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Die Great Depression in den USA
Auflauf an der Wallstreet 1929 |
Als am 28. Oktober 1929, dem mittlerweile berüchtigten "Schwarzen Montag", die Kurse um rund 13% fielen - der größte Tagesverlust bis dato - brach Panik aus. Am folgenden "Schwarzen Dienstag", dem 29. Oktober 1929, fielen sie um noch einmal 12%. Entgegen populärer Annahmen war dieser Kurseinbruch aber weder der Beginn der Weltwirtschaftskrise, noch führt von hier eine ununterbrochene Linie durch die Dreißiger Jahre hindurch. Stattdessen schienen sich Vorhersagen wie etwa die des damals schon 93jährigen David D. Rockefeller zu bewahrheiten, dass es sich nur um einen vorübergehenden, wenngleich heftigen Einbruch handle - eine normale Rezession eben, wie man sie kannte. Die Kursentwicklungen schienen ihm Recht zu geben, denn in den folgenden Monaten bis zum April 1930 erholte sich der Aktienmarkt langsam wieder. Am 17. April 1930 erreichte er ein Zwischenhoch, von dem aus er dann eine erneute, lange Abwärtsbewegung bis weit ins Jahr 1932 hinein vollzog. Dieses Phänomen einer so genannten "bear market rally" oder auch des "dead cat bounce" ist nicht singulär für die Great Depression; es findet sich auch in den 1960er und 1970er Jahren sowie besonders ausgeprägt in Japan während der "lost decade" in den 1980er und 1990er Jahren.
Auflauf bei der Nachricht vom Konkurs der Bank of the US, 1931 |
Louisville-Flut-Opfer in der "Recession of 1937" |
Roosevelt (r) und Hoover 1932 |
Es erscheint überraschend, dass der New Deal erst einmal keine überragenden Veränderungen mit sich brachte. Bereits unter Hoover waren größere Infrastrukturprojekte begonnen worden, recht zaghaft noch, aber bereits mit der Zielsetzung, die Nachfrage wieder in Schwung zu bringen. Unter Roosevelt kamen einige weitere dazu, von denen das berühmteste die Tennessee Valley Authority war, die das strukturschwache Tennessee-Tal ausbaute. Vermutlich weit wichtiger als die von keynesianischen Wissenschaftlern als völlig unzureichend und von Angebotsökonomen als nutzlos abqualifizierten politischen Maßnahmen war der psychologische Umschwung durch Roosevelt, und darin sind sich beide Denkrichtungen auch einig. Von Anfang an verbreitete Roosevelt nicht wie Hoover eine Gürtel-enger-schnallen-Mentalität à la "Es sind harte Zeiten, aber sie gehen irgendwann vorbei", sondern machte gutes Wetter. In seinen berühmten "Kamingesprächen" im Radio, den "Firesite Chats", erklärte er seine Politik verständlich einem größeren Publikum, und seine Reden betonten beständig positive Potentiale und einen Aufwärtstrend. Tatsächlich erholte sich die Wirtschaft ab 1933 in einem sehr bescheidenen Rahmen.
Logo der NRA |
Es ist an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass die Erholung der US-Wirtschaft zu dieser Zeit ein Trend war, kein sofort einsetzendes Ereignis. Sie kann nicht etwa mit den Wachstumsraten des "Wirtschaftswunders" konkurrieren; die Arbeitslosigkeit etwa sank von ihrem Rekordwert von 25% 1933 lediglich auf 15% 1940. Zwischen dem endgültigen Aufschwung ab 1940, der massiv durch die gesteigerten Kriegsanstrengungen gegen Nazi-Deutschland angetrieben wurde, stürzte die US-Wirtschaft 1937 noch einmal in eine tiefe Rezession. Die Ursachen sind, wie bereits im Fall des Beginns der Weltwirtschaftskrise, umstritten. Keynesianer führen sie auf einen vorzeitigen Abbruch des deficit spending zurück, während Konservative auf die massiven Streiks Mitte der 1930er Jahre und deren Unterstützung durch Regierung und Gewerkschaften als Ursache hinweisen. Die Rezession brachte die Arbeitslosenrate von zuvor 14% auf fast 20% zurück und dauerte bis weit ins Jahr 1938. Roosevelt, der tatsächlich zu Beginn des Jahres 1937 versucht hatte, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, warf diesen Plan über Bord und legte ein Konjunkturprogramm in Höhe von 5 Milliarden Dollar auf. Die Rezession von 1937 ist wohl das Musterbeispiel der Problematik des Keynesianismus: es ist praktisch unmöglich festzustellen, wann der Punkt erreicht ist, an dem der Staat vom deficit spending zurück zu einer Art Austeritätspolitik finden soll. Dieses Problem konnte von den Keynesianern nie zufriedenstellend gelöst werden.
Vom Staubsturm verschlucktes Gerät, 1936 |
Für die Betroffenen waren die Staubstürme eine Katastrophe. Im fast bildlichen Sinne entwurzelt, fast ohne irgendwelche Habe, irrten sie durch ein Land, dem es insgesamt ebenfalls nicht gut ging und das keinen Platz für sie hatte. Besonders hart hatte es Oklahoma getroffen; die abwertende Bezeichnung "Okies" für die Flüchtlinge setzte sich als Zuschreibung für die gesamten Staubflüchtlinge durch, die wie Ausländer im eigenen Land behandelt wurden und fühlten. Die US-Regierung stoppte die Zuwanderung in die USA praktisch vollständig und repatriierte, meist durch Zwang, rund 400.000 Mexikaner. Dabei wurde reichlich grob gearbeitet; unter den so aus dem Land geworfenen befanden sich auch diverse US-Bürger. In der Situation dieser lebensbedrohenden Krise fragte aber niemand besonders danach. Die Staubstürme, deren zwei schlimmste Wellen 1934 und 1936 über das Land hinwegfegten, trieben die Farmer besonders nach Kalifornien, wo die Zitrusfruchtagrarindustrie traditionell Wanderarbeiter beschäftigte. Die Neulinge machten den Alteingesessenenen Konkurrenz, drückten die Preise und bauten ihre Elendsquartiere. Dies sorgte für viel böses Blut, tödliche Feindschaften und scharfe Ausgrenzung, die noch jahrelang anhalten sollte.
Flüchtlingsmutter in Kalifornien, 1936 |
Es abschließend auch lohnenswert darauf hinzuweisen, dass die USA im Gegensatz zu Deutschland nicht in die Gefahr gerieten, einem populistischen Extremisten auf den Leim zu gehen. Trotz des Versagens des Kapitalismus und des anfangs sehr indifferenten Verhaltens der Regierung gewannen die Marxisten und Sozialisten kaum an Zulauf. Es war stattdessen Roosevelts Vision eines gezähmten Kapitalismus, dem sie sich andienten, und einer neuen Art, demokratische Politik zu betreiben. Einen Führer, der sie Kraft seiner Autorität aus der Misere ziehen sollte, suchten die Amerikaner nie, auch wenn Roosevelt in einigen selbstherrlichen Anfällen davon überzeugt zu sein schien. Der Kampf während des New Deal, der besonders im Supreme Court ausgetragen wurde, spricht Bände darüber. Den Amerikanern fehlt auch das Drama der Weimarer Republik zuvor und eine ähnliche Wirtschaftskatastrophe wie die Hyperinflation von 1923. Für sie kam die Great Depression wie ein Blitz aus heiterem Himmel und zerriss ein bis dahin bestehendes Bild. Für Deutschland kam sie von außerhalb, und sie brachte nur die chaotischen, schlimmen Zustände, die man mit dem Beginn der Republik verband. Demokraten beider Länder aber zogen dieselben Schlussfolgerungen: wenn es zu einer solchen Krise kommt, muss der Staat beherzt eingreifen, um die Not der Menschen zu lindern. Diese Lektion der Great Depression ist bis heute unvergessen.
Hoover&Roosevelt - Photograph from Architect of the Capitol, AOC no. 18241 (gemeinfrei)
Staubsturm - Sloan (gemeinfrei)
Migrant Mother - Dorothea Lange (gemeinfrei)
Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/04/die-great-depression-in-den-usa.html
Die Great Depression in den USA
Auflauf an der Wallstreet 1929 |
Als am 28. Oktober 1929, dem mittlerweile berüchtigten "Schwarzen Montag", die Kurse um rund 13% fielen - der größte Tagesverlust bis dato - brach Panik aus. Am folgenden "Schwarzen Dienstag", dem 29. Oktober 1929, fielen sie um noch einmal 12%. Entgegen populärer Annahmen war dieser Kurseinbruch aber weder der Beginn der Weltwirtschaftskrise, noch führt von hier eine ununterbrochene Linie durch die Dreißiger Jahre hindurch. Stattdessen schienen sich Vorhersagen wie etwa die des damals schon 93jährigen David D. Rockefeller zu bewahrheiten, dass es sich nur um einen vorübergehenden, wenngleich heftigen Einbruch handle - eine normale Rezession eben, wie man sie kannte. Die Kursentwicklungen schienen ihm Recht zu geben, denn in den folgenden Monaten bis zum April 1930 erholte sich der Aktienmarkt langsam wieder. Am 17. April 1930 erreichte er ein Zwischenhoch, von dem aus er dann eine erneute, lange Abwärtsbewegung bis weit ins Jahr 1932 hinein vollzog. Dieses Phänomen einer so genannten "bear market rally" oder auch des "dead cat bounce" ist nicht singulär für die Great Depression; es findet sich auch in den 1960er und 1970er Jahren sowie besonders ausgeprägt in Japan während der "lost decade" in den 1980er und 1990er Jahren.
Auflauf bei der Nachricht vom Konkurs der Bank of the US, 1931 |
Louisville-Flut-Opfer in der "Recession of 1937" |
Roosevelt (r) und Hoover 1932 |
Es erscheint überraschend, dass der New Deal erst einmal keine überragenden Veränderungen mit sich brachte. Bereits unter Hoover waren größere Infrastrukturprojekte begonnen worden, recht zaghaft noch, aber bereits mit der Zielsetzung, die Nachfrage wieder in Schwung zu bringen. Unter Roosevelt kamen einige weitere dazu, von denen das berühmteste die Tennessee Valley Authority war, die das strukturschwache Tennessee-Tal ausbaute. Vermutlich weit wichtiger als die von keynesianischen Wissenschaftlern als völlig unzureichend und von Angebotsökonomen als nutzlos abqualifizierten politischen Maßnahmen war der psychologische Umschwung durch Roosevelt, und darin sind sich beide Denkrichtungen auch einig. Von Anfang an verbreitete Roosevelt nicht wie Hoover eine Gürtel-enger-schnallen-Mentalität à la "Es sind harte Zeiten, aber sie gehen irgendwann vorbei", sondern machte gutes Wetter. In seinen berühmten "Kamingesprächen" im Radio, den "Firesite Chats", erklärte er seine Politik verständlich einem größeren Publikum, und seine Reden betonten beständig positive Potentiale und einen Aufwärtstrend. Tatsächlich erholte sich die Wirtschaft ab 1933 in einem sehr bescheidenen Rahmen.
Logo der NRA |
Es ist an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass die Erholung der US-Wirtschaft zu dieser Zeit ein Trend war, kein sofort einsetzendes Ereignis. Sie kann nicht etwa mit den Wachstumsraten des "Wirtschaftswunders" konkurrieren; die Arbeitslosigkeit etwa sank von ihrem Rekordwert von 25% 1933 lediglich auf 15% 1940. Zwischen dem endgültigen Aufschwung ab 1940, der massiv durch die gesteigerten Kriegsanstrengungen gegen Nazi-Deutschland angetrieben wurde, stürzte die US-Wirtschaft 1937 noch einmal in eine tiefe Rezession. Die Ursachen sind, wie bereits im Fall des Beginns der Weltwirtschaftskrise, umstritten. Keynesianer führen sie auf einen vorzeitigen Abbruch des deficit spending zurück, während Konservative auf die massiven Streiks Mitte der 1930er Jahre und deren Unterstützung durch Regierung und Gewerkschaften als Ursache hinweisen. Die Rezession brachte die Arbeitslosenrate von zuvor 14% auf fast 20% zurück und dauerte bis weit ins Jahr 1938. Roosevelt, der tatsächlich zu Beginn des Jahres 1937 versucht hatte, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, warf diesen Plan über Bord und legte ein Konjunkturprogramm in Höhe von 5 Milliarden Dollar auf. Die Rezession von 1937 ist wohl das Musterbeispiel der Problematik des Keynesianismus: es ist praktisch unmöglich festzustellen, wann der Punkt erreicht ist, an dem der Staat vom deficit spending zurück zu einer Art Austeritätspolitik finden soll. Dieses Problem konnte von den Keynesianern nie zufriedenstellend gelöst werden.
Vom Staubsturm verschlucktes Gerät, 1936 |
Für die Betroffenen waren die Staubstürme eine Katastrophe. Im fast bildlichen Sinne entwurzelt, fast ohne irgendwelche Habe, irrten sie durch ein Land, dem es insgesamt ebenfalls nicht gut ging und das keinen Platz für sie hatte. Besonders hart hatte es Oklahoma getroffen; die abwertende Bezeichnung "Okies" für die Flüchtlinge setzte sich als Zuschreibung für die gesamten Staubflüchtlinge durch, die wie Ausländer im eigenen Land behandelt wurden und fühlten. Die US-Regierung stoppte die Zuwanderung in die USA praktisch vollständig und repatriierte, meist durch Zwang, rund 400.000 Mexikaner. Dabei wurde reichlich grob gearbeitet; unter den so aus dem Land geworfenen befanden sich auch diverse US-Bürger. In der Situation dieser lebensbedrohenden Krise fragte aber niemand besonders danach. Die Staubstürme, deren zwei schlimmste Wellen 1934 und 1936 über das Land hinwegfegten, trieben die Farmer besonders nach Kalifornien, wo die Zitrusfruchtagrarindustrie traditionell Wanderarbeiter beschäftigte. Die Neulinge machten den Alteingesessenenen Konkurrenz, drückten die Preise und bauten ihre Elendsquartiere. Dies sorgte für viel böses Blut, tödliche Feindschaften und scharfe Ausgrenzung, die noch jahrelang anhalten sollte.
Flüchtlingsmutter in Kalifornien, 1936 |
Es abschließend auch lohnenswert darauf hinzuweisen, dass die USA im Gegensatz zu Deutschland nicht in die Gefahr gerieten, einem populistischen Extremisten auf den Leim zu gehen. Trotz des Versagens des Kapitalismus und des anfangs sehr indifferenten Verhaltens der Regierung gewannen die Marxisten und Sozialisten kaum an Zulauf. Es war stattdessen Roosevelts Vision eines gezähmten Kapitalismus, dem sie sich andienten, und einer neuen Art, demokratische Politik zu betreiben. Einen Führer, der sie Kraft seiner Autorität aus der Misere ziehen sollte, suchten die Amerikaner nie, auch wenn Roosevelt in einigen selbstherrlichen Anfällen davon überzeugt zu sein schien. Der Kampf während des New Deal, der besonders im Supreme Court ausgetragen wurde, spricht Bände darüber. Den Amerikanern fehlt auch das Drama der Weimarer Republik zuvor und eine ähnliche Wirtschaftskatastrophe wie die Hyperinflation von 1923. Für sie kam die Great Depression wie ein Blitz aus heiterem Himmel und zerriss ein bis dahin bestehendes Bild. Für Deutschland kam sie von außerhalb, und sie brachte nur die chaotischen, schlimmen Zustände, die man mit dem Beginn der Republik verband. Demokraten beider Länder aber zogen dieselben Schlussfolgerungen: wenn es zu einer solchen Krise kommt, muss der Staat beherzt eingreifen, um die Not der Menschen zu lindern. Diese Lektion der Great Depression ist bis heute unvergessen.
Hoover&Roosevelt - Photograph from Architect of the Capitol, AOC no. 18241 (gemeinfrei)
Staubsturm - Sloan (gemeinfrei)
Migrant Mother - Dorothea Lange (gemeinfrei)
Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/04/die-great-depression-in-den-usa.html
Digitale Demokratie ist Bullshit. Unser politisches System darf sich nicht von einer Technologie abhängig machen
Als FDP-Generalsekretär Döring neulich vor einer "Tyrannei der Masse" im Web warnte, löste er heftige Proteste aus.
Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/10297
CfP: Digital Humanities Congress 2012
Montagsradio: Sport als Teil der Ideologien des 20. Jahrhunderts
Die Geschichte des Sports im 20. Jahrhundert, insbesondere in den beiden Diktaturen in Deutschland ist Thema des Gesprächs mit Jutta Braun und Michael Barsuhn.
Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/10296
Montagsradio: Die Macht der Technik – Wettstreit im Kalten Krieg
Zum Einfluss des Kalten Krieges auf die technische Entwicklung im 20. Jahrhundert und die Folgen für die Gesellschaft spricht MONTAGSRADIO mit Prof. Wolfgang König.
Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/10295
Kunst in zwei Staaten
Die Ausstellung „Kunst und Kalter Krieg – Deutsche Positionen 1945 bis 1989“ wird vorgestellt und einzelne Kunstwerke werden analysiert.
Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Online-Lernen/content/10294
II. Das „Wir“ des marktwirtschaftlichen Handelns: Divide et impera – Wie der manipulierende Unternehmer den vereinzelten Konsumenten abserviert
Dass der kapitalistische Markt nicht mehr als „unabhängig von normativen Erwartungen und moralischen Rücksichtnahmen“ (320) betrachtet werden darf, sondern das adäquate Verständnis desselben ihn in seiner „sittlichen Einbettung“ (321) zu sehen hat, darauf hat Honneth in seiner Vorklärung bereits hinzuweisen gesucht. Aufgabe der anschließenden beiden Unterkapitel des Abschnitts zum marktwirtschaftlichen Handeln ist es nun, diesen mit Moral und Sitte gefüllten Marktbegriff in seiner geschichtlichen Entwicklung zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund widmet sich Honneth zunächst der „Konsumsphäre“ (360-410).