reis. Die Figur im roten Gewand führt einen kleinen grünen Drachen an einer Leine – und im Hintergrund lehnt in der Ecke ein Kontrabass – wohl in Anlehnung an das Kinderlied “Drei Chinesen mit dem Kontrabass”[4]

Eigentlich sollte das eine ausreichende Warnung sein. Tatsächlich wird auf 330 Seiten  in 52 Kapiteln kein Klischee ausgelassen: Menschenmassen, Küche, Wohnverhältnisse, Klima/Wetter in Shanghai, Verkehr, Küche, hygienische Verhältnisse und Charakter ‘der Chinesen’ schlechthin.

Zum – zugegeben gewöhnungsbedürftigen – Straßenverkehr in Shanghai heißt es: “Mit den Verkehrsregeln nehmen sie es hier nicht so genau” (S. 42). ‘Man’ hat kein Auto, weil man nur einen Block von der Schule entfernt wohnt und den Weg mit dem Rad zurücklegt. Für alles andere gibt es Taxis – Taxifahren ist ein Abenteuer, dasimmer wieder thematisiert wird, speziell im Kapitel 17 “Taxifahren” (S. 112-116). Damit ‘man’ dieses Abenteuer überlebt, muss ‘man’ sowohl die Startadresse als auch die Zieladresse entweder auf Visitenkarten dabeihaben oder aber von speziellen Webseiten ausdrucken. Aber selbst dann ist es nicht sicher, dass man ohne Probleme von A nach B kommt. Denn die Fahrer sprechen nur Chinesisch.

Die chinesische Sprache aber bleibt für die Expats in den fünf Jahren in Shanghai ein Buch mit sieben Siegeln – zu schwer zu lernen, schließlich “bedeutete ein Wort etwas gänzlich anderes, wenn man es mit der falschen Betonung aussprach” (S. 113). Umso skurriler mutet die “kleine[n] Einführung ins chinesische  Verkehrseinmaleins”  (S. 116). an, denn “um Verwirrungen zu vermeiden” (S. 115) wird auf Tonzeichen verzichtet – von Schriftzeichen gar nicht zu reden.

Die “Lauweis” (S. 48 und passim)[5], wie die Autorin sich selbst und ihre Familie nennt, stolpern durch Shanghai, sie leben in einem Compound, zwar weit weg von ‘allem’, aber in einem großen Haus – und sie hat eine ‘Ayi’[6], die sich um den Haushalt kümmert (für umgerechnet  200 Euro im Monat fünfmal pro Woche acht Stunden (S. 55)). Leider hatte sich in “Expat-Kreisen [...] herumgesprochen, dass Ayis zwar oft wirklich gute Seelen waren, es jedoch nicht wenige unter ihnen gab, die das eine oder andere einsteckten, die ein Nickerchen hielten, wenn die Dame des Hauses nicht daheim war [...] oder Partys [feierten].” (S. 67) Doch die Familie hatte zum Glück wirklich Glück mit ihrer Ayi.
Der Alltag außerhalb von Compound und Schule gestaltet sich schwierig, jeder Einkauf (z.B.  bei “Tschallefu”[7] und “Idscha”[8] ) wird zum Abenteuer- oder zum Horrortrip. Das Shanghai außerhalb des Compounds wird nur am Wochenende erfahren/erlebt, wobei ‘man’ sich auf Touristenpfaden bewegt: Bund, Oriental Pearl Radio & TV Tower, Pudong, das Shanghai World Financial Center (der “Flaschenöffner”) etc.

Eher zwiespältig scheint das Verhältnis zur chinesischen Küche zu sein. ‘Man’ geht zwar oft und häufig essen, denn das “ist hier tatsächlich supergünstig[, i]nsbesondere wenn du chinesisch essen gehst.” (130) Die Sache hat mehrere Haken: das miese, ungemütliche, wenig einladende Ambiente, die Tischsitten ‘der Chinesen – und

Es schmeckt nicht so wie beim Chinesen in Berlin. Ganz anders. Kann ich kaum beschreiben. Sie verwenden ganz andere Gewürze. Und wirklich jedes Gericht schmeckt eigen. (S. 131)

Zum Glück gibt es Abhilfe – in der Hongmei Lu 虹梅路 gibt es eine kleine Fußgängerzone mit nicht-chinesischen Lokalen.

Da findet man auf jeden Fall etwas, wenn man mal wieder Lust auf ‘normales’ Essen hat (S. 132)

Bei “Tschallefu” gibt es die aus der Heimat vertraute Nussnougatcreme – leider ziemlich teuer, aber das muss sein; Müsliriegel werden überlebenswichtig, falls ‘nichts Normales’ aufzutreiben ist. Und aus der Heimat kommen Fresspakete mit Lebkuchen und den Zutaten für Schokoladekuchen.

Immer wieder sind die “Lauweis” erstaunt über ‘die Chinesen’:

Überall waren sie. Auf den Gehwegen, auf den Rolltreppen, in den Läden, im Aquarium, auf dem Klo – überall kleine schwarzhaarige Menschen in den schrillsten Klamotten. (89 f.)

‘Die Chinesen’ sind nicht nur eigenartig gekleidet, sie verhalten sich  mitunter eigenartig. Und natürlich können ‘die Chinesen’ nicht  oder nicht sehr gut Englisch und können kein “r” aussprechen: “Plies hold sis spoon inflont of yo left eye.” (S. 50). Doch es gibt auch Ausnahmen, die beides können, wie der Makler, der der Familie das Haus vermittelt hat (S. 54): “Was für eine Wohltat. Es gab anscheinend auch Leute, die uns ohne Pantomime-Einlage verstanden.” (S. 55)

Die Autorin scheint – im Gegensatz zu ihrem Mann – das Leben in Shanghai als kaum erträglich und unendlich schwierig zu empfinden. Lichtblicke scheinen rar: die Wochen und Monate, wo ‘man’ aus Shanghai wegkommt (Ferienreisen nach Australien, auf die Philippinen, nach Kambodscha, Myanmar und Malaysia), Heimatbesuche und Besuche von Familie und Freunden in China, mit denen auch Nanjing, Xi’an, Beijing und Guilin in Wochenendtrips  abgegrast werden.
Im Rahmen dieser Kurztrips werden Informationen zur Kultur und zur Geschichte eingeworfen, so unter anderem zu  Kalender, Tierkreis und Neujahrsfest (S. 172-177), zu einem chinesischen Badehaus (183-187), zur Terrakotta-Armee in Xian, zur Stadtmauer und zum Sun-Yat-sen-Mausoleum in Nanjing (und bei Nanjing darf John Rabe nicht fehlen.)

Die kursorischen Informations-Fragmente reichen dem Ullstein Verlag, um den  Titel mit dem Etikett “Erzählendes Sachbuch”  zu versehen. Dazu kommen die Etiketten”Humor” und “Politik/Internationale Politik”. Wie es zu der Einordnung kommt, erschließt sich mir nicht. Die politischen Verhältnisse werden mit keiner Silbe erwähnt und das Humoristische beschränkt sich allenfalls auf unfreiwillige Komik (die so wohl nicht intendiert war).

Die Lektüre macht fassungslos: Holzschnittartig und schablonenhaft werden Episoden und Typen aneinandergereiht.  Das in China Erlebte wird am aus Deutschland vertrauten ‘Normalzustand’ gemessen und bewertet.  Die Klischees vom ausländerfeindlichen, unberechenbaren Orientalen wird einmal mehr fortgeschrieben. Traurig nur, dass diese Ansammlung von Stereotypen auch 2014 noch unter “China-Erfahrung” und “China-Erfahrungsbericht” läuft.

Sollte Manche mögen Reis ins Chinesische übersetzt werden, empfiehlt sich der erste Satz aus dem kleinem Sprachkurs “Praktisches Chinesisch – die wichtigsten Sätze” in Christan Y. Schmidts Bliefe von dlüben. Der China-Crashkurs [9]:

In jeder Situation:
Bù,  wǒ bù shì dé guó rén. /Wǒ shì liè zhī dūn shì dēng rén.[10]
Nein, ich bin kein Deutscher. / Ich komme aus Liechtenstein. (S. 208)

Österreicher und Österreicherinnen brauchen nicht zu schummeln, die ersetzen Lièzhīdūnshìdēngrén einfach durch Àodìlì rén 奧地利人.

  1. Der Dreh mit dem ‘erzählenden Sachbuch’ ist nicht neu,  s. Rainer Traub: “Die Luftnummern der Lizenzstrategen” In: Der Spiegel 10/2000 (06.03.2000).
  2. Susanne Vehlow: Manche mögen Reis. Skurriles aus dem Reich der Mitte (Berlin: Ullstein 2014), Umschlagrückseite.
  3. Vehlow (2014), Frontispizseite.
  4. Zum Reinhören “Drei Chinesen mit dem Kontrabass“.
  5. laowai 老外 – wörtlich “Alter Fremder” ist eine generische Bezeichnung für Ausländer, wird im Buch aber immerwieder mit “Langnasen” übersetzt.
  6. āyí 阿姨  – wörtlich “Tante”, eine Hausangestellte.
  7. Jiālèfú  家乐福  / 家樂福   = Carrefour.
  8. Yíjiā  宜家  = IKEA
  9. Christian Y. Schmidt: Bliefe von dlüben. Der China-Crashkurs (Berlin: Rowohlt 2009). Schmidt beschreibt zwar das Leben in Beijing, ist aber ungleich unterhaltsamer (z.B. das Kapitel “Meine chinesische Tante” (S. 125-129) über die Ayi.
  10. Korrekt wäre: Bù,  wǒ bù shì déguórén. 不,我不是德國人。 / Wǒ shì lièzhīdūnshìdēngrén. 我是列支敦士登人。

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1571

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Erstausgabe RIDE – Review Journal for Digital Editions

Das Institut für Dokumentologie und Editorik (IDE) freut sich, die Publikation der ersten Ausgabe einer neuen Rezensionszeitschrift, RIDE, bekannt zu geben. RIDE ist digitalen Editionen und Ressourcen gewidmet und will ein kritisches Forum zur Besprechung digitaler Editionen schaffen. Es soll helfen, die gängige Praxis zu verbessern und die zukünftige Entwicklung voranzutreiben. RIDE-Rezensenten sind deshalb angehalten, nicht nur die traditionellen Leistungen und Probleme von Editionen im Allgemeinen zu besprechen, sondern auch die sich weiter entwickelnde Methodologie und ihre technischen Implikationen zu berücksichtigen.

Bereits die soeben veröffentlichte erste Ausgabe enthält Besprechungen aus verschiedenen Fachbereichen, z.B. Philosophie, Kunstgeschichte, Philologie, die für Sie interessant sein könnten. Neben den ausführlichen Rezensionen bietet jeweils ein Factsheet einen schnellen Einblick in die besprochene Digitale Eidtion.

Alle Rezensionen und weitere Informationen finden Sie hier: http://ride.i-d-e.de

Mehr zu RIDE, unseren Zielen und unserer Vorgehensweise, finden Sie im Editorial: http://ride.i-d-e.de/about/editorial/

Wir freuen uns außerdem über Beiträge für die nächsten Ausgaben. Alle Informationen finden Sie hier: http://ride.i-d-e.de/reviewers/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3662

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Gerade gelesen: “Orakelnde Musik. Schönberg, der Fortschritt und die Avantgarde” von Golan Gur

Die Fortschrittsidee sei deshalb so wirkmächtig, schreibt Golan Gur, weil sie das Verstehen der Vergangenheit mit dem Vorhersagen der Zukunft verbindet. So nennt der Musikwissenschaftler seine Dissertation auch „Orakelnde Musik“ in Anspielung auf Karl Popper, der in seiner kritischen Betrachtung der Geschichtsphilosophien von Hegel und Marx von einer orakelnden Philosophie spricht. In seiner 2013 in der Reihe „Musiksoziologie“ veröffentlichten Studie möchte Gur zeigen, „wie die Kategorie des Fortschritts als Quelle der künstlerischen Motivation und Legitimation im musikalischen Denken einer von Richard Wagner bis Pierre Boulez gefassten Moderne insgesamt Bedeutung erlangt hat.“1 Im Mittelpunkt steht dabei die Fortschrittsidee, wie sie in den musikästhetischen Schriften Arnold Schönbergs ausgeprägt ist. Auch ihren geistes- und ideengeschichtlichen Hintergründen gibt der Autor viel Raum: So liest sich seine Arbeit letztlich wie eine historische Abhandlung über den Fortschrittsgedanken in der Musik, orientiert an und zentriert um Arnold Schönberg. Dabei setzt Gur die Idee eines musikalischen Fortschritts nie als gegeben voraus, sondern unterzieht sie stets einer kritischen Prüfung.

Im ersten Kapitel („Modernismus, historische Erzählungen und ästhetische Ideologien“) werden einleitende, allgemeine Gedanken zum Fortschrittsbegriff in der Moderne vorausgeschickt. Besonders wichtig ist Gur der Zusammenhang zwischen Fortschritt und Historizismus, also einer Sichtweise, nach der die Geschichte allgemeinen Gesetzen unterworfen ist, die ihren Verlauf voraussagbar machen. Mit diesem von Popper geprägten Begriff betont Gur das ideologische Moment der Fortschrittsidee: Was sich als allgemeine Gesetzmäßigkeit darstellt, ist vielmehr eine selektive Interpretation der Geschichte. „Fortschritt“ fasst er auf als ein Narrativ, mit dem Musikgeschichte erzählt wird bzw. werden kann. Damit sind Fortschritt und (Musik-) Historiographie eng verzahnt.

So richtet er seinen Blick in den Kapiteln 2 („Der Fortschrittsbegriff im musikalischen Denken“) und 3 („Musik und Fortschrittsideologien des 19. Jahrhunderts“) nicht nur auf die Entstehung des modernen Fortschrittsbegriffs, sondern auch auf die Entwicklung der Musikgeschichtsschreibung. Ist in der Antike ein zyklisches Geschichtsbild verbreitet, und wird Fortschritt in der Renaissance noch als Rückgriff auf Vergangenheit verstanden, so stellt sich dann im 18. Jahrhundert die Musik als ein Ort dar, an dem sich der Fortschritt der Menschheit vollzieht. Dabei spannt Gur einen Bogen von der Ars nova über die Querelle des Anciens et des Modernes bis ins 19. Jahrhundert und weist glaubwürdig nach, wie sich hier langsam ein neues Geschichtsbewusstsein entwickelt und wie dies nach und nach auch für die ästhetischen Überlegungen von Komponisten bedeutsam wird. Im 19. Jahrhundert sind es das geschichtsphilosophische Modell Hegels sowie die darwinistische Idee einer evolutionären Entwicklung von Kunst, die das Verständnis des musikalischen Fortschritts zentral prägten.

Für mich war es hier besonders spannend zu lesen, wie der Autor die frühe Musikwissenschaft um die Jahrhundertwende in diesem ideengeschichtlichen Kontext positioniert. Er zeigt, dass die Musikwissenschaft nicht nur in der Musikästhetik des 19. Jahrhunderts verwurzelt ist, sondern auch evolutionistische Ideen aufgenommen hat. Guido Adler, der als ein Gründungsvater der akademischen Musikwissenschaft gilt, hat von seinem Lehrer Eduard Hanslick („Vom Musikalisch-Schönen“, 1854) die Einstellung übernommen, ein Kunstwerk lasse sich objektiv nur unter formalen Gesichtspunkten (Stil etc.) analysieren, während kontextbezogene (kulturelle, soziale, politische etc.) Aspekte nicht ins Gewicht fallen. Beeinflusst durch die evolutionistische Theorie von Herbert Spencer entwickelte er darüber hinaus die Idee, dass die Musikgeschichte nach bestimmten (eigenen) Gesetzen verlaufe, nämlich in Hinblick auf eine zunehmende Komplexität der Kompositionen. – Ist nicht auch heute noch innerhalb des Faches die Meinung weit verbreitet, dass nur aus der musikalischen Analyse sicheres Wissen über Musik resultiere? Und wie oft wird das Bild einer natürlichen, vielleicht sogar notwendig verlaufenden Entwicklung gezeichnet, die von Bach über Beethoven bis zu Schönberg reicht? Mir scheinen diese ästhetischen und geschichtsphilosophischen Annahmen tief in der Disziplin der historischen Musikwissenschaft verwurzelt zu sein. Eine Thematisierung und kritische Auseinandersetzung mit diesen Ursprüngen sollten unbedingt in die Curricula aufgenommen werden!

In Kapitel 4 („Schönberg und der ‚Fortschritt‘ der Musik“) geht es dann um Schönbergs Konzeption des musikalischen Fortschritts. Schönberg geht von einer organischen Entwicklung der Musik aus, die sich in der harmonischen Emanzipation äußert: Die immer freiere Verwendung von Dissonanzen bis hin zur Auflösung der Tonalität stellt für ihn eine historische Notwendigkeit dar. Schönberg, die diese Auflösung in der Zwölftonmusik vollzieht, inszeniert sich damit als (der) Komponist, der die abendländische Musiktradition fortführt. Gur verweist hier nochmals auf Poppers Begriff des Historizismus, um Schönbergs Deutung der Musikgeschichte und seinen Anspruch auf den (alleinigen) Fortschritt zu problematisieren. Schönbergs Fortschrittsidee ist aber bei weitem nicht bloß ein theoretisches Konstrukt, so lautet eine von Gurs Thesen, sondern sie steht in Wechselwirkung mit seinem kompositorischen Schaffen. Für ein umfassendes Verständnis seiner musiktheoretischen Schriften sowie seiner Kompositionen ist die Idee des Fortschritts also unerlässlich. Von Schönberg und vielen seiner Zeitgenossen wurde Fortschritt als selbstverständlich vorausgesetzt. So heißt es in der vorliegenden Studie: „Für Schönberg, wie für viele andere moderne Komponisten, war der Fortschrittsglaube fester Bestandteil einer Werteordnung, ohne welche die Kunst nicht ein wahrhaftiges Unterfangen von Bedeutung sein konnte.“2

Schönbergs Konzept von Fortschritt, so Gur, hatte großen Einfluss auf das Denken über Musik im 20. Jahrhundert, insbesondere auf die Musikphilosophie Theodor W. Adornos. Dabei zeichnet er nach, wie Schönbergs Ideen durch die Emigration seiner Schüler und Anhänger nach 1933 in andere Länder (USA, England, Frankreich) Einzug fanden. Im letzten Kapitel („Die Avantgarde und der Weg zum Pluralismus“) gibt der Autor einen Ausblick darauf, wie musikalischer Fortschritt nach 1945 konzipiert wird, besonders im Kontext der europäischen Avantgarde und sozialistisch geprägten Staaten.

In seinen Überlegungen zum modernen Fortschrittsbegriff betont Gur das ausgeprägte Geschichtsbewusstsein der Moderne sowie das Bedürfnis der Komponisten, ihren eigenen Standort in der Geschichte zu reflektieren. Darüber hinaus stellt er die These auf, dass der Begriff des Fortschritts – auch bei Schönberg – nie einheitlich verwendet wurde: Vielmehr gibt es eine Bandbreite an Facetten und Bedeutungen. Das sehe ich im Übrigen genauso: In meinem Dissertationsprojekt untersuche ich für die 1950er Jahre das reiche Spektrum an Positionen zum musikalischen Fortschritt, die auf ganz unterschiedliche Traditionen zurückgeführt werden können.

Zur Bedeutung der Fortschrittsidee in der Musik schreibt Gur: „Fortschritt wurde dadurch zur Realität, dass Komponisten und Musiker dieses Konzept rezipierten und in ihre künstlerischen Entscheidungen und Präferenzen integrierten.“3 Auch wenn die Idee des Fortschritts als historizistisch oder als ideologisch entlarvt wird, so ist sie doch eine zentrale Idee, die noch bis heute in vielen Bereichen des Lebens wirkt – als Legitimation und Orientierung. Das macht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihr so spannend und wichtig!

Musikwissenschaftler, die sich für die Ästhetik und Historiographie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts interessieren, können sich in „Orakelnde Musik“ über die kritische Besprechung vieler Quellen freuen. Auch über die Grenzen der Musikwissenschaft hinaus ist dieses Buch erkenntnisreich für jeden, der sich mit der Fortschrittsidee und ihren Ausprägungen im Laufe der abendländischen Geschichte beschäftigen möchte.

1Golan Gur, Orakelnde Musik. Schönberg, der Fortschritt und die Avantgarde, Kassel 2013 (Musiksoziologie, 18), S. 15.

2Ebd., S. 124.

3Ebd., S. 103.

Quelle: http://avantmusic.hypotheses.org/124

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Frisch gelesen und rezensiert: Martin Iddons „New Music at Darmstadt“

Faktenreich, anschaulich und stets mit kritischem Blick – diese Monographie von Martin Iddon (University of Leeds) liest sich wie eine spannende Chronik zu den Anfängen der Darmstädter Ferienkurse von 1946 bis 1961. Wie der Untertitel „Nono, Stockhausen, Cage, and Boulez“ schon verrät, wird diese Geschichte am Beispiel ausgewählter (zentraler) Personen erzählt. In der Einleitung werden die Anfangsjahre der geschichtsträchtigen Ferienkurse historisch aufgearbeitet: Iddon beschreibt das politische und kulturelle Klima zur Zeit der Gründung und beleuchtet wirtschaftliche Faktoren ebenso wie die Hintergründe der beteiligten Personen zur Zeit des Nationalsozialismus. Im folgenden Hauptteil geht er auf die einzelnen Jahre mit ihren Schwerpunkten und besonderen Ereignissen ein. Dadurch entsteht nicht nur ein umfangreiches Bild der Ferienkurse, sondern auch ein lebendiger Eindruck davon, welche Themen diskutiert wurden und welche Musik im Vordergrund stand. Gestützt werden diese Eindrücke durch reiches Quellenmaterial, z.B. zahlreiche Korrespondenzen (insbesondere zwischen Wolfgang Steinecke und einzelnen Komponisten), Publikationen und Vorträge der Teilnehmer sowie Rezensionen in der Presse: Wie wurde das „Wunderkonzert“ 1952 aufgenommen? Welches Echo hat John Cage 1958 ausgelöst? All dies ist in „New Music at Darmstadt“ nachzulesen.

Das Buch ist 2013 in der Reihe „Music Since 1900“ (ehemals „Music in the Twentieth Century“) der Cambridge University Press erschienen. Kommen wir nun zu den wesentlichen Thesen: Im ersten Teil „The accidental serialists“ weist Iddon glaubwürdig nach, dass es eine „Darmstädter Schule“ im Sinne einer einheitlichen kompositorischen Schule nicht gegeben hat. Zudem vollzieht er nach, wie die Idee einer „Darmstädter Schule“ überhaupt entstand: Das Bild einer seriell komponierenden, an Anton Webern orientierten Gruppe von jungen Komponisten wie Stockhausen, Bruno Maderna, Luigi Nono, Karel Goeyvaerts und Pierre Boulez wurde (bewusst) konstruiert von Akteuren des Musiklebens wie Wolfgang Steinecke und Herbert Eimert. Von der Presse wurde die Idee einer solchen Schule gerne aufgenommen, durch die es endlich gelang, die „schrägen“ jungen Komponisten einzuordnen. Mit dieser Re-Konstruktion hinterfragt Iddon einen Begriff, der für die Musikgeschichtsschreibung nach 1945 nicht wegzudenken ist. – Ist diese Idee einer „Darmstädter Schule“ seit 1953 vorhanden und ab 1955 verbreitet, so kündigt sich 1957 schon ihre Auflösung an: In dem Jahr, wo das Moment des Zufalls in der Musik (Aleatorik) zunehmend thematisiert wird.

Im zweiten großen Teil „Chance encounters“ beleuchtet Iddon die Umstände von Cages Besuch in Darmstadt 1958 und legt besonderes Augenmerk auf seine Rezeption. Dabei deutet er darauf hin, dass Cages Konzept von „indeterminacy“ (Unbestimmtheit) oft als Improvisation missverstanden wurde. Eine weitere Fehldeutung entstand durch die Übersetzung von Cages Vorlesungen durch Heinz-Klaus Metzger, der den eher spielerischen Charakter des Originaltextes in einen kämpferischen umwandelte und so seine eigene Deutung von Cage als Klassenkämpfer untermalte. Von der vermeintlichen Einheit der Darmstädter Komponisten konnte 1959 keine Rede mehr sein: Die Einstellungen zur Musik und zu kompositorischen Herangehensweisen prallten stark aufeinander – etwa bei Stockhausen und Boulez, oder Stockhausen und Nono – und das Gefühl der Kollegialität ließ stark nach. Cage war dabei, so Iddon, weniger der Grund als vielmehr ein Katalysator für die Unstimmigkeiten, die schon länger vorhanden waren und nun erst an die Oberfläche traten. Der eigentliche Konflikt, den Cage auslöste, war kein kompositionstechnischer, sondern ein musikästhetischer: „The fundamental distinction, then, was not between serial method and chance operations at all, but rather between Europeans, who wanted to be ‘composers’ through the operations of their wills and compositional desires, and Americans, who were willing to allow music to occur unpurposively.“1

Von besonderem Interesse für mich waren die ästhetischen Dispute, die Iddon nachzeichnet und in einen Zusammenhang stellt, von der Auseinandersetzung zwischen Adorno und Metzger (zum Altern der neuen Musik) über die Vorträge von Boulez (1957), Nono (1959) und Stockhausen (1959, 1960) bis hin zu Adornos revidierter Sichtweise in „Vers une musique informelle“ (1961). Dabei lässt Iddon nie aus zu fragen, auf welche Werke und Komponisten sich die Kritik in den Texten beziehen könnte. Im abschließenden Kapitel ergreift der Autor einen interdisziplinären Ansatz: Er verwendet die Theorie des Fremden in der Gesellschaft des polnischen Soziologen Zygmunt Bauman, um die Rezeption von Cages Musikästhetik in Darmstadt in soziologischer Hinsicht zu kategorisieren, nämlich als Assimilation (bei Stockhausen und Metzger) und Exklusion (bei Ernst Thomas). Dieses 300-seitige Buch kann ich jedem Musikwissenschaftler empfehlen, der sich mit der Neuen Musik nach 1945 beschäftigt. Es regt dazu an, tradierte Begriffe der Forschung kritisch zu prüfen, ihrer Konstruktion nachzugehen und damit Mechanismen der Musikgeschichtsschreibung freizulegen.

1Martin Iddon, New Music at Darmstadt. Nono, Stockhausen, Cage, and Boulez, Cambridge 2013 (Music Since 1900), S. 215.

Quelle: http://avantmusic.hypotheses.org/86

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ICH MUSS ALLES WISSEN … ICH MUSS IN SEIN GEHEIMNIS DRINGEN


Olaf Brill räumt in seinem Buch „Der Caligari-Komplex“ im Keller des sagenumwobenen Films auf.

Ein Beitrag von Franziska Stenzel

Caligari_CoverAls der Film Das Cabinet des Dr. Caligari am 26. Februar 1920 im Marmorhaus am Kurfürstendamm in Berlin seine Uraufführung feierte, ging der Premiere des Films eine neuartige Werbekampagne voraus: Du musst Caligari werden stand an den Litfaßsäulen der Stadt geschrieben. 94 Jahre später wurde erneut eine Premiere gefeiert: Eine digital restaurierte Fassung des Caligari-Films gelangte am 9. Februar auf der Berlinale 2014 zur Aufführung. Doch während sich 1920 noch niemand etwas unter dem Titel vorstellen konnte, ist Das Cabinet des Dr. Caligari heute aufgrund seiner Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte und der Legenden, die sich um ihn ranken, ein weithin bekanntes und erforschtes Werk der Filmgeschichte. Die Widersprüchlichkeit der Legenden und Zeitzeugenberichte werfen indessen auch Jahrzehnte nach der Entstehung des Films viele Fragen auf, denen Olaf Brill mit seinem Buch „Der Caligari-Komplex“ (München: Belleville, 2012) auf den Grund gegangen ist.

„Ich kannte Das Cabinet des Dr. Caligari schon lange und war immer von diesem Film fasziniert gewesen: Diese unheimliche Geschichte um den mordenden Somnambulen und den Jahrmarkts-Hypnotiseur, die im Wahnsinn endet. Die aufregende Zeit, in der der Film entstanden ist. Die Legenden. Und die fortwährende Diskussion um die Interpretation des Films.“  – So beschreibt der Autor sein leidenschaftliches Forscherinteresse für den Film im Interview auf www.filmportal.de[1].

Brill gliedert sein Buch in drei Teile: 1. Filmanalyse, 2. Entstehungsgeschichte und 3. Wirkung. Im ersten Teil, der Filmanalyse, untersucht er die Frage, warum der Film als Schlüsselwerk der Filmgeschichte gilt. Er bettet den Film in den Kontext der Filmgeschichte ein und untersucht, wie die Malerei in den Film gekommen und inwiefern der Film ein genuin expressionistischer Film ist. Dabei geht Brill besonders auf die Erzählstrategien des ausdrucksstarken Gruselfilms ein. Der Autor setzt den Film in Zusammenhang mit den Schauerromanen der damaligen sowie den Psychothrillern der heutigen Zeit wie z.B. Martin Scorseses Psychothriller Shutter Island aus dem Jahr 2010.

Brill untersucht im ersten Kapitel ebenso Ästhetik und Filmstil. Detailliert beschreibt er einzelne Einstellungen des Films und welche Filmfehler, zum Beispiel in Hinsicht auf die Requisiten sie verraten (z.B. trägt Franzis den Hut in der nächtlichen Büroszene zunächst auf dem Kopf, später hält er ihn in der Hand). Weitere Aspekte von Brills Untersuchungen betreffen die Bewegungsrichtungen oder die räumliche Anordnung der Figuren in den Bildkompositionen.

Im zweiten Teil zur Entstehungsgeschichte des Films entdeckt Brill u.a. die wahre Geschichte hinter dem „Mord am Holstenwall“ und geht der über das Buch von Siegfried Kracauer Von Caligari zu Hitler vermittelten Schöpfungsgeschichte auf den Grund. Dabei verfolgt Brill die Rezeptionsgeschichte des Holstenwall-Mordes und erläutert an diesem Beispiel, wie sich eine solche Erzählung zu einer Legende in der traditionellen Filmgeschichtsschreibung entwickelt.

Der dritte Abschnitt des Buches ist der Wirkung des Caligari-Films gewidmet. Olaf Brill skizziert zunächst die Lebensläufe der Schauspieler, Drehbuchautoren, Regisseure und Bühnenbildner nach Caligari: Carl Mayer wurde von Zeitzeugen als ein wichtiger und passionierter Drehbuchautor beschrieben, für den Das Cabinet des Dr. Caligari nur der Einstieg in das Filmgeschäft bedeutete. Hans Janowitz war als Autor bis Anfang der 1920er Jahre noch bei einigen weiteren Filmen tätig, darunter für die heute als verschollen geltenden Filme von Friedrich Wilhelm Murnau Der Januskopf und Marizza, genannt die Schmuggler-Madonna, ließ danach aber nicht mehr allzu viel von sich hören. Werner Krauß und Conrad Veidt einte zunächst der große Durchbruch als Filmschauspieler – nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten gingen beide Darsteller allerdings unterschiedliche Wege. Der Werdegang und die Wirkung des Films auf diese und weitere Filmbeteiligte werden von Brill in Form von kleineren Biographien beschrieben. Auch die Nachwirkungen auf den Film an sich (vor allem in Form von Filmnachfolgern) sowie Interpretationsversuche finden in diesem Kapitel ihren Platz.

Den dreiteiligen, reich mit Filmfotos, Plakaten und Schemata bebilderten Hauptteil des Buchs ergänzt Brill mit einem beachtlichen Anhang. Dieser bietet Kritiken der Uraufführung, ein Faksimile des Programmhefts, ausführliche filmografische Daten sowie ein detailliertes Einstellungsprotokoll.

Tatsächlich bilden aber die Beschreibungen des Caligari-Films und seine Nachforschungen den Hauptgehalt des Buches, mit denen Brill die Schaulust und Neugier seiner Leser allemal befriedigen kann: Die genauen Erklärungen des Autors, unterstützt durch zahlreiche Bilder und schematische Darstellungen, nehmen die Leser selbst mit auf Spurensuche. Brill gelingt es, Fachbegriffe der Filmwissenschaft und Grundlagen filmhistorischer Forschung verständlich und anschaulich am konkreten Beispiel zu vermitteln.

Zusammenfassend möchte ich den Caligari-Komplex sowohl Filmliebhabern als auch Experten wärmstens empfehlen. Beeindruckend versteht Brill es, seine Untersuchungsergebnisse stets in einen übergreifenden filmhistorischen Kontext zu setzen und dem Leser seine Theorien über die Entstehungs-, Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte des Cabinets des Dr. Caligari zu vermitteln. Seine Resultate verpackt Brill belletristisch sowie fachwissenschaftlich, sodass er jedem Leseranspruch mit seinem Text gerecht wird.

 

ISBN:  3923646771
Seiten: 426
Verlag: BELLEVILLE
Veröffentlicht: Juni 2012
Sprache: Deutsch

Preis: 38.00 €

 

[1] Deutsches Filminstitut – DIF e.V.: Filmgeschichte jenseits der Legenden. Interview mit Olaf Brill über “Der Caligari-Komplex”. URL: http://www.filmportal.de/material/interview-mit-olaf-brill [abgerufen am: 14.04.2014]

Quelle: http://filmeditio.hypotheses.org/190

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aventinus studiosa Nr. 3 [31.03.2014]: Rez. zu: Margit Perneau: Transnationale Geschichte (=Grundkurs Geschichte / UTB 3535), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011

Statt mit Veranstaltungen zur deutschen, französischen oder britischen, seltener zur europäischen Geschichte sehen sich Studierende heute immer häufiger mit Angeboten konfrontiert, die entweder Regionen in den Blick nehmen oder über den nationalen Rahmen hinausweisen. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/id=17210

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/03/5017/

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Rezensionsüberblick Juli 2013

Willkommen zu unserem monatlichen Rezensionsüberblick.

Wie immer stellen wir einen Überblick über die im letzten Monat erschienenen Online-Rezensionen mit mediävistischem Bezug zur Verfügung. Integriert sind die unten genannten Portale. Wer weitere aus allen mediävistischen Disziplinen kennt, hilft uns sehr durch einen kurzen Hinweis. Wir wünschen interessante und v.a. zeitsparende Lektüre!

[en:] Welcome to our review digest! Every month we provide an overview of all online published medieval reviews we can find. The sites mentionend below are included. In case we miss some portal for online reviews from all disciplines concerned with medieval studies, please give us a hint. We wish you an interesting, and first of all a timesaving reading!

Per Klick auf den Namen können Sie zum Überblick für das jeweilige Portal springen

H-Soz-u-Kult
Sehepunkte
The Medieval Review
Francia-Recensio
H-Net Reviews
Reviews in History
Histara
ArtHist.net
Ordensgeschichte
Marginalia
Concilium medii aevi


H-Soz-u-Kult:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

Michael Grünbart: Rezension zu: Walker, Alicia: The Emperor and the World. Exotic Elements and the Imaging of Middle Byzantine Imperial Power, Ninth to Thirteenth Centuries C.E. Cambridge 2012, in: H-Soz-u-Kult, 31.07.2013

Benjamin Müsegades: Rezension zu: Lyon, Jonathan R.: Princely Brothers and Sisters. The Sibling Bond in German Politics, 1100–1250. Ithaca 2013, in: H-Soz-u-Kult, 24.07.2013

Andreas Bihrer: Rezension zu: Körntgen, Ludger; Waßenhoven, Dominik (Hrsg.): Religion and Politics in the Middle Ages / Religion und Politik im Mittelalter. Germany and England by Comparison / Deutschland und England im Vergleich. Berlin 2012, in: H-Soz-u-Kult, 17.07.2013

Wolfgang Reinhard: Rezension zu: Schmidt, Bernward; Wolf, Hubert (Hrsg.): Ekklesiologische Alternativen? Monarchischer Papat und Formen kollegialer Kirchenleitung (15.–20. Jahrhundert). Münster 2013, in: H-Soz-u-Kult, 16.07.2013

Roman Siebertz: Rezension zu: Lapidus, Ira M.: Islamic Societies to the Nineteenth Century. A Global History. Cambridge 2012, in: H-Soz-u-Kult, 12.07.2013

Christian Hillen: Rezension zu: Gramsch, Robert: Das Reich als Netzwerk der Fürsten. Politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225–1235. Ostfildern 2013, in: H-Soz-u-Kult, 10.07.2013

Rainer Murauer: Rezension zu: Schima, Stefan: Papsttum und Nachfolgebeeinflussung. Von den Anfängen bis zur Papstwahlordnung 1179. Freistadt 2011, in: H-Soz-u-Kult, 03.07.2013

Torben R. Gebhardt: Rezension zu: Bihrer, Andreas: Begegnungen zwischen dem ostfränkisch-deutschen Reich und England (850–1100). Kontakte – Konstellationen – Funktionalisierungen – Wirkungen. Ostfildern 2012, in: H-Soz-u-Kult, 03.07.2013

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Sehepunkte (13, 2013, Nr. 6):
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: monatlich | frequency of publication: montly

Rania Abdellatif / Yassir Benhima / Daniel König et. al.: Acteurs des transferts culturels en Méditerranée médiévale, München: Oldenbourg 2012, rezensiert von Stephan Sander-Faes

Lydie Bodiou / Véronique Mehl / Myriam Soria: Corps outragés, corps ravagés de l’Antiquité au Moyen Age, Turnhout: Brepols Publishers NV 2011, rezensiert von Romedio Schmitz-Esser

Mirko Breitenstein / Stefan Burkhardt / Julia Dücker (Hgg.): Innovation in Klöstern und Orden des Hohen Mittelalters. Aspekte und Pragmatik eines Begriffs, Münster / Hamburg / Berlin / London: LIT 2012, rezensiert von John Sommerfeldt

Wiebke Deimann: Christen, Juden und Muslime im mittelalterlichen Sevilla. Religiöse Minderheiten unter muslimischer und christlicher Dominanz (12. bis 14. Jahrhundert), Münster / Hamburg / Berlin / London: LIT 2012, rezensiert von Ursula Ragacs

Hendrik Dey / Elizabeth Fentress (eds.): Western Monasticism ante litteram. The Spaces of Monastic Observance in Late Antiquity and the Early Middle Ages, Turnhout: Brepols Publishers NV 2011, rezensiert von Steven Vanderputten

Caroline Dunn: Stolen Women in Medieval England. Rape, Abduction, and Adultery, 1100 – 1500, Cambridge: Cambridge University Press 2013, rezensiert von Jacqueline Hoareau-Dodinau

Kent Emery / Russell L. Friedman / Andreas Speer (Hgg.): Philosophy and Theology in the Long Middle Ages. A Tribute to Stephen F. Brown, Leiden / Boston / Tokyo: Brill Academic Publishers 2011, rezensiert von Henrik Wels

Sarah Foot: Aethelstan. The First King of England, New Haven / London: Yale University Press 2011, rezensiert von Andreas Bihrer

Jochen Johrendt: Die Diener des Apostelfürsten. Das Kapitel von St. Peter im Vatikan (11.-13. Jahrhundert), Berlin: de Gruyter 2011, rezensiert von Hans-Jürgen Becker

Linda E. Mitchell / Katherine L. French / Douglas L. Biggs (eds.): The Ties that Bind. Essays in Medieval British History in Honor of Barbara Hanawalt, Aldershot: Ashgate 2011, rezensiert von Cordelia Beattie

Marco Mostert: A Bibliography of Works on Medieval Communication, Turnhout: Brepols Publishers NV 2012, rezensiert von Ralf Lützelschwab

Helen J. Nicholson (ed.): On the Margins of Crusading. The Military Orders, the Papacy and the Christian World, Aldershot: Ashgate 2011, rezensiert von Wolf Zöller

Amanda Power: Roger Bacon and the defence of Christendom, Cambridge: Cambridge University Press 2013, rezensiert von Patrick Gautier Dalché

Bert Roest: Order and Disorder. The Poor Clares between Foundation and Reform, Leiden / Boston / Tokyo: Brill Academic Publishers 2013, rezensiert von Graziella Bozzini

Wilfried Schöntag (Bearb.): Das reichsunmittelbare Prämonstratenserstift Marchtal. (Germania Sacra, 3. Folge, Bd. 5), Berlin: de Gruyter 2012, rezensiert von Stefan Petersen

Larissa Juliet Taylor: The Virgin Warrior. The Life and Death of Joan of Arc, New Haven / London: Yale University Press 2009, rezensiert von Vanina Kopp

Natalino Bonazza / Isabella Di Leonardo / Gianmario Guidarelli (a cura di): La Chiesa di San Bartolomeo e la comunità tedesca a Venezia, Venedig: Maricianum Press 2012, rezensiert von Tobias Daniels

Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hgg.): Materielle Grundlagen der Diplomatie. Schenken, Sammeln und Verhandeln in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Konstanz: UVK 2012, rezensiert von Anuschka Tischer

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The Medieval Review:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

TMR 13.07.01, DelCogliano, ed. and trans. Gregory the Great: On the Song of Songs (John Charles Arnold)

TMR 13.07.02, Cervone, Poetics of the Incarnation (Jessica Barr)

TMR 13.07.03, Pugh and Weisl, Medievalisms (Richard Utz)

TMR 13.07.04, Arnold, Negotiating the Landscape (Kathryn L. Jasper)

TMR 13.07.05, Cerquiglini-Toulet, A New History of Medieval French Literature (Roberta L. Krueger)

TMR 13.07.06, Irvine & Godden, eds., The Old English Boethius (Tiffany Beechy)

TMR 13.07.07, Enders, ed. & trans., “The Farce of the Fart” and other Ribaldries (Theirry Boucquey)

TMR 13.07.08, Salomon, Glossa Ordinaria as Medieval Hypertext (Michael Papio)

TMR 13.07.09, Pálsson, ed., The Uppsala Edda (Kevin J. Wanner)

TMR 13.07.10, Darby, Bede and the End of Time (Scott DeGregorio)

TMR 13.07.11, Parsons and Jongenelen, eds., Comic Drama in the Low Countries (Laura Iseppi De Filippis )

TMR 13.07.12, Knibbs & Matter, eds., De fide Sanctae Trinitatis et de incarnatione Christi (Jerry Etzkorn)

TMR 13.07.13, Yeager & Takamiya, eds., The Medieval Python (Tison Pugh)

TMR 13.07.14, Bernard, The Late Medieval English Church (Bradford Lee Eden)

TMR 13.07.15, Findley, Poet Heroines (Kathy M. Krause)

TMR 13.07.16, Hirsch, ‘This Earthly Stage’ (John Sebastian)

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Francia-Recensio: 2013-2
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: vierteljährlich | frequency of publication: quarterly

S. Vanderputten / B. Meijns, Ecclesia in medio nationis (Franz J. Felten)

F. Abbott, Des comptes d’apothicaires (Michel Balard)

M. Asenjo-González, Urban Elites and Aristocratic Behaviour in the Spanish Kingdoms at the End of the Middle Ages (Gisela Naegle)

D. Bauer / K. Herbers / H. Röckelein / F. Schmieder, Heilige – Liturgie – Raum (Alain Dubreucq)

M. Becher, Chlodwig I. (Charles Mériaux)

M. Becher / S. Dick, Völker, Reiche und Namen im frühen Mittelalter (Alain Dubreucq)

É. Bousmar / J. Dumont / A. Marchandisse / B. Schnerb, Femmes de pouvoir, femmes politique durant les derniers siècles du Moyen Âge et au cours de la premier Renaissance (Jessika Nowak)

M. Chazan / N. Freeman Regalado, Lettres, musique et société en Lorraine médiévale (Hélène Schneider)

P. Clarke / A. Duggan, Pope Alexander III (1159–81) (Ludwig Falkenstein)

J. Cottier / M. Gravel / S. Rossignol, Ad libros! (Jens Schneider)

C. Dartmann / T. Scharff / C. Weber, Zwischen Pragmatik und Performanz (Sébastien Barret)

G. Deutschländer, Dienen lernen, um zu herrschen (Tanja Metzger)

T. Diederich, Siegelkunde (Irmgard Fees)

S. Edgington / C. Sweetenham, The Chanson d’Antioche (Michel Balard)

J. Lemaitre, L’obituaire de l’hôpital des Quinze-Vingts de Paris (Franz Neiske)

S. Fuhrmann / R. Grundmann, Martyriumsvorstellungen in Antike und Mittelalter (Hans-Werner Goetz)

R. Gay-Canton, Entre dévotion et théologie scolastique (Britta Müller-Schauenburg)

T. Haas, Geistliche als Kreuzfahrer (Thomas Krämer)

T. Krzenck, Johannes Hus (Eloïse Adde)

M. Lawo, Studien zu Hugo von Flavigny (Alain Dubreucq)

C. Lutter, Zwischen Hof und Kloster (Andrea Zech)

O. Marin, Les traités anti-hussites du dominicain Nicolas Jacquier († 1472) (Heribert Müller)

H. Mayr-Harting, Religion, Politics and Society in Britain 1066–1272 (Jochen Georg Schenk)

M. Menzel, Die Zeit der Entwürfe 1273–1347 (Jean-Marie Moeglin)

M. Muylkens, Reges geminati – Die »Gegenkönige« in der Zeit Heinrichs IV. (Stefan Burkhardt)

J. Nowak, Ein Kardinal im Zeitalter der Renaissance (Dieter Girgensohn)

M. Parkes, Pages from the Past (Marc H. Smith)

J. Solórzano Telechea / B. Arízaga Bolumburu, La gobernanza de la ciudad europea en la Edad Media (Gisela Naegle)

J. Solórzano Telechea / M. Bochaca / A. Aguiar Andrade, Gentes de mar en la ciudad atlántica medieval (Gisela Naegle)

C. Steel / J. Marenbon / W. Verbeke, Paganism in the Middle Ages (Julian Führer)

M. Tischler / A. Fidora, Christlicher Norden – Muslimischer Süden (Johannes Heil)

J. Truax, Archbishops Ralph d’Escures, William of Corbeil and Theobald of Bec (Richard Allen)

U. Vones-Liebenstein / M. Seifert, Necrologium abbatiae Sancti Victoris Parisiensis (Gesine Klintworth)

I. Warntjes, The Munich Computus: Text and Translation (Dominique Barbet-Massin)

R. Wisnovsky / F. Wallis / J. Fumo / C. Fraenkel, Vehicles of Transmission, Translation, and Transformation in Medieval Textual Culture (Denis Renevey)

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H-Net Reviews:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

Jacques Le Goff. Money and the Middle Ages: An Essay in Historical Anthropology. Cambridge: Polity Press, 2012. vi + 178 pp. $64.95 (cloth), ISBN 978-0-7456-5298-6; $22.95 (paper), ISBN 978-0-7456-5299-3. Reviewed by Rory Naismith (University of Cambridge)

Rebekka Voss. Umstrittene Erloser: Politik, Ideologie und judisch-christicher Messianismus in Deutschland, 1500-1600. Judische Religion, Geschichte und Kultur Series. Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012. 272 pp. $86.00 (cloth), ISBN 978-3-525-56900-9. Reviewed by Anselm Schubert (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen).

Paola Tartakoff. Between Christian and Jew: Conversion and Inquisition in the Crown of Aragon, 1250-1391. Philadelphia: University of Pennsylvania Press, 2012. x + 209 pp. $55.00 (cloth), ISBN 978-0-8122-4421-2. Reviewed by Alexandra Guerson de Oliveira (University of Toronto)

Tayeb El-Hibri. Parable and Politics in Early Islamic History: The Rashidun Caliphs. New York: Columbia University Press, 2010. xi + 471 pp. $60.00 (cloth), ISBN 978-0-231-15082-8; ISBN 978-0-231-52165-9. Reviewed by Zohar Hadromi-Allouche (Divinity and Religious Studies — University of Aberdeen)

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Reviews in History:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

Arthur MacGregor: Animal Encounters. Human and Animal Interaction in Britain from the Norman Conquest to World War I, London 2012, reviewed by Krish Seetah.

Hannele Klemettilä: The Medieval Kitchen: A Social History with Recipes, London 2012, reviewed by Umberto Albarella.

Mary Isin: Sherbet and Spice: The Complete Story of Turkish Sweets and Desserts, London 2013, reviewed by Sami Zubiada.

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Histara:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

Roma, Giuseppe (a cura di): I Longobardi del Sud, Roma 2011, reviewed by Ivan Foletti.

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ArtHist.net:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

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Ordensgeschichte:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

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Marginalia:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

Alexander Nagel, Medieval Modern: Art Out of Time, London 2012, reviewed by Nancy Thebaut.

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Concilium medii aevi:
(Offizielle Homepage: Link)
Erscheinungsweise: ad hoc | frequency of publication: ad hoc

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/1895

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Arno Münster: Utopie, Emanzipation, Praxis. Sozialphilosophische Interventionen; Berlin 2012 (Rezension)

Arno Münster, emeritierter Professor für deutsche Philosophiegeschichte, Ernst Bloch-Schüler und Autor vieler Schriften, die dem Wissenstransfer zwischen der deutschen und französischen Linken dienten, legt in Utopie, Emanzipation, Praxis zehn Texte (Vorträge, Aufsätze, ein Interview) vor, deren Gemeinsamkeit er darin sieht, einen „stets kritischen, dialektischen und materialistischen Ansatz in der Gesellschaftsanalyse mit der Analyse von Denksystemen“ zu verbinden, „die die Kritik der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse immer noch mit der Hoffnung einer letztendlich vielleicht doch noch möglichen gesellschaftlich-politischen Durchsetzung des Emanzipationsgedankens und der sozialen Gerechtigkeit vereint“ (S.9).

Besonders wichtig scheint es Münster dabei der von ihm diagnostizierten „’Abwicklung’ und Marginalisierung des Marxismus nach der deutschen Wiedervereinigung“ etwas entgegenzusetzen (S.10) – indem vor allem an einen anderen, freiheitlichen Marxismus erinnert wird. Hierbei steht Ernst Bloch im Zentrum dreier Texte, und dessen „Grundverdienst“ sieht Münster dann auch darin, „dass er den Marxismus humanistisch, messianisch-utopisch bereichern, erneuern wollte“ (S.41f.). Der Aufsatz/Vortrag zu Jean Paul Sartre hebt positiv hervor, dass dieser mit seiner Kritik der dialektischen Vernunft, neben wenigen anderen „den wichtigsten theoretischen Beitrag zur Neubegründung einer kritischen, undogmatischen und auf weite Strecken neo-marxistischen Praxisphilosophie im 20.Jahrhundert“ geleistet hätte (S.98). Und zum Austromarxisten Max Adler wird auf dessen „sehr wertvollen und gleichzeitig auch sehr wichtigen Beitrag zur Entdogmatisierung des Marxismus“ aufmerksam gemacht (S.190), wie auch Pierre Bourdieu bescheinigt wird, sich „der marxistischen Kritik in zahlreichen Punkt angenähert“ zu haben (S.123).

Dieser Fokus auf einen anderen Marxismus hindert Münster aber nicht daran sich auch mit anarchistischen Autoren zu beschäftigen. So findet sich im Band ein kurzer Zeitungsartikel zum „radikale[n] libertäre[n] Pragmatiker“ Proudhon (S.136) und ein Vortrag/Aufsatz zur „Stirner-Rezeption im französischen Existentialismus“, in dem die Stirnerinterpretation von Albert Camus in Der Mensch in der Revolte im Mittelpunkt steht. Diese Fokussierung ist etwas schade, weil dem Einfluss Stirners, oder Stirner’sche Motive für die 1968er und die alternativen Bewegungen der 70er Jahre nachzugehen – von marxistischer Seite bisweilen in polemischer Absicht unterstellt – eine interessante Arbeit wäre und auch mit der Frage verbunden werden könnte, inwieweit, nach dem modischen Strukturalismuszwischenspiel der 1960er Jahre existentialistische Aspekte wieder aufgegriffen wurden. Mit dem Pariser Mai ’68, als der „umfassendste[n] spontane[n] Emanzipationsbewegung, die jemals über die so genannten ‚Konsumgesellschaften’ der Nachkriegszeit hinwegfegte“ (S.172), beschäftigt sich Münster, damals Augenzeuge der Ereignisse in einem weiteren Vortrag/Aufsatz.

Das Buch dürfte eine nette Lektüre für Menschen sein, die sich für die hier besprochenen Thematiken, bzw. Personen interessieren. Mir selbst erschien vieles nicht allzu originell, oft ein wenig zu knapp, bisweilen werden die von Münster geschätzten Autoren auch zu positiv perspektiviert. Man erfährt beispielsweise nichts davon, dass Bloch im Prinzip Hoffnung auf dem Höhepunkt des Stalinismus die anarchistische Kritik an der Diktatur des Proletariats als Ausdruck einer „Monomanie von Autoritätshass“ pathologisierte, sowie über seine Ausfälle gegen Dissidenten zu Zeiten der Moskauer Schauprozesse der 1930er Jahre. Im Sartre-Aufsatz gar kein Thema, wird dessen wichtige Auseinandersetzung mit Albert Camus an anderer Stelle kurz erwähnt, und – wie mir scheint – zu Unrecht Camus das Vertreten „links-liberale[r] Positionen“ vorgeworfen (S.152). Proudhons Antisemitismus wird erwähnt (S.134), aber nicht dessen massiver Antifeminismus, der seinerzeit schon Kritik hervorrief. Dass Max Adler 1919 einen „radikalen ultralinken Antiparlamentarismus“ (S.187) vertreten habe, scheint mir ebenso wenig zuzutreffen (siehe seinen Text Demokratie und Rätesystem, 1919), wie dessen Gegnerschaft zum Bolschewismus vereinseitigt wird, da Adler in den 1930er Jahren vehement betonte, dass „die russische Revolution auch in ihrer jetzigen Gestalt gegen alle feindlichen Bestrebungen des Kapitalismus und der bürgerlichen Reaktion zu verteidigen“ sei (Unsere Stellung zu Sowjetrussland, 1932).

Philippe Kellermann

Arno Münster: Utopie, Emanzipation, Praxis. Sozialphilosophische Interventionen. Karin Kramer Verlag, 2013, 208 Seiten, 19,80 Euro

Wir danken Philippe Kellermann herzlich für die Erlaubnis zur Erstpublikation dieser Rezension auf kritische-geschichte. Kellermann schreibt u.a. für Graswurzelrevolution und kritisch-lesen.de. Von ihm erschien zuletzt u.a. Anarchismus, Marxismus, Emanzipation (Berlin 2012, als Hrsg.).


Einsortiert unter:Arbeiterbewegung, Erfahrungen, Erinnerung, Geschichte, Literatur, Meinung

Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/05/06/arno-munster-utopie-emanzipation-praxis-sozialphilosophische-interventionen-berlin-2012-rezension/

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