Liturgische Handschriften des Deutschen Ordens im Ordensland Preußen und in der Ballei Böhmen-Mähren. Ein Vergleich


Missale des Deutschen Ordens (Fragment). GStA Berlin, Hs 85, Nr. 361. Foto: Anette Löffler

Liturgische, mittelalterliche Handschriften gelten gemeinhin als omnipotent: überall vorhanden, überall verfügbar und inhaltlich ziemlich gleichartig, ein Stück Massenware. Die Omnipotenz zeigt sich unter anderem bereits an der großen Anzahl von Faksimiles einzelner liturgischer Handschriften.[1] Die Erschließung liturgischer Codices in den Bibliotheken weist jedoch auf die trotz ihrer äußerlichen Gleichartigkeit sehr unterschiedliche Liturgieausprägung hin.[2] Inzwischen gibt es eine weitreichende Forschung zu diesem Thema aus kodikologischer, theologischer, historischer und musikwissenschaftlicher Sicht.[3]

Die oben aufgeführte Verallgemeinerung muss bezüglich des Deutschen Ordens sehr stark relativiert werden. Natürlich waren die notwendigen liturgischen Texte in den meisten Ordenskirchen vorhanden, aber überliefert haben sich nur sehr wenige.  Dies gilt gleichermaßen für die Balleien im Reich wie für das Ordensland Preußen. Insgesamt ca. 50 liturgische Handschriften und ca. 300 liturgische Fragmente des Deutschen Ordens sind heute bekannt.[4] Die Balleien Böhmen und Mähren sowie Preußen nehmen hier zwei Extrempositionen ein. Während jedoch für Böhmen nur wenige Forschungsergebnisse bezüglich liturgischer Codices zumal des Deutschen Ordens, vorliegen,[5] ist Preußenland vergleichsweise gut erschlossen.[6]

Aus diesen insgesamt wenigen heute noch vorhandenen Handschriften und Fragmenten auf die Liturgie und ihre regionale Ausprägung zu schließen, ist schwierig, aber absolut notwendig. Ein Vergleich von zwei Ordensregionen verdeutlicht die unterschiedlichen Überlieferungsbedingungen… [Den vollständigen Artikel können Sie  h i e r  als pdf-Datei ansehen oder herunterladen].

[1] Eine Zusammenfassung unter http://www2.bsz-bw.de/bibscout/A/AM/AM40000-AM97400/AM58000-AM59900/AM59000/AM.59050.

[2] Über die Handschriftenkataloge zu liturgischen Codices siehe in http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/hs-online.htm. In den letzten Jahren sind verstärkt auch Kataloge liturgischer Fragmente erschienen. Siehe hierzu  Maria Kapp: Handschriftenfragmente im Stadtarchiv Goslar. Teil I: Die liturgischen Fragmente, Goslar 1994. Weiter: Handschriften in Goslar, bearbeitet von Maria Kapp. Wiesbaden 2001 (= Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen, Kurzkatalog 5). Ausgewählte liturgische Fragmente aus der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg. Aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens des Liturgiewissenschaftlichen Instituts Regensburg (Institutum Liturgicum Ratisbonense), hg. von Karl Joseph Benz, unter Mitarbeit von Raymond Dittrich. (Bischöfliches Zentralarchiv und Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg, Kataloge und Schriften, hg. von Paul Mai, Band 23) Regensburg 2007. Konrad Wiedemann / Bettina Wischhöfer: Einbandfragmente in kirchlichen Archiven aus Kurhessen-Waldeck (Schriften und Medien des Landeskirchlichen Archivs Kassel 21). Kassel 2007.

[3] Hier sei nur auf einige Beispiele verwiesen: Hanns Peter Neuheuser: Rechtssicherung durch Sakralisierung. Die Eintragung von Rechtstexten in liturgische Handschriften, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Kanonist. Abt. 121 (2004), S. 355-405. Paula Väth: Die spätmittelalterlichen liturgischen Handschriften aus dem Kloster Salem (Europäische Hochschulschriften, 28, 178), Frankfurt a. M. et al. 1993.

[4] Diese werden heute in der Staatsbibliothek Bamberg, der KBR Brüssel, der BPGAN Danzig, der ULB Darmstadt, der ULB Fulda, der WLB Stuttgart, der Seminarbibliothek Pelplin, der BM Laon, der KB Stockholm, der StB Olmütz, dem GStA Berlin, dem PfarrA Wissembourg, dem Archiv Utrecht, im HStA Marburg, Pfarrarchiv Lengmoos, Musée La Chartreuse in Molsheim sowie im Zentralarchiv des Deutschen Ordens Wien aufbewahrt.

[5] Hana Vlhovä: Katalogisierung und Edition mittelalterlicher liturgischer Handschriften aus Böhmen, in: Die Erschließung der Quellen des mittelatlerlichen liturgischen Gesangs, hg. von David Hiley, Wiesbaden 2004, S. 217-240.

[6] Zu den Katalogen der liturgischen Fragmente siehe Fußnote 47. An Spezialuntersuchungen Henryk Piwoński: Kult swiętych w zabytkach liturgicznayh Krzyżaków w Polsce (Heiligenverehrung in liturgischen Schriften der Deutschordensritter in Polen), in: Archiwa, Biblioteki i Musea Kościelne 42 (1983), S. 284-346. Ders.: Indeks sekwencij w zabytkach liturgicznych Krzyzakow w Polsce (Index sequentiarum in monumentis liturgicis Cruciferorum in Polonia), in: Archiwa, Biblioteki i Muzea Kościelne 51 (1985), S. 221-244. Waldemar Rozynkowski: Krzyżackie księgi liturgisczne w parafiach diecezij: Chełmińskiej, Pomezańskiej, Warmińskiej oraz Włocławskiej po 1466 roku, in: Kościół w Polsce, hg. von Jan Walkusz (Dzieje i kultura 4), Lublin 2005, S. 237-246.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/861

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Konferenz: Wassermühlen und Wassernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa (12.-13.4.13, Leipzig)

Die Nutzung des Wassers ist ein Forschungsbereich, der zwar häufig, aber oft in regional oder thematisch begrenzter Perspektive bearbeitet wurde. Mit dieser Tagung sollen diese Begrenzungen aufgebrochen werden. Hierbei steht ganz Ostmitteleuropa zur Diskussion. Eine Charakterisierung dieser Großregion wird durch einige das westliche Mitteleuropa betreffende Beiträge vertieft.

Im Rahmen dieser Tagung sollen Forschungsergebnisse des Projektes „Usus aquarum“ in einem Kreis ausgewiesener Fachwissenschaftler zur Diskussion gestellt werden.

Šerlink-Schiffsmühlen in der Prager Neustadt im Jahre 1610 (Detail), (Archiv der Hauptstadt Prag, Handschriftensammlung, Sign. 3469, Fol. 12r)

Šerlink-Schiffsmühlen in der Prager Neustadt im Jahre 1610 (Detail), (Archiv der Hauptstadt Prag, Handschriftensammlung, Sign. 3469, Fol. 12r)

Veranstaltungsort:
GWZO, Specks Hof (Eingang A), 4. Etage, Reichsstraße 4, 04109 Leipzig

Veranstalter/Organisation:
PhDr. Martina Maříková (GWZO – Projektgruppe Usus aquarum) E-Mail: martina.marikova@uni-leipzig.de
Dr. Christian Zschieschang (GWZO – Projektgruppe Usus aquarum) E-Mail: zschie@rz.uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/gwzo; In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Mühlen Sachsen-Anhalt e.V. (in der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V.)

Tagungsprogramm

FREITAG, 12. APRIL 2013

Wassernutzung im Mittelalter

9:00 – 9:30:

Begrüßung Christian Lübke (Direktor des GWZO, Leipzig); Einführung in das Tagungsprogramm Matthias Hardt (GWZO, Leipzig)

9:30 – 10:00

Perception of Rivers and Other Water Streams in the Czech Middle Ages
Tomáš Klimek (Nationalbibliothek, Prag)

10:00 – 10:30

Inland Navigation in Transylvania (based on medieval charters and late medieval official reports)
Oana Toda (Babeş-Bolyai University, Cluj-Napoca)

10:30 – 11:00

Die Elbe als Wirtschaftsfaktor im nordwestlichen Böhmen
Nadine Sohr (Leipzig)

11:00 – 11:30 Pause

11:30 – 12:00

Alles hängt vom Wetter ab. Voraussage der Witterung in lateinischen Quellen des Mittelalters
Barbora Kocánová (Tschechische Akademie der Wissenschaften, Prag)

12:00 – 12:30

Wasserwirtschaft des Klosters Broda
Matthias Hardt (GWZO, Leipzig)

12:30 – 13:00

An Attempt at an Outline of the Historical Development of Water Supply and Sewerage of Medieval Settlements in the

Czech Lands in the Middle Ages
Kryštof Drnek und Jaroslav Jásek (Karls-Universität, Prag / Museum der Wasserversorgung in Prag)

13:00 – 14:30 Pause

Mühlen in Landschaft, Wirtschaft und Wahrnehmung

14:30 – 15:00

Die Verbreitung der Wassermühle im frühmittelalterlichen Mitteleuropa
Thomas Kind (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

15:00 – 15:30

Die Bedeutung der Wassermühle für die zisterziensische Klostergemeinschaft
Winfried Schich (Humboldt-Universität, Berlin)

15:30 – 16:00

Mühlen, Dämme und Flutarchen – Die Nutzung von Wasserwegen im Spreewald im 15. und 16. Jahrhundert
Sascha Bütow (Universität Potsdam)

16:00 – 16:30 Pause

16:30 – 17:00

Namen der Wassermühlen in Schlesien
Stanisława Sochacka (Instytut Śląski, Opole)

17:00 – 17:30

Schlesische Orts- und Flurnamen mit dem Glied Mühle/mlyn
Monika Choroś und Łucja Jarczak (Instytut Śląski, Opole)

17:30 –18:00

Zur Benennung von Mühlen im Mittelalter
Christian Zschieschang (GWZO, Leipzig)

18:30 – 19:30

Führung durch die Wassermühle Dölitz

19:30

Gemeinsames Abendessen im Restaurant Spreewaldschänke (Im Dölitzer Holz 7)

GWZO-Mühlenkonferenz2

Der vom Lucní-Bach abzweigende Mühlgraben beim Dorf Zubrnice (Bez. Ústí nad Labem, Nordböhmen) [Foto: L. Galusová]

SAMSTAG, 13. APRIL 2013

Sachrelikte mittelalterlicher Mühlen

9:00 – 9:30

Verbreitung und Technik der hochmittelalterlichen Mühle aus archäologischer Sicht
Gerson H. Jeute (Universität Bremen)

9:30 – 10:00

Stoahackher im bayerischen Inntal. Eine Studie zu Mühlsteinbrüchen vom 8.–20. Jahrhundert
Wolfgang Czysz (Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Thierhaupten)

10:00 – 10:15 Pause

10:15 – 10:45

Mühlen im Befund – Archäologische Erscheinungsformen und Nachweismöglichkeiten von Wassermühlen
Jens Berthold (Kommunalarchäologie Schaumburger Landschaft, Bückeburg)

10:45 – 11:15

Die Baugestalt der mittelalterlichen Wassermühlen in Böhmen und Mähren
Lucie Galusová und Martina Maříková (GWZO, Leipzig)

11:15 – 11:45

Schlussdiskussion

11:45 – 12:15 Pause

12:30

Abfahrt zur Exkursion zu Mühlen in und um Freyburg (Unstrut) und Eckartsberga

18:00

Ankunft in Leipzig

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/767

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Tagungsankündigung: Groupes cathédraux et complexes monastiques : le phénomène de la pluralité des sanctuaires à l’époque carolingienne

Groupes cathédraux et complexes monastiques : le phénomène de la pluralité des sanctuaires à l’époque carolingienne

 

Date:                               19 avril 2013

Lieu:                                Institut historique allemand, 8, rue du Parc-Royal, 75003 Paris

Links:                              www.dhi-paris.fr

http://www.dhi-paris.fr/de/home/veranstaltungen/veranstaltungen.html

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=21201

Langue:                           français

Responsable:                 Marie-Laure Pain

L’ensemble de la communauté scientifique s’accorde à reconnaître en la période carolingienne des temps féconds et prospères. Pour cela, il suffit de constater le nombre de monastères et de cathédrales érigés ou reconstruits sous les règnes de Charlemagne et de Louis le Pieux et qui ont donné lieu à de riches études archéologiques, architecturales, liturgiques (etc…). Pourtant, il est une question qui mériterait une attention particulière: le phénomène de la pluralité des sanctuaires au sein des groupes cathédraux et des complexes monastiques.

Dans cette table-ronde les intervenants seront amenés à s’interroger sur les origines de cette configuration architecturale et liturgique. Quelle part de nouveautés fut apportée? Qu’en est-il des emprunts aux productions mérovingiennes voir paléochrétiennes? Il conviendra, bien évidemment, d’aborder la question de la fonctionnalité, de la liturgie et, plus simplement, de l’architecture et de la topographie de ces édifices. Enfin, il s’agira d’établir, autant que faire se peut, des comparaisons et des liens entre ces différents complexes.

19 avril 2013

09h00            Accueil des participants

09h15           Ouverture par Rolf Grosse (Paris)

09h30           Introduction par Marie-Laure Pain (Nanterre)

 

Section du matin

Présidence : Jean-Pierre Caillet (Nanterre)

09h45

Michaël Wyss (Saint-Denis) : L’ensemble monumental de l’abbaye de Saint-Denis aux temps mérovingien et carolingien

Marie-Laure Pain (Nanterre) : L’abbaye de Saint-Riquier : églises et liturgie

 

10h45           Pause

 

11h00

Cécile Coulangeon (Nanterre) : L’abbaye Saint-Pierre et Saint-Paul de Ferrières-en-Gâtinais. Un complexe monastique à deux églises à l’époque carolingienne

Géraldine Mallet (Montpellier) : Les abbatiales « carolingiennes » de la zone nord orientale des Pyrénées

Nicolas Reveyron (Lyon) : Les deux églises de Cluny : un héritage carolingien, marqueur de l’ecclésiologie clunisienne

 

12h30                                    Pause déjeuner

 

Section de l’après-midi 

Présidence : Rolf Große (Paris)

14h00

Jean Terrier (Genève) : Le groupe épiscopal de Genève autour du haut Moyen Âge

Claire de Bigault de Cazanove (Paris I/Est – Frankfurt/Main) : Les différentes communautés autour de l’évêque de Freising

 

15h00           Pause

 

15h15

Jacques Le Maho (Caen) : Groupes ecclésiaux de Normandie, topographie et fonctions : autour de deux études de cas, la cathédrale de Rouen (IVe-IXe) et le monastère de Jumièges (VIIe-IXe)

Christian Sapin (Auxerre) : Entre groupe cathédraux et ensemble monastique, l’exemple d’Auxerre au milieu du IXe siècle

Pascale Chevalier (Clermont-Ferrand) : L’évolution du groupe épiscopal de Poreč (Croatie) au haut Moyen Âge

 

16h45           Jean-Pierre Caillet (Nanterre) : Conclusion

17h30           Fin de la table ronde

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/743

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DH in den Medien: Die FAZ über Digitale Geschichtswissenschaft

Wenn in den Medien über DH berichtet wird, startet meine Rezeption immer mit gemischten Gefühlen: Freude, dass wargenommen wird, woran man arbeitet und was einen selbst interessiert; Sorge, ob ein sinnvoller Bericht dabei herauskommt und ob der Journalist oder die Journalistin auch verstanden hat, wovon er oder sie schreibt. Beim Lesen des Artikels “Mittel auf der Suche nach einem Zweck” von Thomas Thiel, FAZ, 11.2.2013, überwiegt die Freude über eine gelungene Annäherung an ein nicht ganz einfaches Thema: der zunehmende Einsatz digitaler Verfahren in den Geschichtswissenschaften und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Methodik und die Praxis der Geschichtsforschung bzw. Geschichtsschreibung. Am Rande rührt das natürlich auch an einer der Grundfragen, die uns wohl alle hier umtreiben: Helfen digitale Werkzeuge bei der besseren Beantwortung alter Fragen? Führen sie zu einer Veränderung der Fragestellungen? Legen sie ganz neue Fragen nahe?

Am Beispiel der Tendenz zu quantifizierenden, jedenfalls aber formalisierten Untersuchungen, die sich hier vor allem auf Textmining und Textanalyse beziehen und für den Bereich der historischen Forschung wird dies zumindest angedeutet. Dabei ist klar, dass im Mainstream der Forschung und in der journalistischen Berichterstattung zunächst nur die einfachsten Verfahren ankommen: hier das Vorkommen oder gemeinsame Vorkommen (Co-Occurence) von Wörtern in Textkorpora. Dass dabei eine gewisse Neuheit behauptet werden muss, ist der Logik des Journalismus geschuldet. Den durchschnittlichen FAZ-Leser wird schließlich nicht so sehr interessieren, dass genau diese Fragen auch schon Pater Busa vor 60 Jahren beim Aufbau seines Index Thomisticus angetrieben haben, dass sich seit Jahrzehnten die Digital Humanities und Spezialbereiche wie die Computerlinguistik oder die in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schon einmal in Blüte gestanden habende quantifizierende Geschichtsforschung mit diesen Verfahren beschäftig(t)en und dabei theoretisch, methodisch und in der Werkzeugentwicklung sehr viel weiter als bis zum einfachen Auszählen von Co-Occurences gekommen sind.

Eine anderes – leider nicht nur journalistisches – Wahrnehmungsmuster, das in einem Blog über Digital Humanities wohl thematisiert werden kann, ist die Unschärfe bzw. Ignoranz gegenüber dem Fachbereich, der diese Wandlungen auf der Entwicklungsseite vorantreibt: den Digital Humanities. Diese kommen in dem Artikel nämlich überhaupt nicht vor. Statt dessen scheint es (einmal mehr) so, als ob Methoden und Werkzeuge entweder einfach “da” sind und in den Geisteswissenschaften nur aufgegriffen werden, oder dass sie – wie es am vorgestellten Projekt “Historical Semantic Corpus Management (HSCM)” beschrieben – in Zusammenarbeit mit (wörtlich: “assistiert von”) einem “Informatiker” entwickelt würden. Dabei wird unterschlagen, dass es eben nicht die allgemeine Informatik ist, die die informatische Wende in den Geisteswissenschaften ermöglicht, sondern mit den Digital Humanities eine eigene Disziplin, die von manchen zwar als “Fachinformatik” klassifiziert wird, deren Wesen damit aber nur unzureichend zu fassen ist. Dabei reicht ein Blick auf die Webseite des Historical Semantic Corpus Management (HSCM), um zu sehen, dass das Projekt sich sogar selbst als “Digital Humanities Project” bezeichnet. Dort ist dann zwar die Rede von einer Zusammenarbeit zwischen “humanities and informatics”. Die “informatics”-Seite wird dann aber vertreten von Alexander Mehler und der hat eben keinen Abschluss in “Informatik”, sondern “graduated in computational linguistics [... and] got his PhD in computational linguistics” (so seine Website) – und das ist ja auch gut so, wenn man eben Verfahren zum Text-Mining in historischen Korpora braucht.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1398

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Rezensionsüberblick Dezember 2012

Beginnend mit dem Dezember ’12 möchten wir in diesem Blog regelmäßig einen monatlichen Überblick von online-Rezensionen mit mediävistischem Bezug bringen – unseres Wissens nach ein Service, den es in dieser Form noch nicht gibt. Inspirierend für einen epochal fokussierten Rezensionsüberblick war hierbei das Frühneuzeit-Blog der RWTH Aachen. Vorerst beschränken wir uns auf die fünf unten genannten Portale, freuen uns aber über Ergänzungen gerade zu Rezensionsportalen jenseits der mediävistischen Geschichtswissenschaft. Wir beziehen hier aus Aktualitätsgründen nur tatsächliche online-Rezensionen ein.

Wir wünschen interessante und v.a. zeitsparende Lektüre!

Per Klick auf den Namen können Sie zum Überblick für das jeweilige Portal springen

H-Soz-u-Kult
Sehepunkte
Francia-Recensio
The Medieval Review
Reviews in History


H-Soz-u-Kult:

Regina Schäfer: Rezension zu: Bachmann, Bodo: Die Butzbacher Stadtrechnungen im Spätmittelalter. 1371–1419. Marburg 2011. 2 Bde, in: H-Soz-u-Kult, 19.12.2012.

Julian Führer: Rezension zu: Rathmann-Lutz, Anja: “Images” Ludwigs des Heiligen im Kontext dynastischer Konflikte des 14. und 15. Jahrhunderts. Berlin 2010, in: H-Soz-u-Kult, 12.12.2012.

Daniel Ristau: Rezension zu: Johnson, Christopher H.; Sabean, David Warren; Teuscher, Simon; Trivellato, Francesca (Hrsg.): Transregional and Transnational Families in Europe and Beyond. Experiences Since the Middle Ages. New York 2011, in: H-Soz-u-Kult, 12.12.2012.

Bettina Pfotenhauer: Rezension zu: Karsten, Arne: Geschichte Venedigs. München 2012, in: H-Soz-u-Kult, 10.12.2012.

Achim Hack: Rezension zu: Schneider, Reinhard: Vom Dolmetschen im Mittelalter. Sprachliche Vermittlung in weltlichen und kirchlichen Zusammenhängen. Köln 2012, in: H-Soz-u-Kult, 05.12.2012.

Michael Grünbart: Rezension zu: Ševčenko, Ihor (Hrsg.): Chronographiae quae Theophanis Continuati nomine fertur Liber quo Vita Basilii Imperatoris amplectitur. Berlin u.a. 2011, in: H-Soz-u-Kult, 05.12.2012.

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Sehepunkte:

Mishtooni C. A. Bose / Patrick J. Hornbeck (Hgg.): Wycliffite Controversies, Turnhout: Brepols Publishers NV 2011. Rezensiert von Tamás Karáth

Janet Burton / Karen Stöber (eds.): The Regular Canons in the Medieval British Isles, Turnhout: Brepols Publishers NV 2011. Rezensiert von Helmut Flachenecker

Gilbert Dahan: Nicolas de Lyre. Franciscain du XIVe siècle, exégète et théologien, Turnhout: Brepols Publishers NV 2011. Rezensiert von William Duba

Christine Juliane Henzler: Die Frauen Karls VII. und Ludwigs XI. Rolle und Position der Königinnen und Mätressen am französischen Hof (1422-1483), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2012. Rezensiert von Heribert Müller

Jacques Madignier: Les chanoines du chapitre cathédral d’Autun du XIe à la fin du XIVe siècle, Langres: Éditions Dominique Guéniot 2011. Rezensiert von Amandine Le Roux

Katharina Ulrike Mersch: Soziale Dimensionen visueller Kommunikation in hoch- und spätmittelalterlichen Frauenkommunitäten. Stifte, Chorfrauenstifte und Klöster im Vergleich, Göttingen: V&R unipress 2012. Rezensiert von Julia Bruch

Daniel Carlo Pangerl: Die Metropolitanverfassung des karolingischen Frankenreichs, Hannover: Hahnsche Buchhandlung 2011. Rezensiert von Steffen Patzold

Donald S. Prudlo (ed.): The Origin, Development, and Refinement of Medieval Religious Mendicancies, Leiden Boston / Tokyo: Brill Academic Publishers 2011. Rezensiert von Thomas Frank

Söhnke Thalmann: Ablaßüberlieferung und Ablaßpraxis im spätmittelalterlichen Bistum Hildesheim, Hannover: Hahnsche Buchhandlung 2010. Rezensiert von Stefan Petersen

Steven Vanderputten (ed.): Understanding Monastic Practices of Oral Communication. (Western Europe, Tenth-Thirteenth Centuries), Turnhout: Brepols Publishers NV 2011. Rezensiert von Heike Johanna Mierau

Olga Weijers: Études sur la Faculté des arts dans les universités médiévales, Turnhout: Brepols Publishers NV 2011. Rezensiert von Martine Clouzot

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Francia-Recensio:

D. Barthélemy, Nouvelle histoire des Capétiens (Julian Führer)

A. Bihrer, Begegnungen zwischen dem ostfränkisch-deutschen Reich und England (850–1100) (Levi Roach)

R. Blumenfeld-Kosinski, K. Petkov, Philippe de Mézières and His Age (Jacques Paviot)

J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV. Ältere Staufer. 2. Abt. Die Regesten des Kaiserreiches unter Friedrich I. 1152 (1122)–1190. 4. Lfg. 1181–1190. (Olivier Guyotjeannin)

H. L. L. Busard (†), Nicole Oresme, Questiones super geometriam Euclidis (Jürgen Miethke)

M. Caesar, Le pouvoir en ville (Eberhard Isenmann)

M. Cohen, J. Firnhaber-Baker, Difference and Identity in Francia and Medieval France (Markus Spaeth)

N. Coulet, Rites, histoires et mythes de Provence (Klaus Oschema)

L. Donkin, H. Vorholt, Imagining Jerusalem in the Medieval West (Élisabeth Ruchaud)

S. Duennebeil, D. Luger, Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, Heft 27: Die Urkunden und Briefe des Österreichischen Staatsarchives in Wien, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Claudia Rotthoff-Kraus)

C. A. Fleck, The Clement Bible at the Medieval Courts of Naples and Avignon (Stefan Weiß)

F. Foronda, Avant le contrat social (Gisela Naegle)

F. Foronda, A.I. Carrasco Manchado, Du contrat d’alliance au contrat politique (Gisela Naegle)

F. Foronda, A.I. Carrasco Manchado, El contrato político en la Corona de Castilla (Gisela Naegle)

M. Gabriele, An Empire of Memory (Phillipe Cordez)

A. Germa, B. Lellouch, E. Patlagean, Les Juifs dans l’histoire (Amélie Sagasser)

H.-W. Goetz, Gott und die Welt (Klaus Krönert)

S. Hamel, La justice dans une ville du Nord du Royaume de France au Moyen Âge (Eberhard Isenmann)

K. Herbers, I. Fleisch, Erinnerung – Niederschrift – Nutzung (Beate Schilling)

G. Hirsaugiensis, Willehelmi Abbatis Constitutiones Hirsaugienses (Jean-Loup Lemaitre)

E. Holtz, Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet (Claudia Rotthoff-Kraus)

L. Jégou, L’évêque, juge de paix (Ludwig Falkenstein)

J. Kemper, G. Vogeler, Digitale Urkundenpräsentationen (Olivier Guyotjeannin)

A. Laiou (†), C. Morrisson, Le monde byzantin (Jacques Paviot)

O. Mattéoni, Un prince face à Louis XI (Heribert Müller)

C. Mihailovic, Mémoires d’un janissaire (Jacques Paviot)

W. of Ockham, Dialogus (Jacques Verger)

K. Pennington, M. Harris Eichbauer, Law as Profession and Practice in Medieval Europe (Jörg Müller)

R. Schönberger, A. Quero-Sánchez, B. Berges, L. Jiang, Repertorium edierter Texte des Mittelalters aus dem Bereich der Philosophie und angrenzender Gebiete (Dominique Poirel)

K. Schreiner, Rituale, Zeichen, Bilder (Andreas Büttner)

G. Seabourne, Imprisoning Medieval Women (Julie Claustre)

W. Tschacher, Königtum als lokale Praxis (Joseph P. Huffman)

W. E. Wagner, Die liturgische Gegenwart des abwesenden Königs (Yitzak Hen)

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The Medieval Review:

TMR 12.12.02, Teeuwen and O’Sullivan, eds., Carolingian Scholarship and Martianus Capella (Michael Herren)

TMR 12.12.06, Maxwell, ed., Representing History (Beth Williamson)

TMR 12.12.04, Loutchitsky, Homo Legens (Carol Symes)

TMR 12.12.05, Strauch, Mittelalterliches Nordisches Recht bis 1500 (Anders Winroth)

TMR 12.12.09, Canning, Ideas of Power in the Late Middle Ages (Geoffrey Koziol)

TMR 12.12.10, Folger, Writing as Poaching (John Slater)

TMR 12.12.01, Pastoureau, The Bear (Michael A. Ryan)

TMR 12.12.11, Filosa and Papio, eds. Boccaccio in America (Janet Smarr)

TMR 12.12.08, Machacek, Milton and Homer (David Oliver Davies)

TMR 12.12.03, Sullivan, Fisher and Papaioannou, eds., Byzantine Religious Culture (George Demacopoulos)

TMR 12.12.07, Kalinke, The Arthur of the North (Sif Rikhardsdottir)

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Reviews in History:

Dr Alex Brown, review of Town and Countryside in the Age of the Black Death: Essays in Honour of John Hatcher, (review no. 1353).

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Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/46

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Zum Nachhören: “Postdoktorandinnen und Postdoktoranden in den Geschichtswissenschaften”

Logo Historikertag 2012
Das Leben für Postdoktorand_innen ist hart, aber voller Möglichkeiten. Auf dem Historikertag 2012 diskutierten Hartmut Berghoff, Guido Lammers, Ulrike Lindner, Christiane Reinecke, Arndt Weinrich und Carl Antonius Lemke Duque über Lust und Leid des wissenschaftlichen Nachwuchses. Nachdem die Max Weber Stiftung bereits live von der Veranstaltung gebloggt hat, präsentieren wir nun den Audiomitschnitt der Veranstaltung. Er steht auf unserer Publikationsplattform perspectivia zum Download bereit (MP3, 165 MB). Die durchschnittliche Tonqualität verdankt sich den akustischen Seminarraumbedingungen einer deutschen Universität…

Internationale Wissenschaft – nationale Laufbahnstrukturen? Postdoktorandinnen und Postdoktoranden in den Geschichtswissenschaften. Podiumsdiskussion auf dem 49. Historikertag, Mainz, 26. September 2012

Mit Hartmut Berghoff (DHI Washington, Moderation), Guido Lammers (Deutsche Forschungsgemeinschaft), Ulrike Lindner (Universität Bielefeld), Christiane Reinecke (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg), Arndt Weinrich (DHI Paris), Carl Antonius Lemke Duque (Leibniz-Institut für Europäische Geschichte/Johannes Gutenberg-Universität Mainz)

 

Quelle: http://gab.hypotheses.org/474

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Über die Kartierbarkeit der Geschichte: Anne Kelly Knowles und Historical GIS.

Tony Horwitz: Looking at the Battle of Gettysburg Through Robert E. Lee’s Eyes. In: Smithsonian magazine. Dec. 2012. URL: http://www.smithsonianmag.com/history-archaeology/Looking-at-the-Battle-of-Gettysburg-Through-Robert-E-Lees-Eyes-180014191.html?c=y&story=fullstory

Kernfrage: Welche Rolle können GIS (=Geographic Information Systems)-Verfahren für die Analyse historischer Fragestellungen spielen?

In der Dezember-Ausgabe des Smithsonian Magazine berichtet Tony Horwitz über die Arbeit von Anne Kelly Knowles. Die Geographin erhielt dieses Jahr den Smithsonian Ingenuity Award im Bereich Historical Scholarship und zwar offensichtlich vor allem deshalb, weil sie eine Vorreiterfunktion im Bereich des Einsatzes Historical Geographic Information Systems (HGIS) übernahm. Dabei benutzt man für die Kartographie entwickelte Technologien buchstäblich zum Mapping historischer Ereignisse bzw. Strukturen. Bekannte Beispielanwendungen finde sich im Great Britain Historical Geographical Information System (GBHGIS) oder auch bei HGIS Germany.

Die Digitalisierung historischer Landkarten und das verortende Auftragen von Bezugspunkten (=georeferencing) ermöglicht es, bestimmte Sachverhalte in gewisser im Raum in ihrem Verlauf abzubilden. Die Abbildung der Entwicklung von Grenzverläufen ist da nur ein sehr nahe liegendes Beispiel. Spannend wird es, wenn diese spatiale Dimension mit möglichst konkreten historischen Fakten in Beziehung gesetzt wird. Und Anne Kelly Knowles wird konkret:

“In this instance, she wants to know what commanders could see of the battlefield on the second day at Gettysburg. A red dot denotes General Lee’s vantage point from the top of the Lutheran Seminary. His field of vision shows as clear ground, with blind spots shaded in deep indigo. Knowles has even factored in the extra inches of sightline afforded by Lee’s boots. “We can’t account for the haze and smoke of battle in GIS, though in theory you could with gaming software,” she says.” (Hervorhebung und Einbettung des Links: BK)

Welche Fragestellung man über die Kombination diverser Parameter tatsächlich sinnvoll bearbeitet, hängt selbstverständlich von dem jeweiligen Forschungsgegenstand und -ansatz ab. Deutlich wird jedoch das Potenzial beispielsweise für eine empirische Gegenprüfung überlieferter Quellen. Die Wissenschaftlerin spricht selbst von einer korrektiven Funktion des Mappings. So ermöglicht der Einsatz derartiger Technologien eine neue Perspektive auf bekannte Themen und in gleicher Weise das Aufwerfen von neuen Fragestellungen sowie, drittens, generell neue Möglichkeiten zur Formulierung von Forschungsfragen.

Das Verfahren selbst ist auch eine Art Kombination. Im Webkontext würde man vielleicht von Mash-Up sprechen. Tatsächlich waren Mapping-Anwendung wie das Crime Mapping des Los Angeles Police Departments bahnbrechend bei der Popularisierung derartiger Verknüpfungen. Dass sich die Kombination von (a) raumstrukturierender Visualisierung (Stadtpläne, Landkarten) mit (b) Ereignisdaten (hier: Straftaten) sowie zu mit diesen assoziierten qualitativen Ergänzungsdaten (hier: demographische Angaben) und schließlich (c) einer Zeitachse anbietet, um bestimmte Entwicklungen, Häufungen, Regularitäten und Anomalien zu visualisieren, dürfte spätestens seit Google Maps weithin anerkannt sein. Eine entsprechende Datenbasis vorausgesetzt, lässt sich eigentlich alles, was Geographie, Entwicklung in der Zeit und eine qualitative Konkretisierung verbindet, GIS-basiert abbilden – von der Wetterkarte und Vegetationszyklen bis hin zum Schlagloch.

GIS war vor allem aus der Regionalplanung und kommerziellen Kontexten bekannt. Anne Kelly Knowles realisierte relativ früh (die von ihr herausgegebene Sonderausgabe von Social Science History mit dem Thema Historical GIS: The Spatial Turn in Social Science History erschien im Jahr 2000), dass man diese Technologie ebenfalls sehr gut in geschichtswissenschaftlichen Zusammenhängen einsetzen kann:

“I knew there was a GIS method, used to site ski runs and real estate views, and wondered what would happen if I applied that to Gettysburg.”

Eine wichtige Nebenwirkung dieser Art von Empirisierung mittels expliziter Kartographierung könnte – nicht ganz unpassend zur Kartographie – das Erkennen von Grenzen sein. Nämlich von solchen der Erkenntnisreichweite scheinbar stabiler Einschätzungen sowie der Wege, auf denen diese entstehen:

“We can learn to become more modest about our judgments, about what we know or think we know and how we judge current circumstances.”

Als weiterer Effekt droht im Gegenzug die von Skeptikern häufig angemahnte Überbetonung der Muster gegenüber den Inhalten. Visualisierungen sind in der Regel visuell eindrucksvoll, bleiben bisweilen aber zur Frage, was man konkret aus ihnen ablesen kann, erstaunlich opak.

Anne Kelly Knowles ist mit diesem Problem offensichtlich gut vertraut, zumal sie derzeit das HGIS-Prinzip in einem Projekt zur Holocaust-Forschung („a profoundly geographical event” – A.K. Knowles) einsetzt. Sie weiß also um die Schwierigkeit, „of using quantitative techniques to study human suffering.” Entsprechend argumentiert sie mit der gebotenen Vorsicht:

Knowles is careful to avoid over-hyping GIS, which she regards as an exploratory methodology. She also recognizes the risk that it can produce “mere eye candy,” providing great visuals without deepening our understanding of the past.

Und sie erkennt noch eine weitere Herausforderung: Die der Übersetzung von Messungen und gemappten Strukturen in eine erklärende und verständliche sprachliche Abbildungsform:

Another problem is the difficulty of translating complex maps and tables into meaningful words and stories.

Informationsvisualisierung hat gegenüber der Beschreibung den klaren Vorteil einer Informationsverdichtung. Informationswissenschaftlich gilt der Grundsatz, dass ein Bild sehr viel Information (mehr jedenfalls als tausend Worte) jedoch eher wenig Wissen (nach einem informationswissenschaftlichen Wissensbegriff) speichern kann. Dieses Prinzip wird freilich bei der Hinzunahme einer zeitlichen Dimensionen relativiert. Dennoch bleibt es jedenfalls derzeit notwendig, parallel zur graphischen Abbildung im Mustern eine schlussfolgernde Ableitung des Dargestellten in Textform vorzunehmen. Die visualisierte Informationsmenge muss demzufolge auf Aussagen heruntergefiltert bzw. ausgedeutet werden.

Was man folglich aus dem Artikel und der dort wiedergegebenen Position Anne Kelly Knowles’ mitnehmen kann, ist, dass das Mapping historischer Entwicklungen und Ereignisse mittels GIS einerseits vor allem dafür geeignet ist, bekannte Fragestellungen neu zu betrachten und entsprechend möglicherweise empirisch zu validieren. Und andererseits, im exploratorischen Sinn, Zusammenhänge neu erkennbar zu machen. Für beide Anwendungsfälle gilt jedoch (wie eigentlich immer):

“The technology is just a tool, and what really matters is how you use it”

Wobei zur gelingenden Anwendung insbesondere die Befähigung zur historisch sensiblen und sinnvollen Schlussfolgerung und Interpretation zählen dürfte.

P.S. Eine Kurzbescheibung ihrer Arbeit gibt Anne Kelly Knowles in diesem kurzen Clip.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1165

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CENDARI schreibt Gast-Forschungsstipendien für 2013 aus

Noch bis zum 12. Dezember 2012 nimmt das EU-geförderte Forschungsprojekt CENDARI (Collaborative European Digital Archive Infrastructure) Bewerbungen für das Gaststipendiaten-Programm 2013 entgegen. Forschungsschwerpunke sind der I. Weltkrieg sowie die Kultur des europäischen Mittelalters. Die folgenden Partnerinstitutionen bieten jeweils zwei acht-bis zwölfwöchige Forschungsaufenthalte:

Trinity College Dublin, Ireland
King’s College London, UK
National Library of the Czech Republic, Czech Republic
Georg-August-Universität Göttingen, GCDH
Universität Stuttgart und Bibliothek für Zeitgeschichte

Das auf vier Jahre angelegte Verbundforschungsprojekt CENDARI hat die Integration digitaler Archive und Quellen europäischer Geschichtsforschung des Mittelalters und der Moderne zum Gegenstand. Der aktuelle Call bildet den Auftakt zu einer Reihe von jährlich drei Ausschreibungen.

Weitere Infos und Antragstellung unter
http://www.cendari.eu/research/visiting-research-fellowships-2013/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1036

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Geschichtswissenschaft dies- und jenseits des Rheins. Pierre Monnet im Dialog

 


Pierre Monnet ist seit 2009 Direktor des Institut français d’histoire en Allemagne (Frankfurt a. M.). Parallel bleibt er “directeur d’études” an der École des hautes études en sciences sociales (EHESS). Zudem ist er Mitglied der Expertenkommission des deutsch-französischen Geschichtsbuchs.

Pierre Monnet, Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren intensiv mit Deutschland und sind Professor an der renommierten Pariser École des hautes études en sciences sociales (EHESS). Als Wissenschaftler arbeiten Sie zu den städtischen Eliten deutscher Städte im Spätmittelalter sowie zur vergleichenden politischen Geschichte im mittelalterlichen Europa. Als Wissenschaftsmanager haben sie lange Jahre die Mission historique française en Allemagne in Göttingen geleitet. Nach deren Umbenennung in Institut français d’histoire en Allemagne und dem Umzug nach Frankfurt a. M. stehen Sie dieser historischen Forschungseinrichtung nun seit Sommer 2011 erneut vor. Zugleich waren Sie Präsident der Deutsch-Französischen Hochschule mit Sitz in Saarbrücken und haben die Konzeption und Redaktion des deutsch-französischen Geschichtsbuchs mitbetreut.

Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund den allgemeinen Stand der akademischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich?

Diese Frage ist umso wichtiger, als ich fest davon überzeugt bin, dass die wissenschaftlichen Beziehungen eine zentrale Herausforderung für die Regierungen beider Länder sein werden. Sie sollten und können 2013 – 50 Jahre nach dem Elysee-Vertrag – die Grundlage für einen neuen Kooperationsvertrag bilden. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sind im universitären und wissenschaftlichen Bereich überwiegend positiv zu bewerten. Seit einem Jahr ist Deutschland erstmals statistisch gesehen das von französischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am meisten besuchte Land. Dies ist ein gutes Zeichen für den engen Austausch zwischen den beiden Communities (auch wenn im Gegenzug die Präsenz von deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in französischen Einrichtungen nicht vergleichbar ist). Das letzte Deutsch-Französische Forschungsforum in Berlin im Februar 2012 hat einen Maßnahmenplan mit fünf Schwerpunkten erarbeitet (Gesundheit: Pneumologie, Diabetesforschung, gemeinsame Patientenkohorten; grüne und weiße Biotechnologien; Umweltforschung; Europäisierung der Geisteswissenschaften; Grid Computing). Die sozio-kulturellen und wirtschaftlichen Implikationen von wissenschaftlichen Kooperationen zwischen Frankreich und Deutschland sind – gerade in diesen Gebieten – wohl erkannt. Darüber hinaus sind die Arbeit und die Funktion der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH, Saarbrücken) positiv hervorzuheben: Sie bündelt 135 bi-nationale Studiengange mit 5.000 eingeschriebenen Studenten, 28 deutsch-französische Graduiertenkollegs sowie ca. 100 Workshops und Sommerschulen pro Jahr. Das Beherrschen der jeweils anderen Sprache bleibt jedoch immer noch ein Problem unter den Studierenden und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Frankreich und Deutschland. Im Verhältnis zur strategischen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bedeutung der Beziehungen zwischen beiden Ländern bleibt die Mobilität französischer Studentinnen und Studenten nach Deutschland (2011 ca. 5.800) und deutscher Studentinnen und Studenten nach Frankreich (2011 ca. 6.900) zudem zu gering.

Und wie sieht es speziell in der Geschichtswissenschaft aus?

Die Lage bei den Historikerinnen und Historikern ist verhältnismäßig gut. Es sei zunächst betont, dass zwischen deutschen und französischen Geschichtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern immer ein Dialog bestanden hat. Man denke für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg nur an eine Figur wie Marc Bloch. Durch Rezensionen, Übersetzungen, Veröffentlichungen und Tagungen, aber auch dank der Arbeit des Centre interdisciplinaire d’etudes et de recherche sur l’Allemagne (CIERA) Paris und des Deutschen Historischen Instituts Paris, des Centre Marc Bloch (CMB) in Berlin, des Institut francais d’histoire en Allemagne (IFHA) in Frankfurt a. M., des Deutsch-Französischen Instituts (DFI) in Ludwigsburg u. a., besteht ein intensiver und reger Austausch, der der Rolle der Geschichte in der gegenseitigen Wahrnehmung des Anderen seit über 100 Jahren Rechnung trägt. Sieben bi-nationale Studiengänge in der Geschichtswissenschaft an der DFH und gemeinsame Unternehmungen wie die des deutsch-französischen Geschichtsbuchs in drei Bänden oder die vom DHI Paris herausgegebene Reihe der Deutsch-französischen Geschichte in elf Bänden zeugen weiter davon. Die Leistung der Historikerinnen und Historiker beider Länder ist dabei aber nicht nur eine bilaterale. Vielmehr geht es auch darum, vergleichende und transfertragende Ansätze sowohl inhaltlich als auch methodologisch zu testen. Ferner werden Lehrer für die Abibac-Schulen ausgebildet, die Geschichte in der jeweils anderen Sprache unterrichten.

Welche Rolle kommt dabei dem Institut français d’histoire en Allemagne zu?

Das IFHA in Frankfurt a. M. und entsprechend das CMB in Berlin spielen in und für Deutschland, genau wie das DHI Paris und mit ihm das Deutsche Forum für Kunstgeschichte in Paris in und für Frankreich, durch die Rezeption und Ubersetzung von Werken und Fachbüchern sowie durch die Ausbildung und die Unterstützung der Mobilität von Studentinnen und Studenten sowie jungen Forscherinnen und Forschern eine zentrale Rolle. Die Institute sind Orte der Begegnung und des Austausches und tragen hierdurch entscheidend zur Verzahnung beider wissenschaftlicher Fachgesellschaften bei. Der Historikertag in Mainz (26.–28. September 2012) hat nicht zufällig Frankreich als Schwerpunktland gewählt. Die „Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte“, nach dem Modell der „Rendez-vous de l’histoire“ in Blois, sind weitere wichtige Orte für Begegnungen und Gespräche. Auf diese Weise wird eine neue Generation von Historikerinnen und Historikern ausgebildet, die in den Universitäten und Forschungszentren dafür sorgen, dass gemeinsam eine deutsche, eine französische, aber auch und vor allem eine deutsch-französische sowie eine zunehmend globalisierte europäische Geschichte erarbeitet und geschrieben wird.

Sie sind Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des DHI Paris. Welche Rolle kommt dem Institut aus Ihrer Sicht in den Beziehungen zwischen den Historikerinnen und Historikern unserer beiden Länder zu?

Ich erwähnte bereits das langjährige Projekt einer Deutsch-französischen Geschichte in elf Bänden, das das DHI Paris entscheidend betreut und herausgibt. Darüber hinaus ist das Institut, im Besonderen seit fünf Jahren, ein zentraler Ort für den Dialog und das Gespräch zwischen jungen Forscherinnen und Forschern beider Länder, aber auch für die Ausbildung von Studentinnen und Studenten sowie Promovenden geworden. Durch seine hervorragende Bibliothek (110.000 Bücher und 420 Zeitschriften) wie auch seine vielfaltige Publikationspolitik, sowohl in Papierform als auch im elektronischen Format (Francia-Recensio, recensio.net, Digital Humanities, Trivium als deutschfranzösische Online-Zeitschrift für Geistes- und Sozialwissenschaften), schafft das DHI Paris dafür eine Grundlage. Durch die Organisation von Sprachkursen und Sommerschulen fordert das DHI Paris, oft in Kooperation mit anderen Institutionen, nicht zuletzt dem IFHA, die Qualifizierung von deutschen und französischen Historikerinnen und Historikern, die dann durch ihre dreifache Kompetenz – sprachlich, fachlich und interkulturell – in der Lage sein werden, diesen Austausch in den nächsten Jahrzehnten mitzutragen und zu gestalten. Thematische Forschungsprojekte wie etwa anlässlich des 1200. Todesstages von Karl dem Großen oder des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs, beide im Jahr 2014, konkretisieren und vertiefen diese Arbeit.

 

Die Teilnehmer/innen der Sommeruniversität “Conflict Studies und Neue Militärgeschichte” des DHI Paris und der université Paris-Sorbonne bei der Zeremonie zum Gedenken an die Gefallenen der Somme-Schlacht 1916 in La Boiselle, 1. Juli 2012.

Welche Veränderungen sehen Sie in der Arbeit des DHI Paris, und welche Möglichkeiten der Kooperation streben Sie zwischen dem DHI Paris und dem IFHA an?

Vieles wurde bereits in den letzten Jahren initiiert und unternommen. Dies gilt es fortzusetzen. Ein modernes, weltoffenes, innovatives Forschungsinstitut wie das DHI Paris muss weiterhin auf die vielfältige Verbreitung seines Wissens (Datenbanken, Online-Publikationen, digitalisierte Archive), auf die Ausbildung und die Qualifikation der jüngeren Generation (im Besonderen über eine engere Kooperation mit deutschen Universitäten und französischen Forschungsinstituten in Deutschland) sowie auf die Flexibilität und Offenheit für neue Bereiche, insbesondere in der politischen und anthropologischen Geschichte, setzen. Hierbei kommt der vergleichenden Perspektive, und vor allem dem europäischen Rahmen, eine besondere Bedeutung zu. Diese Perspektiven stehen auch im Zentrum eines gemeinsam vom IFHA, der Goethe-Universität Frankfurt und dem DHI Paris sowie der Maison des sciences de l’homme, dem CIERA in Paris und der Humboldt-Universität sowie dem CMB in Berlin konzipierten föderativen Netzwerks zum Thema „Europa (be)greifen: eine Herausforderung für die Geistes- und Sozialwissenschaften“. In Anbetracht der aktuellen Krise in Europa sind die Historiker dazu aufgefordert, ihren intellektuellen und wissenschaftlichen Beitrag zur Zukunft unseres Kontinents zu leisten. Hierbei können Frankreich und Deutschland immer wieder eine bahnbrechende Modellfunktion besitzen, für die das DHI Paris und das IFHA unter anderen eine zentrale Rolle spielen sollten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Stephan Geifes, Wissenschaftlicher Koordinator des DHI Paris.

 

Quelle: http://mws.hypotheses.org/1157

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AG Digitale Geschichtswissenschaft gegründet

Die Weiterentwicklung und Transformation der Fachwissenschaften in einer digitalen Umwelt bedürfen der gezielten Förderung durch die und der Verankerung in den Fachverbänden. Die Geschichtswissenschaften sind hier auf einem sehr guten Weg. Nach einigen vorbereitenden Treffen und Aktivitäten interessierter Wissenschaftler ist am Dienstag, den 25.9.2012 von der Mitgliederversammlung des  Verbandes der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) einmütig die Gründung einer “Arbeitsgemeinschaft Digitale Geschichtswissenschaft” beschlossen worden. Diese traf sich im Rahmen des 49. Deutschen Historikertages am Freitag, den 28.9. zu ihrer konstituierenden Sitzung.

Im Vergleich zu anderen Institutionalisierungbestrebungen im Bereich der digitalen Wissenschaften verlief hier alles reibungslos und unkompliziert: Der Name der AG war vom Verband gesetzt und brauchte deshalb nicht diskutiert zu werden. Die Mitgliedschaft ist dadurch geklärt, dass jedes VHD-Mitglied an der AG teilnehmen kann. Der Verband stellt zudem den Rahmen einer Grundordnung für Arbeitsgruppen im VHD zur Verfügung, so dass auch diese nur noch ausgefeilt werden musste. Wie im Jahr 2012 angebracht, wurde diese Aufgabe noch in der konstituierenden Sitzung in einem kollaborativen Abstimmungs- und Schreibprozess erledigt. Dabei wurden einige Formalia geklärt und der inhaltliche Zweck der AG soweit umrissen, wie es für eine Geschäftsordnung sinnvoll ist, die die konkrete Ausgestaltung der zukünftigen Arbeit überlassen muss. Dem Verband zur Zustimmung wird dazu vorgelegt werden: “Der Zweck der AG besteht in der Intensivierung der fachlichen Kommunikation, dem Austausch über technische und inhaltliche Standards, über Möglichkeiten der Nachwuchsentwicklung in und für diesen Bereich, der Veranstaltung gemeinsamer Tagungen sowie der Diskussion und Vertretung spezieller Interessen der an diesem Bereich interessierten Historikerinnen und Historiker innerhalb der Wissenschaft, insbesondere gegenüber Politik, Drittmittelgebern, Archiven, Museen und Bibliotheken, Verlagen und Medien sowie der allgemeinen Öffentlichkeit”.

Die Arbeit der AG wird durch ein Komitee organisiert, für das zunächst sechs Mitglieder gewählt wurden, die neben den Fachwissenschaften im engeren Sinne auch das engere Umfeld der Bibliotheken, Archive und Museen repräsentieren sollen. Zur Sprecherin bzw. stellvertretenden Sprecherin wurden mit Prof. Simone Lässig und Prof. Charlotte Schubert einmütig die Kolleginnen gewählt, die nicht nur die konstituierende Sitzung geleitet, sondern auch im Vorfeld der Gründung besonders aktiv gewesen sind. Man darf gespannt sein, welche segensreichen Aktivitäten die Arbeitsgemeinschaft in Zukunft entfalten wird.

Simone Lässig und Charlotte Schubert moderieren einen kollaborativen Schreibprozess und werden anschließend zur Sprecherin bzw stellvertretenden Sprecherin der AG Digitale Geschichtswissenschaft gewählt.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=922

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